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Jahresrückblick Solaraktien: massive Kursverluste trotz oft sehr guter Geschäfte
Die Erfolgsgeschichte der deutschen Photovoltaik sucht ihresgleichen. In den Jahren von 2000 bis 2009 hat sich die Menge der in Deutschland installierten Solarstromkapazität auf zehn Gigawatt (GW) verzehnfacht. Das entspricht der Leistung von zehn mittleren Kernkraftwerken. Das Jahr 2010 schlug dann alle bisherigen Rekorde. Nach vorläufigen Berechnungen wurden im vergangenen Jahr in der Bundesrepublik Solaranlagen mit einer Kapazität von 7 GW neu installiert. Das ist fast eine Verdoppelung des Vorjahreswertes und entspricht erneut über 40 Prozent der weltweit neu errichteten Photovoltaikleistung. Die dürfte sich auf 15 bis 16 GW belaufen.
Parallel dazu erwuchs in Deutschland fast aus dem Nichts die weltweit größte Solarbranche. 10.000 Photovoltaikunternehmen zählt der deutsche Solarverband, der BSW-Solar aus Berlin, davon 200 Hersteller von Solarkomponenten wie Module und Zellen. Diese Produzenten haben ihren Jahresumsatz in nur einem Jahrzehnt von 0,2 auf rund 10 Milliarden Euro gesteigert. Die Zulieferer steuern dazu zwei weitere Milliarden bei. Zu zwei Dritteln erfolgt die Wertschöpfung dieser Firmen in Deutschland, trotz einer auf über 80 Prozent vervielfachten Exportquote. Auf die Hersteller und die Zulieferer entfällt auch die Hälfte der über 60.000 Arbeitsplätze, die in der deutschen Solarbranche entstanden sind – der Rest zu einem geringen Teil auf den Großhandel und zu rund 40 Prozent auf Handwerksbetriebe. Vor zehn Jahren lag die Anzahl der in dem Sektor Beschäftigten gerade einmal knapp über 3.000.
Einher ging diese Entwicklung mit massiven Investitionen der Hersteller und Zulieferer in die Modernisierung der Produktion sowie in die Erforschung und Weiterentwicklung der Photovoltaiktechnologie. Deren Nettoinvestitionen in die Produktion vervielfachten sich von 2001 bis 2009 von 111 Millionen auf knapp 2 Milliarden Euro. Ihre Aufwendungen in Forschung und Entwicklung kletterten in diesem Zeitraum von knapp 10 auf 163 Millionen Euro. Auch deshalb hat Deutschland in dieser Zukunftsbranche gegenüber anderen Ländern einen großen Technologievorsprung aufgebaut.
Man sollte meinen, dass vor diesem Hintergrund die Kurse deutscher Solaraktien bei Börsianern heiß begehrt sind. Davon konnte aber 2010 nicht die Rede sein, ihre Kurse sind stark unter Druck geraten. Vor 2008 verzeichneten Aktionäre für deutsche Solarwerte mitunter spektakuläre Kurszuwächse. Von dem Wertverlust infolge des Börsencrashs im Herbst 2008 hat sich das Gros der deutschen Solaraktien aber bis heute nicht erholt. Viele haben sich im vergangenen Jahr sogar weiter verbilligt. Denn seitdem die Pleite von Lehman Brothers den Finanzsektor erschüttert hat, ist die Finanzierung von Solarprojekten deutlich erschwert worden. Die Solarhersteller konnten die aufgebauten Kapazitäten nicht mehr auslasten, die Folge war ein massiver Preisverfall, der vor allem die deutschen Qualitätshersteller traf. Während ihre Margen schrumpften, stieg zugleich die Bedeutung der Billigkonkurrenz aus Asien. Denn mit umfassender staatlicher Förderung haben vor allem chinesische Hersteller bei meist deutschen Maschinenbauern Fertigungsstraßen für Solarprodukte eingekauft und in Kürze enorme Kapazitätsmengen aufgebaut. Das facht den Wettbewerb weiter an. Im vergangenen Jahr kam dann ein weiterer Faktor belastend hinzu. Die Abhängigkeit der Solarbranche von der Politik.
