Ist Thyssenkrupp nachhaltig? In die "grüne" Version des Mittelklasse-Index MDax hat der Stahlkocher es jedenfalls geschafft – und damit auch in diesen ETF. / Foto: Pixabay

  Fonds / ETF, ETF-Test

ETF-Test: Xtrackers MDax ESG Screened ETF

Breit gestreut in mittelgroße nachhaltige Konzerne aus Deutschland investieren – geht das? Die 50 wichtigsten börsennotierten Unternehmen der sogenannten Mittelklasse sind an der Börse im MDax versammelt. Der Fondsanbieter Xtrackers will mit dem MDax ESG Screened ETF ein Aktienpaket mit den nachhaltigsten von ihnen schnüren. ECOreporter hat überprüft, wie überzeugend das gelingt.

Anbieter des ETFs ist Xtrackers, eine Tochter der Fondsgesellschaft DWS, die zur Deutschen Bank gehört. Ein beträchtlicher Teil des Geldes, das Xtrackers und die DWS anlegen, steckt in Kohle, Erdöl und Rüstung. Aufgrund von Greenwashing-Vorwürfen durchsuchte die Staatsanwaltschaft im letzten Jahr Büros von DWS und Deutscher Bank. DWS-Chef Asoka Wöhrmann trat daraufhin zurück.

Finanzen/Risiko

Der ETF startete im Januar 2014 und hat sich finanziell schwach entwickelt. Auf ein Jahr gesehen hat er 9 Prozent an Wert verloren, der weltweite Aktienindex MSCI World ist im gleichen Zeitraum lediglich 2,3 Prozent im Minus. Auf fünf Jahre gesehen hat der ETF 6,2 Prozent zugelegt, der MSCI World gewann 63,6 Prozent an Wert.

Die Jahresgebühren von 0,4 Prozent sind ETF-typisch günstig, die Wertschwankungen waren in den letzten drei Jahren hoch. ECOreporter empfiehlt eine Haltedauer von mindestens sieben, besser zehn Jahren.

Nachhaltigkeitskonzept

Der ETF will einen Aktienkorb zusammenstellen, der eine nachhaltigere Version des deutschen Mittelwerte-Index MDax darstellt. Um ausgewählt zu werden, müssen die Unternehmen eine bestimmte ESG-Mindestnote erhalten, zusätzlich gelten Ausschlusskriterien. Von den 50 Aktien im MDax bleiben für den ETF am Ende so noch 48 übrig, es werden also nur zwei Unternehmen aussortiert.

Der MDax gehört zur von der Deutsche Börse AG aufgelegten Dax-Familie. Die Daten für die Bewertung der Unternehmen stammen von der Nachhaltigkeits-Ratingagentur ISS ESG, die 2020 von Deutschen Börse übernommen wurde.

Ausschlusskriterien

Der ETF schließt Unternehmen aus, die Geschäfte mit geächteten Waffen und Atomwaffen machen oder Schusswaffen für den zivilen Markt produzieren. Ebenso tabu sind Hersteller von Tabakprodukten und Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen, also etwa Menschen- und Arbeitsrechte verletzen.

Umsatzschwellen gelten unter anderem für die Herstellung konventioneller Waffen für Militär und Sicherheitskräfte, Kohlestrom und -bergbau sowie Atomkraft. Bei Öl- und Gasförderung ist hingegen nur die Förderung von Ölsanden eingeschränkt. Eine vollständige Übersicht zu den Ausschlusskriterien des ETFs erhalten Sie im Premium-Bereich.

Wie nachhaltig ist dieser ETF?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Als einzige Unternehmen aus dem regulären MDax nicht im ETF vertreten sind der Rüstungskonzern Hensoldt mit Sitz in Taufkirchen im Landkreis München und das Technologieunternehmen Jenoptik aus Jena, das ebenfalls Rüstungskomponenten herstellt.

In Rüstungsgeschäfte involviert sind dennoch zwei Unternehmen im ETF: Der Hamburger Kupferproduzent Aurubis stellt auch Hülsen für Munition her, der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp ist über seine Tochter Marine Systems nach eigenen Angaben der führende europäischer Anbieter für konventionelle U-Boote und Marineschiffe. In beiden Fällen machen die Geschäfte weniger als 5 Prozent des Konzernumsatzes aus, womit nicht gegen die Ausschlusskriterien des ETFs verstoßen wird. Thyssenkrupp versucht seine Rüstungssparte aktuell zu verkaufen.

