Erneuerbare Energie

Experten: Feste Einspeisetarife weiter zentral für Ausbau Erneuerbarer Energien

In ihrem jüngsten Papier zum Markt der Erneuerbaren Energien geht die EU-Kommission im laufenden Jahrzehnt von einem Marktwachstum der Erneuerbaren Energien in einer Größenordnung von sechs Prozent pro Jahr aus. „Die Erneuerbaren Energien entwickeln sich dynamisch, weil viele EU-Staaten mit Einspeisetarifen ihren nationalen Gestaltungsspielraum genutzt haben und auf das gemeinsame Ziel hinarbeiten, bis 2020 mindestens 20 Prozent des Endenergiebedarfs der EU aus regenerativen Quellen zu decken“, stellt dazu Philipp Vohrer fest, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien. Diese informiert über den Bereich der regenerativen Energien und wird von Branchenverbänden und von den Bundesministerien für Umwelt und für Verbraucherschutz unterstützt. Auch für die Zeit nach 2020 gelte es, ehrgeizige und verbindliche Wachstumsziele zu setzen, betont Vohrer: „Die konventionelle Energiewirtschaft ist nach wie vor der größte Einzelemittent von Treibhausgasen in der Europäischen Union. Erneuerbare Energien sind hier die einzige Alternative.“

Für den Ausbau der Stromversorgung mit Erneuerbaren Energien haben sich laut dem Geschäftsführer feste Einspeisevergütungen als überlegenes Erfolgsmodell erwiesen. Das gelte für Deutschland mit seinem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), aber auch für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ein Blick über die deutschen Grenzen mache die Vorzüge von Einspeisetarifen für einen zügigen und kosteneffizienten Ausbau Erneuerbarer Energien deutlich, so Vohrer. In Ländern mit Einspeisevergütungen wie zum Beispiel Deutschland, Spanien, Frankreich oder Portugal betrage die Vergütung pro Kilowattstunde Onshore-Windstrom deutlich weniger als 10 Cent. Hingegen sei der Zubau von Windrädern an Land in Staaten mit Quotenregelung wie Großbritannien, Polen, Belgien oder Italien mit einer Spanne von knapp 11 Cent/kWh bis fast 15 Cent/kWh deutlich kostspieliger. „Der Vergleich zeigt: Quotenregelungen zum Ausbau der Erneuerbaren Energien sind meist teurer und ineffektiver“, resümiert Vohrer.

„Das EEG hat eine hohe Innovationskraft erzeugt, wie die Technikrevolution in
den Sparten Windkraft, Photovoltaik, Biogas u.a. in den letzten zwölf  Jahren eindrucksvoll belegt“, sagt dazu Hans-Josef Fell, energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen und einer der Väter des EEG. Dieses habe es zudem ermöglicht, dass in Deutschland eine Vielzahl von neuen Akteuren auf den lange von den Stromkonzernen beherrschten Energiemarkt gekommen ist, vor allem im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen. „Wind- und Solargenossenschaften, neue Betreibergesellschaften, Investmentfonds, Stadtwerke und viele andere Unternehmensarten hätte es als Stromerzeuger ohne das EEG nicht gegeben“, ist er überzeugt.

Fell weist die Annahmen zurück, innerhalb der Erneuerbaren Energien sollten sich mit einem einheitlichen Vergütungssatz die wettbewerbsfähigsten durchsetzen. „Dies würde darauf hinauslaufen, dass es nur noch eine Art der Erneuerbare Energien gäbe, eben nur die Windkraft an Land, einfach weil sie in der Innovationsentwicklung und damit der Kostensenkung am weitesten fortgeschritten ist. Alle anderen würden in der Technikentwicklung abgeschnitten, weil sie wie zum Beispiel die Photovoltaik oder die Offshorewindenergie aktuell mit den Vergütungen der Onshorewindkraft nicht konkurrieren können“, sagt Fell dazu. Da ein zukünftiger Erneuerbare Energien Mix aber alle Arten von Erneuerbare Energien benötige und zudem die spezifischen Kostensenkungspotentiale z.B. der Photovoltaik weiterhin sehr hoch seien, würde ein einheitlicher Vergütungssatz nicht zu mehr Wettbewerb, sondern zum abrupten Aus für einzelne, noch nicht konkurrenzfähige Technologien führen.  Innerhalb der einzelnen Sparten gebe es durchaus einen hohen Wettbewerb, so dass sich die Marktkräfte mit hoher Innovationskraft voll entfalten könnten. 

