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Der Preis ist heiß – was ist alternative Stromerzeugung wert?
Die vier Übertragungsnetzbetreiber haben heute die EEG-Umlage für das Jahr 2011 veröffentlicht. Im nächsten Jahr wird diese demnach von 2,05 Cent je Kilowattstunde im laufenden Jahr auf 3,53 Cent ansteigen. Dieser Anstieg um rund 70 Prozent hat ein großes Rauschen im Blätterwald der Medien ausgelöst. Von explodierenden Kosten ist die Rede, von einem massiven Anstieg des Strompreises. Darin steckt jedoch viel heiße Luft.
Die EEG-Umlage ist der Beitrag für den Ausbau von Ökostrom, den die Stromnutzer entrichten. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verpflichtet die Stromversorger, alternativen Strom zu festen Tarifen abzunehmen. Mit der Höhe der Tarife legt der Gesetzgeber dabei das Ausmaß fest, in welchem Umfang der jeweilige Sektor Unterstützung bedarf. So liegen die Werte für Strom aus Offshore-Windkraft höher als aus Windparks an Land, damit Investoren mehr Anreiz haben, in solche deutlich riskanteren Projekte zu investieren. Da die Versorgungsunternehmen beim Handel mit Strom nicht annähernd so hohe Preise erzielen, werden ihre Aufwendungen für Ökostrom durch die EEG-Umlage kompensiert. Auf diese Weise zahlen die Stromkunden dafür, dass immer mehr des verbrauchten Stromes auf klimaschonende Weise erzeugt wird. Bei der bisherigen Umlage von rund 2 Cent pro Kilowattstunde zahlen die Verbraucher pro Haushalt etwa 6 Euro pro Monat. An den typischen Ausgaben eines Haushaltes, dem statistischen Warenkorb, macht das 0,2 Prozent aus. Laut dem Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erhöht sich durch den Anstieg der EEG-Umlage im kommenden Jahr für einen Drei-Personen-Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh die monatliche Belastung auf 10,30 Euro. Zum Vergleich: Eine Kinokarte kostet oft mehr.
Vor allem der enorme Zubau insbesondere bei den Solaranlagen hat das Grünstromaufkommen in diesem Jahr stark erhöht und damit zu der Erhöhung der EEG-Umlage geführt. Dieser Zubau auf ein Rekordniveau wurde durch die im Sommer eingeführte Kappung der Solarstromtarife ausgelöst. Wer ein Photovotaik-Projekt erwog, hat sich mit der Umsetzung beeilt, um noch Anspruch auf die bisherigen Einspeisetarife zu haben. Niemand erwartet für das kommende Jahr einen weiteren Zuwachs in dieser Größenordnung. Im Gegenteil: nach diesem Vorzieheffekt dürfte der Zubau bei der deutschen Photovoltaik 2011 deutlich geringer ausfallen, maximal stagnieren.

Vor allem die Kosten für den Ausbau der Photovoltaik werden kritisiert: Solaranlage in Gescher. / Quelle: Colexon
Angesichts dieser Fakten verwundert das Erstaunen über den Anstieg der EEG-Umlage, das heute viele Medienberichte kennzeichnet. "Der dringend notwendige Umbau unserer Stromversorgung ist nicht zum Nulltarif zu haben“, stellt dazu Hermann Albers fest, Präsident des Bundesverbands WindEnergie. „Erneuerbarer Strom ist Qualitätsstrom, denn Erneuerbare Energien lösen keine externen Umweltkosten wie die fossile und nukleare Konkurrenz aus. Klimaschutz hat seinen Preis," so Albers weiter. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist ein gut funktionierendes und kostengünstiges Förderinstrument, dass im internationalen Vergleich sehr gut abschneidet“, erklärt Dr. Stefan Lechtenböhmer, Leiter der Forschungsgruppe Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen am Wuppertal Institut. „Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist nicht ohne Anfangsinvestitionen machbar, er verringert aber die mit fossilen und nuklearen Kraftwerken verbundenen Umwelt- und Klimaschäden und senkt die Technologiekosten.“ Das Institut hat Kosten und Nutzen des Ausbaus alternativen Energien untersucht. Per

Der Bundesverband Solarwirtschaft verteidigt die Unterstützung der deutschen Photovoltaik durch das EEG. Allein seit 2006 seien die Preise für Solarstrom um 40 Prozent gesunken. Bereits in drei Jahren könne er das Preisniveau der herkömmlichen Verbraucherstromtarife erreichen. Aktuell gehe es darum, eine effiziente und nachhaltige Markteinführung der Photovoltaik sicherzustellen, die bereits getätigten und die noch erforderlichen Milliardeninvestitionen in diese Zukunftsbranche abzusichern. "Die deutsche PV-Branche hat ihre Anstrengungen bei der Kostenreduktion durch erhebliche Investitionen in die Effizienzsteigerung der Produktion sowie in Forschung und Entwicklung intensiviert“, sagt Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft(BSW-Solar). Die ersten konkreten positiven Effekte der Erneuerbaren Energien seien bereits spürbar: So sorge Photovoltaik für Beschäftigung, Einkommen und Steuereinnahmen für die kommunalen Kassen. Nach einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) erwirtschafte die Installation und der Betrieb von Photovoltaik-Anlagen in diesem Jahr 5,8 Milliarden Euro. Das sei mehr als die Hälfte der gesamten kommunalen Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien. Diese beziffert der BSW Solar mit 10,5 Milliarden Euro. Auch 2011 werde Solarstrom mit 3,9 Milliarden Euro den Großteil der gesamten Wertschöpfung von voraussichtlich 8,9 Milliarden Euro beisteuern.