Diskussionen über Kürzungen der Solartarife drückten die Aktienkurse
Denn in vielen europäischen Photovoltaikmärkten haben die Regierungen – eben aufgrund des Preisverfalls bei Solarprodukten – die Solarstromtarife gekappt. Dies ging mit langen öffentlichen Diskussionen über die Höhe und Staffelung der Tarife einher. Beides war Gift für die Kurse der meisten Solaraktien. Denn neben der Gier nach Rendite werden Börsianer noch von einem anderen Impuls getrieben: der Furcht. Die Debatten über die Kürzungen, die fast das ganze Jahr über anhielten, nährten beständig die Furcht vor weiteren Absatzproblemen und sinkenden Margen der Solarhersteller. Trotz der enormen Erfolgsgeschichte der deutschen Photovoltaik oder gerade deshalb gab die Bundesrepublik bei den Tarifkürzungen den Takt vor. Erst wurden zur Jahresmitte gravierende Tarifkürzungen beschlossen und zum Oktober weiter verschärft. In der Annahme, so die Aufwendungen für Solarstrom zu verringern. Ab dem Herbst entspann sich dann die noch laufende Diskussion über weitere deutliche Einschnitte. Sie entzündete sich an dem Rekordzubau, den gerade die von der neuen Regierung durchgesetzten Tarifkürzungen angestoßen hatten. Denn wer immer ein Solarprojekt in Deutschland umsetzen wollte, bemühte sich um eine schleunige Umsetzung, um noch die alte Vergütungsregelung in Anspruch nehmen zu können. Vorübergehend stabilisierte das sogar die Preise für die Komponenten, doch zum Jahresende sanken sie wieder leicht ab. Die Hersteller müssen den Projektierern, die nun deutlich weniger mit Photovoltaikanlagen verdienen können, bei den Preise für Solarprodukte entgegen kommen.
Mit der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen weiteren Kürzung der deutschen Solarstromtarife muss die Branche eine Kürzung der Vergütung um etwa ein Drittel innerhalb zwölf Monaten auffangen. Die großen Freiflächenprojekte werden gar nicht mehr gefördert und fallen als Abnehmer fortan aus. Wer nun noch in Deutschland Photovoltaikanlagen errichtet, muss noch stärker als bisher auf die Kosten achten. Die Preisvorteile asiatischer Hersteller, von denen viele bereits eine gute Qualität liefern können, gewinnen weiter an Bedeutung. Deutsche Hersteller sind 2010 verstärkt in ausländische Märkte wie Italien und Frankreich ausgewichen, wo aber die Tarife ebenfalls weiter sinken. Die bessere Sonnenernte dort erleichtert es den Projektieren aber, mehr in deutsche Qualitätsprodukte zu investieren.
Deutsche Solaraktien im Kurskeller
Experten trauen der Bonner SolarWorld AG unter den börsennotierten deutschen Herstellern am ehesten zu, die Marktbereinigung zu überstehen, die spätestens 2010 begonnen hat. Der Solarkonzern kann Nachfrageschwankungen durch seine breite Wertschöpfungskette einigermaßen abfedern, zum Beispiel seine Wafer für die eigene Zellenproduktion verwenden, und erzielt durch seine großen Produktionsmengen Skaleneffekte. Diese ermöglichen es ihm, Preisrückgänge einigermaßen auszugleichen.
Vor allem verfügt das Unternehmen über volle Kassen, kann daher weiter investieren und sich Konkurrenten oder Zulieferer einverleiben. So machte SolarWorld im November dem Solarprojektierers Solarparc AG ein Übernahmeangebot. Dagegen sind viele andere Hersteller hoch verschuldet und können nur eingeschränkt auf den steigenden Wettbewerb reagieren. In den ersten neun Monaten 2010 ist der Umsatz des Solarkonzerns im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 50 Prozent auf 945,8 Millionen Euro gewachsen. Es gelang der SolarWorld AG zudem, das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) um elf Prozent auf 132,5 Millionen Euro zu verbessern. Die Börsianer honorierten diese Leistung nicht, im Gegenteil: der Aktienkurs des Solarkonzerns hat sich im Jahresverlauf halbiert.
