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ECOanlagecheck: Anleihe der Wallenborn Adria Wind GmbH

Die Wallenborn Adria Wind GmbH aus Dresden hat eine Anleihe begeben. Sie bietet einen Zins von sieben Prozent bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Das Anleihekapital soll hauptsächlich zur Refinanzierung eines kroatischen Windparks verwendet werden. Eine Zeichnung ist ab 1.000 Euro möglich. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot.

Die Emittentin

Anbieterin und Emittentin der Anleihe ist die Wallenborn Adria Wind GmbH aus Dresden. Sie wurde im März 2013 mit einem Stammkapital von 26,5 Millionen Euro gegründet. Das Stammkapital wurde als Sacheinlage erbracht. Es besteht aus den – mit 26,5 Millionen Euro bewerteten – Gesellschaftsanteilen an der kroatischen Windpark-Betreibergesellschaft Selan d.o.o., deren alleiniger Gesellschafter – nach der geplanten Übertragung aller Anteile – die Emittentin ist. Die Emittentin hat keine eigenen Mitarbeiter.

Die Emittentin Wallenborn Adria Wind GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Senj Beteiligungs Gesellschaft mbH aus Flensburg, die das Stammkapital in die Emittentin eingebracht hat. 80 Prozent der Senj Beteiligungs Gesellschaft mbH gehören der Espero Vermögensverwaltungs GmbH aus Klipphausen. Alleinige Gesellschafterin der Espero Vermögensverwaltungs GmbH ist die Wind & Sun New Energy Holding AG aus Zug in der Schweiz, die vollständig Hermann Wallenborn aus Klipphausen gehört. Hermann Wallenborn ist Geschäftsführer und mehrheitlicher Gesellschafter der Wallenborn-Gruppe, die laut Prospekt seit 1999 Windparks mit einer Nennleistung von rund 240 Megawatt projektiert und errichtet. Die meisten ihrer Windparks befinden sich in Deutschland.

Seit 2002 ist die Wallenborn Gruppe in Kroatien tätig. 2005 begannen Planungen und Bau des Windpark Senj I mit einer Gesamtleistung von 42 MW, der 2010 in Betrieb genommen wurde. Zur Einordnung: Anfang 2013 waren laut der Bundesagentur gtai insgesamt erst 175 MW Windkraftleistung in Kroatien installiert und ans Netz angeschlossen. Der Windpark Senj I wird von der Gesellschaft Selan d.o.o. betrieben, deren Gesellschafterin die Anleiheemittentin Wallenborn Adria Wind GmbH ist. Laut Prospekt soll sich die Geschäftstätigkeit der Emittentin im Wesentlichen auf das Halten der Gesellschaftsanteile an der kroatischen Tochter Selan d.o.o. beschränken.

Das geplante Volumen der Anleihe beträgt 80 Millionen Euro. Davon werden laut Prospekt 5,2 Millionen Euro für die Begleichung der Nebenkosten der Emission (Betriebs-, Konzeptions- und Verwaltungskosten) benötigt. Vom Nettoemissionserlös soll die Emittentin 52,72 Millionen Euro als Gesellschafterdarlehen an die Tochter Selan d.o.o. ausreichen, 10,78 Millionen Euro als Eigenkapitaleinlage in die Selan d.o.o. einbringen und für 8,5 Millionen Euro den noch fehlenden Gesellschaftsanteil (15,6 Prozent) an der Selan d.o.o. von der Senj Beteiligungs Gesellschaft mbH erwerben. Mit dem zufließenden Kapital will die Selan d.o.o. hauptsächlich ein Darlehen der HSH-Nordbank ablösen, das für die Finanzierung des Windparks Senj I abgeschlossen worden war. Zudem sind 3,5 Millionen Euro für den Erwerb der Projektrechte an dem geplanten Windpark Senj II eingeplant. Weitere 2,8 Millionen Euro werden als Zinsreserve auf ein vom Treuhänder verwaltetes Konto eingezahlt.

Das Angebot

Für die Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung) besteht keine Platzierungsgarantie. Laut Prospekt wird die Emittentin das Anleiheangebot vorzeitig beenden bzw. zurückziehen, falls absehbar sein sollte, dass die Erlöse aus der Anleiheemission nicht ausreichen, um die bestehende Finanzierung der Selan d.o.o. zu refinanzieren.
Der Zinssatz der Anleihe beträgt sieben Prozent pro Jahr. Sie hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Die Rückzahlung der Anleihe ist am 31. Juli 2018 fällig. Die Emittentin ist berechtigt, jährlich bis zu zehn Prozent des Anleihevolumens zu kündigen und vorzeitig an die Anleger zurückzahlen.

