Hohe Zinsen, Inflation, unsichere Marktlage - eine gefährliche Mischung für junge Unternehmen. / Foto: Pixabay

  Anleihen / AIF, Crowd-Investment, Wachhund

Insolvenzen bei Start-ups nehmen zu

Die steigenden Leitzinsen machen Kredite auch für Unternehmen teurer. Besonders hart trifft dies junge Firmen, die sich noch im Aufbau befinden und auf Finanzspritzen angewiesen sind.

67 deutsche Start-ups haben im ersten Quartal 2023 Insolvenz angemeldet – fast doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Das geht aus einem Artikel des „Handelsblatt“ hervor. Besonders hoch sind die Pleitezahlen demnach im vermeintlichen Gründerparadies Berlin.

Unter den Insolvenzen der letzten Monate finden sich auch einstige nachhaltige Hoffnungsträger wie der verhinderte Elektroautobauer Sono Motors, der E-Lastenrad-Vermieter sigo oder der Ladesäulenhersteller Compleo Charging Solutions (ECOreporter berichtet über diese und andere Fälle in seiner Wachhund-Rubrik). Marktbeobachter rechnen im weiteren Jahresverlauf mit noch höheren Pleitequoten.

Nachdem Bankkredite jahrelang sehr günstig zu bekommen waren, sind die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) und damit auch die Zinsen für Unternehmenskredite seit Juli 2022 stark gestiegen. Erst vor wenigen Tagen hob die EZB ihren Leitzins erneut an, auf 4,0 Prozent.

Einige Business-Pläne funktionieren nicht mehr

Gestiegene Kreditzinsen bedeuten: Die Unternehmen müssen rentabler werden, um trotz der Zinsbelastungen in die Gewinnzone zu kommen. Das ist für Start-ups in den ersten Jahren aber oft nicht möglich, etwa weil sie noch keine Massenfertigung oder keine Vertriebspartner haben. Heißt: Die Business-Pläne der Firmen funktionieren nicht mehr so gut wie in der Null-Zins-Phase. Und weil Banken ungerne Geld verleihen, das sie möglicherweise nicht fristgerecht zurückbekommen, vergeben sie weniger Kredite an Start-ups.

Das wirkt sich auch auf andere Finanziers aus. Wagnis- und Risikokapitalgeber verlangen ebenfalls höhere Renditen oder umfangreichere Beteiligungen an den Unternehmen, und bei Crowd-Investments müssen Start-ups Verzinsungen von oft 8 Prozent oder mehr bieten, damit sie überhaupt noch Abnehmer für ihre Nachrangdarlehen finden.

Hier kommen private Anlegerinnen und Anleger ins Spiel, denn meist sind sie es, die diese häufig unbesicherten Darlehen gewähren. Bei einer Insolvenz werden ihre Ansprüche nach denen der übrigen Geldgeber bedient – daher der Begriff Nachrangdarlehen. Ist nach einer Pleite also noch Geld da, geht es zuerst an die Banken. Für nachrangige Investoren ist danach oft nichts mehr übrig, sie erleiden einen Totalverlust.

ECOreporter rät derzeit zu erhöhter Vorsicht bei Crowd-Investments. Viele Start-ups haben ihr Geschäft geplant, als Geld noch günstig war. Brauchen sie jetzt Liquidität, kann es schnell teuer und für Anlegerinnen und Anleger gefährlich werden. Investieren Sie deshalb nur Kapital in junge Unternehmen, bei dem es nicht schmerzt, falls Sie nichts davon wiedersehen sollten.

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