Erneuerbare Energie

Für neue Akteure „komplex und undurchsichtig“. – ECOreporter.de-Interview über den US-amerikanischen Solarmarkt




ECOreporter.de: Wie berechtigt sind die Hoffnungen auf einen längerfristigen Aufschwung des Solarmarktes in den USA?

Konrad Bauer:
Der US-Markt für erneuerbare Energien ist kein staatsübergreifendes homogenes Gebilde. Daher sollte man den amerikanischen Markt  auch weniger mit Deutschland als vielmehr mit dem gesamteuropäischen Markt vergleichen. Die Ausbauziele für erneuerbare Energien und damit auch die Zielvorgaben für die Installation von Photovoltaikanlagen schwanken innerhalb der einzelnen US-Bundesstaaten erheblich. Ähnlich komplex und unterschiedlich sind auch die Einspeiseregelungen und Förderungbedingungen der verschiedenen Bundesstaaten.

Bei der Förderung kommen verschiedene Instrumente auf Bundesstaatenebene und auf regionaler Ebene zum Einsatz. So wird der Bau von PV-Anlagen durch direkte Zuschüsse gefördert. Zudem gibt es eine indirekte Unterstützung durch Steuernachlässe auf die Einkommenssteuer und durch Net-Meetering auf Basis von Stromverbraucherpreisen.

Die Hoffnungen der Solarunternehmen auf einen Aufschwung im US-Markt basieren vor allem auf der Verlängerung der Steuernachlässe der sog. Energy Tax Credit für erneuerbare Energien. Diese Steuervergünstigungen gelten über das Jahr 2008 hinaus bis zum Jahr 2016. Seit dem 1. Januar 2009 kann die Solarbranche in den USA mit einer 30 prozentigen Steuerermäßigung  durch den Investment Tax Credit (ITC) sowohl für private  als auch für kommerziell genutzte PV-Anlagen rechnen. Für private genutzte PV-Installationen wurde die bisher bestehende Förderobergrenze von 2000 US-Dollar aufgehoben. Seit Anfang 2009 können erstmals Gesamtinvestitionen in PV-Anlagen bis zu 30 Prozent steuerlich geltend gemacht werden.

Zudem wurde für Unternehmen durch die neue US-Regierung im Rahmen des amerikanischen Konjunkturpakets erstmals Regelungen geschaffen, die ein Zurückgreifen auf die 30 prozentige Steuerermäßigung des Investment Tax Credit (ITC) ermöglichen. Dadurch können die Investitionskosten gesenkt werden. Dabei ist es für die Unternehmen günstig, dass zukünftig die 30 prozentigen Steuergutschriften schon zwei Monate nach der Fertigstellung der Anlagen von den Projektplanern direkt beim Handelsministerium eingefordert werden können. Darüber hinaus bieten einzelne US-Bundesstaaten weitere Förderungen für PV-Anlagen auf Basis der zur Verfügung gestellten Konjunkturmittel an.

Insgesamt kann daher von einem immer freundlicheren Marktklima in immer mehr US-Staaten für Solarunternehmen gesprochen werden.

ECOreporter.de: Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Hindernisse?

Bauer: Die Fördermechanismen für Solarenergie im US-Markt unterscheiden sich deutlich von denen in Europa, wo vorrangig einfache Einspeisevergütungsmodelle zu finden sind. Im Gegensatz dazu sind die Bedingungen in den USA für neue Akteure zunächst einmal als komplex und undurchsichtig einzustufen.

Neben unterschiedlichen Ausschreibungspraktiken der einzelnen Bundesstaaten  und den komplizierten gesetzlichen Vorgaben werden die Rahmenbedingungen hinsichtlich Netzanschluss, Einspeisung und Förderung von Solarstrom in den einzelnen Bundesstaaten oft von den jeweiligen Energieversorgern festgelegt. So können Energieversorgungsunternehmen beispielsweise PV-Großprojekte mit einer Leistung von mehreren hundert Megawatt Solarkapazitäten ausschreiben, die daraufhin nur durch einen Projektierer verwirklicht werden. Darüber geriet schon ein Projektierer in den USA finanziell in Schwierigkeiten und wurde danach durch einen Hersteller aufgekauft. Damit kommt den klassischen Energieversorgungsunternehmen eine nicht unerhebliche Marktmacht zu, was durchaus als Hindernis angesehen werden kann.

Bei PV-Freiflächenanlagen und Solarthermische Kraftwerke (CSP) spielt die Netzintegration eine große Rolle. Das derzeit vorhandene Netz ist jedoch zum Teil nur unzureichend ausgebaut bzw. nicht optimal für die Netzintegration von Solarstrom ausgelegt. Die US-Regierung bemüht sich derzeit um den längst fälligen Netzausbau, was in einem so weitläufigen und teilweise dünn besiedelten Land eine besondere Herausforderung darstellt.

Ein weiteres Hindernis für den Vertrieb neuer Produkte stellen die Zulassungsverfahren an den staatlichen Prüfanstalten („national Laboratories“) dar. Diese Einrichten erstellen die für den US-Markt benötigten UL-Zertifikate. Bis vor kurzem gab es aber nur zwei amerikanische und ein kanadisches Institut, die diese Zertifikate überhaupt ausstellen konnten. Auch wenn zurzeit an der Erweiterung der Zertifizierungskapazitäten gearbeitet wird, erschwert dieses Verfahren eine Markteinführung neuer Produkte.

Besonders bremst aber die momentane schwierige wirtschaftliche Lage und die damit verbundene eingeschränkte Verfügbarkeit von Kapital die Entwicklung des Solarmarktes in den USA. Mit Hilfe von neuen Steuergutschriften versucht die US-Regierung aber das Investitionsklimas zu verbessern.