Längst nicht alle deutschen Solarunternehmen haben sich operativ im vergangenen Jahr so gut entwickelt wie die SolarWorld. Vor allem für Unternehmen mit dünner Kapitaldecke wurde 2010 die Luft dünner. Wie schnell das Aus kommen kann, zeigte 2010 das Beispiel der Düsseldorfer systaic AG. Die musste im Dezember Insolvenz anmelden. Wenige Wochen zuvor hatte sie für die den ersten neun Monate 2010 einen massiven Umsatzeinbruch bekannt gegeben. Die Erlöse schrumpften gegenüber dem Vorjahreszeitraum von rund 193,1 Millionen auf knapp 18 Millionen Euro. Das operative Ergebnis (EBIT) fiel ebenfalls sehr schwach aus. Nach rund 9,2 Millionen Euro Gewinn im Vorjahresraum war nun ein Fehlbetrag von rund 50,5 Millionen Euro angelaufen. Ausbleibende Mittelzuflüsse aus Projekten und Projektverschiebungen führten schließlich dazu, dass der sich übers Jahr verschärfende Liquiditätsengpass der systaic am Ende zur Sackgasse für das Unternehmen wurde.
Dagegen hat die Hamburger Conergy AG im Dezember ihr Fortbestehen doch noch sichern können. Dies stand das ganze Jahr über auf der Kippe und hing davon ab, ob die Gläubiger noch an eine Zukunft des Konzerns glaubten, das bis 2007 ein Vorzeigeunternehmen der Branche war, sich aber in zu viele Aktivitäten verzettelte und völlig überschuldete. Am Ende waren die Gläubiger, eine Gruppe von Banken um die Commerzbank und einige Hedgefonds, dazu bereit, einen Großteil der Schulden in Höhe von 323 Millionen Euro als Sacheinlage in die Gesellschaft einzubringen und einen weiteren Teil sogar zu erlassen. Damit ist das Aus vorerst abgewendet. Doch weil die Vereinbarung zu einer deutlichen Verwässerung des Aktienkurses führt, zahlen die Aktionäre dafür die Zeche. Doch die meisten habe sich schon längst von dem Wertpapier getrennt, dass 2007 noch über 20 Euro gekostet hatte, dann aber unter einen Euro abgestürzt war. Der Anteilsschein von Conergy war Ende Dezember mit einem Kurs von 0,5 Euro 18 Prozent weniger wert als zum Jahresbeginn.
Der ebenfalls hoch verschuldeten Q-Cells SE aus Thalheim bei Bitterfeld gelang 2010 eine erstaunliche Trendwende. Als weltweit größter Hersteller von Solarzellen hatte das Unternehmen vor zwei Jahren noch den Erfolg der deutschen Photovoltaik repräsentiert. Mit dem massiven Preisverfall für diese Produkte geriet es dann in gefährliche Schieflage. Der Aufsichtsrat tauschte im März 2010 Firmengründer Anton Milner als Vorstandschef gegen den Sanierungsexperten Nedim Cen aus, und der der krempelte das Geschäft binnen weniger Monate kräftig um. Verlustbringende Beteiligungen wurden abgestoßen, Q-Cells zu einem Anbieter von Photovoltaik-Lösungen gemacht. Das Geschäft mit Solarzellen ist nur noch eine von mehreren Säulen des Solarkonzerns, auch werden sie nunmehr fast ausschließlich preisgünstig in Malaysia produziert. Daneben fertigt das Unternehmen herkömmliche Solarmodule und Dünnschichtprodukte, ferner setzt es verstärkt auf die Projektierung von Solarparks.
Der konsequente Umbau trug schnell erste Früchte. Auf Neunmonatsbasis erzielte Q-Cells einen Umsatz von 967 Millionen Euro und ein EBIT von 55 Millionen Euro. Beim operativen Ergebnis fiel nach einem Fehlbetrag von 150 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum bis Ende September ein Gewinn in Höhe von 55 Millionen Euro an. Cem stellte für 2010 ein Jahres-EBIT von 75 bis 80 Millionen Euro in Aussicht, nach einem EBIT-Verlust von rund 481 Millionen Euro in 2009. Die Börsianer verfolgten diese Trendwende mit Skepsis, wohl auch wegen der weiter hohen Verschuldung des Unternehmens. Die Aktie von Q-Cells profitierte nicht von der Rückkehr der Gesellschaft in die Gewinnzone. Auf Jahressicht verbilligte sie sich in Frankfurt um 70 Prozent.
