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„Letztlich sind es die Windgutachter, die zumindest die Bruttoerträge von Windparks prognostizieren“ - Teil 2 des ECOreporter.de-Interviews über Windgutachten mit Herbert Schwartz, anemos-jacob GmbH
Windgutachten sagen voraus, wie der Wind an einem Standort wehen wird. Damit spielen sie eine zentrale Rolle bei der Einschätzung der Gewinnaussichten eines Windkraftprojektes. Wie schwierig es ist, die Windernte im Voraus zu berechnen, erklärt Herbert Schwartz, Inhaber der Windgutachten-Gesellschaft anemos-jacob GmbH aus Oldershausen, im ECOreporter.de-Interview. Per
Mausklick gelangen Sie zu Teil 1 des Interviews. In diesem 2. Teil nimmt er unter anderem dazu Stellung, warum etliche Windfonds in den letzten Jahren ihre Prognosen verfehlt haben und warum eine detaillierte Langfristvorhersage der Windernte nicht möglich ist.
ECOreporter.de: Der Gutachterbeirat des BWE hat 2010 offiziell festgestellt, dass eine detaillierte Langfristvorhersage nicht möglich sei. Warum ist das so und was bedeutet das?
Herbert Schwartz: Die Vergleiche zwischen verschiedenen verfügbaren Datensätzen haben gezeigt, dass der Verlauf der Energie des Windes über die letzten 30 oder mehr Jahre nicht genau angegeben werden kann. Dazu fehlen einfach die konsistenten Datenreihen. Sogar die Ertragsreihen lang bestehender Windkraftanlagen weisen teilweise Inkonsistenzen auf, die nicht genau geklärt werden können.
Bei langjährigen Windmessungen gab es immer auch technische Veränderungen oder Veränderungen der Messumgebung (z. B. durch Zubau von Gebäuden, Änderung des Bewuchses etc.). Zudem ist die Übertragung von Windmessreihen auf den Energieertrag von Windkraftanlagen nicht eindeutig, da sie sich in der Regel auf deutlich andere Höhen über Grund beziehen als typische Nabenhöhen. Dies begrenzt auch bei der Verwendung von Reanalysedaten die Aussagekraft. Zudem kann man zeigen, dass auch bei simulierten Daten und Reanalysedaten keine absolute Stabilität über längere Zeiträume der Vergangenheit besteht.
Bei der Vorhersage für zukünftige Perioden kommen noch die Unwägbarkeiten des Klimawandels hinzu. Das bedeutet, dass man mit einer gewissen Unschärfe jeglicher Aussage rechnen muss und die Windgutachter auch in absehbarer Zukunft keine einheitlichen Ergebnisse hinsichtlich des Langfristbezugs erzielen werden.
ECOreporter.de: In den letzten Jahren haben viele Windfonds ihre Prognosen verfehlt, weil die Annahmen für das Windaufkommen zu optimistisch waren. Sind daran die Windgutachter schuld oder die Anbieter der Windfonds?
Schwartz: Wenn ein Windpark erheblich niedrigere Erträge liefert als prognostiziert, kommen häufig mehrere Ursachen zusammen.
Ich kenne nur sehr wenige Fondsangebote und kann diesen Bereich daher nicht umfassend beurteilen. Zumindest kenne ich Fälle, in denen die Risiken zwar genannt, aber nicht so sehr betont werden wie die Chancen und insgesamt subjektiv ein zu unkritisches Bild entsteht. Dies betrifft dann nicht nur die Bewertung der Windgutachten und vor allem der in den Windgutachten angegebenen Unsicherheiten, sondern auch die Anlagentechnik und die angesetzten Ertragsverluste und Kosten. Unsere Untersuchungen bestehender Windparks zeigen häufig deutlich größere Ertragsverluste durch verringerte Verfügbarkeit, Ausfall des Umspannwerkes oder Netzes, Wartung, Vereisung und elektrische Übertragung, als ursprünglich typischerweise angenommen wird.
Bei der Prospektierung kann darüber hinaus nicht eingerechnet werden, dass die Anlagen im Lauf der Zeit durch weitere zugebaut werden können (sofern dies nicht schon zum Zeitpunkt der Prospektierung bekannt war), was inzwischen aber landauf, landab passiert und natürlich die Erträge entsprechend dauerhaft verringert.