ECOreporter.de: Welche Bundesstaaten bieten besonders interessante Bedingungen für Photovoltaik und warum?


Bauer: Aufgrund der natürlichen Voraussetzungen sind gerade die südwestlichen Bundesstaaten und der Bundesstaat Hawaii attraktive Standorte für Solarinstallationen. Darüber hinaus spielen der regionale Netzausbau, die Förderbedingungen und die Genehmigungslage eine wichtige Rolle bei der Standortwahl.

In den vergangenen Jahren wurde der amerikanische Photovoltaikmarkt maßgeblich im Sonnenstaat Kalifornien geprägt. Dennoch hängt auch hier die Bezuschussungshöhe von der Marktentwicklung insgesamt ab. Je weiter der Solarmarkt sich also entwickelt und der Ausbau installierter PV-Leistung voranschreitet, desto weniger werden beantragte Neuanlagen gefördert.

Als kommunales Positivbeispiel ist die Stadt Gainesville in Florida zu nennen, die als erste Gemeinde einen Einspeisetarif nach deutschem Vorbild eingeführt hat.

ECOreporter.de: Inwiefern können auch deutsche Unternehmen davon profitieren, dass es nun in den USA bessere Förderbedingungen für Photovoltaik gibt?

Bauer: Allgemein haben deutsche Unternehmen gute Chancen sich auf dem US-Solarmarkt erfolgreich zu positionieren, insbesondere dann wenn die strukturellen Förderprogramme zum Netzausbau oder der Ausbau der Prüfstellenkapazität greifen. Im Einzelfall hängt dies aber sicherlich von den angebotenen Produkten ab, ob sich ein Unternehmen aus Deutschland im US-Markt erfolgreich etablieren kann.

In dem Maße, indem die finanziellen Förderinstrumente transparenter und langfristiger werden, können vor allem deutsche Projektentwicklung aufgrund ihres Erfahrungsvorsprungs sicherlich Erfolge erzielen. Erste Großprojekte sind auch bereits von deutschen Projektierern in den USA realisiert worden. Häufig werden kommerzielle Großprojekte jedoch von US-Energieversorgungsunternehmen ausgeschrieben, die wiederum vorrangig amerikanische Unternehmen mit der Realisierung beauftragen.
Wechselrichterhersteller sind mit ihren Produkten relativ unabhängig von der Solarförderung und sind daher schon seit mehreren Jahren im US- Markt vertreten.

Für Modulhersteller ist die Lage etwas schwieriger: denn im amerikanische PV-Markt kommen bisher die relativ preiswerten Dünnschichtmodule hauptsächlich zum Einsatz. Diese Modulpreise und die Wechselkursentwicklung des Dollars gegenüber dem Euro behindern derzeit den direkten Export von PV-Modulen in die USA.

ECOreporter.de: Ist die Vielfalt der Fördermechanismen (Bundesregierung, Staaten, Kommunen) für deutsche Unternehmen überhaupt zu durchschauen?

Bauer: Als Unternehmen ist es sicherlich nicht möglich, den gesamten US-Markt von Beginn an zu beliefern. In der Regel sollten die Unternehmen zunächst gründlich sondieren, welcher US-Bundesstaat für ihre Produkte bzw. für eine Firmenansiedlung am ehesten in Frage kommt. Diese Sondierung sollte auf der Grundlage von neutral aufgearbeiteten Informationen geschehen, wofür ausreichend Zeit und die entsprechende Kosten einzuplanen sind. Unabhängig davon, ob es sich bei einem Unternehmen um einen Hersteller, Projektierer oder Anbieter von Turn-Key-Lösungen handelt, sind diese sicherlich gut beraten, Informationsangebote spezialisierter Consultants zu nutzen.

Im Rahmen der Exportinitiative Erneuerbare Energie des Bundeswirtschaftsministeriums stellt die dena verschiedene Auslandsmarktinformation zur Verfügung. Beispielsweise in Form des 2007 erschienenen  Praxisreport Solarmarkt USA/Kalifornien, der einen systematischen Einblick in die Förder- und Genehmigungslage in den USA ermöglicht. Derzeit arbeiten wir an einem neuen Länderprofil zu den USA, das eine Übersicht zur Entwicklung des Erneuerbaren-Energien-Marktes in den USA enthalten wird.

ECOreporter.de: Wie wichtig ist der Beistand von einheimischen Unternehmensberatern, Geschäftspartnern und anderen für deutsche Unternehmen, die sich im US-Solarmarkt positionieren wollen?

Bauer: Verlässliche  Kontakte zu Marktinsidern sind von großer Bedeutung, vor allem da die Rechtsprechung in Amerika sich in vielen Punkten von der deutschen unterscheidet. Beispielweise sind zur Bewältigung des  amerikanischen Zertifizierungssystems für den US-Markt oder für das Genehmigungsverfahren bei der Errichtung von PV-Freiflächenanlagen gute Kontakte vor Ort unerlässlich. Ob dafür Berater oder direkte Geschäftspartner besser geeignet sind, hängt wiederum von der Form des Markteinstiegs des jeweiligen Unternehmens ab. Kontaktanbahnungen zu Geschäftspartnern können durch Programme wie das AHK-Geschäftsreiseprogramm erheblich erleichtert werden.

ECOreporter.de: Herr Bauer, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Über den US-amerikanischen Solarmarkt sprach ECOreporter.de auch mit Thomas Krupke, dem Vorstandschef der Solon AG. Per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Beitrag über das Gespräch.


Bildhinweis: Kalifornisches Solarprojekt. / Quelle: SunPower
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