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Größere Geld-Lobby für mehr Nachhaltigkeit
ECOreporter.de: Können ethische Geldanlagen etwas bewirken oder sind Sie nur eine Beruhigungspille für das Gewissen?
Joachim Böttcher: Zu dem besseren Gewissen kommt ein hohes Maß an Gewissheit, dass mit dem Geld etwas Sinnvolles geschieht, verbunden meistens mit einer Rendite wie bei klassischen Anlagen.
Daneben bieten z. B. breit diversifizierte, mit Nachhaltigkeitskriterien gemanagte Aktien- und Rentenfonds einfach meistens mehr Sicherheit. Das Risiko eines Portfolios reduziert sich durch Kapitalschutzeffekte – ein ethisch gemanagtes Anleihenportfolio z. B. hat so gut wie kein Ausfallrisiko. Und der Filterprozess vermeidet die Beteiligung an Skandalfirmen. Gerade für Institutionelle Investoren als Kernzielgruppe der BankInvest sind diese Aspekte besonders wichtig.
Daneben haben Sie – als kleiner oder großer Investor – die Möglichkeit, über Öffentlichkeitsarbeit oder den aktiven Dialog mit Unternehmen Impulse zu geben. Die Masse der Anleger und das repräsentierte Anlagevolumen sind letztlich ausschlaggebend, wenn es um für das Unternehmen maßgebliche, vor allem auch ethische Entscheidungen geht.
ECOreporter.de: Haben Sie konkrete Beispiele dafür?
Böttcher: Das von den Auswirkungen her wohl am weitesten reichende Beispiel liegt schon eine Weile zurück: In den 80er Jahren trug die ethische Investmentbewegung maßgeblich zum Ende des Apartheidregimes und damit auch zur Beendigung eklatanter Menschenrechtsverletzungen in Südafrika bei. Ein jüngeres Beispiel: BankInvest hat einen afrikanischen Minenbetreiber auf massive Missstände beim Thema Arbeitssicherheit hingewiesen und darum gebeten, diese zu beheben, was bald geschah. Bei einer indischen Bank haben wir die Methoden zum Eintreiben fälliger Kredite kritisiert: auch hier mit einem positiven Ergebnis.
ECOreporter.de: Wie können etwa Nachhaltigkeitsfonds konkret Einfluss auf Unternehmen nehmen?
Böttcher: Man sollte sich nicht nur auf den Portfolio-Ausschluss von Unternehmen mit fragwürdiger Geschäftspolitik verlassen, das so genannte ‚negative screening’. Wir setzen auf eine kombinierte Strategie, die aus den USA kommt. Sie nennt sich „engagement overlay“, manche sagen auch „active ownership“. Dabei sprechen wir Unternehmen auf der Top-Management Ebene direkt an und versuchen sie so zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu bewegen. Ganz wichtig ist, dass hierfür immer ein ganz konkreter Anlass besteht, auf den uns die drei von uns beauftragten Research-Häuser EIRIS, Ethix oder Innovest aufmerksam machen. Damit zählen wir zumindest in Deutschland noch zu den Pionieren. Und wurden dafür belohnt: Für unseren in globalen Schwellenländern anlegenden Aktienfonds haben wir im Rahmen der Funds Europe Fund Awards die Auszeichnung „European Socially Responsible Investment of the Year“ erhalten.
ECOreporter.de: Nehmen Nachhaltigkeitsfonds wirklich Einfluss auf Unternehmen?
Böttcher: Das hängt letztlich immer von der Vorgehensweise ab. Es dürfte aber so sein, dass nur eine Minderheit der Fonds als aktiver Investor und Dialogpartner auftritt. Der Trend verändert sich aber gerade und geht unserer Meinung ganz klar in Richtung ‚Engagement’, also hin zur Ansprache der Unternehmen.
