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ECOanlagecheck: Villa Vitalia Biohospiz – wie empfehlenswert ist der ethische Immobilienfonds?



Initiatorin des Beteiligungsangebotes ist die R+P AG aus Hamburg, die auch die Fondsgeschäftsführung und die Mehrheit an der noch zu gründenden Betreibergesellschaft übernehmen soll. Diese Betreibergesellschaft soll die Fondsimmobilie dann langfristig pachten.

Ursprünglich sah das Fondskonzept vor, ein unbebautes Grundstück zu kaufen. Alle wesentlichen Projektvorbereitungen (Kaufoption, Fachkonzeption, Architektenentwürfe, Fremdfinanzierungsangebot) waren laut Prospekt schon abgeschlossen. Der Prospektnachtrag führt aus, dass sich eine „sehr glückliche“ neue Situation ergeben habe, als dem Fonds ein neues Grundstück mit Gebäude angeboten wurde.

Schloss Bernstorf

Die Immobilie des Fonds ist ein schlossartiges Gutshaus in Mecklenburg-Vorpommern aus dem 19. Jahrhundert. Der Kaufpreis für das Schloss Bernstorf einschließlich des Grundstücks von immerhin 16.000 m² betrug nur 250.000 Euro. Im Investitionsplan werden die Kosten für Planung, Renovierung, Substanzerhaltung, Anbau, Umbau und Modernisierung des Schlosses allerdings auf 3 Millionen Euro geschätzt. Die Herstellungskosten können laut Nachtrag im Rahmen der Sonderabschreibungen für Baudenkmäler von der Steuer abgesetzt werden.


Das Schloss – siehe die entsprechenden Bilder - steht seit gut zwei Jahrzehnten leer. Es lässt Pracht und Charme vergangener Zeiten erahnen und wirkt würdig. Nur haben die früheren Besitzer die Würde wenig gepflegt: Laut den Lübecker Nachrichten war das Schloss 2006 eine „Ruine“. Der jetzige Bauleiter des Fondsobjektes äußerte sich Ende 2010 bei einer Ortsbegehung gegenüber den Lübecker Nachrichten zu Schwammbefall,Sicherung und Entrümpelung des Gebäudes. Nach Aussage des Initiators R+P AG soll die Schwammsanierung nun weitgehend abgeschlossen sein.
Auch die Genehmigungen des Landesamtes Denkmalschutz und die Sichergenehmigungen des Bauamtes sollen vorliegen. Der Initiator erklärt: „Der eigentliche Bauantrag befindet sich seit Oktober 2010 im positiven Abstimmungsprozess mit allen Beteiligten (Bauamt, Heimaufsicht, Brandschutz, Gewerbeaufsicht), alle helfen mit, da es sich um ein komplexes Projekt handelt.“ Das gesamte Schloss soll barrierefrei, also rollstuhl- und behindertengerecht, gestaltet werden. Schallschutzmaßnahmen und eine Luft-/Erdwärmeanlage sind geplant.

Der Betrieb

Laut Prospektnachtrag soll die Betreibergesellschaft des geplanten Hospizes rechtzeitig vor Betriebsbeginn von der Fondsinitiatorin gegründet werden. Die prospektierten Einnahmen des Fonds sind wesentlich davon abhängig, dass die Betreibergesellschaft die prognostizierte Pacht von rund 550.000 Euro pro Jahr (ab 2014) an den Fonds zahlt. Die Betreibergesellschaft selbst soll ihre Erträge aus den Leistungen der Kranken- und Pflegekassen generieren. Diese übernehmen, gesetzlich geregelt, 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten, wenn für den Patienten Anspruch auf eine Hospizbetreuung besteht. 10 Prozent der Kosten müssen die Hospize über Spenden finanzieren. In der Regel sind es aber deutlich mehr als 10 Prozent, weil eine optimale Versorgung der Patienten eine bessere personelle Ausstattung erfordert als es der Gesetzgeber und die Kassen vorsehen.


Das Hospiz des Fonds soll durch das Fondskapital und die Kassenvergütungen finanziert werden. Es wurde ein unabhängiger gemeinnütziger Förderverein zur Unterstützung von Menschen mit unheilbarer Krebserkrankung gegründet, der Spenden für das Hospiz akquirieren soll.

