Erneuerbare Energie

Deutscher Klimaschutzplan steht – und zieht Kritik auf sich

Deutschland hat einen Klimaschutzplan 2050: Die Große Koalition konnte sich nach langen Diskussionen am heutigen Vormittag (14.11.) doch noch auf einen Entwurf verständigen. Diesen Klimaplan kann Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf dem Klimaschutzgipfel in Marrakesch vorlegen und damit andere Industriestaaten dazu anregen, nachzuziehen.  Vor allem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte die Einigung verzögert, weil er die Kritik von Wirtschaft und Gewerkschaften fürchtete.  Allerdings sind deutsche Umweltorganisationen alles andere als zufrieden mit der "schwammigen" Klimaschutz-Strategie der Bundesregierung, insbesondere was den Kohleausstieg betrifft.

Eine große Blamage beim Klimagipfel konnte zwar noch abgewendet werden, so die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Aber der Plan sei insgesamt zu wenig ambitioniert und nicht geeignet, die Klimaziele des Paris-Abkommens in Deutschland umzusetzen. Eine der größten Leerstellen des Plans sei, dass der notwendige Kohleausstieg nicht konkret benannt werde. "Der Klimaschutzplan handelt auch vom Kohleausstieg, nennt ihn aber nicht beim Namen. Ein konsequenter Ausstiegspfad, der den Aufbau neuer Perspektiven für Beschäftigte und betroffene Regionen ermöglichen würde, wird verweigert", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. Nicht nur eine Formulierung zum Ausstieg aus der Braunkohle fiel weg: Auch konkrete Vorgaben zum Abschied von Verbrennungsmotoren oder ölgefeuerten Heizungen verschwanden aus dem Klimaschutzplan-Entwurf.
Allerdings legt der Plan genau fest, wie viel einzelne Bereiche der Wirtschaft bis 2030 noch an klimaschädlichen Treibhausgasen ausstoßen dürfen: Insgesamt soll Deutschland bis 2050 mit 55 Prozent weniger Emissionen wirtschaften als 1990. Diese sogenannten Sektorziele sind laut Germanwatch der größte Fortschritt des Klimaschutzplans: "Sie sorgen für Planungssicherheit, etwa für die Industrie sowie den Wärme- und Landwirtschaftssektor. Und sie zwingen auch bisherige Problembereiche wie den Verkehrssektor zu eigenen Dekarbonisierungs-Strategien", hieß es. Der Bereich Verkehr darf laut Entwurf bis 2030 nur noch 40 Prozent weniger emittieren als zuletzt. Die Energiewirtschaft soll ihre Emissionen hallbieren. Industrie und Gewerkschaften geht das zu weit: Sie lehnen die Sektorziele ab.

Bundesregierung rudert bei Kohlekraftwerken zurück

Kohlendioxid (CO2) aus fossilen Brennstoffen wie Kohle ist eine der Hauptursachen für den Klimawandel. Zwar ist der weltweite Ausstoß an CO2 aus fossilen Brennstoffen das dritte Jahr in Folge kaum gestiegen, wie ein aktueller Bericht des Forschungsverbunds "Global Carbon Project" zeigt. Für Jubel sei es aber noch zu früh, weil nicht sicher ist, ob der Trend anhält. Die Stabilisierung ist den Forschern zufolge vor allem einem geringeren Kohleverbrauch in China zu verdanken. Die Bundesregierung hielt sich mit dem verschärften deutschen Klimaschutzplan ein Hintertürchen offen: Eine enthaltene Absage an neue Tagebaue und Kohlekraftwerke wurde aus dem Entwurf gestrichen. 

Auch das gesetzte Langfristziel für 2050 ist laut Germanwatch widersprüchlich: "Einerseits wird mit gutem Grund für die EU ein Emissionsziel von 95 Prozent unter dem Niveau von 1990 verlangt. Für Deutschland aber, das wegen seiner überdurchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen und der starken Wirtschaftskraft ambitionierter vorgehen müsste, deutet man nur in der Präambel die Bereitschaft an, über die alte Bandbreite von 80 bis 95 Prozent hinauszugehen." Das stärke die Illusion bei manchen CO2-Emittenten, dass sie im Großen und Ganzen so weitermachen können wie bisher, so Geschäftsführer Bals.
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