Erneuerbare Energie

Kippt die EU die EEG-Privilegien für Industrie-Unternehmen?

Dass in Deutschland zahlreiche Industrie-Unternehmen ganz oder teilweise von den Kosten der Energiewende befreit sind, ist der EU-Kommission ein Dorn im Auge. Seit kurzem läuft ein Beihilfeverfahren, das prüft, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) Unternehmen wettbewerbsverzerrende, unzulässige Beihilfen vorsieht. Die neue Bundesregierung gibt sich bislang kämpferisch und hat kurz vor Eröffnung des Verfahrens in einer Eilaktion hunderte weitere EEG-Umlage-Befreiungen erteilt.


Der Ausbau von Windkraft- Solarenergie und Co. in Deutschland wird über die EEG-Umlage finanziert. Gezahlt wird von der Allgemeinheit über die Stromrechnung. Bislang sind dafür 5,277 Cent pro Kilowattstunde veranschlagt. Ab 2014 steigt die Umlage auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde. Der saftige Aufschlag für das kommende Jahr ist nicht die erste starke Erhöhung der EEG-Umlage. Sie steigt seit Jahren rasant an, und dass obwohl der stetig gestiegene Anteil der Erneuerbaren Energien am Strommix in Deutschland den Strom eigentlich billiger macht. Das Problem: Der Strom wird nur an den so genannten Strombörsen billiger, wo Normalverbraucher ihn nicht kaufen können. Der gesunkene Börsenpreis wird nicht an die Endverbraucher weitergegeben und er hat auch keine senkende Wirkung auf die EEG-Umlage. Im Gegenteil: Das EEG ist derzeit so ausgelegt, dass die EEG-Umlage steigt, wenn der Preis an der Strombörse sinkt. Denn alle Grünstromanlagen-Betreiber, die ihre Erzeugnisse direkt an der Strombörse verkaufen und dafür auf die staatlich garantierte feste Einspeisevergütung verzichten, erhalten dafür über die EEG-Umlage einen Ausgleich. Und zwar so viel, wie die Differenz zwischen dem Börsenpreis und dem festen Einspeisetarif ausmacht.


Die von der EU-Kommission als möglicherweise diskriminierend und wettbewerbsverzerrend kritisierten Privilegien für stromintensive Unternehmen sorgen auch in Deutschland für viele Diskussionen. Derzeit müssen etwa 2.300 deutsche Unternehmen diese Umlage nicht bezahlen, weil sie pro Jahr mehr als eine Gigawattstunde Strom verbrauchen und die Stromkosten mindestens etwa ein Siebtel ihrer Wertschöpfung ausmachen. Würde kein einziges Unternehmen von der Umlage befreit, könnte die gesamte Umlage ein Viertel niedriger sein. Auch diese Zahl ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Als die Privilegien eingeführt wurden, galten sie nur für besonders stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb standen. Nachdem die Ausnahmen 2012 erweitert wurden, sind auch zahlreiche mittelständische Unternehmen ganz oder teilweise befreit. Und unter diesen Unternehmen geht derzeit die Angst um, die EU-Kommission könnte rückwirkende Strafzahlungen fordern. Die Mehrheit der deutschen Stromzahler könnte allerdings davon profitieren, wenn die EU-Kommission tatsächlich zu dem Schluss kommt, die EEG-Befreiung verstoße gegen EU-Recht. Denn die Befreiung der Unternehmen macht die Umlage für die einfachen Stromzahler teurer.

Hunderte Eilanträge auf den Weg gebracht

Für die Befreiung von der EEG-Umlage ist in Deutschland das für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zuständig. Medienberichten zufolge hat das Bafa im Vorfeld des Verfahrens noch 400 bis 500 Unternehmen eine Befreiung erteilt, weil die Bundesregierung das Verfahren hatte kommen sehen und schnell die Bescheide veranlasst hat. Üblicherweise werden solche Bescheide immer erst nach Weihnachten zugestellt.

Die Bundesregierung gab sich bislang kämpferisch: „Wir werden der Kommission sehr deutlich machen: Deutschland möchte ein starker Industrie-Standort bleiben“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Regierungserklärung betont. Ein Abrücken von den Privilegien werde in  Deutschland Arbeitsplätze gefährden, so Merkel weiter.

„Einspeisevergütung keine unzulässige Beihilfe“

Hans-Josef Fell, Energie-Experte und früherer Bundespolitiker von Bündnis 90 / Die Grünen erklärte, das Verfahren werde „keine unmittelbaren Auswirkungen auf die gesetzlich garantierten Investitionsgrundlagen für Erneuerbare Energien haben.“ Sollte das EEG als Beihilfe eingestuft werden, so Fell weiter, könne der Europäische Gerichtshof eingeschaltet werden. Bereits 2001 habe es ein Urteil der EU-Richter gegeben, die die Einspeisevergütung für Erneuerbare Energien nicht als Beihilfe einstuft. Die Ausnahmen, die im Kern der EU-Kritik stehen, sieht auch Fell kritisch, er bezeichnete sie jüngst gegenüber Medienvertretern als „ungerechtfertigt und empfiehlt deren Abschaffung.

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