Bildhinweis: Dachboden des Schlosses Bernstorf. / Quelle: Villa Vitalia Biohospiz AG


Die in der Fondsprognose eingeplanten Personalkosten wirken für einen klassischen personalintensiven Hospizbetrieb knapp bemessen. Laut Prospektnachtrag wurden die Personalkosten vorsichtig geschätzt; sie seien aufgrund des
Konzeptes („Hilfe zur Selbsthilfe“) und der speziellen Zielgruppe nur bedingt mit denen anderer Einrichtungen vergleichbar. Außerdem sieht das Betreiberkonzept des Fonds laut Nachtrag einen Betreiber vor, der keine „Zusatzbelastungen durch besondere Tarifverträge“ hat. Auf Nachfrage erläuterte der Initiator gegenüber ECOreporter.de, es sei nicht beabsichtigt, die Personalkosten durch Billiglöhne niedrig zu halten.


Neben dem „Biohospiz“ soll das Gebäude auch ein „Biohotel“ beinhalten, wo beispielsweise Angehörige übernachten könnten. Außerdem sieht das Konzept ein „Bio-Bistro“, einen „Biowellnessbereich“, ein angeschlossenes „Biomedical Center“ sowie Wirtschaft- und Nebenräume mit einer Nutzfläche von ca. 1800 m² vor. Das „Bio“ in den Bezeichnungen der Einrichtungen bezieht sich nach Aussage des Initiators hauptsächlich auf die Ernährung mit biologisch erzeugten Nahrungsmitteln. Außerdem soll biologische Krebsmedizin (Lichttherapie, Ozonsprudelbäder) angeboten werden. Der Anleger sowie seine direkten Angehörigen (Verwandtschaft ersten Grades) haben laut Prospektnachtrag im Falle einer unheilbaren Krebserkrankung ein Vorzugsrecht „zur Nutzung der Einrichtung und genießen insoweit vollen VIP-Status.“

Risiko


Der Fonds beinhaltet ein neues Geschäftsmodell – ein „Bio-Hospiz“ samt vielen weiteren Einrichtungen. Und das nicht nur als vermietbare Denkmalimmobilie, sondern als Betreiberobjekt. Risiken liegen zum einen bei den Kosten der Renovierung – hier sind Unwägbarkeiten vorhanden. Natürlich können steuerliche Vergünstigungen für Chancen sorgen, doch zunächst einmal müssten die veranschlagten Kosten eingehalten werden. Auch der Zeitplan wird nicht einfach einzuhalten sein; bei derart alten Objekten sind unvorhergesehene Schwierigkeiten an der Tagesordnung.


Ein weiteres Risiko ist der Betrieb des Hospizes. So ethisch anspruchsvoll Hospize als Einrichtungen sind – um zu funktionieren, müssen sie ihre Kosten decken. Dass dieses Modell funktioniert, ist möglich – aber es enthält wesentlich mehr Unwägbarkeiten als eine reine Immobilie oder gar eine Erneuerbare-Energie-Anlage mit festen Einspeisevergütungen.


Fazit:

Finanziell
Im Vergleich zu einem durchschnittlichen, am Markt erhältlichen geschlossenen Immobilienfonds sind nach Einschätzung von ECOreporter.de die Risiken des Villa Vitalia Biohospiz AG & Co. KG höher. Denn die Sanierungs-, Genehmigungs- und Bauphasen sind erst einmal zu durchstehen, was bei einem alten Gebäude mit komplett neuer Nutzung schwierige Perioden mit zusätzlichem Finanzierungsbedarf beinhalten könnte. Zudem geht es hier nicht um eine schlichte Vermietung, sondern um ein Unternehmenskonzept – nämlich den Betrieb eines Hospizes. Die Risiken des Fonds sind daher insgesamt hoch.

Ethisch
Grundsätzlich sind Hospize unverzichtbare und ethisch wertvolle Einrichtungen. Ein renoviertes Schloss kann ein guter Ort für ein Hospiz sein. Ob es für Sterbenskranke sinnvoller ist als ein zweckmäßig geplanter Funktionsbau, bleibt abzuwarten. Ebenso wie die Frage, ob ein Funktionsbau nicht billiger wäre und damit mehr finanziellen Spielraum für essentiellere Leistungen böte.

ECOreporter.de-Empfehlung

Bei diesem Angebot überwiegen die Risiken für den Anleger die Chancen auf die Beteiligung an einem ethischen Projekt. Daher empfehlen wir Anlegern, hier nicht zu investieren und erst bei nachgewiesenem Erfolg dieses Fonds in eventuelle Folgeprojekte einzusteigen. Wenn Ihnen das Thema Sterbehilfe wichtig ist: Es wird in der Nähe Ihres Wohnortes die Möglichkeit bestehen, sich über ortsansässige Hospize und deren langjährige Arbeit zu informieren, evtl. auch zu spenden.
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