Erneuerbare Energie

Die Bundesregierung bleibt hart: nur kosmetische Abstriche bei den Kürzungsplänen für die Solarförderung - Damoklesschwert auch über anderen Erneuerbaren Energien

Übermorgen, am 9. März, behandelt der Bundestag in erste Lesung die Kürzungspläne der Bundesregierung für die Solarförderung. Demnach soll es künftig nur noch drei Kategorien von Solaranlagen mit Anspruch auf Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geben: Dachanlagen bis 10 kW, Dachanlagen bis 1000 kW und große Dach und Freiflächenanlagen von 1000 kW bis 10 Megawatt (MW). Anlagen mit einer Kapazität über 10 MW bekommen keine Solarstromvergütung mehr. Allerdings wird diesen Großanlagen ab 10 MW eine Übergangsfrist bis Ende Juni eingeräumt. Wenn sie bis dahin ans Netz gebracht werden, können Sie noch die aktuelle Solarstromvergütung beanspruchen. Voraussetzung ist jedoch: es muss ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan mit Stichtag 1. März vorliegen, damit diese Großprojekte in den Genuss dieser Übergangsregelung kommen.


Insgesamt werden die Solarstromtarife je nach Anlagengröße um 20 bis 30 Prozent gekürzt. Ab dem 1. April sollen folgende Vergütungssätze gelten:
Anlagen bis 10 kW: 19,5 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh),
Anlagen bis 1.000 kW: auf 16,5 ct/kWh,
Anlagen bis 10 MW: auf 13,5 ct/kWh.
Per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu einer Übersichtstabelle mit den neuen und den bisher gültigen Solarstromtarifen.

Ursprünglich wollte die Bundesregierung die neuen Tarife bereits zum 9. März einführen. Diese abrupte Kürzung hat auch innerhalb der Koalitionsparteien für Unmut gesorgt. Daher wurde nun im Gesetzentwurf, über den der Bundestag morgen debattiert, die Einführung auf den 1. April festgelegt. An den Kürzungen soll in dieser Höhe aber festgehalten werden, obwohl Grünstrom- und Umweltverbände dagegen Sturm laufen (wir Opens external link in new windowberichteten) und auch unabhängige Wirtschaftsexperten davor warnen (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Artikel darüber). Ebenfalls soll es dabei bleiben, dass ab dem 1. Mai sinken die Solarstromtarife dann pro Monat um 0,15 ct/kWh weiter abgesenkt werden. Je nach Marktsegment belaufen sich die von der Bundesregierung bis zum Jahresende geplanten Fördereinschnitte auf 26 bis 39 Prozent.

Die Verschiebung der Einschnitte bei der Solarstromförderung um drei Wochen auf den 1. April 2012 ist nach Einschätzung von Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar), nur „Augenwischerei“. Körnig weiter: „Diese Einsparungen sind unverhältnismäßig und hätten fatale Folgen: eine Insolvenzwelle, die Gefährdung zehntausender Arbeitsplätze sowie das Scheitern der Energiewende.“ Die Verschiebung des Inkrafttretens auf das Monatsende helfe nach Branchenangaben weitgehend nur vertraglich bereits vereinbarten Solarprojekten. „Zukünftige Solarstromanlagen werden dadurch nicht wieder rentabel“, so Körnig. Es sei für das Überleben und die Wettbewerbsfähigkeit der Solarbranche nicht entscheidend, ob die Kürzung ein paar Wochen früher oder später in Kraft trete. An den zentralen Kritikpunkten der geplanten Novelle des EEG habe es keine Nachbesserungen gegeben. Körnig kritisiert auch das Vorhaben der Bundesregierung, den Ausbau der Photovoltaik in den nächsten Jahren deutlich herunterzufahren.

Bildhinweis: Carsten Körnig. / Quelle: BSW-Solar

Zwar wird die Gesetzesänderung vom Bundestag an den Bundesrat überwiesen, der wohl erst im Mai darüber debattieren wird. Ein Einspruch des rot-grün dominierten Bundesrates kann aber vom Bundestag mit seiner schwarz-gelben Mehrheit über den Vermittlungsausschuss abgelehnt werden. Die Gesetzesänderungen würden dann rückwirkend zum 1. April in Kraft treten.

Lediglich ein Einspruch der Länder mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat könnte die Einschnitte noch verhindern, wenn der Bundestag ihnen mehrheitlich zustimmt. Dafür müssten aber auch eine Reihe Schwarz-Gelb regierter Länder Einspruch einlegen. Ob es dazu kommt, ist noch offen, auch wenn sich bereits einige CDU-Ministerpräsidenten offen gegen die Kürzungspläne ausgesprochen haben (auch darüber haben wir Opens external link in new windowberichtet). Am Rande einer Regionalkonferenz der CDU in Magdeburg hat CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angelika aber noch einmal ihre Entschlossenheit bekräftigt, die Solarförderung zu beschneiden.

Hans-Josef Fell ist Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Er weist auf einen Fallstrick im Gesetzentwurf hin, der auch die anderen Erneuerbaren Energien betrifft. Ihm zufolge beinhaltetet der Gesetzesentwurf zwei Verordnungsermächtigungen. Diese würden das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium ermächtigen, bei der Förderung der Erneuerbaren Energien  sehr weitgehende Änderungen vorzunehmen und damit auch deren Ausbau zu gefährden. Auch dagegen hatten Verbandsvertreter protestiert (wir Opens external link in new windowberichteten), doch anscheinend vergeblich. Fell dazu: „Die Erneuerbaren Energien müssten zukünftig jederzeit damit rechnen, dass die Bundesregierung den Anteil des vergüteten Stroms reduziert, sollte dieser Teil des Gesetzesvorschlags am Ende tatsächlich im Gesetz stehen. Für diese Verordnung soll zwar im Gegensatz zum Vorschlag der Minister eine Zustimmung des Bundestages erforderlich sein. Ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren ist aber auch in diesem Fall nicht vorgesehen.“ Zudem werde die Zustimmung des Bundesrates zu den Verordnungen „sogar explizit ausgeschlossen“. Trotz einiger Nachbesserungen der Bundestagsfraktionen blieben die Rechte des Parlamentes also eingeschränkt und der Bundesrat werde entmachtet.

Bildhinweis: Hans-Josef Fell. / Quelle: Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grüne
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