Viele Hochschulen erheben Studiengebühren. Spezialisierte Unternehmen bieten Studenten passende Kredite an. / Foto: Pixabay

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Eine Anleihe und ein Genussrecht für Bildung: 3 % und 5 % Zins – aber was bewirkt Corona?

Privatanleger können über zwei Kapitalanlagen die Studienbeiträge von Studenten vorfinanzieren. ECOreporter hat mit den beiden Anbietern darüber gesprochen, inwieweit sich die Corona-Krise auf ihr Geschäftsmodell auswirkt. So viel sei schon verraten: Krisenstimmung herrscht bei den Unternehmen nicht, teilweise berichten sie von zweistelligen Zuwachsraten.

Viele Studierende können derzeit weiterhin nicht an ihre Universitäten. Zudem fragen sie sich, welche Folgen die Corona-Krise für ihren Berufseinstieg und ihre Verdienstmöglichkeiten hat. Das ist auch wichtig für Unternehmen, die ihnen die Studiengebühren an (privaten) Hochschulen vorfinanzieren.

ECOreporter hatte 2019 in einem ECOanlagecheck geschrieben: "Zudem können die Rückzahlungen (der finanzierten Studierenden) deutlich geringer als erwartet ausfallen bzw. sich verzögern, falls eine langanhaltende schwere Wirtschaftskrise die Arbeitsmarktsituation auch für hoch qualifizierte Arbeitnehmer und insbesondere Berufseinsteiger verschlechtern sollte.“

Nun gibt es eine schwere Wirtschaftskrise, die vor einem halben Jahr noch nicht zu erahnen war. Ob und wie lange sie anhalten wird, ist derzeit noch nicht fundiert einzuschätzen. Klar ist dagegen, dass Deutschland auch weiterhin – gerade nach einer Krise – hochqualifizierte Arbeitnehmer und Berufseinsteiger benötigt, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Neue Ideen, Lösungen, Konzepte und deren Umsetzung sind erforderlich, um den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu beschleunigen, damit Deutschland (und auch die EU) wettbewerbsfähig bleiben können. Bildung und damit auch die Bildungsfinanzierung bleibt ein Schlüsselthema. Können davon auch Anleger profitieren?

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Umgekehrter Generationenvertrag

Die Brain Capital-Gruppe hat nach eigenen Angaben bis dato 23 Bildungsfonds aufgelegt und verwaltet mehr als 150 Millionen Euro (per 31. August 2018). Brain Capital wurde 2005 von Marco Vietor gegründet. Er ist auch einer der Geschäftsführer der EBS Alumni Studierendenfördergesellschaft Eins mbH, die aktuell ein Genussrecht anbietet.

Die Chancen eG wurde im Februar 2016 gegründet und hat aktuell eine Anleihe in der Platzierung. Ein Vorstand der Genossenschaft ist Florian Kollewijn, der bereits 2014 mitverantwortlich war für die Konzeption und Umsetzung einer Studierendenanleihe zur Finanzierung des sogenannten UGV-Finanzierungsmodells.

UGV steht für "Umgekehrter Generationenvertrag“ und bedeutet, dass eine nachgelagerte, einkommensabhängige Bildungsfinanzierung erfolgt. Die Chancen eG finanziert die Studienbeiträge von Studenten vor, die diese später abhängig vom Einkommen inklusive Aufschlag zurückzuzahlen haben. Auch die EBS Alumni Studierendenfördergesellschaft Eins mbH (kurz: EBS) setzt auf das Grundprinzip des Umgekehrten Generationenvertrages.

Wie wirkt sich die Corona-Krise aus?


Marco Vietor, Geschäftsführer der EBS. / Foto: Unternehmen

ECOreporter hat Dr. Marco Vietor und Florian Kollewijn unabhängig voneinander befragt, wie sie die Auswirkungen aufgrund der Corona-Krise für die Emittentinnen einschätzen. Wie sehen sie das Risiko, dass die geförderten Studierenden in Folge der Corona-Krise länger studieren, z.B. weil die Bedingungen erschwert sind, es weniger Präsenz-Veranstaltungen gibt und (Pflicht-)Praktikumsplätze schwerer zu bekommen sind? Werden die Studierenden nach ihrem Abschluss wegen Corona im Durchschnitt erst später einen Job finden und/oder weniger im Beruf verdienen? Wie schätzen sie das Risiko ein, dass sich dadurch die Zahlungen der geförderten Studierenden an die Emittentinnen – im Vergleich zur Prospektnachtrags-Kalkulation – über einen längeren Zeitraum erstrecken und/oder vermehrt ganz ausbleiben (Ausfallquote)?