Durchaus sind mir zudem Einzelfälle bekannt, in denen Windkraftanlagen eine deutlich schlechtere Effizienz aufweisen, als die offiziell herausgegebene Leistungskennlinie angibt. Geringe Abweichungen sind dagegen nur schwer erkennbar. In welchem Umfang solche bestehen, ist also unklar. Unzulänglichkeiten des Leistungsverhaltens nachzuweisen, ist in der Regel schwierig, teuer und selten juristisch belastbar. Interessant sind zusätzlich die Situationen, für die gar keine Leistungskennliniengarantie besteht wie Standorte oder Wetterlagen mit erhöhter Turbulenz oder Windscherung und die Situation in Windparks. In sehr dicht gestellten Windparks, was zunehmend Praxis wird, zeigen manche Anlagen eine deutlich schlechtere Leistungsfähigkeit als bei freier Anströmung. Dies wird derzeit den Berechnungsmodellen für die Abschattung, also der Arbeit des Windgutachters, zugeschrieben. Ich sehe dagegen vor allem einen anlagenabhängigen Aspekt. Nicht auszuschließen ist auch, dass in eng gestellten Parks Anlagen auf Kosten des Ertrags so geregelt werden, dass die Belastungen in einem erträglichen Rahmen bleiben.
Einen größeren Einfluss als die Anbieter der Windfonds haben meiner Meinung nach die Projektierer. Schon die Wahl der Gutachter durch den Projektierer beeinflusst natürlich die Angaben im Prospekt. Zwar selten, aber doch hin und wieder kommt es darüber hinaus vor, dass ein Auftraggeber die Fertigstellung eines Gutachtens abbestellt, wenn er erfährt, dass das Ergebnis unter seinen Erwartungen oder unter den Ergebnissen anderer Gutachter liegt, oder aber er gibt das fertig gestellte Gutachten nicht weiter.
Aber natürlich sind es letztlich die Windgutachter, die zumindest die Bruttoerträge des Windparks prognostizieren. Damit ist bei ihnen die Fehlermöglichkeit unweigerlich am größten und somit ist meistens der größte Anteil der Abweichungen zwischen Prognose und Realität im Bereich des Windgutachtens zu finden. Hier spielen sämtliche in den anderen Antworten genannten Schwierigkeiten eine Rolle, die letztlich auch in Marktbedingungen und dem Stand der Technik begründet sind.
ECOreporter.de: In den letzten Jahren war das Windangebot sehr häufig unterdurchschnittlich, gemessen am mittleren Windwert aus den Jahren 1996 bis 2009. Wie ist das zu erklären?
Ist man vielleicht von falschen Basisdaten ausgegangen?
Schwartz: Nein, windschwache und windstarke Perioden sind nicht gleichverteilt, und so kann es eine Abfolge von mehreren windschwachen oder windstarken Jahren geben. Bei welcher Zeitdauer man den langfristigen Mittelwert mit großer Sicherheit ungefähr erreicht, ist umstritten und hängt auch von der Region ab. In manchen Regionen reichen dazu gut 10 Jahre, aber in den meisten braucht man vermutlich mindestens 20 Jahre. Das bedeutet, dass auch ein 10-Jahreszeitraum insgesamt über- oder unterdurchschnittliche Windverhältnisse enthalten kann.
Bildhinweis: Herbert Schwartz ist Diplom-Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik und Inhaber der Windgutachten-Gesellschaft anemos-jacob GmbH aus Oldershausen. / Quelle: Unternehmen
ECOreporter.de: In den letzten Jahren war das Windangebot sehr häufig unterdurchschnittlich. Wie ungewöhnlich sind solche längeren Phasen mit vergleichsweise schwachem Windangebot? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich windstarke und windschwache Phasen über die im Durchschnitt 20 Jahre währenden Laufzeit eines Windfonds ausgleichen?
