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ECOanlagecheck: „Solarbaustein“ des Vereins Bürgerkraftwerke e.V. – eine Alternative zu geschlossenen Solarfonds?

„Solarbausteine“ ab 1.000 Euro bietet der Verein „Bürgerkraftwerke e.V.“ aus Saarbrücken an. Die Besonderheit: Anleger beteiligen sich an dem „Bürgersolarkraftwerk Lüptitz“ mit so genannten „partiarischen Darlehen“. ECOreporter.de hat diese ungewöhnliche Konstruktion im ECOanlagecheck geprüft.

Bürgerkraftwerke e.V. lässt derzeit nahe Leipzig den Solarpark mit einer Nennleistung von rund 720 Kilowattpeak (kWp) errichten. Anfang 2011 soll das Bürgersolarkraftwerk Lüptitz fertig gestellt und an das Stromnetz angeschlossen werden. Die Anleger können zwischen verschiedenen Laufzeiten wählen: vier, acht, zwölf, 16 und 20 Jahre. Die geplante jährliche Verzinsung des Darlehens ist zum einen abhängig von der gewählten Laufzeit. Bei einer Laufzeit von vier Jahren liegt sie zwischen 4,25 Prozent und 5,5 Prozent, bei 20 Jahren Laufzeit zwischen 6,25 Prozent und 7,5 Prozent. Die konkrete Verzinsung der jeweiligen Laufzeittypen ist abhängig vom spezifischen Jahresertrag des Solarparks, und der wiederum ist abhängig von Technik und Wetter.

Der Projektbericht zum Bürgersolarkraftwerk Lüptitz nennt 964,4 KWh/kWp als spezifischen Jahresertrag der Solaranlage. Die Performance Ratio (Anlagennutzungsgrad) soll demnach bei 89 Prozent liegen, was recht hoch ist. Diese Ergebnisse sind nach Angaben des Betreibers durch eine mathematische Modellrechnung ermittelt worden. Die Ertragsprognose stützt sich laut Werbebroschüre vor allem auf Ertragsdaten von Freiflächen-Solaranlagen in der Umgebung von Lüptitz, für die gleiche oder ähnliche Solarmodule verwendet wurden. Der Solarpark Lüptitz ist mit Silizium-Dünnschichtmodulen des spanischen Herstellers T-Solar bestückt. Bauherr, Eigentümer und Betreiber des Parks ist die Solverde Bürgerkraftwerke GmbH, die laut Broschüre den größten Teil der Stromerlöse an den Verein Bürgerkraftwerke e.V. ausschütten soll. Die Erträge sollen dann vom Verein an die Anleger bzw. Darlehensgeber weiter verteilt werden. Der Vereinsvorstand fungiert auch als Geschäftsführer des Parkbetreibers. Insgesamt soll das Finanzierungsvolumen maximal 1,92 Millionen Euro betragen. Davon sollen 50 Prozent bis 100 Prozent durch die partiarischen Darlehen der Anleger finanziert werden.

Partiarische Darlehen unterliegen nicht der Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagen-Verkaufsprospektgesetz. Für das Angebot des Vereins wurde kein Prospekt erstellt. Dementsprechend hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) das Angebot nicht geprüft. In der Vergangenheit hat die BaFin nach eigenen Angaben Beteiligungsangebote in Form von partiarischen Darlehen untersagt, wenn sie eine so genannte „unbedingte Rückzahlung“ versprachen. Denn dann handelte es sich laut Kreditwesengesetz um ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft. Das liegt nicht vor, wenn eine so genannte „Verlustteilnahmeklausel“ oder ein „großer Nachrang“ vereinbart wurden. Das BaFin bestätigte gegenüber ECOreporter.de auf Nachfrage, dass beim partiarischen Darlehen des Bürgerkraftwerke e.V. ein so genannter „großer Nachrang“ vereinbart wurde.

Für den Anleger heißt das hier: Seine Ansprüche gegen den Verein auf Zinsen und auf Rückzahlung des eingelegten Geldes sind nachrangig. Man darf sie so lange und so weit nicht geltend machen, wie sie die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens des Bürgerkraftwerke e.V. herbeiführen würden. Tilgung und Verzinsung der partiarischen Darlehen erfolgen nur aus künftigen Jahres- und Liquiditätsüberschüssen des Vereins. Sie werden erst gezahlt, wenn sämtliche anderen nicht nachrangigen Gläubiger ausbezahlt sind.

Der Verein gibt das eingesammelte Anlegerkapital an die Betreibergesellschaft Solverde Bürgerkraftwerke GmbH weiter. Diese Weitergabe erfolgt ebenfalls als partiarisches Darlehen. Zur Absicherung seiner Forderungen lässt sich der Verein nach eigenen Angaben vom Betreiber die Einspeisevergütung in Höhe des Darlehens abtreten. Die Rechte der fremdfinanzierenden Banken bleiben aber vorrangig.

Im Besitz der Solverde Bürgerkraftwerke GmbH sind weitere Solaranlagen, so dass der partiarische Darlehensgeber neben dem Solarpark Lüptitz auch das Betriebsrisiko dieser anderen Anlagen bzw. Projekte mittelbar zu spüren bekommen könnte. Die Forderungsabtretung und das Zwischenschalten des Vereins sollen verhindern, dass sich die Risiken eines Projektes auf andere auswirken. Sollte die Betreibergesellschaft wegen eines schlecht laufenden Projektes in Schwierigkeiten geraten, kann der Verein nach eigenen Angaben die anderen Anlagen weiterbetreiben, wenn die Banken zustimmen. Die Forderungen der Banken sind vorrangig gegenüber denen des Vereins.
Bei Auflösung des Vereins Bürgerkraftwerke e.V. und bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen des Vereins laut Satzung an die Zukunftswerkstatt Saar e.V., die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat.

Fazit:

Auch wenn sich die Prüfung der BaFin nicht auf die inhaltliche Richtigkeit eines Prospektes erstreckt, stellt sie doch ein wichtiges Sicherheitsmerkmal für den Anleger da. Das vorliegende Beteiligungsangebot („Solarbaustein“) des Vereins Bürgerkraftwerke e.V. ist als partiarisches Darlehen mit „großem Nachrang“ konstruiert und unterliegt damit keiner Prospektpflicht. Ein transparenz- und sicherheitsrelevanter Nachteil für den Anleger. Beim partiarischen Darlehen vereinen sich die Nachteile von Fremdkapital (keine Mitbestimmungsrechte, kein Inflationsschutz) mit den Nachteilen von Eigenkapital (Nachrangigkeit). Daher ist diese Konstruktion aus Anlegersicht keine empfehlenswerte Alternative zu der Rechtsform üblicher geschlossener Solarfonds.

Bildhinweis: Deutscher Solarpark. / Quelle: ECOreporter.de
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