Die Anleihe soll etwa den Anbau von Rohstoffen wie Kakao und deren Weiterverarbeitung finanzieren. / Foto: ForestFinance

  Anleihen / AIF

Wie überzeugend ist der ForestFinance Green Bond 20/30?

Bio-Landwirtschaft in Marokko und Anlagen zur Verarbeitung von Biomasse sind geplante Schwerpunkte der ForestFinance Capital GmbH. Zur Finanzierung ihrer Vorhaben bietet sie eine Anleihe mit zehnjähriger Laufzeit und einem Zinssatz von 5,1 Prozent an.

Wie sind die Projekte, bei denen es auch um Kakao in Panama und kompostierbare Verpackungen geht, einzuschätzen? Ist das Anleihe-Angebot, das Anleger ab 1.000 Euro zeichnen können, überzeugend?

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Die ForestFinance Capital GmbH als Emittentin der Anleihe ist eine 70-prozentige Tochtergesellschaft der ForestFinance Service GmbH aus Bonn. Bei der angebotenen Anleihe handelt es sich um nachrangige Inhaber-Schuldverschreibungen. Ihr Zinssatz beträgt 5,1 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von zehn Jahren. Sowohl die Anlegerinnen und Anleger als auch ForestFinance Capital können die Schuldverschreibungen frühestens zum Ablauf der sechsjährigen Mindestvertragsdauer ordentlich kündigen, danach jährlich. Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr.

Das Emissionsvolumen der Anleihe beträgt bis zu 25 Millionen Euro. Die Nebenkosten der Anleiheemission schätzt ForestFinance Capital laut Prospekt auf rund 925.000 Euro im Platzierungsfall. Eine Platzierungsgarantie besteht nicht. Soweit bis zum 31. Dezember 2020 nicht mindestens 7,5 Millionen Euro platziert sind, kann ForestFinance Capital die Schuldverschreibungen kündigen. Die Anleihen sollen im Segment für Green Bonds des Open Market (Freiverkehr) der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelt werden können.

Ist die Anleihe ein Green Bond?

ForestFinance Capital als Emittentin hat laut Prospekt die imug Beratungsgesellschaft für sozial-ökologische Innovation mbH (imug), in Abstimmung mit ihrem Netzwerkpartner Vigeo Eiris beauftragt, eine so genannte Second Party Opinion für einen Green Bond zu erstellen. Eine Second Party Opinion stellt eine unabhängige Stellungnahme über die Nachhaltigkeitsaspekte und zum Nachhaltigkeitsmanagement der Schuldverschreibungen dar. 

Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der Auswahl der mit dem Emissionserlös finanzierten Projekte und der damit verbundenen Auswirkungen. Mit der am 25. September 2020 erstellten Second Party Opinion bestätigt imug, dass es sich bei den angebotenen Wertpapieren um Schuldverschreibungen handelt, die im Einklang mit den aktuellen Green Bond Principles der ICMA (International Capital Markets Association) stehen. Zudem ist ForestFinance Capital demnach fähig, die beschriebenen Prinzipien und Zielsetzungen des Bewertungsrahmens glaubhaft zu erfüllen. 

Geplante Investitionen 


Station für die Kakao-Nachernte / Foto: ForestFinance

Alle Projekte, in die ForestFinance Capital investieren wird, liegen den Angaben zufolge entlang der Wertschöpfungskette von natürlichen Rohstoffen. Aktuell sind Holz und Biomasse, Kakao, Bio-Datteln, Bio-Oliven und Bio-Mandeln vorgesehen. Die Anleihe ForestFinance Green Bond 20/30 soll dabei den Anbau von Rohstoffen genauso unterstützen, wie deren Weiterverarbeitung und Veredelung. Konkret beabsichtigt ForestFinance Capital derzeit laut Prospekt, den geplanten Netto-Emissionserlös von rund 24,1 Millionen Euro in folgende Vorhaben zu investieren:

  • Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages mit der marokkanischen Gesellschaft Desert Timber Tafilalet SARL zur Produktion von Bio-Mandeln auf einer Fläche von bis zu 130 Hektar (ha) in der Provinz Errachidia in der Region Drâa-Tafilalet im marokkanischen Atlasgebirge (ca. 3,2 Millionen Euro).
  • Ab dem Jahr 2025 sollen auf weiteren Flächen in Marokko von bis zu ca. 400 ha Bio-Oliven und Bio-Datteln produziert und die entsprechenden Pflanzen erworben werden (ca. 8,2 Millionen Euro).
  • Gewährung eines Gesellschafterdarlehens (Laufzeit: 4 Jahre) an die the nu company aus Dresden zum weiteren Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit im Bereich der Entwicklung und des Vertriebs funktionaler pflanzlicher Lebensmittel, insbesondere der Entwicklung und Herstellung einer heimkompostierbaren Verpackung für flüssige Medien (pflanzlicher Proteindrink als neue Produktlinie) (ca. 2,0 Millionen Euro). 
  • Abschluss eines Bewirtschaftungsvertrages mit der panamaischen Gesellschaft Forest Finance Panama S.A. zur Bewirtschaftung und späteren Veräußerung von Kakao- und Waldflächen in Panama (ca. 3,1 Millionen Euro), 
  • Errichtung und Betrieb einer Karbonisierungsanlage in Panama, im eigenen Namen (ca. 2,6 Millionen Euro. 
  • Errichtung und Betrieb einer Karbonisierungsanlage in Eberswalde, Brandenburg, mittels eines Gesellschafterdarlehens (Laufzeit: 5 Jahre) an die carbonauten GmbH (ca. 1,5 Millionen Euro)
  • Errichtung und Betrieb einer Karbonisierungsanlage in Kolumbien im eigenen Namen (ca. 5,5 Millionen Euro)

Was sind Karbonisierungsanlagen?

Als Karbonisierung wird laut Prospekt ein Verfahren zur Umwandlung von Holz in Bio-Holzkohle bezeichnet. Durch thermo-chemische Umwandlungsprozesse (Pyrolyse) wird luftgetrocknetes Holz in Abwesenheit von Sauerstoff sehr stark erhitzt. Durch die hohen Temperaturen werden die Bindungen innerhalb der langkettigen Moleküle der pflanzlichen Zellen gespalten und durch den Sauerstoffausschluss wird eine Verbrennung verhindert. Es entsteht Bio-Holzkohle. Bio-Holzkohle ist den Angaben nach ein Gemisch aus organischen Verbindungen mit einem weit überwiegenden Anteil von Kohlenstoff (75 bis 90 Prozent). 

Der Einsatzbereich von Bio-Holzkohle ist laut Prospekt vielfältig. Sie kann demnach unter anderem zu Aktivkohle, Futtermittelkohle, Grillkohle, Gülleeinstreu und für den Einsatz in Biogasanlagen weiter verarbeitet werden. 

Erwerb von nachhaltigen Kapitalanlagen

Die ForestFinance Capital GmbH als Emittentin ist berechtigt, den Teil des Emissionserlöses, der nach ihrer Einschätzung länger als 90 Tage nicht zur Investition in die Projekte benötigt wird, in nachhaltige Kapitalanlagen zu investieren. Dabei darf der Aktienanteil die Schwelle von 40 Prozent der freien Liquidität nicht überschreiten. Die Emittentin ist laut Prospekt verpflichtet, nachhaltige Kapitalanlagen wieder zu veräußern, wenn ein Verlust von mehr als zehn Prozent gegenüber dem Erwerbspreis vorliegt.

Warum wird Kapital zunächst nicht für Projekte benötigt? Dies hängt laut Prospekt zum einen damit zusammen, dass Investitionskosten für die Errichtung der Projekte und die sich danach anschließenden laufenden Kosten nicht sofort in voller Höhe zur Zahlung fällig werden, sondern vielmehr nach und nach über längere Zeiträume zu entrichten sind. Zum anderen werden laut Prospekt insbesondere die Kosten für den Erwerb und die Bewirtschaftung von bis zu 400 Hektar Bio-Oliven und Bio-Datteln in Marokko frühestens ab dem Jahr 2025 zur Zahlung fällig. 

Datteln, Oliven und Mandeln aus Marokko

Für den Erwerb dieser Anbau-Flächen im Marokko von 400 Hektar ist ein Betrag von 8,2 Millionen Euro vorgesehen. Die Übernahme wird laut Prospekt vertraglich zwischen der ForestFinance Capital GmbH und der ForestFinance Service GmbH vereinbart. Die Emittentin trete dann in die bereits bestehende Vertragsbeziehung zwischen der ForestFinance Service GmbH und ihrer Tochtergesellschaft Desert Timber Tafilalet SARL ein.