Schwartz: Die letzten etwa acht Jahre waren schon in Norddeutschland insgesamt ungewöhnlich windschwach, auch die Jahre 2009 und 2010 zusammen stellten eine ungewöhnliche Phase dar, insbesondere, wenn man den Beginn von 2011 hinzu nimmt. Für Süddeutschland gilt das weniger. Genauso gab es Anfang der 1990er Jahre eine ausgeprägte windstarke Phase. Ich rechne damit, dass das Windpotenzial eines 20-Jahres-Zeitraums insgesamt weitgehend ausgeglichen ist, aber es gibt keine ausreichenden Erfahrungswerte, um dies mit Sicherheit sagen zu können.
ECOreporter.de: Herr Schwartz, wir danken Ihnen für das Gespräch.

ECOreporter.de: Der Gutachterbeirat des BWE hat 2010 offiziell festgestellt, dass eine detaillierte Langfristvorhersage nicht möglich sei. Warum ist das so und was bedeutet das?
Herbert Schwartz: Die Vergleiche zwischen verschiedenen verfügbaren Datensätzen haben gezeigt, dass der Verlauf der Energie des Windes über die letzten 30 oder mehr Jahre nicht genau angegeben werden kann. Dazu fehlen einfach die konsistenten Datenreihen. Sogar die Ertragsreihen lang bestehender Windkraftanlagen weisen teilweise Inkonsistenzen auf, die nicht genau geklärt werden können.
Bei langjährigen Windmessungen gab es immer auch technische Veränderungen oder Veränderungen der Messumgebung (z. B. durch Zubau von Gebäuden, Änderung des Bewuchses etc.). Zudem ist die Übertragung von Windmessreihen auf den Energieertrag von Windkraftanlagen nicht eindeutig, da sie sich in der Regel auf deutlich andere Höhen über Grund beziehen als typische Nabenhöhen. Dies begrenzt auch bei der Verwendung von Reanalysedaten die Aussagekraft. Zudem kann man zeigen, dass auch bei simulierten Daten und Reanalysedaten keine absolute Stabilität über längere Zeiträume der Vergangenheit besteht.
Bei der Vorhersage für zukünftige Perioden kommen noch die Unwägbarkeiten des Klimawandels hinzu. Das bedeutet, dass man mit einer gewissen Unschärfe jeglicher Aussage rechnen muss und die Windgutachter auch in absehbarer Zukunft keine einheitlichen Ergebnisse hinsichtlich des Langfristbezugs erzielen werden.
ECOreporter.de: In den letzten Jahren haben viele Windfonds ihre Prognosen verfehlt, weil die Annahmen für das Windaufkommen zu optimistisch waren. Sind daran die Windgutachter schuld oder die Anbieter der Windfonds?
Schwartz: Wenn ein Windpark erheblich niedrigere Erträge liefert als prognostiziert, kommen häufig mehrere Ursachen zusammen.
Ich kenne nur sehr wenige Fondsangebote und kann diesen Bereich daher nicht umfassend beurteilen. Zumindest kenne ich Fälle, in denen die Risiken zwar genannt, aber nicht so sehr betont werden wie die Chancen und insgesamt subjektiv ein zu unkritisches Bild entsteht. Dies betrifft dann nicht nur die Bewertung der Windgutachten und vor allem der in den Windgutachten angegebenen Unsicherheiten, sondern auch die Anlagentechnik und die angesetzten Ertragsverluste und Kosten. Unsere Untersuchungen bestehender Windparks zeigen häufig deutlich größere Ertragsverluste durch verringerte Verfügbarkeit, Ausfall des Umspannwerkes oder Netzes, Wartung, Vereisung und elektrische Übertragung, als ursprünglich typischerweise angenommen wird.
Bei der Prospektierung kann darüber hinaus nicht eingerechnet werden, dass die Anlagen im Lauf der Zeit durch weitere zugebaut werden können (sofern dies nicht schon zum Zeitpunkt der Prospektierung bekannt war), was inzwischen aber landauf, landab passiert und natürlich die Erträge entsprechend dauerhaft verringert.
