Wachhund

HerMerlin AG - Beteiligungsgesellschaft hat Ebbe in der Kasse

Anleger, aufgepasst: Immer, wenn unser Wachhund erscheint, sollte das Geld drei Mal in der Tasche umgedreht werden, bevor es angelegt wird. In der Wachhund-Rubrik berichten wir über Unternehmen und Organisationen, mit denen die Anleger sich arge Bauchschmerzen einhandeln können. Nicht, dass es immer um "schwarze Schafe" geht: In der Wachhund-Rubrik lesen Sie auch über Unternehmen, die zwischenzeitlich in einer Schieflage sind, aber Potential haben - für später. Oft aber wird es um Abzocke, Doppelmoral und falsche Versprechen gehen, um exorbitante Vorstandsgehälter oder überzogene Vermittlungsprovisionen. Übrigens: Der Redaktionswachhund ist nicht nur ein nettes Bildchen aus dem Archiv, er treibt hier wirklich sein Wesen, heißt Pino und stammt aus dem alternativen Tierheim im westfälischen Bad Sassendorf. Also: Aufgepasst!

Nicht einmal einen neuen Drucker kann Jürgen K. Herrmannsdörfer, Vorstand der Öko-Beteiligungsgesellschaft HerMerlin AG, für sein Büro kaufen. Das Unternehmen mit Sitz im fränkischen Langenaltheim ist seit Monaten knapp bei Kasse, das geht aus dem vorläufigen Geschäftsbericht 2003 der AG hervor, der ECOreporter.de vorliegt. Schon zum 30.6.2004 hatte HerMerlin-Vorstand Hermannsdörfer das Zahlenwerk eigenen Angaben zufolge aufgestellt. Trotzdem wurde es zunächst unter Verschluss gehalten. Laut Herrmansdörfer nicht aus Geheimniskrämerei: Der HerMerlin habe schlicht das Geld für den Wirtschaftsprüfer gefehlt.

"Da wir bisher unsere Außenstände noch nicht zurückerhalten haben, fehlte das Kapital, um den Wirtschaftsprüfer beauftragen zu können", so Herrmannsdörfer. Der Fortgang der Geschäfte hängt laut dem HerMerlin-Vorstand von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählt er die "Rückholung unseres Kapitals bei verschiedenen Gesellschaften".

Aufgrund der Geldknappheit sei er inzwischen gezwungen gewesen, weitere Teile der Gesellschaften zu verkaufen, um Ansprüche von Gläubigern zu befriedigen, schreibt Hermannsdörfer in seinem Vorstandsbericht. So habe er unter anderem die Beteiligung an der HempAge vollständig veräußert, Teile der pro future capital AG und der Circle of Merlin seien von einigen Gesellschaftern der HerMerlin übernommen worden.

Die Lage der AG ist allem Anschein nach ernst, wenn nicht bedrohlich. Weder beim Umsatz der Merlinbroker AG noch bei dem der Circle of Merlin sei eine nennenswerte Verbesserung erzielt worden, berichtet der Vorstand. Weiter heißt es: "Soweit sich in der Zukunft Verzögerungen bei der Realisierung von Projekten und damit auch den Ausschüttungen unserer Beteiligungsgesellschaften ergeben und sich auf dem Kapitalmarkt keine Aufhellung einstellt, wird unsere Liquidität in Zukunft weiterhin angespannt sein." An anderer Stelle schildert der Vorstand die Folgen der Schuldenlast: Aufsichtsrat und Vorstand der HerMerlin hätten Gläubigern das Angebot unterbreitet, an Stelle von Kapital Aktien aus dem Vermögen der HerMerlin zu akzeptieren. Davon habe nur eine Gläubigerin Gebrauch gemacht, so Hermannsdörfer.

Noch im August 2001 verfügte die HerMerlin AG laut einem Unternehmensprofil über ein Grundkapital im Volumen von rund drei Millionen Euro. Den inneren Wert der Gesellschaft bezifferte der Vorstand vor drei Jahren auf 7,7 Millionen Euro. Wo sind diese umfangreichen Mittel geblieben? Eine schlüssige Antwort auf die Frage bietet auch der vorläufige Geschäftsbericht nicht. Statt dessen sollen die Aktionäre noch einmal ihr Portemonnaie öffnen: "Für die Sicherung unserer Gesellschaft und die Entwicklung der eingegangenen Beteiligungen möchten Aufsichtsrat und Vorstand weitere Kapitalerhöhungen durchführen", so die HerMerlin.

