Ulrich Uhlenhut ist Vorstand der Wattner AG. / Foto: Unternehmen

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Interview: Beeinträchtigt Corona auch die Solarenergie?

Inwiefern sind Geldanlagen in Solarkraftwerke von der Corona-Krise betroffen? Wie laufen Wartung und Aufbau neuer grüner Kraftwerke derzeit? Was muss der Gesetzgeber jetzt schleunigst regeln, um die Energiewende auch in Corona-Zeiten nicht einschlafen zu lassen? Diplom-Ingenieur Ulrich Uhlenhut, Vorstand des Kölner Solarunternehmens Wattner AG, schildert im Interview die Situation.

Die nicht börsennotierte Wattner AG projektiert, errichtet und betreibt seit 2004 Solaranlagen. Sie finanziert Projekte unter anderem durch die Nachrangdarlehen der SunAsset-Reihe.

ECOreporter: Herr Uhlenhut, inwiefern beeinträchtigt das Coronavirus die Betreiber von Solaranlagen, insbesondere die Anleger, die hier investiert haben?

Ulrich Uhlenhut: Im Fall von Wattner sind das zum Glück zwei verschiedene Sachen. Der alleinige Betreiber der Solaranlagen sind wir, und die Anleger "bezahlen" uns dafür, dass das auch funktioniert – selbst in solchen Zeiten. Die Beeinträchtigung für uns liegt größtenteils in der spontanen Organisation von möglichst vielen Home-Arbeitsplätzen.

Hier ist es dann wieder ein Glück, dass die Betriebsführer aufgrund ihrer gelegentlichen Reisetätigkeit zu den Solarkraftwerken ohnehin alle mit Laptops und Mobiltelefonen ausgestattet sind. Nun bekommt jeder noch einen riesigen Monitor dazu, inklusive der Auflage, sich von der Öffentlichkeit fernzuhalten, und die In-House Betriebsführung funktioniert weiterhin. Selbst im Fall von tatsächlicher Erkrankung mit Corona greift das ganz normale Vertretungsprinzip für Krankheiten.

Aber Solaranlagen sind Kraftwerke, und normalerweise benötigen Kraftwerke eine gewisse Wartung. Ist die Wartung für die Solarkraftwerke in Corona-Zeiten ein Problem?

Solarkraftwerke sind glücklicherweise die Sorte von Kraftwerken, die absolut wartungsarm sind. Es gibt praktisch weltweit kein bemanntes Solarkraftwerk – basierend auf Solarpanelen wie unsere Anlagen. Hinzu kommt, dass wir bei Wattner nie in nachgeführte Anlagen investiert haben. Das bedeutet: Unsere Anlagen sind sämtlich rein statische Installationen ohne mechanischen Verschleiß, denen ist das Virus zum Glück völlig egal. Die Routine-Wartung erfolgt in der Regel einmal jährlich durch Partner vor Ort. Wenigstens einmal im Jahr fahren auch unsere Betriebsführer zu ihren jeweils zugeordneten Anlagen. Aber das muss nicht gerade jetzt geschehen.

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Die Solaranlagen mögen ja Strom erzeugen - doch wenn das öffentliche Leben so stockt wie derzeit, wird sicherlich auch der Stromverbrauch sinken. Wer bezahlt dann noch den Solarstrom? Anders gefragt: Drohen hier Einnahmeausfälle?

Es drohen keine Einnahmeausfälle. Die Vergütung ist gesetzlich garantiert. Wenn das Netz überlastet ist – weil der Strom nicht verbraucht wird –, werden zuallererst die Nicht-EEG-Anlagen abgeschaltet. Also beispielsweise Braunkohlekraftwerke. Das ist dann ja auch gut, weil deren Mitarbeiter somit auch zu Hause bleiben können, während zumindest Solar- und Windanlagen völlig unbemannt den noch benötigten Strom weiter produzieren. Sollte der Stromverbrauch so weit sinken, dass alle konventionellen Kraftwerke abgeschaltet sind – was nicht wirklich denkbar ist, weil die Industrie ja grundsätzlich weiter arbeitet –, dann gäbe es immer noch die Ausgleichszahlung nach dem EEG im Fall von Abschaltungen aus Netzüberlast.

Ok, also die Einnahmen sind weiter gesichert. Nun legt der Staat gerade eine Reihe milliardenschwerer Rettungsprogramme auf. Am Ende der Coronakrise wird der Finanzminister mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Loch in der Kasse haben. Wird der Staat dann nicht auf die billigen Kohlekraftwerke setzen anstatt auf die teure Solarenergie?

Es bleibt letztendlich abzuwarten, wie die Löcher dann gestopft werden. Aber in heutigen Zeiten glaube ich nicht daran, dass das geschieht, indem wir wieder zunehmend unsere Umwelt schädigen und dafür reihenweise Grüne-Energie-Produzenten pleite gehen lassen.


