Der Indexfonds investiert in Schwellenländern wie etwa Indien – gelingt das nachhaltig? / Foto: Pixabay

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ETF-Test: WI Global Challenges Emerging Markets Index-Fonds Anteilsklasse I

Der WI Global Challenges Emerging Markets Index-Fonds investiert in Unternehmen aus Schwellenländern und stellt sein Aktienpaket nach strengen Richtlinien zusammen. Trotzdem sieht ECOreporter Schwierigkeiten bei dem Fonds.

Anbieter des Indexfonds ist Warburg Invest, die Fondsgesellschaft der Hamburger Privatbank M. M. Warburg. Diese ist verwickelt in sogenannte Cum-Ex-Geschäfte, bei denen Banken und andere Investoren jahrelang widerrechtlich Steuern hinterzogen haben. (Mehr dazu erfahren Sie im Premium-Bereich dieses Tests.)

Finanzen/Risiko

Der Indexfonds wurde im Juli 2022 aufgelegt. Da er damit noch keine drei Jahre am Markt ist, vergibt ECOreporter keine Finanznote.

Der wesentliche Unterschied zwischen einem Indexfonds und einem ETF: ETFs kann man zu den Börsenhandelszeiten kaufen und verkaufen, Indexfonds werden gar nicht oder nur eingeschränkt an einer bestimmten Börse gehandelt. Der WI Global Challenges Emerging Markets ist aktuell etwa nur über den Anbieter Warburg Invest handelbar, Orderannahmeschluss ist täglich um 11 Uhr.

Die allermeisten ETFs sind auch gleichzeitig Indexfonds, das heißt, sie bilden einen bestimmten Index nach. Daher testet ECOreporter Indexfonds nach seiner ETF-Methode. Mit einer Jahresgebühr von 0,59 Prozent ist der Warburg-Indexfonds teurer als viele ETFs.

Nachhaltigkeitskonzept

Der Global Challenges Emerging Markets Index-Fonds investiert aktuell (5.12.2022) in 100 mittelgroße und große Unternehmen aus Schwellenländern. Zu diesen gehören etwa Indien, Brasilien oder Südafrika, nach Definition der Finanzwelt aber auch China und Südkorea. Langfristig strebt der Fonds ein Aktienpaket an, das immer 50 bis 100 Unternehmen umfasst.

Die Unternehmen für den Fonds werden in einem zweistufigen Prozess ausgewählt. Zunächst werden aus einem nicht nachhaltigen Schwellenmarkt-Index diejenigen Aktien ausgewählt, die den strengen Anforderungen des Prime-Status der Nachhaltigkeits-Ratingagentur ISS ESG oder einer Notenstufe darunter (Prime-1) genügen. Im Rahmen eines Best-in-Class-Ansatzes qualifizieren sich also diejenigen Firmen für eine Aufnahme in den Index, die die besten ISS ESG-Ratings ihrer Branche aufweisen.

In einem zweiten Schritt identifiziert ISS ESG Unternehmen, die substanzielle Beiträge zur Bewältigung von sieben globalen Nachhaltigkeits-Herausforderungen leisten. Diese basieren auf von der EU und den Vereinten Nationen definierten Themenfeldern:

  • Bekämpfung der Ursachen und Folgen des Klimawandels
  • Sicherstellung einer ausreichenden Versorgung mit Trinkwasser
  • Beendigung der Entwaldung und Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft
  • Erhalt der Artenvielfalt
  • Umgang mit der Bevölkerungsentwicklung
  • Bekämpfung der Armut
  • Unterstützung verantwortungsvoller Führungs-(Governance-)Strukturen

Darüber hinaus werden laut dem Anbieter Warburg auch die 2015 von der UN verabschiedeten 17 Sustainable Development Goals (SDGs) in den Auswahlprozess integriert. Zusätzlich zu diesen Positivkriterien gibt es Ausschlusskriterien.

Der Indexfonds bildet mit dieser Methode den von der Börsen AG, der Trägergesellschaft der Wertpapierbörsen in Hamburg und Hannover, aufgelegten Global Challenges Index Emerging Markets (GCX EM) nach. Ein unabhängiger Beirat berät die Börse Hannover und ISS ESG bei der Entwicklung des Konzepts, der Definition von Positiv- und Ausschlusskriterien sowie der Identifikation von geeigneten Aktien.

