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Geld mit Signalwirkung - Wie nachhaltige Investments Umwelt, Soziales und Ökonomie beeinflussen


Text: Prof. Dr. Thomas Meuser

Die Erneuerbare-Energie-Branche ist ein gutes Beispiel für die Wirkung nachhaltiger Geldanlagen. In manchen norddeutschen Regionen stammen beispielsweise bereits über 25 % des Stroms aus der Windkraft. Hier wird Strom erzeugt, ohne den Klimawandel zu beschleunigen. Ökostrom ist aber nicht der einzige Nebeneffekt der Investments, die in Erneuerbare Energie fließen. Es gibt weitere – ein besonders wichtiger ist sozialer Art: die Arbeitsplätze. Immerhin über 280.000 Arbeitsplätze haben die Wind-, die Solarindustrie und andere Bereiche der Erneuerbaren Energien bisher alleine in Deutschland geschaffen. Bis zum Jahr 2020 rechnet die Bundesregierung mit 500.000 Arbeitsplätzen in dieser Branche. Damit wächst sie in eine Größenordnung heran, die bisher der Automobilindustrie vorbehalten ist. Die Basis des Wachstums ist das Erneuerbare-Energie- Gesetz, kurz EEG. Es schreibt vor, dass die Betreiber der Stromnetze für jede Kilowattstunde Strom aus Erneuerbaren Energien bestimmte Preise zahlen müssen.


Arbeitsplatzwunder Umwelttechnik

Doch den Ausbau der Branche haben private Anleger ermöglicht: Sie haben in den 90er Jahren mit ihrem Investment in Windfonds die Branche sozusagen mitbegründet, indem sie Kommanditanteile an Windfondsgesellschaften erwarben. Die errichteten mit dem Geld der Anleger Windkraftanlagen, die klimaschonend Strom produzieren. Ohne Nachhaltiges Investment gäbe es nicht bundesweit 19.869 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von über 23.000 Megawatt (Stand Ende Juni 2008). Das Plus für die Umwelt ist offensichtlich - auch wenn es bei der Windkraft mittlerweile zu Diskussionen kommt.

Ende der 90er Jahre haben viele ökologisch orientierte Anleger dann eher in Umweltaktien statt in Fonds investiert. Sie haben die Kapitalerhöhungen der Gesellschaften mitgemacht und ihnen damit zu Eigenkapital verholfen. 2001 wurden auf diese Weise viele Solarunternehmen finanziert. Diese zogen insbesondere in den Jahren 2005 bis 2007 die Anleger an; die Kurse vieler Solaraktien vermehrfachten sich. Wegen der Finanzkrise schmolz dieser Wertzuwachs 2008 allerdings stark zusammen.

Eine ökologischere Ökonomie – das ist eine alte Forderung, man kann auch sagen: ein Wunsch. Lässt nachhaltiges Investment ihn ein Stück weit Wirklichkeit werden? Die Antwort lautet: Ja - aber. Es nützt, aber auf verschlungenen Wegen. Wer beispielsweise Aktien an der Börse kauft, ob Öko- oder Rüstungsaktien, der gibt das Geld nicht dem Unternehmen, sondern dem Verkäufer der Aktie. Und auf dessen weiteres Investitions- oder Konsumverhalten hat er keinen direkten Einfluss. Wer sich aber an einer Kapitalerhöhung beteiligt, insbesondere bei einem jungen Unternehmen, der gibt der AG Geld, das sie nicht verzinsen muss, da es sich um Eigenkapital handelt. Manchmal führt überhaupt erst das Kapital der Aktionäre dazu, dass das Unternehmen tätig werden kann und beispielsweise beginnt, Solarzellen zu produzieren oder Wasserreinigungsanlagen.

Nun zum Nachhaltigen Investment bei alteingesessenen, börsennotierten Unternehmen. Wie realisieren sie überhaupt, dass es nachhaltige Investoren gibt - schließlich werden die Aktien solcher Konzerne oft millionenfach pro Tag gehandelt? Hier muss die Antwort lauten: Die Konzerne merken das kaum durch den Kauf der Aktien, sondern eher durch Investmentfonds, die mit dem Geld ihrer Anleger umweltbewusst umgehen. Eines sei vorweggenommen: Experten kommen zu dem Schluss, dass es kaum einen besseren Hebelarm für eine nachhaltigere Wirtschaft gibt als die Geldanlage. Selbst im Vergleich zur Umweltpolitik gilt die Geldanlage teilweise schon als das effizientere Instrument.


Geldfluss mit Folgen

Nachhaltige Investmentfonds haben definierte Kriterien für ihre Investitionen, und die Vorstände von Aktiengesellschaften wissen, wann ihre Aktien gute Chancen haben, in einen Fonds aufgenommen zu werden: wenn sie bestimmte Umwelt-Kriterien erfüllen. Großinvestoren wie Fonds, aber auch Pensionskassen, Banken und Versicherungen, sammeln und investieren Millionenbeträge. Ihr Verhalten hat Signalwirkung. Es beweist den Vorständen, dass sich die Bemühungen eines Konzerns um Umweltschutz oder das Engagement in Nachhaltigkeit finanziell lohnt. Die Nachhaltigkeitsfonds erzeugen durch ihre Untersuchungen der Aktiengesellschaften Druck auf die Unternehmen, damit diese Umweltdaten veröffentlichen. Auf diese Weise stärken sie das Umweltmanagement der Unternehmen und die umweltengagierten Mitarbeiter. So bildet sich eine Spirale in Richtung immer stärkerer Nachhaltigkeits- Anstrengungen.

Nachhaltigkeitsfonds haben ein oft beträchtliches Volumen. Sie entfalten eine Marktmacht, sie schaffen Anreize für die Unternehmen, die die Fondskriterien erfüllen wollen, um in den Genuss der Vorteile zu kommen, die es bietet, wenn sie in einem Fonds enthalten sind. Beispielsweise ist es durchaus möglich, dass sich Firmen von Geschäftsbereichen wie der Rüstung trennen, wenn die Umwelt- und Nachhaltigkeitsfonds noch mehr Einfluss bekommen.


Fazit

Investitionen haben Auswirkungen für die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen. Diese Auswirkungen sind teils aber eher indirekt und schwer messbar. Indirekte Wirkung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit „schwach“. Anleger beeinflussen das Verhalten von Unternehmen teilweise schneller und effektiver als staatliche Maßnahmen. Das gilt insbesondere dann, wenn nachhaltigkeitsorientierte Fonds ihr Anlageverhalten veröffentlichen und dadurch Druck auf die Unternehmensleitungen erzeugen. Je mehr Mittel in die Nachhaltigkeitsfonds fließen, desto mehr wirken sie.
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