Marco Vietor (Brain Capital): "Digitale Formate funktionieren aktuell hervorragend“

Dr. Marco Vietor, Gründer von Brain Capital und Geschäftsführer der Genussrechte-Emittentin EBS Alumni Studierendenfördergesellschaft Eins mbH, erläutert gegenüber ECOreporter: "Hinsichtlich der Auswirkungen der Corona-Krise sind wir bezogen auf die Emittentin (wie auch auf andere Gesellschaften) nicht beunruhigt. Wir gehen davon aus, dass Studienveranstaltungen in absehbarer Zeit wieder physisch stattfinden können. Und auch digitale Formate funktionieren aktuell hervorragend. Im Fach BWL sind ja auch keine Experimente o.ä. möglich, die eine Anwesenheit vor Ort erfordern. Verlängerungen des Studiums erwarten wir nicht. Praktika in klassischen Konzernen fallen weg, dafür sehen wir einen extrem hohen Bedarf bei Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen, den kurzfristig gerade Praktikanten abdecken können.

Für den Jobeinstieg und die Gehaltsentwicklung erwarten wir, dass Risikofaktoren wie Arbeitslosigkeit oder Gehaltseinbußen auf unsere Studentenkohorten aufgrund ihrer Spezifika (gut ausgebildete junge Akademiker, die aber noch nicht in echten Führungspositionen mit stark variablen Gehältern tätig sind, sondern eher nach Tarif oder festen Eingruppierungen bezahlt werden) relativ wenig zutreffen. Wenn man sich die Entwicklung von Arbeitslosenquoten im Zeitverlauf und in vergangenen Krisen anschaut, sieht man, dass das massiv ungebildete Arbeitskräfte betrifft. Im Akademikerbereich ergeben sich nur marginale Schwankungen, die nach zwölf bis 18 Monaten wieder nivelliert sind. Ganz im Gegenteil, die Unsicherheit ist zwar allgemein groß, aber wir gehen davon aus, dass unsere Studenten ein eher geringeres Arbeitslosigkeitsproblem haben und dass Bildungsinvestitionen aus Investorensicht ein Anlageportfolio eher stabilisieren als eine Unsicherheit vergrößern.“

Florian Kollewijn (Chancen eG): "60 % mehr Interessenten und Bewerbungen“


Olaf Lampson und Florian Kollewijn (r.), Vorstand der Chancen eG. / Foto: Unternehmen

Florian Kollewijn, Vorstand der Chancen eG, erläutert gegenüber ECOreporter: "Wir verzeichnen seit April eine Steigerung der Interessenten und Bewerbungen um 60 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Das deckt sich mit unserer Erwartung, dass der Bedarf an Bildungsfinanzierung in einer Rezession zunimmt.

Wir fragen seit Beginn der Pandemie-Krise in Deutschland regelmäßig unsere Bildungspartner ab. Unsere Partner gehen vorsorglich überwiegend – wenn überhaupt – nur von moderaten Rückgängen der Bewerbungszahlen aus. Zudem hören wir von Bildungspartnern, dass die Nachfrage nach unserer Bildungsfinanzierung steigen könnte, da sie von Unternehmen berichten, die bislang Studiengebühren im Rahmen von dualen Studiengängen übernommen hatten und dies nun krisenbedingt einstellen. Zudem könnten Bachelor-Absolventen sich aufgrund ihrer Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt für einen Master entscheiden. Allerdings ist es noch recht früh und noch nicht ganz einheitlich, um einen eindeutigen Trend bei der Bildungsbereitschaft und der Notwendigkeit einer Bildungsfinanzierung auszumachen. Das Interesse an unserer Bildungsfinanzierung ist aber auf jeden Fall gestiegen.

Das Risiko des verlängerten Studiums bewerten wir als gering, da unsere Partnerhochschulen sehr zügig auf digitale Lösungen wechseln konnten. Dieses Risiko des erschwerten Berufseintritts ist ohne Frage vorhanden. Im Rahmen unseres Krisenmanagements haben wir mehrere Szenarien erstellt, die auf den Prognosen der "Wirtschaftsweisen“ beruhen und von höherer und/oder längerer Arbeitslosigkeit und nicht so stark wie bislang unterstellten Einkommenszuwächsen ausgehen.

