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„In Sachen Genehmigungspraxis sehen wir für die Energiewende noch erhebliches Verbesserungspotenzial“ - ECOreporter.de-Interview mit Peter Szabo, Energiekontor AG

Wie wirkt sich die Euro- und die Bankenkrise auf das Geschäft mit Windparks aus? Wo hakt es bei der Energiewende? Hat die Offshore-Windkraft wirklich Potential? Über diese und weitere Fragen zum Geschäft mit der Windenergie sprachen wir mit Peter Szabo, Vorstandsvorsitzender des börsennotierten Windkraftprojektierers Energiekontor AG aus Bremen.

Das Unternehmen zählt zu den Ausstellern auf der Messe 'Grünes Geld', die am 29. September 2012 in Hamburg stattfindet. Der Eintritt zu der Ausstellung mit Kongress ist kostenlos. Dort stellen Anbieter nachhaltiger Investments die ganze Vielfalt dieses Anlagesegments vor: vom fest verzinsten Genussschein für Erneuerbare-Energie-Kraftwerke über Windfonds bis zu Bürgersolarprojekten. Der Eintritt ist kostenlos.

Mehr über die Messe 'Grünes Geld' in Hamburg erfahren Sie Opens external link in new windowhier.

ECOreporter: Die Euro- und die Bankenkrise ist in aller Munde. Inwiefern belastet diese Krise die Geschäfte von Energiekontor? Ist es zum Beispiel schwieriger oder aufwändiger geworden, Windparks zu finanzieren?

Peter Szabo: Grundsätzlich halten sich die Auswirkungen der Finanzkrise auf unser Tagesgeschäft in Grenzen. Im Hinblick auf die Finanzierung von Onshore-Projekten sind die Auswirkungen kaum spürbar. Das liegt vor allem daran, dass es sich für die Banken um Standardfinanzierungen mit kalkulierbarem Risiko handelt. Dies gilt sowohl für unsere Projekte im Inland als auch für unsere Projekte in Großbritannien. Eine Ausnahme bildet hingegen der portugiesische Markt. Hier sind Banken und Investoren aufgrund der anhaltenden Euro-Schuldenkrise eher zurückhaltend und gegenwärtig nicht bereit, sich an der Finanzierung von Projekten zu beteiligen. Bis Jahresende rechnen wir hier auch nicht mit einer spürbaren Verbesserung der Situation. Ansonsten ist auf der Eigenkapitalseite eine anhaltend hohe Nachfrage nach Onshore-Windparks zu verzeichnen. Insbesondere der Atomausstieg in Verbindung mit der Energiewende hat hier die Nachfrage institutioneller Investoren noch einmal sehr stark beflügelt.

ECOreporter: Warum bringt die Energiekontor AG Anleihen auf den Markt? Was sind die Konditionen für die Anleger? Was wird mit dem Anlegerkapital finanziert?

Szabo: Energiekontor bringt Anleihen auf den Markt, um sich unabhängiger von der Kreditvergabepolitik der Banken zu machen, die von vielen externen Rahmenbedingungen und Kapitalmarktfaktoren beeinflusst wird. Wir unterscheiden dabei zwischen Unternehmensanleihen der Energiekontor AG und Stufenzinsanleihen, die von der Energiekontor Finanzierungsdienste GmbH & Co. KG - einer Tochtergesellschaft der Energiekontor AG - emittiert werden.
Die von der AG begebenen Unternehmensanleihen haben eine Laufzeit von 5 Jahren, werden mit 7 Prozent pro Jahr verzinst und endfällig zurückgezahlt. Die Mittel werden zur Zwischenfinanzierung von Windkraft- und Solarprojekten eingesetzt.
Die von der Finanzierungsdienste GmbH & Co. KG emittierten Stufenzinsanleihen hingegen haben eine Laufzeit von zehn Jahren. Die Anleihemittel werden für die Langfristfinanzierung konkreter im jeweiligen Emissionsprospekt genannter Windparks eingesetzt, die von Energiekontor auf Dauer im eigenen Bestand betrieben werden. Sowohl die Kapitalrückzahlung als auch die Verzinsung erfolgen während der Laufzeit stufenweise. Die anfängliche Verzinsung liegt bei 6,0 Prozent. Nach sechs Jahren werden 20 Prozent des eingesetzten Kapitals zurückgezahlt. Für die Restlaufzeit erhöht sich dann die Verzinsung auf 6,5 Prozent und das verbleibende Kapital wird nach zehn Jahren zurückgezahlt. Die Stufenzinsanleihen sind in der Regel börsennotiert und können damit auch jederzeit veräußert werden. Die Anleihen sind darüber hinaus aus den Projekten heraus besichert, was für Anleger vor dem Hintergrund der anhaltenden Euro-Schuldenkrise immer wichtiger wird.

