Anleihen / AIF

Der Zweitmarkt – ein rentabler Weg zum vorzeitigen Ausstieg aus geschlossenen Fonds?

Gehandelt werden die Fonds „aus zweiter Hand“ unter anderem an den Handelsplätzen der Hamburger Zweitmarkt AG und der Fondsbörse Deutschland, der Handelsplattform der Börsen Hamburg, Hannover und München. Den Großteil des Transaktionsvolumens an der Fondsbörse Deutschland machen institutionelle Investoren aus. Inzwischen sind jedoch mehr als 80 Prozent der aktiven Käufer und Verkäufer Privatanleger. „Das ist eine Entwicklung, die wir seit 2008 beobachtet haben“, sagt Alex Gadeberg, Vorstand der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG. Am Handelsplatz der Deutschen Zweitmarkt AG halten sich private und institutionelle Anleger nach eigenen Angaben derzeit noch knapp die Waage. 47 Prozent Privatanlegern stehen dort 53 Prozent institutionelle Investoren gegenüber.


Bildnachweis: Alex Gadeberg, Vorstand der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG. / Quelle Unternehmen

Viele der Privatanleger beauftragen ihren Finanzberater mit dem Verkauf oder wenden sich selbst direkt an die Zweitmarktplattformen, erklärt Alex Gadeberg von der Fondsbörse Deutschland. Dabei handele es sich in der Regel um Fonds, die vor mindestens anderthalb Jahren auf den Erstmarkt gekommen sind. Der Gesamtanteil der Erneuerbare-Energien-Fonds am Zweitmarkt sei bislang allerdings verschwindend gering, berichten beide Vorstände übereinstimmend. In den vergangenen drei Jahren wechsellten nach Angaben der deutschen Zweitmarktbörse ganze 36 Fondsanteile zu Errneuerbare-Energie-Projekten an ihren Handelsplätzen den Besitzer. „Den Löwenanteil der gehandelten Anteile machen Immobilien- und Schiffsbeteiligungen aus“, sagt er.

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Deutsche Zweitmarkt AG. Hier waren es in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 35 Anteile dieser Assetklasse, die zu einem Nominalvolumen von 970.000 Euro gehandelt wurden, wie Björn Meschkat, Vorstand der Deutschen Zweitmarkt AG auf Anfrage von ECOreporter.de erklärt. „Der Zweitmarkthandel mit Anteilen an Erneuerbaren Energienfonds ist in 2010 rückläufig. Die Beteiligungsgrößen im Erstmarkt sind häufig sehr kleinteilig – also kleiner als 10.000 Euro - so dass sich je nach Marktpreis und Abzug der jeweiligen Gebühren ein Verkauf nicht lohnt“, begründet Meschkat. Inwiefern ein Verkauf Sinn mache, sei Bestandteil jeder Einzelfallprüfung der Deutschen Zweitmarkt AG. „Wir empfehlen den Kommanditisten sich auch steuerlich beraten zu lassen“, so Meschkat weiter. Es gebe derzeit ohnehin in Deutschland nur zwei institutionelle Aufkäufer von Anteilen an geschlossenen Erneuerbare-Energien-Fonds. Viele Privatanleger zeigten zwar Interesse an Regenerativen Fonds im Zweitmarkt, der relativ hohe Bewertungsaufwand schrecke jedoch häufig ab.

Bildnachweis: Björn Meschkat, Vorstand der Deutschen Zweitmarktbörse AG. / Quelle: Unternehmen

„Second-Hand-Fonds“ erzielen Preise zwischen 54 und 145 Prozent
„Der Preis, den Verkäufer für ihre Anteile am Zweitmarkt erzielen können ist stark marktabhängig“, sagt Gadeberg. Wurde ein Fonds in der Vergangenheit schon am Zweitmarkt gehandelt, gibt die Fondsbörse den jüngsten dabei erzielten Kurs als Richtwert an. „Allerdings führen wir keine Beratung durch“, betont Gadeberg. Dazu sei schon die Ausgangslage der einzelnen Verkäufer viel zu individuell, führt er an. Bei der Anteilsbewertung stützt sich die Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG auf ein hauseigenes Analyseteam, das dabei den Nettobarwert der zukünftigen Auszahlungen berechnet. Die Zweitmarktpreise werden in Prozent vom Nennwert der Anteile angegeben. Über die eingehenden Gebote für ihre Anteile werden die Anbieter täglich online auf den Laufenden gehalten.