Solarpark von Wattner. / Foto: Unternehmen

Auch ist es ja so, dass der aus neueren Solaranlagen kommende Solarstrom viel billiger ist als der Kohlestrom – das haben wir ja schon lange erreicht. Rein wirtschaftlich gesehen müsste dann also das EEG bei neueren Anlagen gewürdigt werden, bei älteren Anlagen mit höherer Vergütung aber nicht – dabei genießen gerade diese Anlagen den älteren Bestandsschutz. Das ist auch schwer vorstellbar.

Was der Staat klugerweise tun sollte, ist, Beschränkungen beim Zubau (52-Gigawatt-Deckel) sowie flächenpolitische und genehmigungsrechtliche Beschränkungen abzuschaffen, damit wir blitzschnell noch viel mehr billig produzierende Solarkraftwerke und Windanlagen in Deutschland bauen können. Es ist immer besser, zu fördern als verzweifelt alte Rechte zu beschneiden – das weiß der deutsche Gesetzgeber sehr gut.

Wattner baut ja weiterhin Solaranlagen. Bekommen Sie Module und andere Bauteile aus China, sind die Lieferungen gesichert?

Das ist eine anspruchsvolle Herausforderung. Wir sind momentan sehr gut darin, diese zu meistern. Tatsächlich kommt noch immer ein Großteil der Module aus China.

Können Solaranlagen noch errichtet werden? Gibt es genügend Handwerker, die arbeiten können und dürfen?

Die Frage kann ich noch gar nicht beantworten, da Beschränkungen und Schließungen zu frisch sind. Aber grundsätzlich wird das Arbeiten in Deutschland ja nicht ausgesetzt. Büros werden z.B. nur um die Umsetzung eines möglichst hohen Home-Office-Anteils gebeten. Das betrifft nicht die Handwerker, die vor Ort auf der Baustelle arbeiten, und diese müssen bzw. wollen ihr Geld verdienen. Es gilt also, sich auch auf der Baustelle des Infektionsrisikos bewusst zu sein und entsprechend vorsichtig zu agieren.

Für Solaranlagen ab einer gewissen Größe braucht es ja Genehmigungen. Haben Sie derzeit noch genügend genehmigte Solarprojekte vor sich, um beispielsweise den Baufonds Wattner SunAsset 4 weiterhin zu realisieren?

Ja, das haben wir. In der Tat liegt hier eine der größten Herausforderungen dieser Tage. Denn Genehmigungen und Beschlüsse benötigen ausreichend Amtskapazitäten und Beschlussveranstaltungen bzw. Mehrheiten in den Gemeinden. Beides ist nicht möglich, wenn die Ämter nur noch Notbetrieb fahren oder sich niemand zu Sitzungen treffen darf. Daher sind wir als Wattner momentan auch mit anderen großen Solarbetreibern Deutschland sehr aktiv darin, den Gesetzgeber zu veranlassen, die gesetzten Fristen für die Inbetriebnahmen von Solarkraftwerken zu verlängern.

Viele Menschen sorgen sich nicht nur über die Versorgungsengpässe bei Toilettenpapier und Nudeln, sondern bei weiterer Verbreitung des Coronavirus auch um die Stromversorgung. Solarkraftwerke könnten ja, vor allem in Kombination mit Speichern, hier helfen. Oder doch nicht, weil sie ins allgemeine Netz integriert sind?

Nun ja, installierte industrielle Speicher gibt es nicht in nennenswerter Anzahl. Aber die Kombination von Sonne, Wind, Wasser und Bio – alles grüne Energie –, natürlich auch zusammen mit den vorhandenen konventionellen Kraftwerken, ist letztendlich unschlagbar. Es ist also der Mix, der uns hier hilft. Man sollte halt nie nur auf ein Pferd setzen…

Es gibt "Balkonkraftwerke", also Solarmodule, die ich mir an den Balkon hängen kann. Eigentlich habe ich als Mieter aber wenig Möglichkeiten, direkt von Solarenergie zu profitieren. Oder sehen Sie beim Mietersolarstrom einen Fortschritt?

Ich denke nicht, dass es so weit kommt, dass wir von Balkonkraftwerken abhängig sein werden. Auch kenne ich keine Zahlen, ob da überhaupt nennenswerte Leistungen zusammenkommen. Das Thema Mietersolarstrom ist eher ein Konzept der Abrechnung und Eigentümerschaft. Wenn aber so eine Mietersolarstromanlage auf dem Dach ist, dann zählt sie technisch genauso zur Stromproduktion wie jede andere Anlage – natürlich auch die Mini-Balkonkraftwerke. Und in der Summe liegt dann die gesamte Kraft der Solarenergie.

Herr Uhlenhut, vielen Dank für das Interview!

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