Die Anleihe ist besichert. Die Sicherheiten werden von der Rödl Treuhand Hamburg GmbH als Treuhänder zugunsten der Anleihegläubiger gehalten, verwaltet und gegebenenfalls verwertet. Die Besicherung soll mehrstufig erfolgen. Zum einen werden die Gesellschaftsanteile verpfändet, welche die Senj Beteiligungsgesellschaft an der Emittentin hält. Von der Emittentin werden unter anderem – unmittelbar nach Emission der Anleihe – ihre Anteile an der Selan d.o.o. verpfändet. Die dritte Besicherungsebene betrifft die kroatische Tochter Selan d.o.o. selbst. Hier werden beispielsweise die Windenergieanlagen und Ansprüche aus kroatischem Recht unterliegenden Projektverträgen verpfändet. Insbesondere auf der kroatischen Projektebene besteht im Falle einer Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz der Anleiheemittentin laut Prospekt das Risiko, dass die bestellten Sicherheiten nicht anerkannt werden und damit nicht zugunsten der Anleger verwertet werden können. Diese rechtlichen Unsicherheiten betreffen beispielsweise den Übergang des Anspruches auf Erhalt des Einspeisetarifes als auch den Eigentumsanspruch auf die Windenergieanlagen.

Der wirtschaftliche Erfolg und die Zahlungsfähigkeit der Anleiheemittentin Wallenborn Adria Wind ist fast vollständig von der Entwicklung ihrer Tochter Selan d.o.o. abhängig. Diese ist als Betreiberin des Windparks Senj I davon abhängig, dass der Windpark den prognostizierten Energieertrag erwirtschaftet und die gesetzliche Einspeisevergütung erhält. Wenn eines davon oder beides nicht der Fall sein sollte, erhöht sich nicht nur das Insolvenzrisiko für die Anleiheemittentin, sondern gleichzeitig sinkt auch der Wert der Sicherheiten für die Anleihegläubiger. Insofern besteht bei einer eventuellen Insolvenz der Emittentin das Risiko, dass der Erlös aus der Verwertung der Sicherheiten nicht ausreicht, um die Ansprüche der Anleihegläubiger bedienen zu können.

Die Selan d.o.o. plant den Erwerb der Rechte an dem Windparkprojekt Senj II, um anschließend die Baugenehmigung zu beantragen und das Projekt im Falle einer Genehmigung weiter zu entwickeln. Nach Angaben der Anbieterin trägt die Emittentin aber nicht die baulichen oder finanzielle Risiken, die aus der Realisierung dieses Projektes entstehen könnten. Für die Realisierung von Senj II (oder auch für andere Projekte) kann die Anleiheemittentin weiteres Fremdkapital aufnehmen, dass gegenüber der hier behandelten Anleihe gleichrangige oder sogar vorrangige Rechte aufweisen darf.

Die Investitionen

Das Anleihekapital fließt mittelbar in die kroatische Gesellschaft Selan d.o.o., die den Windpark Senj I in Kroatien betreibt. Der Windpark besteht aus 14 Windenergieanlagen des Typs V90 – 3,0 MW des Herstellers Vestas mit einer Nennleistung von jeweils 3,0 MW. Er wurde laut Prospekt Ende 2009 in Probebetrieb genommen und erhielt Ende 2010 die finale Betriebsgenehmigung und seitdem auch einen Einspeisetarif. Der für das Projekt Senj I geltende Einspeisetarif wird für zwölf Jahre gezahlt (somit noch bis Ende 2022). Der Einspeisetarif wird jährlich um die Inflationsrate des Vorjahres angepasst und liegt derzeit bei umgerechnet ca. 10 Eurocent/kWh.