Die Verkäufer der 36 Anteile aus dem Bereich regenerative Energien erzielten an den Handelsplätzen der Börsen München, Hannover und Hamburg nach Angaben der Fondsbörse Deutschland an der Handelsplattform der Börsen Hamburg, Hannover und München im Schnitt 54 Prozent des ursprünglichen Nennwertes. Es ist jedoch durchaus möglich, dass die Fonds am Zweitmarkt ihren ursprünglichen Marktwerkt übertreffen. Der durchschnittliche Ankaufspreis für die Erneuerbare-Energien-Zweitmarktfondsanteile der Ökorenta Finanz AG liegt nach eigenen Angaben bei 67,5 Prozent. Allerdings habe das Unternehmen in Einzelfällen nach eigenen Angaben bis zu 145 Prozent bezahlt. „Es gibt Windfonds, die so gut laufen, dass sie solche Preise rechtfertigen“, sagt Ingo Löchte vom Ökorenta-Vorstand. Bei jeder Kaufentscheidung stützt sich der Initiator und Fondsvertrieb ebenfalls auf eine detaillierte Analyse der Fondshistorie. Daraus wird eine neue Ertragsprognose errechnet, die bisherige Kosten und Erträge berücksichtigt. Das Berechnungssystem dazu haben die Analysten des Hauses selbst entwickelt.
94 Prozent der Erneuerbare-Energien-Beteiligungen am Zweitmarkt sind Windfonds
Die Ökorenta AG legt seit fünf Jahren Zweitmarktfonds zu Erneuerbare-Energien-Beteiligungen aus zweiter Hand auf. Der aktuelle Fonds Ökorenta Erneuerbare Energien 4 hat seinen Anlageschwerpunkt wie seine Vorgänger im Bereich Windenergie. Er ist derzeit zu 85 Prozent platziert. Den Anlegern des Fonds werden über die 14 Jährige Laufzeit ansteigende Renditen von 2 bis auf 32 Prozent pro Jahr in Aussicht gestellt. „Weil Windkraft im Vergleich zu Solar- und Bioenergie die älteste Assetklasse mit geschlossenen Fonds ist, sind 94 Prozent aller Fondsanteile, die wir am Zweitmarkt erworben haben, Windfonds. Es folgen Biogasfonds mit 6 und Solarfonds mit 1 Prozent“, sagt Löchte. Ökorenta sei aktuell der einzig nennenswerte Aufkäufer von Anteilen an geschlossenen Erneuerbaren-Energien-Fonds in Deutschland.

Bildnachweis: Ingo Löchte, Vorstand der Ökorenta Finanz AG. / Quelle: Unternehmen.

Aber nicht jeder ist Fonds am Zweitmarkt handelbar. Problematisch sind Anteile, deren Verkauf an zu viele oder zu komplexe rechtliche Rahmenbedingungen geknüpft ist. „Es gibt beispielsweise geschlossene Fonds, bei denen im Falle eines einzelnen Anteilsverkaufs alle übrigen Anteilseigner dem Verkauf zustimmen müssen“, erläutert Gadeberg. Wer glaube, seine Fondsanteile unmittelbar nach der Auftragserteilung am Zweitmarkt schnell zu Geld machen zu können, liege falsch. „Wir teilen den jeweiligen Verkäufern mit, dass es vier bis sechs Wochen dauern kann, bis das Geld nach der Vermittlung auf ihr Konto gebucht wird.“ Grund dafür sei der große bürokratische Aufwand, der nach dem Verkauf betrieben werden müsse, um beispielsweise die notwendigen Unterschriften von allen im Handel involvierten Parteien zu bekommen, führt Gadeberg aus. „Die Abwicklung eines gehandelten Anteils dauert in dieser Assetklasse derzeit leider noch bis zu drei Monate, da die Treuhänder organisatorisch noch nicht auf Zweitmarkt eingestellt sind“, weiß Meschkat.
Großes Zweitmarkt-Potenzial für Erneuerbare Energien – Solarfonds im Vorteil
Gadeberg geht davon aus, dass der Sektor Erneuerbare Energien in den kommenden Jahren auch am Zweitmarkt an Bedeutung gewinnen wird. „Es handelt sich aus unserer Sicht um ein sehr junges Marktsegment, das für die Zukunft allerdings großes Potenzial hat“, schätzt er. Schließlich seien zahlreiche Solarfonds erst in den vergangenen drei Jahren platziert worden. „Das Angebot am Erstmarkt in diesem Bereich ist inzwischen wirklich breit. In zwei bis drei Jahren werden auch unsere Zahlen sicher entsprechend anders aussehen“, blickt Gadeberg voraus.

„Wir sind der Auffassung, dass ein sinnvoller Zweitmarkthandel erst ab dem fünften Jahr nach Erstemission stattfinden kann“, sagt Meschkat. Auch aus seiner Sicht ist der Großteil der Biogas- und Solarfonds schlicht noch zu jung für den Zweitmarkt. „Bei etlichen Windfonds liegt die Performance durch schlechte Windjahre unter der Prognose im Fondsprospekt. Solarfonds sind aufgrund der staatlichen Förderung und damit festen Einnahmesituation attraktiver als Windfonds“, so Meschkat weiter. Jedoch hänge der Trend stark davon ab, ob die prognostizierte Einspeisung gehalten werden könne und die Technik den Anforderungen stand halte.
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