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"Italien ist momentan der absolut interessanteste Solarmarkt in Europa." - ECOreporter.de-Interview mit Peter Heidecker, Geschäftsführer der Chorus GmbH



ECOreporter.de: Herr Heidecker, wie werden sich die Kürzungen der Solarstromvergütung auf die deutsche Solarbranche auswirken?

Peter Heidecker: Die vereinbarte Regelung hat zur Folge, dass mit der Übergangsregelung bis zum 31.12.2010 ein kleines Zeitfenster bleibt, das man für Solarfonds nutzen muss. Danach sind in Deutschland im Bereich der Photovoltaik kaum noch gute Investitionsmöglichkeiten zu finden. Wenn nur noch Renditen um 5 Prozent, statt wie heute um die 7 Prozent zu erreichen sind, wird der deutsche Markt für Anleger uninteressant. Ihre Renditeerwartungen lassen sich nach den zusätzlichen Kappungen der Solarstromvergütung nicht mehr erfüllen. Zumal für 2011 und 2012 weitere Senkungen geplant sind.
Es gab zwar 2009 einen Verfall der Preise für Solarmodule. Damit werden ja die Kürzungen begründet. Aber seit Anfang dieses Jahres haben sich die Module verteuert: unter anderem wegen des Abbaus von Überkapazitäten und weil der Euro gegenüber dem Dollar an Wert verloren hat.

ECOreporter.de: Selbst wenn Investitionen in deutsche Solarparks unattraktiv werden, bieten sich ja noch Auslandsmärkte für Solarfonds an. Wie bewerten Sie die Kürzungen der Solarstromvergütung in Italien?

Heidecker: Die Kürzung für 2011 erscheinen uns darstellbar. Mit einer Senkung von rund 7 bis 8 Prozent im Durchschnitt, die alle vier Monate erfolgt. Derzeit liegt die Vergütung bei 41 Cent je Kilowattstunde. Selbst nach diesen Kürzungen ist die Vergütung also noch attraktiv. Hinzu kommt, dass das Sonnenangebot in Italien 70 bis 80 Prozent größer ist als in Deutschland.
Italien ist momentan der absolut interessanteste Solarmarkt in Europa. Vernünftige Alternativen gibt es praktisch nicht, seit Frankreich zum 1. September eine Deckelung der Förderung auf 500 MW beschlossen hat. Bei den verflechteten Strukturen der französischen Wirtschaft wird es für ausländische Investoren sehr schwierig, etwas von dem kleinen Kuchen zu ergattern.

ECOreporter.de: Wie beurteilen sie die Aussichten im spanischen Solarmarkt?

Heidecker: Der ist schon seit anderthalb Jahren uninteressant. Ganz abgesehen von den Kürzungen der Vergütung ist dort ja völlig unsicher, für welches Quartal Sie eine Genehmigung für ein Solarprojekt bekommen – und damit auch, mit welcher Vergütung Sie überhaupt kalkulieren können.

ECOreporter.de: Welchen Anteil haben die Aufwendungen für die Module an den Gesamtkosten eines Solarprojektes? Sind sie ein bestimmender Faktor für die Rendite?

Heidecker: Die Module sind schon der entscheidende Faktor. Bei einem Solarprojekt summieren sich Aufwendungen für die Montage, für Einrichtungen wie Wechseltrichter und andere Faktoren zu einem Resterrichtungspreis, der etwa 40 Prozent der Gesamtkosten ergibt. Der Rest wird für die Module aufgewendet. Und der aktuelle Preisanstieg ist nicht alles. Die Bezugsbedingungen haben sich angesichts der weltweit hohen Nachfrage ebenfalls verschlechtert, die Hersteller verlangen Vorauskasse etc.

ECOreporter.de: Die Kürzungen der Solarstromvergütung sollen die Photovoltaikbranche dazu zwingen, weitere Fortschritte bei der Effizienz zu erzielen. Wie realistisch ist das?

Heidecker: Grundsätzlich ist das schon der richtige Weg. Darauf zielt das deutsche EEG ja auch im Kern ab. Aber das Tempo wird nun überdreht. Ohnehin sieht das Gesetz schon pro Jahr Kürzungen der Solarstromvergütung vor. Aber mitten im Jahr eine so stark zusätzlich Kappung durchzuführen bedeutet, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Gefragt ist eine Absenkung mit Augenmaß, von der kann aber angesichts der neuen Regelung nicht die Rede sein.

ECOreporter.de: Welche Absicht steckt dann Ihrer Meinung nach hinter der starken zusätzlichen Kappung des deutschen EEG?

Heidecker: Der Verbraucher soll entlastet werden von den angeblich hohen Kosten durch Grünstrom. Man muss sich einmal die Relationen vergegenwärtigen. Wir sprechen bei der Solarstromvergütung über Mehrkosten von 1 – 1,5 ct/kWh, das heißt eine Belastung der Durschschnittshaushalte um etwa zusätzliche 30 Euro im Jahr.

ECOreporter.de: Inwiefern kann die Netzparität oder ‚grid parity’ – also die Konkurrenzfähigkeit von Solarstrom zu herkömmlichem Strom – in absehbarer Zeit gelingen?


Heidecker: Das hängt auch stark davon ab, ob die Unternehmen der Branche in Forschung und Entwicklung investieren. Die aktuelle Kappung der Solarstromvergütung ist da nicht hilfreich. Es sollen zwar 500 Millionen Euro vom Staat für die Forschungsförderung im Bereich Photovoltaik bereitgestellt werden. Aber sinnvoller wäre es, wenn eine verstärkte Forschung aus Gewinnen der Unternehmen finanziert würde, denn die setzen die Mittel effizienter ein. Übrigens: den Strom zu verbilligen ist gewiss kein Anreiz zum Energiesparen.

ECOreporter.de: Chorus will zwei neuen Solarfonds auf den Markt bringen. Ist das aktuelle Marktumfeld dafür wirklich geeignet? Wann sollen die Produkte starten?

Heidecker: Demnächst bringen wir zwei Fonds mit neuem Konzeptionsmerkmal auf den Markt. Kurzläufer mit 8 Jahren Laufzeit. Damit schlagen wir gleich drei Fliegen mit einer Klappe:
Wir sichern den Anlegern durch die Übergangsregelung die jetzt noch hohe Einspeisevergütung in Deutschland, wir nutzen in Italien die Verlängerung des Conto Energie verbunden mit der hohen Sonneneinstrahlung und wir bringen einen Kurzläufer auf den Markt.

ECOreporter: An wen sollen die Solarparks nach 8 Jahren verkauft werden?

Heidecker: Wir sehen einen zunehmenden Zweitmarkt, da Pensionskassen, Stiftungen und Versicherungen bevorzugt in bestehende Anlagen investieren, Genehmigungen für Solaranlagen in bestimmten Regionen limitiert sind und für künftige, neu zu erstellende Anlagen  die gesetzlichen Vergütungen reduziert werden bzw. später auch auslaufen.

ECOreporter: Herr Heidecker, wir danken Ihnen für das Gespräch!


Bildhinweis: Solarprojekt von Chorus. / Quelle: Unternehmen
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