Derzeit werden die Anbauflächen im Marokko für Anlegerinnen und Anleger im Rahmen der Vermögensanlage „Oase 1“ bewirtschaftet. Da dieses Direktinvestment „Oase 1“ laut Erstprospekt bereits mit dem Erreichen der Produktionsreife (Datteln) bzw. kurz danach (Oliven) beendet werden soll, ist der wirtschaftliche Erfolg für die Oase 1-Anlegerinnen und Anleger voraussichtlich hauptsächlich vom Verkaufspreis für die Olivenbäume und Dattelpalmen abhängig. 


Harry Assenmacher, Geschäftsführer der ForestFinance Service GmbH. / Foto: ForestFinance

ECOreporter hat bereits zweimal ausführlich über die Vermögenanlage Oase 1 berichtet. Das Interview zum Vertriebsstart des Angebotes mit Harry Assenmacher, Gründer und Geschäftsführer der ForestFinance Service GmbH, können Sie hier lesen.  Im Juni dieses Jahres hat ECOreporter aus aktuellem Anlass nachgefragt, wie es um das Projekt steht.

Zum Ende der Laufzeit der Anleihe der ForestFinance Capital GmbH sollen die insgesamt bis zu 530 Hektar (inkl. Anbaufläche für Bio-Mandel) Land mit produktiven Pflanzen wieder veräußert werden, um den Veräußerungserlös zur Rückzahlung der Anleihe nutzen zu können. 

Gelingt es ForestFinance Capital nicht rechtzeitig zum Ende der Anleihelaufzeit, die Anbauflächen zu einem laut Prospekt angemessenen Preis, der über den Investitionskosten von 11,41 Millionen Euro liegt, zu veräußern oder kann nur ein Teil der Anbauflächen veräußert werden, hätte dies laut Prospekt für die Emittentin erhebliche Einnahmeausfälle zur Folge.

Mit Aufforstungsprojekten zur Produktion von Bio-Mandeln, Bio-Datteln und Bio-Oliven sind eine Vielzahl natürlicher Risiken verbunden, wie etwa Schädlings- oder Pilzbefall, Stürme, Dürren und Wassermangel, Überschwemmungen, sonstige schlechten Witterungsbedingungen, Verschlechterung der Bodenqualität und Feuer.

Interessenskonflikte möglich

Die ForestFinance Service GmbH hält 70 Prozent der Anteile an der ForestFinance Capital GmbH als Emittentin und hat somit einen beherrschenden Einfluss auf diese. ForestFinance Capital soll zudem plangemäß bei dem Marokko-Projekt in die bereits bestehende Vertragsbeziehung zwischen der ForestFinance Service GmbH und ihrer Tochtergesellschaft Desert Timber Tafilalet SARL eintreten. 

ForestFinance Capital hat zudem unter anderem einen langfristigen Pachtvertrag (Laufzeit: 99 Jahre) mit der ForestFinance Panama S.A. über den Standort der Karbonisierungsanlage in Panama abgeschlossen. Die ForestFinance Panama S.A. ist ebenfalls eine Tochter der ForestFinance Service GmbH.

ForestFinance Capital beschäftigt laut Prospekt derzeit keine Arbeitnehmer. Zwischen der ForestFinance Service GmbH und ForestFinance Capital besteht ein Dienstleistungsvertrag, auf dessen Grundlage die ForestFinance Service GmbH Buchhaltungs-, Personal-, Marketing- und IT-Dienstleistungen für ForestFinance Capital erbringt. Aufgrund der gesellschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten ist es möglich, dass Interessenskonflikte auftreten.

Ökologische Wirkung

Die konkrete ökologische Wirkung lässt sich derzeit schwer abschätzen. Die auf soziale und ökologische Themen spezialisierte Beratungsgesellschaft imug hat der der Anleihe attestiert, dass sie im Einklang mit den Green Bond Prinzipen 2018 steht. Die Anleihe dient aus Sicht der imug damit der Kapitalbeschaffung zur Bekämpfung des Klimawandels, zum Erhalt natürlicher Ressourcen und für ein ökologisches Abfallmanagement.

Risiken

Die mit dem Emissionserlös der Schuldverschreibungen beabsichtigten Investitionen befinden sich laut Prospekt (vom 30. September 2020) allesamt noch in einem Projektstadium. Nicht für alle Projekte hat die ForestFinance Capital verbindliche Verträge zu deren tatsächlichen Realisierung bereits abgeschlossen. Die Projekte, in die der Emissionserlös aus den Schuldverschreibungen investiert werden soll, sind allesamt noch nicht realisiert. 

