Erneuerbare Energie

„Die EEG-Pläne der Regierung gefährden die Umsetzung vieler laufender Windkraftprojekte“ – Interview mit Thomas Walther, Energiekontor AG



ECOreporter.de: Wie wird sich die geplante Novellierung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) auf weiteren Ausbau im Bereich Windkraft auswirken?

Thomas Walther: Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass mit der Fortführung des EEG nach wie vor eine privilegierte Einspeisung für Erneuerbare Energien vorgesehen ist. Ansonsten wäre der Ausbau dieses Segments überhaupt nicht möglich. Ob die angedachten Änderungen auch vor dem Hintergrund des angestrebten schnellen Atomausstieges ausreichend oder nicht sogar kontraproduktiv sind, um den deutschen Ausbau der Windkraft weiter zu forcieren, ist fraglich. Vor allem die geplante faktische Absenkung der Vergütung für Windstrom durch die Streichung des Systemdienstleistungsbonus (SDL-Bonus [Ein Bonus innerhalb des bisher geltenden EEG, den neue Windkraftanlagen erhalten, sofern sie bestimmten Netzanschlusskriterien entsprechen -  Anm. d. Red.] wird den Ausbau der Onshore-Windkraft bremsen. Hier sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch deutlich nachgebessert werden, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen.

ECOreporter.de: Wie ist der aktuelle Stand des Entwurfs zur Neuregelung des EEG zu bewerten?

Walther: Sinnvoll ist das deutlich positive Statement zum Ausbau der Offshore Windkraft, vor allem das Stauchungsmodell [d.h.: die Einspeisevergütung wird auf einen kürzeren Zeitraum gestaucht: statt über einen längeren Zeitraum eine bestimmten Vergütungstarif zu erhalten, bekommen die Berechtigten über einen kürzeren Zeitraum einen höhere Vergütung ausgezahlt. Unterm Strich bleibt bei dem Stauchungsmodell die faktisch ausgezahlte Förderung jedoch gleich – Anm. d. Red.] ist ein positives Signal und kann sich positiv auf die Projektfinanzierung auswirken. Für den Onshore-Bereich kann ich aus dem jetzigen Stand des Entwurfs keine Verbesserungen erkennen.

ECOreporter.de: Wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf und wie könnte dieser in den aus Ihrer Sicht entscheidenden Punkten konkret aussehen?

Walther: Nicht nachvollziehbar ist vor allem die geplante Erhöhung der Degression [= Jährliche Absenkung der Einspeisevergütung um einen festgelegten Prozentsatz – Anm. d. Red.] von 1 auf 2 Prozent. Das bedeutet für laufende Planungsprojekte für Windparks eine extreme Planungsunsicherheit. Die Planung neuer Windparks wird unnötig erschwert und schwächere Binnenstandorte werden unattraktiver. Die Degression der Windstromvergütung sollte wie in den vergangenen Jahren bei einem Prozent belassen werden.
Auch die geplanten Abstriche beim Repowering und SDL-Bonus können wir so eindeutig nicht nachvollziehen. Das Repowering von Standorten hat in Deutschland noch nicht einmal angefangen. Nun werden eine Vielzahl von kurz vor der Realisierung stehende Projekte wahrscheinlich unwirtschaftlich und damit später oder gar nicht umsetzbar. Firmen haben im Vertrauen auf das EEG 2009 in die zum Repowering notwendigen Genehmigungen und andere Maßnahmen investiert. Konkret können wir hier beispielhaft auf ein in Norddeutschland liegendes Projekt verweisen, in das für ein Repowering von 25 auf 20 Windkraftanlagen mit einer gleichzeitigen Erhöhung von 25 auf 46 MW über 4 Millionen Euro investiert worden sind. Die angestrebten Änderungen des EEG würden das Aus für das geplante Repowering bedeuten. Wegen der langen Planungszeiträume ist es zwingend erforderlich, dass die im Jahr 2009 beschlossenen Modalitäten für das Repowering beibehalten werden.

ECOreporter.de: Sie kritisieren die vorgezogene Streichung des SDL-Bonus. Wie sollte ihrer Meinung damit umgegangen werden?

Walther: Aufgrund des hohen Aufwandes für die Erlangung der SDL-Fähigkeit, die ja weiterhin gefordert ist, sollte der SDL-Bonus beibehalten werden. Der notwendige Aufwand führt zu hohen Folgekosten, die durch einen SDL-Bonus kompensiert werden müssen. Mit dem EEG 2009 wurde beschlossen, kurzfristig durch eine Verordnung die entsprechenden technischen Vorgaben zu benennen. Diese Verordnung wurde erst viel später, Mitte 2010, veröffentlicht. Bis heute sind die Anlagenhersteller damit beschäftigt ihre Anlagen gemäß der Verordnung technisch umzurüsten. Die nun angestrebte Abschaffung des SDL-Bonus kommt also deutlich zu früh!

ECOreporter.de: In welchem Windkraftsegment sehen Sie für Deutschland mittel- und langfristig das größere und „sinnvollere“ Ausbaupotential Offshore- oder Onshore Windkraft?

Walther: Der Ausbau der Offshore-Windenergie hat in Deutschland begonnen. Unverändert wichtig ist die Entwicklung und Umsetzung von Onshore-Projekten. Die Nutzung beider Potenziale ist weiterhin wichtig. Die Förderung von Offshore darf nicht die Reduzierung der Onshore-Vergütung bedeuten. Vor allem weil die deutschen Offshore-Projekte soweit vom Land entfernt liegen, wird auch die fortwährende Errichtung von Anlagen an Land notwendig sein, nicht zuletzt auch, um den in Deutschland ansässigen Firmen eine sichere Unternehmensbasis zu bieten.

ECOreporter.de: Bis wann ist aus Ihrer Sicht mit der Umsetzung des neuen EEG zu rechnen?

Walther: Wir gehen von einer geplanten Umsetzung bis 2012 aus, wundern uns allerdings über den überhastet wirkenden Zeitplan der Regierung. Der Eindruck drängt sich auf, dass man einerseits zwar den Ausbau der Erneuerbaren Energien als populäre Maßnahmen in den Medien melden möchte, sich aber bei der konkreten Umsetzung schwer tut.

ECOreporter.de: Wie schnell ist ein „bezahlbarer“ Komplettumstieg auf Erneuerbare aus Ihrer Sicht möglich und was wäre dafür notwendig?

Walther: Der Umstieg ist sehr komplex. Deshalb ist diese Frage im Grunde nicht zu beantworten. Solange im aktuellen Strompreis die externen Kosten der konventionellen Energien nicht eingepreist sind, können sich die Erneuerbaren Energien nur schwer am freien Markt durchsetzen. Kurzfristig kann es sein, dass der Strompreis leicht ansteigt, der Komplettumstieg wird jedoch auch immer mit der Reduzierung des Stromverbrauchs verbunden sein und damit bei steigenden Kosten je Kilowattstunde (kWh) zu gleichbleibenden Belastungen führen. Mittelfristig ist der Umstieg auf Erneuerbaren Energien sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll und kostengünstig.

ECOreporter.de: Herr Walther, herzlichen Dank für das Gespräch.

Über die Pläne der Bundesregierung für die EEG-Novelle berichteten wir ausführlich in einem ECOreporter.de-Bericht, zu dem Sie per Opens external link in new windowMausklick gelangen.

Bildhinweis: Windkraftprojekt von Energiekontor. / QUelle: Unternehmen
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