Selbst die Aktien der deutschen Solarzulieferer, die 2010 fast durchweg gute bis sehr gute Geschäfte machten, konnten sich im vergangenen Jahr nicht dem Negativtrend für deutsche Solarwerte entziehen. Sie ist die hessische SMA Solar Technologies mit einem Marktanteil von über 40 Prozent der weltweit mit Abstand führende Hersteller von Wechselrichtern für Solaranlagen. Damit profitiert das Unternehmen direkt vom weltweit starken Ausbau der Photovoltaikkapazitäten. Sein Umsatz stieg folglich in 2010 stark an, in den ersten neun Monaten von 559,4 Millionen auf 1,44 Milliarden Euro. Das 9-Monats-EBIT sprang von 120,8 auf 118,2 Millionen Euro. Dennoch verbilligte sich die SMA-Aktie im Jahresverlauf deutlich, um 20 Prozent.
Solarausrüster wie die centrotherm photovoltaics AG aus Blaubeuren sind die Nutznießer des starken Kapazitätsausbaus chinesischer Solarhersteller, den sie versorgen die Akteure aus Fernost mit HighTech-Ausrüstungen dafür. Centrotherm zählt hier zu den Marktführern, steigerte 2010 im Bereich Beschichtungsanlagen zur Herstellung kristalliner Solarzellen ihren Anteil am Weltmarkt 48 Prozent. Während der ersten neun Geschäftsmonate machte das Unternehmen 22 Prozent mehr Umsatz und 52 Prozent mehr operativen Gewinn. Doch auch centrotherm gelang es nicht, den Aktienkurs zu verbessern. Vielmehr gab er bis zum Jahresende um fast 40 Prozent nach.
Auch ausländische Solarwerte im Negativsog
Doch nicht nur deutsche Solaraktien haben 2010 eine schwache Wertentwicklung gezeigt. Selbst die überaus erfolgreichen chinesischen Solarhersteller, die sich in nur wenigen Jahren zur harten Konkurrenz für die anfangs uneinholbar scheinenden Produzenten aus dem Westen gemausert haben, erzielten 2010 keine Kurszuwächse. So stieg Suntech Power Holdings im vergangenen Jahr zum weltweit größten Hersteller von Solarmodulen auf, erwirtschaftete enorme Zuwächse bei Umsatz und Gewinn. Dennoch verbilligte sich die Aktie des Unternehmens aus Wuxi im Jahresverlauf um knapp 50 Prozent. Der Anteilsschein von Yingli Green Energy, einem weiteren großen Solarhersteller aus China, verlor ein Drittel an Wert. Auch hier wirkten sich die Befürchtungen der Börsianer über weitere Preissenkungen und damit schrumpfende Margen belastend aus.
Solarwerte aus den USA gerieten 2010 ebenfalls in diesen großen Negativstrudel. Ihm konnte sich selbst ein großer Akteur wie SunPower aus Kalifornien nicht entziehen, dessen Aktie in Frankfurt trotz sehr guter Geschäftszahlen über 40 Prozent an Wert verlor. Die Produzentin von hochwertigen Silizium-Modulen ist auch stark als Solarprojektierer aufgestellt, kann dabei eigene Module verbauen und erleichtert dadurch deren Absatz. Zwar steht angesichts sinkender Solarstromvergütungen in Frage, ob SunPower weiter in Europa so viele Solarparks errichten kann wie zuletzt. Doch dafür steigt die Nachfrage im Heimatmarkt USA. Dort verfügen die US-Versorger nicht nur weiterhin über ausreichende Mittel, in solche Projekte zu investieren. Sie müssen dies auch, da sie in den meisten Bundesstaaten Mindestquoten für den Anteil von Erneuerbarer Energie an der Stromerzeugung gibt. Vor allem in den sonnenreichen Regionen dürften daher bald immer mehr große Solarparks in Auftrag gegeben werden. SunPower verfügen dafür über beste Referenzen, die meisten der großen US-Solarparks sind von den Kaliforniern errichtet worden.