Mit dem erhofften frischen Geld solle dann auch das technische Gerät im Netzwerkbüro erneuert werden, dieses habe "vor allem im letzten Jahr häufig zu Ausfällen geneigt". Die Technik sei durchschnittlich betrachtet auf dem Stand von 1997, klagt der Vorstand.


Kleinkrieg unter alten Freunden

Über die Außenstände der HerMerlin AG berichtet der Vorstand, ein Darlehen der HempAge AG sei vertragsgemäß im Dezember 2003 fällig gestellt worden. Ferner habe man, "nachdem der Windpark Vila do Bispo ans Netz gegangen war, auch die fälligen Zahlungen von der unit energy europe AG eingefordert". Selbst ein halbes Jahr später seien jedoch "keine diesbezüglichen Zahlung auf einem unserer Konten eingegangen". Das sei der Grund dafür, dass man die fällige Wandelanleihe und andere Verbindlichkeiten nicht fristgemäß habe bedienen könne.

Schwierigkeiten gibt es laut dem Geschäftsbericht auch bei der Beteiligung Solantis Energy. Die Gesellschaft habe mit ihren Mitarbeitern ein Basisgehalt und Boni für den Zeitpunkt der Fertigstellung von Projekten vereinbart. Nun klagten die Beschäftigten den gesamten Lohn ein. Der Vorstand der Solantis verhandele zur Zeit mit internationalen Investoren um eine große Beteiligung und die Übernahme der Mehrheit an dem Unternehmen.


Minus 50 Prozent beim Eigenkapital

Die Bilanz der HerMerlin AG zeigt die schwierige Situation des Unternehmens deutlich: Die Beteiligungsgesellschaft hat laut dem Bericht das Geschäftsjahr 2003 mit dem Verlust der Hälfte des Eigenkapitals abgeschlossen. Auf der Passivseite ist demnach das Eigenkapital von 3,1 Millionen auf 1,54 Millionen Euro geschrumpft. Der Bilanzverlust hat sich mehr als verdoppelt und beläuft sich nun auf 2,58 Millionen Euro nach 1,01 Millionen im Vorjahr. Die Verbindlichkeiten werden mit 437.000 Euro beziffert. Darin enthalten ist eine Wandelschuldverschreibung im Volumen von 276.000 Euro. Die Restlaufzeit der Verbindlichkeiten liegt den Angaben zufolge unter einem Jahr. Die Bilanzsumme beträgt nur noch 2,01 Millionen Euro nach 3,58 Millionen Ende 2002.

Hintergrund der Verluste sind dramatische Wertberichtigungen auf das Beteiligungsvermögen. Dieses hat sich in 2003 um 1,57 Millionen Euro verringert, die AG verbucht nun nur noch 1,3 Millionen Euro für Beteiligungen. Hauptursache sind laut Vorstand Herrmannsdörfer die Wertverluste der Firmen HempAge AG und Janosch Film&Medien AG. Die Beteiligung an dem Hersteller von Hanftextilien wurde demnach sogar auf den sogenannten "Erinnerungswert" gestellt: 1 Euro. Gleiches gelte für die WindStar AG und die Carin S.A., denen man in der Krise "nicht habe unter die Arme greifen können".


Beteiligungsportfolio: kein Ass im Ärmel

Wenig ermutigend fällt der Blick auf das Beteiligungsportfolio der HerMerlin aus: jede Menge Minuszeichen hinter den Namen der Gesellschaften. Dabei handelt es sich inzwischen ausnahmslos um "Eigengewächse", Anteile an anderen Unternehmen wie beispielsweise der Rapunzel Naturkost AG hat die Gesellschaft verkauft. Oder sie wurden durch die Insolvenz der Firmen wertlos wie bei der Hamburger B.A.U.M. AG. Einziger Lichtblick in der Liste ist mit einem Überschuss von 15.000 Euro die Naturheilkundetagesklinik, dabei handelt es sich laut dem Bericht allerdings um Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2002.

Fazit: Eine Beteiligungsgesellschaft, der es an Geld fehlt, um den Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, ist für Geldanleger ein Risiko. So nachhaltig die HerMerlin-Ideen sind, so wenig nachhaltig ist die Finanzlage derzeit. Interessenten für HerMerlin-Aktien, die demnächst wegen der geplanten Kapitalerhöhungen angesprochen werden, sollten bedenken: Ein Totalverlust ist nicht auszuschließen. Wer bereits HerMerlin-Aktien besitzt, wird sie wohl lange behalten müssen: Käufer, die interessante Preise für HerMerlin-Aktien bieten, dürften derzeit schwerlich zu finden sein.

Bilder: Wachhund Pino / Quelle: ECOreporter.de; Jürgen K. Herrmannsdörfer / Quelle: Unternehmen
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