Ausschlusskriterien

Der Indexfonds schließt Unternehmen mit Verbindung zu geächteten Waffen (etwa Landminen oder Streumunition) und Atomwaffen sowie Hersteller ziviler Schusswaffen vollständig aus. Ebenso tabu sind Unternehmen, die gegen den UN Global Compact verstoßen, Tabakprodukte herstellen, alkoholische Getränke produzieren oder Stammzellenforschung betreiben.

Umsatzschwellen gelten etwa für die Förderung der fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas sowie für die Stromerzeugung aus Kohle. Auch für militärische Ausrüstung und Dienstleistungen gibt es Einschränkungen. Eine vollständige Liste der Ausschlusskriterien finden Sie im Premium-Bereich.

Wie nachhaltig ist der Indexfonds?

Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.

Der Global Challenges Emerging Markets Index-Fonds investiert etwa in den indischen Zementhersteller Shree Cement. Dieser betreibt unter den Markennamen Shree Power und Shree Mega Power auch mehrere Kohlekraftwerke. Die vorgegebene Schwelle für Umsätze aus Kohlestrom wird dabei nach Recherchen von ECOreporter nicht verletzt.

Die ebenfalls im Aktienpaket vertretene Reederei Malaysia International Shipping Corporation Berhad (MISC) ist einer der weltgrößten Tankerflottenbetreiber.

Das größte Manko des Indexfonds ist sein Anbieter Warburg Invest, eine Tochter der Hamburger Privatbank M. M. Warburg, die in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt war. Bei diesen hatten sich Banken und andere Investoren vom Finanzamt Steuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren.

Das Landgericht Bonn verurteilte Warburg im März 2020, etwa 176 Millionen Euro zu Unrecht kassierte Steuern zurückzuzahlen. Im Juli 2021 stellte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil fest, dass Cum-Ex-Geschäfte strafbar sind, und verwarf damit unter anderem auch die Revision von Warburg. Die nachhaltige Pax-Bank lässt aufgrund der Cum-Ex-Verwicklungen keine ihrer Fonds mehr von M.M. Warburg betreuen.

Nun ist M. M. Warburg bei weitem nicht die einzige in die Cum-Ex-Affäre verwickelte Bank, besonders beteiligt waren etwa ausgerechnet öffentliche Geldinstitute wie die WestLB (heute Portigon), die HSH Nordbank (jetzt Hamburg Commercial Bank), die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die Landesbank Berlin (LBB). Ermittlungen laufen aktuell etwa noch gegen die Deutsche Bank und die schwedische Großbank Skandinaviska Enskilda Banken (SEB). Insgesamt werden mehr als 100 Finanzinstitute und mehr als 1.500 Einzelpersonen verdächtigt, sich am Staat bereichert zu haben.

Bei Warburg hat der Fall aber zusätzlich noch eine politische Dimension. Das Finanzamt Hamburg verzichtete nach Bekanntwerden der Cum-Ex-Geschäfte 2016 darauf, bei der Bank eine Steuernachzahlung in Millionenhöhe einzufordern. Warburg-Eigentümer Christian Olearius hatte sich zuvor drei Mal mit dem damaligen Ersten Hamburger Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz getroffen. Scholz streitet eine politische Einflussnahme ab und erklärte wiederholt, er erinnere sich nicht an den Inhalt der Gespräche.

Transparenz

Der Anbieter Warburg Invest veröffentlicht das vollständige Portfolio des Indexfonds nicht auf seiner Website, sondern verlinkt hier lediglich auf die entsprechende Liste auf der Seite der Börse Hannover. Das Aktienauswahlprinzip stellt Warburg Invest online knapp dar, allerdings ohne auf die Ausschlusskriterien einzugehen. Die Börse Hannover als Indexanbieter liefert weitere Informationen zum Auswahlprinzip des abgebildeten Index. Zur Nachhaltigkeit der einzelnen Aktien im ETF finden Anlegerinnen und Anleger keine Informationen.