Gegen diesen allgemeinen Trend hat die Aktie der ebenfalls US-amerikanischen First Solar 2010 leicht an Wert gewonnen. Ihr Kurs lag zum Jahresende um acht Prozent über dem Schlusskurs von 2009. Auch sie kann auf gute Geschäfte im auflebenden US-Markt hoffen, wo die Modulproduzentin seit 2009 auch als Solarprojektierer agiert und etliche Großprojekte umgesetzt oder in Angriff genommen hat. Das Vertrauen der Börsianer gewann sie aber vor allem durch ihre Spezialisierung auf Dünnschicht-Solarmodule. Herkömmliche Solarmodule durchlaufen von der Verarbeitung des Basisrohstoffes Silizium bis zum Endprodukt mindestens vier Fertigungsstufen. First Solar kommt bei den Dünnschichtmodulen dagegen mit einem Arbeitsgang aus. Eine Halbleiterschicht mit dem Grundstoff Cadmiumtellurid (CdTe), die Sonnenlicht in Energie umwandelt, wird auf ein Rückglas aufgebracht und mit Hilfe eines Frontglases luftdicht verschlossen - fertig. Durch dieses reduzierte Verfahren kann Frist Solar Solarmodule weitaus günstiger anbieten als die Konkurrenz. Zwar setzen auch andere Marktakteure auf solche Dünnschichtmodule, doch keiner verfügt dabei auch nur annähernd über eine vergleichbar große Erfahrung. Zudem baut das Unternehmen seine Kapazitäten im großen Stil aus und kann durch Skaleneffekte weitere Kostensenkungen erzielen.
Zwar sind die Produkte von First Solar nicht so leistungsstark wie Siliziummodule, aber bei großen Photovoltaikanlagen, für die viele Module benötigt werden und angesichts sinkender Solarstromvergütungen hat der günstige Preis mehr Gewicht als die Effizienz. Zumal bei Standorten mit starker Lichteinstrahlung dennoch reiche Solarstromernten anfallen. 2010 liefen die Geschäfte so gut, dass First Solar die Prognose gleich mehrfach anhob, Umsatz und Gewinn deutlich verbesserte. Aber selbst all dies reichte nur für einen bescheidenen Wertzuwachs der Aktie auf Jahressicht.
Bildnachweis: Solarzellen von Evergreen Solar; Produktionsline der SolarWorld AG, Solarpark von Q-Cells SE, Produktion von First Solar./ Quelle: Jeweils Unternehmen
Parallel dazu erwuchs in Deutschland fast aus dem Nichts die weltweit größte Solarbranche. 10.000 Photovoltaikunternehmen zählt der deutsche Solarverband, der BSW-Solar aus Berlin, davon 200 Hersteller von Solarkomponenten wie Module und Zellen. Diese Produzenten haben ihren Jahresumsatz in nur einem Jahrzehnt von 0,2 auf rund 10 Milliarden Euro gesteigert. Die Zulieferer steuern dazu zwei weitere Milliarden bei. Zu zwei Dritteln erfolgt die Wertschöpfung dieser Firmen in Deutschland, trotz einer auf über 80 Prozent vervielfachten Exportquote. Auf die Hersteller und die Zulieferer entfällt auch die Hälfte der über 60.000 Arbeitsplätze, die in der deutschen Solarbranche entstanden sind – der Rest zu einem geringen Teil auf den Großhandel und zu rund 40 Prozent auf Handwerksbetriebe. Vor zehn Jahren lag die Anzahl der in dem Sektor Beschäftigten gerade einmal knapp über 3.000.