Durchaus sind mir zudem Einzelfälle bekannt, in denen Windkraftanlagen eine deutlich schlechtere Effizienz aufweisen, als die offiziell herausgegebene Leistungskennlinie angibt. Geringe Abweichungen sind dagegen nur schwer erkennbar. In welchem Umfang solche bestehen, ist also unklar. Unzulänglichkeiten des Leistungsverhaltens nachzuweisen, ist in der Regel schwierig, teuer und selten juristisch belastbar. Interessant sind zusätzlich die Situationen, für die gar keine Leistungskennliniengarantie besteht wie Standorte oder Wetterlagen mit erhöhter Turbulenz oder Windscherung und die Situation in Windparks. In sehr dicht gestellten Windparks, was zunehmend Praxis wird, zeigen manche Anlagen eine deutlich schlechtere Leistungsfähigkeit als bei freier Anströmung. Dies wird derzeit den Berechnungsmodellen für die Abschattung, also der Arbeit des Windgutachters, zugeschrieben. Ich sehe dagegen vor allem einen anlagenabhängigen Aspekt. Nicht auszuschließen ist auch, dass in eng gestellten Parks Anlagen auf Kosten des Ertrags so geregelt werden, dass die Belastungen in einem erträglichen Rahmen bleiben.
Einen größeren Einfluss als die Anbieter der Windfonds haben meiner Meinung nach die Projektierer. Schon die Wahl der Gutachter durch den Projektierer beeinflusst natürlich die Angaben im Prospekt. Zwar selten, aber doch hin und wieder kommt es darüber hinaus vor, dass ein Auftraggeber die Fertigstellung eines Gutachtens abbestellt, wenn er erfährt, dass das Ergebnis unter seinen Erwartungen oder unter den Ergebnissen anderer Gutachter liegt, oder aber er gibt das fertig gestellte Gutachten nicht weiter.
Aber natürlich sind es letztlich die Windgutachter, die zumindest die Bruttoerträge des Windparks prognostizieren. Damit ist bei ihnen die Fehlermöglichkeit unweigerlich am größten und somit ist meistens der größte Anteil der Abweichungen zwischen Prognose und Realität im Bereich des Windgutachtens zu finden. Hier spielen sämtliche in den anderen Antworten genannten Schwierigkeiten eine Rolle, die letztlich auch in Marktbedingungen und dem Stand der Technik begründet sind.
ECOreporter.de: In den letzten Jahren war das Windangebot sehr häufig unterdurchschnittlich, gemessen am mittleren Windwert aus den Jahren 1996 bis 2009. Wie ist das zu erklären?

Schwartz: Nein, windschwache und windstarke Perioden sind nicht gleichverteilt, und so kann es eine Abfolge von mehreren windschwachen oder windstarken Jahren geben. Bei welcher Zeitdauer man den langfristigen Mittelwert mit großer Sicherheit ungefähr erreicht, ist umstritten und hängt auch von der Region ab. In manchen Regionen reichen dazu gut 10 Jahre, aber in den meisten braucht man vermutlich mindestens 20 Jahre. Das bedeutet, dass auch ein 10-Jahreszeitraum insgesamt über- oder unterdurchschnittliche Windverhältnisse enthalten kann.
Bildhinweis: Herbert Schwartz ist Diplom-Ingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik und Inhaber der Windgutachten-Gesellschaft anemos-jacob GmbH aus Oldershausen. / Quelle: Unternehmen
ECOreporter.de: In den letzten Jahren war das Windangebot sehr häufig unterdurchschnittlich. Wie ungewöhnlich sind solche längeren Phasen mit vergleichsweise schwachem Windangebot? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich windstarke und windschwache Phasen über die im Durchschnitt 20 Jahre währenden Laufzeit eines Windfonds ausgleichen?
Schwartz: Die letzten etwa acht Jahre waren schon in Norddeutschland insgesamt ungewöhnlich windschwach, auch die Jahre 2009 und 2010 zusammen stellten eine ungewöhnliche Phase dar, insbesondere, wenn man den Beginn von 2011 hinzu nimmt. Für Süddeutschland gilt das weniger. Genauso gab es Anfang der 1990er Jahre eine ausgeprägte windstarke Phase. Ich rechne damit, dass das Windpotenzial eines 20-Jahres-Zeitraums insgesamt weitgehend ausgeglichen ist, aber es gibt keine ausreichenden Erfahrungswerte, um dies mit Sicherheit sagen zu können.
ECOreporter.de: Herr Schwartz, wir danken Ihnen für das Gespräch.