Erneuerbare Energie, Anleihen / AIF

„Die Änderungspläne zur spanischen Solarstromvergütung wurden stark nachgebessert“ – Interview mit Jan Kordisch, WOC

Jan Kordisch, Leiter Produktmanagement & Reporting bei der White Owl Capital AG (WOC), erläutert im Gespräch mit ECOreporter.de, was der Senat bei der spanischen Solarstromvergütung konkret ändern will und wie sich das auf geschlossen Solarfonds des Berliner Emissionshauses auswirkt.


ECOreporter.de: Wie stellt sich die aktuelle Situation der Solarförderung in Spanien aus Ihrer Sicht dar?

Jan Kordisch: Wir halten jede Form der rückwirkenden Kürzung der Einspeisevergütung für rechtlich unhaltbar. Daher hat man in den letzten Wochen bereits beim 14/2010 deutlich nachgebessert. Allerdings ist der Gesetzgebungsprozess noch nicht abgeschlossen.


ECOreporter.de: Wie konkret hat sich das RDL 14/2010 im Gesetzgebungsprozess verändert? Wo wurde nachgebessert?

Kordisch: In einer Sitzung des Senats im Februar 2011 wurden Änderungen am Entwurf des Wirtschaftsnachhaltigkeitsgesetzes beschlossen, die zwei Modifikationen des RDL 14/2010 beinhalten. Zum einen sieht eine neu aufgenommene Regelung vor, dass künftige Änderungen, die die Regierung im Zusammenhang mit der Begrenzung der Betriebsstunden von Photovoltaikanlagen mit Tarifanrecht verabschieden sollte, ausschließlich Anlagen betreffen können, die noch nicht im Register zur Vorzuweisung der Einspeisevergütung eingetragen sind. Damit schafft der Gesetzgeber Rechtssicherheit für neu zu errichtende Anlagen. Die zweite Modifikation sieht eine Verlängerung der Vergütungsdauer der Anlagen unter RD 661/2007 von 25 auf 30 Jahre vor. Damit erhalten sie die attraktive Vergütung von derzeit rund 45 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) nunmehr fünf Jahre länger. Die zuletzt eingebrachten Änderungen scheinen den Bestandsschutz laufender Solaranlagen sogar zu stärken und die Gesamtrückflüsse der 661-Anlagen zu erhöhen. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die einzelnen Regelungen in die Praxis umgesetzt werden.
In einer weiteren Senatsdebatte wurden vor wenigen Tagen zudem weitere Nachbesserungen zu dem RDL 14/2010 beschlossen, die auf eine Aufhebung der im RDL 14/2010 formulierten Begrenzung der Produktionsstunden bestehender Anlagen abzielen.

Bildnachweis: Jan Kordisch ist Leiter Produktmanagement & Reporting der White Owl Capital AG mit Sitz in Berlin. / Quelle: Unternehmen.

ECOreporter.de: Ebendieser vorgesehene Deckel des spanischen Photovoltaikmarktes hat für massiven Protest von Seiten internationaler Investoren geführt. Wird die Produktionsstundenbegrenzung tatsächlich noch zu verhindern sein?

Kordisch: Nach unserer Auffassung ist nach wie vor offen, ob die Produktionsstunden begrenzt werden. Es gibt weiterhin Interventionen sowohl von Seiten einer institutionellen Investorengemeinschaft, die global ein Kapital in Höhe von 6 Milliarden Euro vertritt, als auch von einigen politischen Parteien. Spanien wäre gut beraten, sich an die allgemein gültige Spielregeln zu halten. Ansonsten droht ein massiver Vertrauensverlust.


ECOreporter.de: Inwiefern besteht generell weiterhin die Möglichkeit, dass die vorgesehenen Änderungen des RDL 14/2010 noch gekippt werden?

Kordisch: Innerhalb des spanischen Gesetzgebungsverfahrens bedürfen die vom Senat beschlossenen Änderungen des RDL 14/2010 der Bewilligung durch das Abgeordnetenhaus. Diese Abstimmung war zunächst für den 2. März 2011 vorgesehen, wurde allerdings auf Mitte März verschoben. Da zur Genehmigung dieser Änderungen eine absolute Mehrheit bei der Abstimmung erforderlich wäre und sowohl die sozialdemokratische Arbeiterpartei als auch die katalanisch bürgerlich-nationalistische Partei bereits angekündigt haben, gegen diese Änderungen zu stimmen, ist derzeit offen, wie die Abstimmung ausgeht und ob das RDL 14/2010 weiterhin in Kraft bleiben wird.
Sollte das Abgeordnetenhaus gegen diese Änderungen stimmen, ist davon auszugehen, dass von Investorenseite eine offizielle Beschwerde erhoben wird, wonach Spanien gegen die internationalen Beschlüsse des so genannten Energy Charter Treaty verstoße. Im Rahmen dieses Beschlusses haben die Unterzeichner, darunter Spanien, seinerzeit die rechtliche Stellung von Energie-Investments geregelt. Spanien wäre erst das zweite Land innerhalb der Europäischen Union, das sich in diesem Zusammenhang mit einer offiziellen Beschwerde konfrontiert sähe.