Einher ging diese Entwicklung mit massiven Investitionen der Hersteller und Zulieferer in die Modernisierung der Produktion sowie in die Erforschung und Weiterentwicklung der Photovoltaiktechnologie. Deren Nettoinvestitionen in die Produktion vervielfachten sich von 2001 bis 2009 von 111 Millionen auf knapp 2 Milliarden Euro. Ihre Aufwendungen in Forschung und Entwicklung kletterten in diesem Zeitraum von knapp 10 auf 163 Millionen Euro. Auch deshalb hat Deutschland in dieser Zukunftsbranche gegenüber anderen Ländern einen großen Technologievorsprung aufgebaut.

Diskussionen über Kürzungen der Solartarife drückten die Aktienkurse
Denn in vielen europäischen Photovoltaikmärkten haben die Regierungen – eben aufgrund des Preisverfalls bei Solarprodukten – die Solarstromtarife gekappt. Dies ging mit langen öffentlichen Diskussionen über die Höhe und Staffelung der Tarife einher. Beides war Gift für die Kurse der meisten Solaraktien. Denn neben der Gier nach Rendite werden Börsianer noch von einem anderen Impuls getrieben: der Furcht. Die Debatten über die Kürzungen, die fast das ganze Jahr über anhielten, nährten beständig die Furcht vor weiteren Absatzproblemen und sinkenden Margen der Solarhersteller. Trotz der enormen Erfolgsgeschichte der deutschen Photovoltaik oder gerade deshalb gab die Bundesrepublik bei den Tarifkürzungen den Takt vor. Erst wurden zur Jahresmitte gravierende Tarifkürzungen beschlossen und zum Oktober weiter verschärft. In der Annahme, so die Aufwendungen für Solarstrom zu verringern. Ab dem Herbst entspann sich dann die noch laufende Diskussion über weitere deutliche Einschnitte. Sie entzündete sich an dem Rekordzubau, den gerade die von der neuen Regierung durchgesetzten Tarifkürzungen angestoßen hatten. Denn wer immer ein Solarprojekt in Deutschland umsetzen wollte, bemühte sich um eine schleunige Umsetzung, um noch die alte Vergütungsregelung in Anspruch nehmen zu können. Vorübergehend stabilisierte das sogar die Preise für die Komponenten, doch zum Jahresende sanken sie wieder leicht ab. Die Hersteller müssen den Projektierern, die nun deutlich weniger mit Photovoltaikanlagen verdienen können, bei den Preise für Solarprodukte entgegen kommen.
Mit der zum 1. Januar 2011 in Kraft getretenen weiteren Kürzung der deutschen Solarstromtarife muss die Branche eine Kürzung der Vergütung um etwa ein Drittel innerhalb zwölf Monaten auffangen. Die großen Freiflächenprojekte werden gar nicht mehr gefördert und fallen als Abnehmer fortan aus. Wer nun noch in Deutschland Photovoltaikanlagen errichtet, muss noch stärker als bisher auf die Kosten achten. Die Preisvorteile asiatischer Hersteller, von denen viele bereits eine gute Qualität liefern können, gewinnen weiter an Bedeutung. Deutsche Hersteller sind 2010 verstärkt in ausländische Märkte wie Italien und Frankreich ausgewichen, wo aber die Tarife ebenfalls weiter sinken. Die bessere Sonnenernte dort erleichtert es den Projektieren aber, mehr in deutsche Qualitätsprodukte zu investieren.
Deutsche Solaraktien im Kurskeller
Experten trauen der Bonner SolarWorld AG unter den börsennotierten deutschen Herstellern am ehesten zu, die Marktbereinigung zu überstehen, die spätestens 2010 begonnen hat. Der Solarkonzern kann Nachfrageschwankungen durch seine breite Wertschöpfungskette einigermaßen abfedern, zum Beispiel seine Wafer für die eigene Zellenproduktion verwenden, und erzielt durch seine großen Produktionsmengen Skaleneffekte. Diese ermöglichen es ihm, Preisrückgänge einigermaßen auszugleichen.