Generell fallen die Investments des ETFs sehr konventionell aus – was nicht überrascht, schließlich bildet er praktisch einfach den MDax nach. Weniger nachhaltig erscheinen im Aktienpaket Unternehmen wie die Lufthansa, der Sportartikelhersteller Puma und auch unabhängig von Rüstungsgeschäften Aurubis und Thyssenkrupp, die sehr energieintensive Geschäfte betreiben.

Besser schneiden bei der Nachhaltigkeitsbilanz etwa der Neckarsulmer IT-Anbieter Bechtle und der Münchner Spezialchemiekonzern Wacker Chemie ab. Kerngrün sind der Erneuerbare-Energien-Konzern Encavis und der Windturbinenbauer Nordex, beide aus Hamburg.

Zwar sind die Ausschlusskriterien für fossile Energien vergleichsweise streng. Energiekonzerne mit Kohlestrom- oder Atomkraftanteil sind aktuell im MDax aber ohnehin nicht vertreten. Sinnvoller wären daher allgemeinere Klimarichtlinien wie eine Emissionsgrenze, die besser auf das überschaubare Aktienuniversum von maximal 50 Unternehmen zugeschnitten sind.

Transparenz

Xtrackers veröffentlicht alle aktuellen Aktienpositionen des ETFs. In den Unterlagen zum ETF wird das Auswahlverfahren knapp beschrieben. Auf der Internetseite des Indexanbieters Stoxx, einer Tochter der Deutschen Börse, erfahren Anlegerinnen und Anleger mehr über das Auswahlprinzip des nachgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der einzelnen Aktien gibt es in den öffentlich zugänglichen Dokumenten des ETFs keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

Die DWS stellt auf ihrer Internetseite ihr Stimmverhalten und Fragen auf Aktionärsversammlungen sowie einen Leitfaden für Dialoge mit Unternehmen transparent und anschaulich dar. Dies geschieht auch ausführlicher als bei vergleichbaren ETFs. Zu einzelnen Unternehmen können Anlegerinnen und Anleger übersichtliche Fragenkataloge einsehen und herunterladen – ein Pluspunkt.

Stärken

  • Keine Investments in fossile Energie
  • Informationen über Stimmverhalten

Schwächen

  • Schwaches Auswahlverfahren
  • Sehr konventionelle Investments
  • Schwache Wertentwicklung

    Fazit

    Von einer "nachhaltigen MDax-Version" kann hier kaum gesprochen werden. Bis auf die beiden größten Rüstungsproduzenten sind alle Unternehmen aus dem konventionellen Index vertreten – inklusive Stahlkocher und Fluggesellschaft. Die schlechte Wertentwicklung macht den ETF zusätzlich unattraktiv. Nachhaltige Anlegerinnen und Anleger dürften mit diesem ETF kaum glücklich werden. Seine vergleichsweise ordentliche Nachhaltigkeitsnote erhält der ETF nur aufgrund der ausführlichen Berichterstattung über das Stimmverhalten des Anbieters.

    Die ECOreporter-Noten:

    Finanzen: 4,7

    Nachhaltigkeit: 3,7

    Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.

    Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

    Ausschlusskriterien

    Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

    • Geächtete Waffen
    • Nuklearwaffen
    • Herstellung ziviler Waffen
    • Herstellung von Tabakprodukten
    • Verstöße gegen den UN Global Compact

    Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

    • Vertrieb von Tabakprodukten (5%) 
    • Kohlebergbau (5%)
    • Produktion von Kohlestrom (5%)
    • Förderung Ölsande (5%)
    • Dienstleistungen/Belieferung Kernkraftindustrie (1%)
    • Produktion von Nuklearenergie (1%)
    • Uranbergbau (1%)
    • Vertrieb von zivilen Waffen (5%)
    • Militärverträge Ausrüstung/Dienstleistungen (5%)

    Daten und Fakten

    Stichtag des Tests: 3.5.2023

    Name des ETFs: Xtrackers MDax ESG Screened UCITS ETF

    ISIN: IE00B9MRJJ36 / WKN: A1T795

    Nachgebildeter Index: MDax ESG Screened Index

    Start des ETFs: 9.1.2014

    Jährliche Gebühren: 0,4% (Gesamtkosten)

    Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

    Ertragsverwendung: ausschüttend

    Fondsvolumen: 101 Millionen Euro (5/2023)

    Internet: etf.dws.com

    Verlustrisiko: Totalverlust unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

    Verwandte Artikel

    10.07.23
     >
    10.07.23
     >
    13.04.23
     >
    23.09.22
     >
    Aktuell, seriös und kostenlos: Der ECOreporter-Newsletter. Seit 1999.
    Nach oben scrollen
    ECOreporter Journalistenpreise
    Anmelden
    x