Was in der Debatte über die EEG-Umlage ebenfalls völlig untergeht, ist der Umstand, dass ihr Anteil am Strompreis insgesamt sehr gering ist. 2009 betrug er lediglich rund fünf Prozent. Dagegen betrug zum Beispiel das Entgelt für den Transport und die Verteilung der Energie 24 Prozent. Mit 37 Prozent entfällt der Löwenanteil des Strompreises auf die Stromlieferung, dieser Kostenanteil enthält unter anderem auch den Gewinn des liefernden Energieversorgers. Ein Blick in die Bilanzen zeigt, dass die Gewinne von RWE, E.on und Co. in den letzten Jahren sehr üppig waren. Selbst der Anteil der Konzessionsabgabe, also des Entgelts für die Einräumung von Wegerechten durch die Kommunen, lag 2009 mit rund acht Prozent deutlich über dem der EEG-Umlage. Angesichts dieser Faktoren erscheint es verfehlt, den Ausbau der Erneuerbaren Energien für einen Anstieg des Strompreises verantwortlich zu machen. Zumal kaum ein Faktor so transparent ist wie die EEG-Umlage. „Im Gegensatz zu Kohle- und Atomstrom sind die Kosten für Erneuerbare Energien für jeden auf der Stromrechnung sichtbar“, betont daher auch Jörg Mayer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien.
86 Prozent der Bundesbürger halten es für wichtig bis sehr wichtig, dass Deutschland seine Stromversorgung vollständig auf Erneuerbare Energien umstellt. Die Hälfte der Haushalte ist bereit, dafür deutlich mehr Geld auszugeben als bisher. Das hat laut der Umweltorganisation Greenpeace eine von ihr in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts tns-emnid ergeben. 50 Prozent der Deutschen wären laut der Untersuchung auch bereit, für einige Jahre monatliche Mehrkosten von 10 Euro pro Haushalt für den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu tragen. „Die Bereitschaft für Erneuerbare Energien auch Mehrkosten zu tragen ist hoch. Das hat uns positiv überrascht“, sagt dazu Andree Böhling, Energieexperte von Greenpeace. „Dabei wissen viele Menschen gar nicht, dass sie für die Nutzung von Kohle- und Atomstrom deutlich mehr zahlen müssen!“
Laut einer in dieser Woche ebenfalls von Greenpeace veröffentlichten Studie wird jede Kilowattstunde Atomstrom durch staatliche Regelungen mit 4,3 Cent subventioniert. Das hat im Auftrag der Umweltschützer das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft ermittelt. Diese Förderung sei mehr als doppelt so hoch wie die aktuelle Förderung der Erneuerbaren Energien über das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG). "Atomkraft ist nicht nur die gefährlichste, sondern auch die teuerste Form der Stromerzeugung", unterstreicht Andree Böhling. "Die Bundesbürger werden von den Betreibern der Atomkraftwerke gleich doppelt abkassiert, über die Stromrechnung und über ihre gezahlten Steuern."
Nach Angaben der Bundesregierung sollen bis 2010 rund 200 Millionen Euro Subventionen in die Atomkraft geflossen sein. Das geht aus ihren Subventionsberichten hervor. Dem widerspricht Greenpeace energisch, man habe das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft nachrechnen lassen. Das Ergebnis: Es sind mindestens 204 Milliarden. Plus 100 Milliarden bis zum Ausstieg - ohne Laufzeitverlängerung. Greenpeace erklärt die enorme Differenz damit, dass die Bundesregierung bei den Atomsubventionen lediglich Kompensationen für Land- und Forstwirtschaft nach der Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl erfasst. Dabei sei die Nutzung der Atomenergie von 1950 bis 2010 in Deutschland mit mindestens 204 Milliarden Euro an staatlichen Fördermitteln unterstützt worden.
Die 204 Milliarden Euro setzen sich der Umweltschutzorganisation zufolge aus direkten Finanzhilfen des Bundes wie Forschungsförderung, Kosten für die Atommüllendlager Asse II und Morsleben oder die Stilllegung der ostdeutschen Atommeiler zusammen. Hinzu kommen Steuervergünstigungen in der Energiebesteuerung und durch die Regelungen bei den Entsorgungsrückstellungen sowie Zusatzeinnahmen der AKW-Betreiber durch den Emissionshandel.
Weitere 100 Milliarden Euro kommen künftig auch ohne die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke noch hinzu, so Greenpeace weiter. Die maroden Atommülllager Asse und Morsleben müssten saniert werden, Stilllegung, Rückbau und Entsorgung der Atomkraftwerke würden fällig. Was hier tatsächlich auf die Bürger zukomme, sei noch kaum zu beziffern.
Bildhinweis: Windpark vor dem Kohlekraftwerk bei Grevenbroich. / Quelle: NEC Micon