Weder sind die geplanten Karbonisierungsanlagen in Eberswalde (Brandenburg), Kolumbien und Panama bereits errichtet noch sind Bio-Mandeln, Bio-Oliven und Bio-Datteln in Marokko gepflanzt worden. Ebenso hat ForestFinance Capital derzeit laut Prospekt noch keinen Zugriff auf die für die Realisierung des Projekts zur Errichtung einer Karbonisierungsanlage in Kolumbien benötigten Flächen.


Baumschule von ForestFinance in Peru. / Foto: ForestFinance

Insbesondere können die Kosten für die Errichtung und den laufenden Betrieb der Projekte höher als geplant ausfallen. Darüber hinaus kann die Abnahme der mit den Projekten produzierten Produkte (Bio-Holzkohle in den Karbonisierungsanlagen, Bio-Mandeln, Bio-Datteln und Bio-Oliven in Marokko, heimkompostierbare Verpackung für flüssige Medien sowie Kakao und Mischwald in Panama) nicht in dem Umfang beziehungsweise nicht zu den geplanten Konditionen durch Vertragspartner gelingen. 

ForestFinance Capital beabsichtigt, den Emissionserlös der Schuldverschreibungen unter anderem für die Errichtung und den Betrieb von insgesamt drei Karbonisierungsanlagen zur Erzeugung von Bio-Holzkohle in Eberswalde, Brandenburg, Kolumbien und Panama zu verwenden. 

Insgesamt soll für die Karbonisierungsanlagen ein Betrag von in Summe ca. 9,6 Millionen Euro aufgewendet werden. Es besteht das Risiko, dass der Bau der geplanten Karbonisierungsanlagen mangelhaft erfolgt und hierdurch zusätzliche Kosten entstehen oder es zu Verzögerungen kommt.

Geringes Eigenkapital

Das Stammkapital der ForestFinance Capital GmbH als Emittentin beträgt lediglich 25.000 Euro. Weiteres Eigenkapital existiert laut Prospekt nicht. Falls die Anleihe mit 25 Millionen Euro vollplatziert werden sollte, läge – bei unveränderter Eigenkapitalausstattung – die Eigenkapitalquote der Emittentin bei ca. 0,1 Prozent. 

Es gibt keine Beschränkung für die Höhe der Verschuldung, die ForestFinance Capital künftig aufnehmen darf und im Falle einer Insolvenz könnte es mangels fehlender Besicherung beziehungsweise Einlagensicherung zu einem Totalverlust des Investments kommen. Aufgrund des in den Anleihebedingungen vereinbarten Rangrücktritts werden Ansprüche der Anlegerinnen und Anlegern aus den Schuldverschreibungen des ForestFinance Green Bond 20/30 nur nachrangig befriedigt.

Fazit

Die ForestFinance Capital GmbH plant das Anleihekapital in verschiedene Bereiche in verschiedenen Ländern zu investieren. Damit kann ForestFinance Capital, falls ein Großteil des Anleihekapitals platziert werden sollte, eine Risikostreuung über mehrere Projekte erreichen. 

Allerdings sind alle der im Prospekt aufgeführten geplanten Projekte mit hohen bis sehr hohen Risiken verbunden. Sie sind noch nicht realisiert und teilweise Verträge noch nicht geschlossen. Falls die Projekte erfolgreich realisiert und betrieben werden können, können die Eigentümer und/oder die Eigenkapitalgeber (inkl. Gewinnbeteiligung) solcher risikoreichen Projekte mit sehr hohen Renditen rechnen. 

Diese Chancen haben mittelbar die Gesellschafter, die nur 25.000 Euro Eigenkapital in die ForestFinance Capital GmbH investiert haben. Dagegen sollen die Anleger 25 Millionen Euro investieren. Damit tragen die Anleger das finanzielle Risiko fast alleine, haben aber im Erfolgsfall nur die „Chance“ bzw. den Anspruch, dass ihr Kapital vertragsgemäß mit 5,1 Prozent pro Jahr verzinst und rückgezahlt wird. Angesichts der hohen und vielfältigen Projektrisiken ist der Anleihe-Zinssatz von 5,1 Prozent gering. 

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