ECOreporter: Im April hat die Energiekontor AG starke Zuwächse beim Umsatz und Gewinn gemeldet. Wie kam es zu diesem starken Wachstum? Ist es auf einmalige Effekte zurückzuführen?

Szabo: Der hohe Gewinn der Energiekontor AG im Jahr 2011 basiert zu einem wesentlichen Teil auf dem Rechteverkauf des Offshore-Windparks Borkum Riffgrund West I. Wir selber sehen uns als Projektierer, der sowohl On- als auch Offhore-Windparks entwickelt, realisiert und veräußert. Von diesem Standpunkt aus gesehen ist auch der Rechteverkauf an Borkum Riffgrund West I ein ganz normaler Geschäftsvorfall. Dennoch hat diese Transaktion aufgrund ihres Volumens natürlich eine erhebliche Ergebnis- und Liquiditätsauswirkung im Geschäftsjahr 2011 gehabt. Unabhängig davon haben wir in den letzten Jahren eine umfangreiche Projektpipeline vor allem in Deutschland und Großbritannien aufgebaut, mit deren Umsetzung in den nächsten Jahren ähnlich hohe Jahresergebnisse erzielt werden können. Insofern sehen wir das Ergebnis des Geschäftsjahres 2011 als Startschuss für eine nachhaltig positive Entwicklung.

ECOreporter: Mit welcher Geschäftsentwicklung rechnet Ihr Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr, was wird diese prägen?

Szabo: Wie jedes Jahr ist eine Prognose des Gesamtjahresverlaufs zur Jahresmitte äußerst schwierig. Bisher sind wir im laufenden Jahr mit den Entwicklungen in vielen Bereichen zufrieden, andererseits liegen wir insgesamt leicht hinter unseren internen Planungen zurück. Von entscheidender Bedeutung für das Gesamtjahresergebnis 2012 wird es sein, ob es uns in der zweiten Jahreshälfte gelingt, die noch geplanten Kreditvalutierungen für die anstehenden Projekte (Onshore, Offshore, Solar) im In- und Ausland (Großbritannien, Portugal) zu erreichen, und ob das für 2012 geplante Vertriebsvolumen erfolgreich umgesetzt werden kann. Als wesentliche erfolgsbeeinflussende externe Faktoren sind hier vor allem mögliche Verzögerungen in den Genehmigungsverfahren sowie weitere Turbulenzen auf den Kapitalmärkten im Rahmen der Euro-Schuldenkrise zu nennen. Die könnten insbesondere die Investitionsbereitschaft institutioneller Investoren und die Fremdfinanzierung von Projekten nachteilig beeinträchtigen. Dennoch sind trotz aller Risiken und Unwägbarkeiten die Voraussetzungen und Potenziale für ein weiteres erfolgreiches Geschäftsjahr vorhanden. Wir sind daher für den Abschluss des Jahres 2012 nach wie vor optimistisch.

Bildhinweis: Windkraftprojekt von Energiekontor. / Quelle: Unternehmen


ECOreporter: Die Energiewende kommt in Deutschland nur schleppend voran. Wie bewerten Sie die Entwicklung und welche Auswirkungen hat diese auf die Energiekontor AG?