Längst nicht alle deutschen Solarunternehmen haben sich operativ im vergangenen Jahr so gut entwickelt wie die SolarWorld. Vor allem für Unternehmen mit dünner Kapitaldecke wurde 2010 die Luft dünner. Wie schnell das Aus kommen kann, zeigte 2010 das Beispiel der Düsseldorfer systaic AG. Die musste im Dezember Insolvenz anmelden. Wenige Wochen zuvor hatte sie für die den ersten neun Monate 2010 einen massiven Umsatzeinbruch bekannt gegeben. Die Erlöse schrumpften gegenüber dem Vorjahreszeitraum von rund 193,1 Millionen auf knapp 18 Millionen Euro. Das operative Ergebnis (EBIT) fiel ebenfalls sehr schwach aus. Nach rund 9,2 Millionen Euro Gewinn im Vorjahresraum war nun ein Fehlbetrag von rund 50,5 Millionen Euro angelaufen. Ausbleibende Mittelzuflüsse aus Projekten und Projektverschiebungen führten schließlich dazu, dass der sich übers Jahr verschärfende Liquiditätsengpass der systaic am Ende zur Sackgasse für das Unternehmen wurde.
Dagegen hat die Hamburger Conergy AG im Dezember ihr Fortbestehen doch noch sichern können. Dies stand das ganze Jahr über auf der Kippe und hing davon ab, ob die Gläubiger noch an eine Zukunft des Konzerns glaubten, das bis 2007 ein Vorzeigeunternehmen der Branche war, sich aber in zu viele Aktivitäten verzettelte und völlig überschuldete. Am Ende waren die Gläubiger, eine Gruppe von Banken um die Commerzbank und einige Hedgefonds, dazu bereit, einen Großteil der Schulden in Höhe von 323 Millionen Euro als Sacheinlage in die Gesellschaft einzubringen und einen weiteren Teil sogar zu erlassen. Damit ist das Aus vorerst abgewendet. Doch weil die Vereinbarung zu einer deutlichen Verwässerung des Aktienkurses führt, zahlen die Aktionäre dafür die Zeche. Doch die meisten habe sich schon längst von dem Wertpapier getrennt, dass 2007 noch über 20 Euro gekostet hatte, dann aber unter einen Euro abgestürzt war. Der Anteilsschein von Conergy war Ende Dezember mit einem Kurs von 0,5 Euro 18 Prozent weniger wert als zum Jahresbeginn.

Der konsequente Umbau trug schnell erste Früchte. Auf Neunmonatsbasis erzielte Q-Cells einen Umsatz von 967 Millionen Euro und ein EBIT von 55 Millionen Euro. Beim operativen Ergebnis fiel nach einem Fehlbetrag von 150 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum bis Ende September ein Gewinn in Höhe von 55 Millionen Euro an. Cem stellte für 2010 ein Jahres-EBIT von 75 bis 80 Millionen Euro in Aussicht, nach einem EBIT-Verlust von rund 481 Millionen Euro in 2009. Die Börsianer verfolgten diese Trendwende mit Skepsis, wohl auch wegen der weiter hohen Verschuldung des Unternehmens. Die Aktie von Q-Cells profitierte nicht von der Rückkehr der Gesellschaft in die Gewinnzone. Auf Jahressicht verbilligte sie sich in Frankfurt um 70 Prozent.
Selbst die Aktien der deutschen Solarzulieferer, die 2010 fast durchweg gute bis sehr gute Geschäfte machten, konnten sich im vergangenen Jahr nicht dem Negativtrend für deutsche Solarwerte entziehen. Sie ist die hessische SMA Solar Technologies mit einem Marktanteil von über 40 Prozent der weltweit mit Abstand führende Hersteller von Wechselrichtern für Solaranlagen. Damit profitiert das Unternehmen direkt vom weltweit starken Ausbau der Photovoltaikkapazitäten. Sein Umsatz stieg folglich in 2010 stark an, in den ersten neun Monaten von 559,4 Millionen auf 1,44 Milliarden Euro. Das 9-Monats-EBIT sprang von 120,8 auf 118,2 Millionen Euro. Dennoch verbilligte sich die SMA-Aktie im Jahresverlauf deutlich, um 20 Prozent.