ECOreporter.de: Wie wirkt sich das RDL 14/2010 in seiner aktuellen Fassung auf Ihre Spanien-Solarfonds aus?

Kordisch: Angesichts des laufenden Gesetzgebungsverfahrens in Spanien können wir Auswirkungen auf Fonds unseres Hauses nicht kommentieren. Es scheint sich jedoch herauszukristallisieren, dass die nun beschlossenen Änderungen langfristig zu einem höheren Auszahlungsprofil führen können. So würde zum Beispiel die Verlängerung der Vergütungsdauer von ursprünglich 25 auf nunmehr 30 Jahre bei kapp 5 Megawatt Anlagenleistung (661/2007) rund 18 Millionen Euro mehr an Stromerträgen in die Kasse unseres ersten Fonds spülen. Über die Laufzeit betrachtet, müssen die Renditeprognosen also keineswegs nach unten angepasst werden, im Gegenteil. Der weit überwiegende Teil des WOC-Portfolios besteht aus Anlagen unter dem RD 1578/2008 und wäre nur marginal von den Änderungen des 14/2010 betroffen. Hier zahlt sich der hohe Diversifikationsgrad über mehrere Tarife und Königliche Dekrete sowie die konservativ gewählte Fremdfinanzierungshöhe aus.


ECOreporter.de: Wie beurteilen Sie die Situation für den WOC Nachhaltigkeitsfonds 02?


Kordisch: Der WOC Nachhaltigkeitsfonds 02 ist von diesen Änderungen nicht betroffen. Wegen der seit Anfang 2010 schwelenden Diskussion in Spanien hat der Fonds ausschließlich in Anlagen investiert, die nach dem Einspeisetarif RD 1578/2008 vergütet werden. Diese Vergütungssätze liegen etwa 40 Prozent unter denen des diskutierten Fördertarifs RD 661/2007. Die im RDL 14/2010 zugesagten Einspeisemengen liegen deutlich über denen unserer jeweiligen Ertragsgutachten. Nach einer ersten Prüfung der geplanten Änderungen sind für die Anleger des WOC Nachhaltigkeitsfonds 02 keine negativen Folgen zu erwarten.


ECOreporter.de: Wie reagieren Sie auf die neuen Regelungen in Spanien?

Kordisch: Als unmittelbare Auswirkung der möglichen Gesetzesänderungen ergeben sich für uns in Spanien momentan attraktive antizyklische Kaufgelegenheiten. Mit rund 2,65 Euro pro Wattpeak beobachten wir EPC-Preise nahezu auf dem deutschen Niveau von 2010. Von diesem Umfeld profitieren wir momentan und setzen den Investitionsprozess fort. Daneben sind wir aktuell auch in Frankreich und Italien aktiv. In Frankreich haben wir beispielsweise für den WOC Nachhaltigkeitsfonds 03 die südlichste Solaranlage des Landes auf der Mittelmeerinsel Korsika erworben.


ECOreporter.de: Auch in Frankreich soll die Photovoltaikstromvergütung über eine Deckelung des Marktes kurzfristig gekappt werden. Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung in Frankreich ein?

Kordisch: Wir begrüßen gesetzliche Anpassungen, die die tatsächlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Marktes berücksichtigen. Im Bereich Photovoltaik gehören ein sich änderndes Marktumfeld und variierende Spielregeln zum täglichen Geschäft. Professionelle Photovoltaikinvestoren müssen solche Entwicklungen adaptieren und bereits im Vorfeld auf diese Änderungsrisiken vorbereitet sein. Entscheidend ist, in einer solchen Situation über den entsprechenden Marktzugang zu verfügen. Sich verschärfende Rahmenbedingungen können wir bei der Akquisition der Werke auf Korsika nicht beobachten. Beim WOC Nachhaltigkeitsfonds 03 war der Einkauf mit dem 8-fachen der Jahreseinnahmen kalkuliert. Tatsächlich liegt der Einkaufspreisfaktor mit dem 7,1-Fachen der Jahreseinnahmen deutlich unter den kalkulierten Annahmen – ein Beleg dafür, dass Frankreich auch nach den gesetzlichen Neuregelungen weiterhin sehr attraktive Möglichkeiten bietet.


ECOreporter.de: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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