„Die Einspeisevergütung hat aber auch andere marktwirtschaftliche Effekte, die vielfach übersehen werden“, so Fell weiter. „Die Investitionen in Ökostromanlagen wurden ausschließlich mit privatem Kapital getätigt. Millionen neuer Akteure haben in Ökostromanlagen investiert und faktisch nicht die etablierten Stromkonzerne. Die Einspeisevergütung wird von privat aufgebracht als Umlage auf den Strompreis, womit die öffentlichen Haushalte nicht belastet werden. In Zeiten hoher Staatsverschuldung ein unschätzbar wichtiger Aspekt. Andererseits führen die stark wachsenden unternehmerischen Aktivitäten zu Steuereinnahmen von den Kommunen bis zum Bund, über Einkommenssteuer und Gewerbesteuer. Mit der Vermeidung von Zahlungen an Erwerbslose werden auch die Sozialkassen entlastet, was genauso wie die Vermeidung des Einkaufs von fossilen Brennstoffen die öffentlichen und privaten Haushalte zunehmend von weiteren Belastungen befreit.“

Der Grünen-Politiker stellt sich Einschätzungen entgegen, wonach das EEG angesichts des enormen Grünstromzubaus in den letzten Jahren überholt sei. „Noch können die meisten Investitionen ohne die garantierte EEG-Vergütung keine ausreichenden Renditen erwirtschaften“, stellt er fest. Zudem betont er eine weitere Komponente neben der festen Einspeisevergütung: dass das EEG vorschreibt, dass Grünstrom bei der Einspeisung ans Netz Vorrang hat vor herkömmlichem Strom. Fell dazu: „Der privilegierte Netzzugang ist das zweite unverzichtbare Element für den Erfolg des EEG und die Grundlage für Investitionen in Ökostromanlagen. Solange konventionelle Stromerzeuger noch Barrieren gegen den Ausbau der Erneuerbare Energien aufbauen, ist der Einspeisevorrang für Ökostrom erforderlich. Andernfalls können konventionelle Stromerzeuger mit ihrer Marktmacht den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien blockieren. Wer behauptet, dies sei dann kein freier Markt, hat nicht verstanden, dass es durch die fehlende Umlegung der externen Schadenskosten gar keine freien Markt mit gleichen Marktchancen gibt. Ökostrom, der keine oder nur marginale externe Schadenskosten verursacht, wäre sofort mit Strom aus Kohle, Erdgas oder Atomkraft wettbewerbsfähig, wenn die konventionelle Stromerzeugung alle Schadenskosten selbst tragen müsste und diese Kosten nicht der Allgemeinheit z.B. dem Steuerzahler auferlegen würde. Solange diese externen Schadenskosten nicht vollständig auf die Stromerzeugung umgelegt ist, ist das EEG notwendig.“

Die Kosten, die das EEG verursacht, muss man laut Fell in Bezug setzen zu den Schadenkosten der konventionellen Stromerzeugung. Diese  würden vielfach von der Allgemeinheit bezahlt und nicht vom Stromerzeuger oder Stromkunden im konventionellen Stromsektor. Fell hierzu: „Die angeblich so hohen Mehrkosten des Ökostromes werden aktuell schon von den durch Ökostrom vermiedenen Schadenskosten überkompensiert, weil er eben schon 20 Prozent konventionellen Strom ersetzt. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung senkt der Ökostrom schon heute die gesamtgesellschaftlichen Belastungen. Wer aus Gründen des Wettbewerbs heute die Abschaffung des EEG fordert, will in Wirklichkeit keinen wirksamen Klimaschutz, nimmt in Kauf, dass über die Verknappung der fossilen Rohstoffe deren Preise weiter steigen und damit auch der Strompreis immer weiter nach oben treibt.“
Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
Nach oben scrollen
ECOreporter Journalistenpreise
Anmelden
x