Fonds / ETF

In & out - was unterscheidet bei der Titelauswahl von Nachhaltigkeitsfonds die Ansätze best-in-class und best-of-class?




So sind in den vergangenen Jahren am "grünen" Kapitalmarkt häufiger Namen von Unternehmen aus Branchen aufgefallen, die man dort eigentlich nicht erwartet, wie solche aus der Chemie-, der Mineralöl- und der Automobilindustrie. Allerdings haben gerade Unternehmen aus problematischen Branchen ein besonders hohes Potenzial, die Umwelt zu entlasten. Wenn etwa alle Mineralölunternehmen zweistellige Einsparungen bei der Emission von Treibhausgasen erreichen würden, würde sich das Weltklima deutlich langsamer erwärmen, auch wenn die Branche dadurch noch immer nicht nachhaltig würde.

Letztlich geht es bei dem best-in-class-Prinzip darum, die Umweltbesten einer Branche durch die Hereinnahme in Nachhaltigkeitsfonds zu fördern und die anderen, noch nicht in diesem Maße nachhaltigen Unternehmen zu bewegen, den "Besten" zu folgen. Auch aus Renditegründen kann diese Auswahl sinnvoll sein, denn sowohl die Praxis als auch Studien haben gezeigt, dass um Nachhaltigkeit bemühte Firmen kostengünstiger produzieren, sich ihre Produkte in der Regel besser verkaufen und diese Firmen daher erfolgreicher sind. Für die Nachhaltigkeitsfonds hat dieser Ansatz den Vorteil, dass sie ihr Portfolio breiter und damit sicherer aufstellen können, nicht auf Firmen aus bestimmten Branchen grundsätzlich verzichten müssen.

Doch immer wieder führt oder ver-führt der best-in-class-Ansatz dazu, das Unternehmen in als nachhaltig deklarierten Portfolios landen, bei denen es selbst bei "hellgrüner" Lesart nicht einleuchten will, was sie in einem Nachhaltigkeitsfonds zu suchen haben. Wenn RWE als Europas größte Emittentin von Treibhausgasen oder die Skandalnudel BP in solchen Fonds als größte Positionen auftauchen, schadet das nicht nur dem Renomme des jeweiligen Nachhaltigkeitsfonds, sondern auch dem Nachhaltigen Investment als Ganzem. Denn es spielt den Kritikern in die Hände, die bezweifeln, dass nachhaltige Anlagen wirklich "anders" gestrickt sind und man damit wirklich ein Umsteuern anstoßen kann. Wer aus einem Anlageuniversum einfach die zehn Prozent der Unternehmen als nachhaltig deklariert, die in ihren Branchen bei Nachhaltigkeitsanalysen besser abschneiden als die übrigen 90 Prozent, der verfügt vielleicht über ein breites Spekturm an Anlagemöglichkeuten für einen Investmentfonds. Der wendet aber auch ein sehr grobes Sieb an.

"Aktien nach dem best-in-class-Ansatz auszuwählen heißt nicht, dass diese Firmen besonders nachhaltig sein müssen; es kann auch bedeuten, dass sie weniger schlecht sind als die anderen“, erläutert Prof. Dr. Stefan Schaltegger. Der Nachhaltigkeitsexperte leitet den Lehrstuhl für Nachhaltigkeitsmanagement an der Leuphana Universität Lüneburg. Daher haben einige Anbieter dieses Auswahlverfahren modifiziert, so etwa die Bank Sarasin aus Basel. "Wir setzen auf einen best-of-class-Ansatz", erläutert Erol Bilecen von Sarasin Sustainable Investment. Ihm zufolge wird dabei eine Kombination verschiedener Bewertungen angewendet: eine Branchenbewertung und eine Unternehmensbewertung. Je kritischer die Branche ist, desto mehr muss das Unternehmen leisten, um dennoch für ein Nachhaltigkeitsinvestment in Frage zu kommen. Wenn etwa ein Unternehmen aus der Ölbranche stammt, gilt sie bei diesem Ansatz nur als investierbar, wenn es besonders hohe Nachhaltigkeitsstandards erfüllt. Einfach nur weniger Schäden an der Umwelt auszurichten reicht dann nicht aus.

Wenn ein Fonds nach diesem Prinzip Titel auswählt, kann es aber dazu kommen, dass er in einigen Branchen keine Beteiligungen hält. Schaltegger hält dies jedoch für vertretbar: „Wenn es in einem Sektor aufgrund hoher Umwelt- und Sozialrisiken keine investierbaren Unternehmen gibt, kann man auch fernbleiben“, so der Nachhaltigkeitsexperte. Fonds würden ja auch nicht in Unternehmen und Branchen investieren, wo es hohe ökonomische Verlustrisiken gebe.
Bildhinweis: Erol Bilecen / Quelle: Bank Sarasin
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