ECOreporter.de: Welche Strategie erscheint Ihnen effektiver: Diplomatie oder Druck? Konkret: Sollte ein Nachhaltigkeitsfonds Verbesserungen durch direkte Gespräche mit Unternehmen anstoßen oder öffentlichkeitswirksam darauf hinweisen, wenn er ein Unternehmen aufgrund bestimmter Verstöße gegen Anlagekriterien vom Investment ausschließt?
Böttcher: Nun ja, wenn Unternehmen ein Fehlverhalten aufweisen, dann ist es im Zweifel besser, wenn das Management direkt informiert wird und um Veränderung gebeten wird. Mediendruck z. B. sollte meines Erachtens erst ausgeübt werden, wenn sich ein Unternehmen als unbelehrbar erweist. Wenn die Dialogbemühungen allerdings scheitern, sollte die Öffentlichkeit das erfahren.
Wal-Mart z.B., und damit immerhin das weltgrößte Einzelhandelsunternehmen, hat sich einerseits um Umweltschutz bemüht. Andererseits hat sich Wal-Mart durch die Missachtung internationaler Standards für Arbeitsbedingungen und durch die Unterdrückung von Arbeitnehmerrechten hervorgetan. So etwas muss die Öffentlichkeit erfahren!

Böttcher: Transparenz muss bei nachhaltigen Geldanlagen oberstes Gebot sein. Dass auch wirklich Ethik drin ist, wenn es draufsteht, sollten Anleger anhand eines Kriterienkatalogs nachvollziehen können. Als Asset Manager kann man Unternehmen nur wegen Intransparenz kritisieren, wenn man Prozesse selbst offen legt.
ECOreporter.de: Gibt es nachhaltige Geldanlagen, die mehr bewirken als andere nachhaltige Investments?
Böttcher: Selbstverständlich. Ich bin davon überzeugt, dass der aktive Dialog letztlich die entscheidenden Impulse gibt. Daher sind Strategien mit ‚engagement overlay’ oder eben kombinierte Strategien aus meiner Sicht der richtige Ansatz. Darüber hinaus bewirken SRI-Anlagen in Schwellenländern, dass wir unsere Nachhaltigkeitsprobleme erst einmal zu Hause lösen und nicht mehr einfach exportieren, was teilweise leider immer noch passiert.
ECOreporter.de: Wo sehen sie noch Potential bei Nachhaltigkeitsfonds, um ihren Einfluss auf das Verhalten von Unternehmen zu verstärken?
Böttcher: Ich denke, wir werden in Zukunft verstärkt Asset Manager und Investoren sehen, die aktiver den Dialog suchen und weniger über das negative Screening, sprich den bloßen Ausschluss des Titels aus den Portfolien, Anlegerdruck ausüben. Zu wünschen wäre, dass diese Druckwirkung im Sinne eines ‚Investor-Lobbying’ über viele Asset Manager hinweg, die in ein bestimmtes Unternehmen investiert sind, gebündelt wird. Die Frage ist dabei nur: Inwieweit ist das durchführbar? Und: Ist eine solche Form der Kooperation im hektischen Tagesgeschäft überhaupt realistisch?
ECOreporter.de: Welche Entwicklung sagen Sie für das nachhaltige Investment voraus?
Böttcher: Wir stehen mit dieser Anlageform im deutschen Markt immer noch am Anfang. Und das, obwohl die Finanzbranche sicher eine Schlüsselfunktion bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens hat.
Strategisch gesehen haben wir die Phase hinter uns, in der eine kleine Minderheit diese Anlagen suchte. Nun sind wir in der kritischen Phase, in der die so genannten ‚early adopters’ sehr stark wachsen. Wenn diese Geschwindigkeit anhält oder sogar überproportional zunimmt, ist die Entwicklung eigentlich nicht mehr zu bremsen.
ECOreporter.de: Herr Böttcher. Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Bild: Sitz der BankInvest Group in Kopenhagen. / Quelle: Unternehmen