Erneuerbare Energie

Der deutsche Windmarkt wächst – aber nicht mehr lange?

Die deutsche Windkraftleistung an Land ist von Januar bis Juni 2017 um 5 Prozent gewachsen. Das melden der Bundesverband Windenergie e.V. (BWE) und der Maschinenbauer-Verband VDMA Power Systems. Sie stellten jetzt Marktzahlen vor, die die Deutsche WindGuard erhoben hat. Die Verbände warnen davor, dass der deutsche Windmarkt bald deutlich an Dynamik verlieren könnte. Das bedrohe die bislang starke deutsche Windkraftbranche.


Laut dem vorgelegten Report verfügte Deutschland zur Jahresmitte über eine Windkraftleistung an Land von insgesamt 48.024 MW. Diese stammte von 27.914 Windkraftanlagen. Davon wurden im ersten Halbjahr 2017 790 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 2.281 MW neu errichtet. Dies entspricht einem Zuwachs von 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Zwar wurden 146 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 167 MW im selben Zeitraum abgebaut. An ihre Stelle traten jedoch durch Repowering – also das Ersetzen alter durch neue und leistungsstärkere Anlagen – Windräder mit zusammen 450 MW.

Dem Report zufolge entfiel ein Anteil von 20 Prozent des Brutto-Leistungszubaus auf Repowering-Projekte. Unter dem Strich erreichte Deutschland einen Zubau von 644 Windenergieanlagen mit 2.114 MW im ersten Halbjahr 2017.

Wenige Bundesländer stemmen die Hauptlast des Windkraftausbaus

Nur vier der 13 deutschen Bundesländer, die keine Stadtstaaten sind, erreichten im ersten Halbjahr einen Zubau von über 200 MW. An der Spitze lag Niedersachsen mit 577 MW und damit einem Viertel des Gesamtzubaus. An zweiter Stelle folgte mit 314 MW bzw. mit knapp 14 Prozent des Gesamtzubaus Nordrhein-Westfalen, vor Brandenburg mit 238 MW bzw. mit etwas über 10 Prozent auf dem dritten Rang. Knapp 10 Prozent erreichte Schleswig-Holstein mit 218 MW.

Im regionalen Vergleich des Zubaus entfallen auf die Bundesländer im Norden 40 Prozent, in der Mitte 38 Prozent und im Süden 22 Prozent des Brutto-Zubaus. Was die bislang insgesamt aufgebaute Windkraftleistung angeht, so liegt hier ebenfalls Niedersachsen vorne, mit kulminiert 9.855 MW. Es folgen auf Rang 2 und Rang 3 Schleswig-Holstein mit 6.630 MW und Brandenburg mit 6.531 MW.

Zukunft des Windkraftausbaus an Land unsicher

Für das Gesamtjahr 2017 erwarten VDMA Power Systems und Bundesverband WindEnergie (BWE) einen Zubau von insgesamt rund 5.000 MW für Windenergie an Land. Er würde damit den Vorjahreswert von rund 3.536 MW deutlich übertreffen.

Wie es danach weitergeht, ist laut den Verbänden jedoch unsicher. Dies erklären sie mit den Folgen der Umstellung der deutschen Windkraftförderung. Denn die Große Koalition hat den Ausstieg aus den festen Einspeisetarifen für Windstrom, wie sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über viele Jahre garantierte, entschieden. Stattdessen sollen Windkraft-Auktionen festlegen, welche Projekte welchen Preis für Windstrom beanspruchen können.  

Im Mai 2017 war die erste Ausschreibungsrunde für Windenergie an Land durchgeführt worden. Von 256 Geboten mit einer Gesamtleistung von 2.137 MW haben hierbei nur 70 Gebote mit 807 MW einen Zuschlag erhalten. 65 Zuschläge bzw. 96 Prozent der bezuschlagten Leistung entfielen hierbei auf Bürgerwindgesellschaften. Diese konnten sich ohne eine Bau- und Betriebsgenehmigung am Ausschreibungsverfahren beteiligen.

Dieser Erfolg der bevorzugten Bürgerwindgesellschaften alarmiert BWE und VDMA. "Aufgrund des großen Anteils von noch nicht genehmigten Projekten in der ersten Ausschreibungsrunde und den daraus folgenden Realisierungsrisiken ist eine seriöse Zubauprognose für die kommenden Jahre kaum möglich", stellen sie dazu fest. Sollten weitere Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land erneut von Projekten ohne Bau- und Betriebsgenehmigung dominiert werden, sei demnächst "mit einem deutlichen Einbruch der Ausbauzahlen" zu rechnen. Den Unternehmen der Windkraftbranche gehe damit "die für Industrieunternehmen unerlässliche Planungssicherheit verloren", kritisieren die Verbände.

Andreas von Bobart, Stellvertretender Vorsitzender VDMA Power Systems, erläutert: "Unsere im Juli 2016 formulierte Erwartung, dass der Zubau 2018 bereits stark aus den Zuschlägen der Ausschreibungen in 2017 geprägt sein wird, müssen wir angesichts der Ausschreibungsergebnisse korrigieren. Schon jetzt sehen wir einen Rückgang der Anlagenbestellungen für die kommenden Jahre. Der Gesetzgeber hat bereits etwas nachgesteuert und für die ersten Ausschreibungen in 2018 grundsätzlich Genehmigungen als Gebotsvoraussetzung verlangt. Das ist richtig, wirkt aber zu spät und muss sehr schnell dauerhaft festgeschrieben werden. Außerdem müssen nicht realisierte Volumen erneut zur Ausschreibung kommen, um auf dem Ausbaupfad zu bleiben."

Hermann Albers, Präsident des BWE, ergänzt: "Deutschland ist durch seinen innovationsstarken Heimatmarkt in vielen Bereichen Weltmarktführer. Dies lässt sich nur aufrechterhalten, wenn die Energiepolitik von Stabilität und Kontinuität geprägt ist. Nachdem alle Marktakteure ihren Beitrag zur Transformation der Energiewirtschaft leisten, darf die Politik nicht bremsend eingreifen."

Die zweite Ausschreibungsrunde für Windenergie an Land findet im August 2017 statt.  Mehr darüber und weitere Hintergründe erfahren Sie in unserem Beitrag vom 25. Juli.
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