Solarausrüster wie die centrotherm photovoltaics AG aus Blaubeuren sind die Nutznießer des starken Kapazitätsausbaus chinesischer Solarhersteller, den sie versorgen die Akteure aus Fernost mit HighTech-Ausrüstungen dafür. Centrotherm zählt hier zu den Marktführern, steigerte 2010 im Bereich Beschichtungsanlagen zur Herstellung kristalliner Solarzellen ihren Anteil am Weltmarkt 48 Prozent. Während der ersten neun Geschäftsmonate machte das Unternehmen 22 Prozent mehr Umsatz und 52 Prozent mehr operativen Gewinn. Doch auch centrotherm gelang es nicht, den Aktienkurs zu verbessern. Vielmehr gab er bis zum Jahresende um fast 40 Prozent nach.
Auch ausländische Solarwerte im Negativsog
Doch nicht nur deutsche Solaraktien haben 2010 eine schwache Wertentwicklung gezeigt. Selbst die überaus erfolgreichen chinesischen Solarhersteller, die sich in nur wenigen Jahren zur harten Konkurrenz für die anfangs uneinholbar scheinenden Produzenten aus dem Westen gemausert haben, erzielten 2010 keine Kurszuwächse. So stieg Suntech Power Holdings im vergangenen Jahr zum weltweit größten Hersteller von Solarmodulen auf, erwirtschaftete enorme Zuwächse bei Umsatz und Gewinn. Dennoch verbilligte sich die Aktie des Unternehmens aus Wuxi im Jahresverlauf um knapp 50 Prozent. Der Anteilsschein von Yingli Green Energy, einem weiteren großen Solarhersteller aus China, verlor ein Drittel an Wert. Auch hier wirkten sich die Befürchtungen der Börsianer über weitere Preissenkungen und damit schrumpfende Margen belastend aus.

Gegen diesen allgemeinen Trend hat die Aktie der ebenfalls US-amerikanischen First Solar 2010 leicht an Wert gewonnen. Ihr Kurs lag zum Jahresende um acht Prozent über dem Schlusskurs von 2009. Auch sie kann auf gute Geschäfte im auflebenden US-Markt hoffen, wo die Modulproduzentin seit 2009 auch als Solarprojektierer agiert und etliche Großprojekte umgesetzt oder in Angriff genommen hat. Das Vertrauen der Börsianer gewann sie aber vor allem durch ihre Spezialisierung auf Dünnschicht-Solarmodule. Herkömmliche Solarmodule durchlaufen von der Verarbeitung des Basisrohstoffes Silizium bis zum Endprodukt mindestens vier Fertigungsstufen. First Solar kommt bei den Dünnschichtmodulen dagegen mit einem Arbeitsgang aus. Eine Halbleiterschicht mit dem Grundstoff Cadmiumtellurid (CdTe), die Sonnenlicht in Energie umwandelt, wird auf ein Rückglas aufgebracht und mit Hilfe eines Frontglases luftdicht verschlossen - fertig. Durch dieses reduzierte Verfahren kann Frist Solar Solarmodule weitaus günstiger anbieten als die Konkurrenz. Zwar setzen auch andere Marktakteure auf solche Dünnschichtmodule, doch keiner verfügt dabei auch nur annähernd über eine vergleichbar große Erfahrung. Zudem baut das Unternehmen seine Kapazitäten im großen Stil aus und kann durch Skaleneffekte weitere Kostensenkungen erzielen.
Zwar sind die Produkte von First Solar nicht so leistungsstark wie Siliziummodule, aber bei großen Photovoltaikanlagen, für die viele Module benötigt werden und angesichts sinkender Solarstromvergütungen hat der günstige Preis mehr Gewicht als die Effizienz. Zumal bei Standorten mit starker Lichteinstrahlung dennoch reiche Solarstromernten anfallen. 2010 liefen die Geschäfte so gut, dass First Solar die Prognose gleich mehrfach anhob, Umsatz und Gewinn deutlich verbesserte. Aber selbst all dies reichte nur für einen bescheidenen Wertzuwachs der Aktie auf Jahressicht.
Bildnachweis: Solarzellen von Evergreen Solar; Produktionsline der SolarWorld AG, Solarpark von Q-Cells SE, Produktion von First Solar./ Quelle: Jeweils Unternehmen