Szabo: Bisher haben diese Entwicklungen wenig Einfluss auf unser Tagesgeschäft. Grundsätzlich ist die Energiewende politisch gewollt. Wir hoffen, dass dies auch unser neuer Umweltminister nicht aus den Augen verliert. In der konkreten Projektumsetzung ist für uns vor allem der positive regionale Wandel deutlich spürbar. Beispielhaft können hier Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen genannt werden. Sowohl das regionale Raumordnungsprogramm Cuxhaven (RROP) als auch der Energieerlass in Nordrhein-Westfalen bedeuten für uns in der konkreten Projektumsetzung deutliche Fortschritte. Allein in Niedersachsen rücken damit Energiekontor-Windparks mit einem Investitionsvolumen von rund 200 Millionen Euro der Errichtung ein deutliches Stück näher. Dennoch sind die Auswirkungen auf die Genehmigungspraxis bisher noch vergleichsweise gering. Insbesondere hier sehen wir noch erhebliches Verbesserungs- und Optimierungspotenzial, um die angestrebte Energiewende tatsächlich zu beschleunigen.

ECOreporter: Auch der deutsche Ausbau der Offshore-Windkraft erfolgt nicht so zügig wie erhofft? Inwiefern engagiert sich die Energiekontor AG in diesem Bereich?

Szabo: Energiekontor ist seit 1999 in der Offshore-Projektentwicklung erfolgreich tätig. Wir haben aktuell zwei Projekte in der Planung. Dabei handelt es sich um die beiden Offshore-Windparks Nordergründe mit 110,7 Megawatt (MW) Leistungskapazität und Borkum Riffgrund West II (215 MW). Ein weiteres, in den vergangenen Jahren entwickeltes Projekt (Borkum Riffgrund West I, 400 MW) wurde im letzten Jahr an einen dänischen Energieversorger veräußert. Mit Durchführung dieser Transaktion konnte erstmals ein substanzieller Ergebnis- und Liquiditätsbeitrag aus unseren Offshore-Aktivitäten erwirtschaftet werden. Wie Borkum Riffgrund West I liegen auch die beiden anderen in Planung befindlichen Projekte in der deutschen Nordsee. Der Standort Nordergründe befindet sich in der 12-Seemeilen-Zone im Bereich der Jade-/Wesermündung. Hier sollen 18 Windkraftanlagen des Typs REpower 6M errichtet werden. Die Baugenehmigung und die unbedingte Netzanschlusszusage des Übertragungsnetzbetreibers liegen bereits vor. Nach Abschluss des aktuell laufenden Investorenprozesses soll das Projekt schnellstmöglich mit den beteiligten Bankpartnern zum Financial Close geführt werden. Die bauliche Umsetzung ist für 2014 geplant.
Das zweite Projekt, Borkum Riffgrund West II, ist noch nicht so weit entwickelt und befindet sich in der sog. AWZ (Ausschließliche Wirtschaftszone) der deutschen Nordsee, in unmittelbarer Nachbarschaft des veräußerten Projektes Borkum Riffgrund West I. Die Errichtungsgenehmigung für dieses Projekt wurde beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) bereits beantragt. Mit der Erteilung der Genehmigung wird jedoch nicht vor Jahresende gerechnet. Um die weitere Projektentwicklung und -umsetzung zu beschleunigen, ist auch hier die frühzeitige Einbindung institutioneller Investitionspartner geplant. Allerdings ist vor dem Hintergrund der aktuellen Netzanschlusssituation die Realisierung dieses Projektes vermutlich nicht vor 2017/18 möglich.
Trotz aller Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten sehen wir nach wie vor die großen Potenziale des Offshore-Bereiches und werden versuchen, uns mit weiteren Projekten für die Zukunft in diesem Bereich erfolgreich zu positionieren.

ECOreporter: Herr Szabo, Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Energiekontor AG: ISIN: DE0005313506 / WKN: 531350
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