Bislang sind unsere Einbußen selbst im schwierigsten Krisenszenario mit mehr als 15 Prozent Akademikerarbeitslosigkeit und um über 15 Prozent reduzierten Einkommen in den ersten Jahren auf lange Sicht verkraftbar; bis zum Jahr 2045 nehmen wir nach unseren Hochrechnungen kumuliert nur rund 1 Prozent weniger an Rückzahlungen ein. Abgesehen von einer NPL-Quote (Quote notleidender Kredite - Anm. d. Red.) von 5 Prozent, die wir grundsätzlich einkalkulieren, die aber selten eintritt, liegt dies daran, dass das UGV-Konzept aufgrund seiner sehr langen Laufzeit mit einer großen Robustheit gegenüber konjunkturellen Einbußen ausgestattet ist. Langfristig kämen der UGV und wir als Anbieter erst dann richtig unter Druck, wenn die Krise in eine Depression einmünden würde, die ein ganzes Jahrzehnt umfassen würde. Um auch kurzfristig gewappnet zu sein, haben wir Kosten reduziert und Szenarien zur Verschiebung von Investitionen in unsere IT-Systeme erstellt. Bisher entwickelt sich unser diesjähriges Geschäft jedoch stabil, sodass wir diese Szenarien nicht aktivieren mussten.“

EBS Alumni: Genussrecht mit gewinnabhängiger Verzinsung

Bei der Vermögensanlage der EBS Alumni Studierendenfördergesellschaft Eins mbH handelt es sich um nachrangige Genussrechte mit qualifiziertem Rangrücktritt. Die Geschäftstätigkeit der Emittentin umfasst laut Gesellschaftsvertrag die Förderung (Studiengebühren) von Studierenden an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht gGmbH, die ein Studienprogramm der EBS Universität absolvieren. Anleger können ab 10.000 Euro investieren. Ein Agio wird nicht erhoben. Die Mindestlaufzeit der Genussrechte endet am 31. Dezember 2035.

Die Rückzahlung des Genussrechtskapitals erfolgt prognosegemäß grundsätzlich in jährlichen Teilbeträgen, beginnend mit dem 31. Dezember 2026. Die Emittentin hat das Recht, die Rückzahlungen solange und soweit auszusetzen, wie ihre Liquidität nicht zur Bedienung des Rückzahlungsanspruchs ausreicht.

Die Genussrechtsinhaber erhalten eine gewinnabhängige Verzinsung, deren Grundlage das Jahresergebnis der Emittentin (inklusive Ausgleich etwaiger Verluste der Vorjahre) ist. Für die Anleger wird laut konsolidiertem Verkaufsprospekt vom 27. April 2020 eine gewinnabhängige Verzinsung (IRR-Rendite) von 5,0 Prozent pro Jahr vor Steuern über die Laufzeit der Vermögensanlage prognostiziert.

Der Anspruch auf eine Gewinnbeteiligung entfällt, wenn die Bilanz der Emittentin zum Bilanzstichtag des entsprechenden Geschäftsjahres einen Jahresfehlbetrag ausweist. Ab dem 31. Dezember 2025 sind erstmals Zinsauszahlungsansprüche der Anleger prognostiziert.
Bei den angebotenen Genussrechten erstreckt sich die Nachrangigkeit sowohl auf die Zinsen als auch auf die Rückzahlung und hat zur Folge, dass im Fall der Insolvenz der Emittentin erst sämtliche nicht nachrangigen Gläubiger der Emittentin vorrangig und vollständig befriedigt werden.

Das Emissionsvolumen der angebotenen Genussrechte beträgt 2 Millionen Euro. Die Vollplatzierung des Genussrechtskapitals wird laut Prospektnachtrag vom 27. April 2020 für den Mai 2020 erwartet.

Chancen eG: Anleihe mit 3 % Zins

Bei der Anleihe mit der offiziellen Bezeichnung "Chancen eG 3,0% 2019/2031“ handelt es sich um Inhaber-Schuldverschreibungen mit einem Zinssatz von 3,0 Prozent pro Jahr. Die Laufzeit der Anleihe endet am 19. August 2031. Einen Börsenhandel der Anleihe plant die Emittentin laut Prospekt nicht. Ab 5.000 Euro können Anleger investieren. Das Emissionsvolumen der Anleihe beträgt 13 Millionen Euro. Davon sind nach Angaben der Emittentin noch rund 2 Millionen Euro zu zeichnen. Der Vertrieb läuft über die GLS Bank. Anleger haben aber auch die Möglichkeit, die Anleihe direkt bei der Emittentin zu zeichnen.

ECOreporter hat die Bildungs-Anleihe der Chancen eG in einem ECOanlagecheck umfassend analysiert.

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