Nachhaltige Wirkung

Warburg Invest veröffentlicht jährlich einen Abstimmungsbericht, in dem das Unternehmen eine Übersicht dazu gibt, auf wie vielen Hauptversammlungen man zu welchen Themen abgestimmt hat. Der Bericht geht auch auf Nachhaltigkeitsthemen ein und beschreibt etwa, welche Risiken bei bestimmten Unternehmen, an denen Warburg Invest Beteiligungen hält, gesehen werden. Insgesamt bleibt der Bericht aber eine eher grobe Übersicht. Informationen zu weiterführenden Dialogen mit Unternehmen finden Anlegerinnen und Anleger nicht.

Stärken:

  • Strenges Auswahlverfahren mit vielen Positivkriterien
  • Beirat prüft die Aktienauswahl

Schwächen:

  • Vergleichsweise hohe Gebühren
  • Investments in Kohlestrom
  • Wenig Transparenz

Fazit

Das Aktienpaket des Indexfonds ist nach strengen Kriterien zusammengestellt, strenger als viele ETFs. Das liegt an dem nachgebildeten Index, dem aufwendig erstellten Global Challenges Index Emerging Markets der Börse Hannover. Diese kann auf viel Erfahrung zurückgreifen: Bereits seit 15 Jahren unterhält sie den ebenfalls sehr nachhaltigen Global Challenges Index.

Allerdings müssen interessierte Anlegerinnen und Anleger nach praktisch allen Informationen zum Aktienpaket auch auf der Website der Börse Hannover suchen. Selbst die Liste aller im Indexfonds enthaltenen Beteiligungen finden sich nur hier. Immerhin verlinkt die Website zum Indexfonds zielführend.

Die Jahreskosten des Indexfonds sind im Vergleich mit vielen ETFs hoch. Erstaunlich und unerfreulich ist, dass es ein Kohlekraftwerksbetreiber ins Aktienpaket geschafft hat. Zudem können Anlegerinnen und Anleger Bauchschmerzen beim Fondsanbieter Warburg Invest bekommen – das gilt allerdings auch für andere Banken mit einem insgesamt wenig nachhaltigen Geschäft.

Die ECOreporter-Noten:

Finanzen: --

Nachhaltigkeit: 3,3

Details zum Benotungssystem von ECOreporter finden Sie hier.

Alle bisherigen ETF-Tests finden Sie hier.

Ausschlusskriterien

Ausschlusskriterien ohne Umsatzschwelle:

  • Geächtete Waffen
  • Nuklearwaffen
  • Herstellung ziviler Schusswaffen
  • Stromerzeugung mit Atomkraft
  • Uranbergbau
  • Förderung und Dienstleistungen Ölsande
  • Genetisch manipuliertes Saatgut
  • Herstellung von Tabakprodukten
  • Herstellung von Alkohol
  • Anbieten von Glücksspiel
  • Herstellung von Pornografie
  • Nicht gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche
  • Stammzellenforschung
  • Verstöße gegen den UN Global Compact

Ausschlusskriterien mit Umsatzschwelle:

  • Militärische Ausrüstung und Services (5%)
  • Vertrieb zivile Schusswaffen (5%)
  • Dienstleistungen Atomenergie (1%)
  • Förderung von Kohle, Öl, Gas (5%)
  • Fracking (5%)
  • Stromerzeugung aus Kohle (5%)
  • Vertrieb Tabakprodukte (2%)
  • Vertrieb und Dienstleistungen Alkohol (2%)
  • Vertrieb und Dienstleistungen Glücksspiel (2%)
  • Vertrieb Pornografie (2%)
  • Gefährliche Pestizide (5%)

Daten und Fakten

Stichtag des Tests: 5.12.2022

Name des Indexfonds: WI Global Challenges Emerging Markets Index-Fonds Anteilsklasse I

ISIN: DE000A2QG223 / WKN: A2QG22

Nachgebildeter Index: Global Challenges Net Performance Index Emerging Markets

Start des ETFs: 5.7.2022

Jährliche Gebühren: 0,59 Prozent

Replikationsmethode: physisch (Indexnachbildung durch Kauf der Aktien)

Ertragsverwendung: ausschüttend

Fondsvolumen: 5,1 Millionen Euro (12/2022)

Internet: www.warburg-invest-ag.de

Totalverlustrisiko: Unwahrscheinlich, Teilverluste möglich

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