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„Nachhaltiges Wirtschaften wird in den Schwellenländern zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor.“ – ECOreporter.de-Interview mit David Duchi, KBC Asset Management



ECOreporter.de: Ein rasanter Aufschwung ist derzeit in den Schwellenländern zu beobachten. Ist das bald vorbei, weil ökologische und soziale Punkte oftmals unberücksichtigt bleiben?  

David Duchi: Nein, aufstrebende Länder werden auch zukünftig die globale Wirtschaft am stärksten treiben. Doch die Anleger werden mit massiven Umweltproblemen und sozialen  Herausforderungen konfrontiert. Nachhaltiges Wirtschaften, das heißt unter anderem  Umweltschutz und die Einhaltung von Menschenrechten, wird in den Schwellenländern zu  einem wichtigen Faktor, um die Wettbewerbsposition weiter zu stärken. Risiken durch hohe  CO²-Emissionen oder eine aufwendige Abfallbeseitigung ohne Recycling sind langfristig, nicht zuletzt aus Kostengründen, inakzeptabel. 

ECOreporter.de: Warum sind Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, im Vorteil?

David Duchi: Globale Trends bestimmen das Wirtschaftswachstum und eröffnen neue Wachstumsmärkte. Besonders erfolgreich sind Unternehmen, die sich einen Handlungsvorsprung erarbeiten. Denn nicht nur die schnell wachsende Weltbevölkerung sowie die klimatischen Veränderungen zwingen zu einem Umdenken, sondern auch die ungleiche Verteilung der begrenzten Kapazitäten, wie etwa bei der Wasserversorgung oder im Infrastrukturbereich. Viele Unternehmen haben die Zeichen frühzeitig erkannt und arbeiten bereits nachhaltig. Das heißt es werden bereits wirtschaftliche, ökologische und sozial-gesellschaftliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Somit wird die Wettbewerbsposition deutlich verstärkt. Darüber hinaus verfügen Unternehmen aus Bereichen wie Clean Tech über einen klaren Vorteil. Denn hier ist das Marktpotential längst noch nicht  ausgeschöpft.    

ECOreporter.de: Wie sieht es mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Datenqualität in den Schwellenländern aus?

David Duchi: Das Reporting in den Schwellenländern ist zwar schwächer im Vergleich zu den westlichen Ländern, aber nicht dramatisch schlecht. Dies bestätigt ein Vergleich der  Leistungskennzahlen (KPIs) zwischen den Industrienationen und den Schwellenländern in den Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance. In den vergangenen Jahren war ein immenser Fortschritt zu beobachten: In 30 Ländern dieser Erde existieren bereits 142  Nachhaltigkeitsrichtlinien. Dabei sind zwei Drittel der Informationen über die Nachhaltigkeit  Pflichtangaben, das heißt gesetzlich vorgeschrieben. Ein Drittel der Angaben können auf freiwilliger Basis gemacht werden. In 2004 existierten in ganz China lediglich sechs Nachhaltigkeitsberichte. Bis 2009 war eine Verhundertfachung auf 600 CSR-Berichte zu  beobachten.
Doch dies sagt nichts über die Datenqualität aus. Während China keine zuverlässigen Angaben zum CO²-Verbrauch oder über das Recycling von Betriebsstoffen macht, liegt Südafrika bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung weit vorn. In Südafrika berichten über 90 Prozent der Unternehmen über den CO²-Emissionswert. In Brasilien sind es knapp 40 Prozent und in Indien liegt der Wert unter 30 Prozent. Wir prüfen ob in den CSR-Berichten Angaben zu Energienverbrauch, Wassernutzung, Recycling, Materialaufwand und zu den CO²-Emissionen zuverlässig integriert sind. Exzellente Beispiele für eine nachhaltige Geschäftsstrategie und einer qualitativ hochwertigen Berichterstattung sind die indischen IT- Unternehmen Infosys und Tata Consultancy Services sowie das taiwanische  Halbleiterunternehmen Taiwan Semiconductor Manufacturing.  

ECOreporter.de: Bringen Sie einen Nachhaltigkeitsfonds, der ausschließlich Aktien aus den Schwellenländern auswählt, auf den Markt?

David Duchi: Die Zeit ist dafür noch nicht reif. Für eine umfassende Nachhaltigkeitsanalyse  müssen Schwellenländer globale Daten stärker berücksichtigen und nicht nur auf lokale  Informationen eingehen. Grundvoraussetzung für die Aufnahme von Unternehmen in unser  Nachhaltigkeitsuniversum ist Transparenz über die gesamte Geschäftsstrategie, gerade zur  Lieferantenkette. Dies ist in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern nicht gegeben. Wir  untersuchen insgesamt 2.100 Einzeltitel auf Nachhaltigkeit. Davon stammen 350 Aktien aus  den Emerging Markets. Lediglich 11 Unternehmen aus den Schwellenländern erfüllen unsere  Nachhaltigkeitsanforderungen. 

ECOreporter.de: Welche nachhaltige Investmentstrategie bevorzugen Sie?

David Duchi: Nach unseren Analysen sorgt eine strategische Sektorenpositionierung für ein  optimales Risiko-Rendite-Verhältnis. Erster Schritt für den Portfolioaufbau ist die  Nachhaltigkeitsanalyse. Als zweites folgt die klassische Fundamentalanalyse. Diese  Kombination senkt ganz klar die Risiken im Portfolio. Hinzu kommt, dass durch einen  Themenansatz eine ausreichende Diversifikation gewährleistet wird. Bei Investments entlang  der Wasserwertschöpfungskette zum Beispiel reicht das Spektrum von der Wasserversorgung  über die Wasseraufbereitung bis hin zur Wasserinfrastruktur. Darüber hinaus sind viele  Unternehmen international tätig.   

ECOreporter.de: Welche Branchen aus dem Nachhaltigkeitsbereich verfügen langfristig über das größte Wachstumspotential?

David Duchi: Im Bereich Clean Tech sind es Unternehmen aus der Wasserwirtschaft, Geothermie sowie Solar- und Windenergie. Unter den Schwellenländern wird China durch den Ausbau der Windenergie die Nase vorn haben. Denn bis 2020 strebt die Regierung eine Verachtfachung der Windkapazitäten an. Darüber hinaus ist für chinesische Stromnetzbetreiber eine vorgeschriebene Mindeststromabnahme aus Erneuerbaren Energien ab 2015 geplant. Auf der Produktseite werden energieeffiziente und recyclebare Lösungen, Umwelttechnologien und „grünes“ Gebäudemanagement besonders profitieren. Anleger, die an nachhaltigen Investmentstrategien interessiert sind, sollten Themenfonds mit umfassenden Ausschlusskriterien, wie etwa bei Umweltverschmutzung, umstrittene Länder oder Korruption, bevorzugen.

ECOreporter.de: Herr Duchi, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Bildhinweis: Die Konzernzentrale von Suntech wird dank Ihrer Solarfassade zum größten Teil mit klimafreundlich erzeugter Energie versorgt. Der weltweit größte Hersteller von Solarmodulen hat in China Nachhaltigkeitsstandards gesetzt. / Quelle: Unternehmen
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