Am Standort der Windenergieanlagen in Senj an der kroatischen Adriaküste herrschen aufgrund des häufig auftretenden Bora-Windes teilweise extreme Windbedingungen. Beim Bora-Wind handelt es sich um einen Fallwind, der mit hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten und Böen bis um die 200 km/h zu den stärksten Winden der Welt zählt. Daher wurde ein sogenanntes Bora-Frühwarnsystem entwickelt und installiert. Aufgrund der komplizierten Bedingungen – es wurde aufgrund der starken Winde teilweise auch auf Offshore-Technik gesetzt – gab es laut Prospekt lange Einarbeitungsphasen und technische Schwierigkeiten, sodass die Verfügbarkeit der Anlagen zunächst unter der Erwartung blieb. Zwischenzeitlich lag die Verfügbarkeit nur bei ca. 60 Prozent (2. Quartal 2012). Laut Prospekt war dafür auch die mangelhafte Betriebsführung des ursprünglich zuständigen Unternehmens verantwortlich, die auch zu Abstimmungsproblemen mit dem Anlagenhersteller geführt habe. Nach der Übernahme der komplette Betriebsführung durch die Wallenborn Gruppe im November 2012 liegt die Verfügbarkeit der Windenergieanlagen laut Prospekt über 90 Prozent. Zusätzlich wurde zwischenzeitlich mit Vestas Zagreb ein Vollwartungsvertrag abgeschlossen, der eine technische Verfügbarkeit der Windenergieanlagen von 97 Prozent garantiert. Dieser Vertrag läuft laut Prospekt nur bis zum 1. Oktober 2014, soll aber nach Angaben der Anbieterin bis September 2019 verlängert werden.

Der Prospekt enthält weder einen Finanzplan noch anderweitige nähere und fundierte Informationen zur finanziellen Situation der kroatischen Windparkgesellschaft Selan d.o.o.. Gründe hierfür sind nach Aussage der Anbieterin vor allem die Anforderungen der BaFin, die eine Überführung der vorhandenen, nach kroatischem Recht aufgestellten Abschlüsse nach IFRS-Standard vorsehen. Dies hätte den Angaben nach zu unverhältnismäßigen zeitlichen und finanziellen Aufwendungen geführt. Demzufolge kann nicht fundiert beurteilt werden, ob die Selan d.o.o. voraussichtlich genug erwirtschaften kann, damit die Emittentin die Anleihegläubiger bedienen kann. Zur groben Einschätzung: Die bei Vollplatzierung jährlich an die Anleihegläubiger zu zahlenden Zinsen belaufen sich auf 5,6 Millionen Euro. Schätzungsweise hat der Windpark Senj I 2011 bis 2012 ungefähr umgerechnet 10 Millionen Euro pro Jahr erwirtschaftet (ohne Kompensationszahlungen des Anlagenherstellers und der Versicherungen). Da die Einnahmen aus der Stromeinspeisung in der kroatischen Währung Kuna erzielt werden, besteht hier ein Wechselkursrisiko. Im Rahmen des Vollwartungsvertrages ist laut Prospekt an Vestas Zagreb eine Vergütung von 1,68 Millionen Euro pro Jahr zu zahlen.

Laut der prospektierten Einschätzung der Emittentin reichen die Erträge nicht nur aus, um die Zinsen an die Anleger zahlen zu können, sondern auch, um am Ende, oder durch Teiltilgungen während der fünfjährigen Anleihelaufzeit 20 Prozent des Anleihenennbetrages zurückzahlen zu können. In diesem Fall muss dann der verbleibende Anteil von 80 Prozent der Anleihe am Markt refinanziert werden, um die Anleihe vollständig an die Anleger zurückzahlen zu können.

Fazit

Der Windpark, der durch die Anleihe mittelbar refinanziert werden soll, befindet sich an einem sehr windreichen, insofern aussichtsreichen, aber auch teilweise problematischem Standort. Die projektbezogenen Risiken der Anleihe sind teilweise vergleichbar mit denen eines geschlossenen Windfonds, der einen Windpark betreibt. Sie sind aber beim Windpark Senj I aufgrund der schwierigen Windbedingungen teilweise erhöht. Die Anleihe ist besichert, was sonst meist nur für Bankenkapital üblich ist. Der Erfolg der Anleihe ist auch abhängig von der rechtlichen und politischen Stabilität des neuen EU-Landes Kroatien.

Basisdaten

Anbieterin und Emittentin: Wallenborn Adria Wind GmbH, Dresden
Anlageform: Inhaber-Teilschuldverschreibung (Anleihe)
Mindestzeichnungssumme: 1.000 Euro
Agio: 0 Prozent
Emissionsvolumen: 80 Millionen Euro
Laufzeit: 5 Jahre
Verzinsung: 7 Prozent pro Jahr
Einkunftsart: Einkünfte aus Kapitalvermögen
BaFin-Billigung: Ja
Handelbarkeit: Einbeziehung in das Marktsegment m:access im Freiverkehr der Börse München beantragt
ISIN: DE000A1R1C57
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