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„Der aktuelle Entwurf zur EEG-Reform stellt Weichen in die falsche Richtung“ – Cerstin Kratzsch, Energiekontor AG

Windkraftprojektierer wie die börsennotierte Energiekontor AG aus Bremen müssen sich sowohl in Deutschland als auch in der EU auf neue Regeln einstellen. Was bedeutet das für die Anleger? Wird Deutschlands Energiewende mit den geplanten Neuregelungen befördert oder gebremst? Was hat die Pleite von Prokon im Geldanlagesegment Windkraft verändert und was unterscheidet die Beteiligungsangebote der Energiekontor AG von anderen Investments? Diese und weitere Fragen beantwortet Unternehmenssprecherin Cerstin Kratzsch im ECOreporter.de Interview.

Die Energiekontor AG ist Aussteller und Sponsor der Messe Grünes Geld am kommenden Samstag, 10. Mai, in  Freiburg. Bei freiem Eintritt können sich die Besucher im Historischen Kaufhaus am Münsterplatz einen Überblick über aktuelle Trends, Neuerungen und Angebote am Markt der nachhaltigen Investments schaffen. Die Messe Grünes Geld richtet sich sowohl an Finanzprofis als auch an Neueinsteiger.  Abgerundet wird die Veranstaltung durch eine Podiumsdiskussion zum Thema „Grün oder grün gewaschen? Sicher oder riskant? Wie Sie nachhaltige Geldanlagen beurteilen können“ und einem umfangreichen Vortragsprogramm rund um „grüne“ Investments. Mehr dazu erfahren Sie  hier.

ECOreporter.de:  Wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Debatte um die Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG)? Bringen die Reformpläne die Energiewende voran?
Cerstin Kratzsch:  Grundsätzlich ist die Weiterentwicklung des EEG notwendig, um den steigenden Anteil der erneuerbaren Energien weiter in das Netz zu integrieren. Immerhin ist bis zum Jahr 2025 ein Anteil der erneuerbaren Energien von 40 bis 45 Prozent vorgesehen, also nahezu eine Verdopplung des heutigen Standes. Die im aktuellen Entwurf vorgesehenen kurzfristig zu erwartenden Auswirkungen sind ein Einschnitt in die Branche. Sie werden jedoch aufgefangen werden können. Deutlich dramatischer - vor allem für Bürgeranlagen - ist die vorgeschriebene Verpflichtung zur Direktvermarktung. Auch der angedachte Systemwechsel in Richtung Ausschreibungsmodell, erscheint strategisch nicht zielführend. Hier werden die Weichen in die falsche Richtung gestellt. In anderen europäischen Ländern, die dieses Modell praktizieren, hat sich der Ausbau von regenerativ erzeugtem Strom damit eher verlangsamt.
Bildnachweis: Cerstin Kratzsch ist 46 Jahre alt. Bei dem Bremer Windkraftprojektierer Energiekontor AG ist die Diplom-Ökonomin Pressesprecherin./ Quelle: Unternehmen

ECOreporter.de: Auf Betreiben der bayrischen und der sächsischen Landesregierung sollen die Bundesländer künftig selbst entscheiden, wie groß der Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung sein muss. Beide sind für die 10H-Regel, die einen Mindestabstand von zwei Kilometern oder mehr vorsieht. Gefährdet das den Ausbau der Windenergie in Deutschland und das Geschäftsmodell der Energiekontor AG?
Kratzsch:  Verschiedene Abstandsregelungen waren in der Vergangenheit in der Diskussion. Grundsätzlich müssen natürlich die Bedürfnisse der Anwohner berücksichtigt werden, dieses geschieht im Rahmen der Planungsverfahren in der Regel über die Einhaltung von Lärmwerten. Je nach Anlagengröße und –typ sind hier dann oft Abstände von rund 500 bis 700 Metern ausreichend, um die entsprechenden Werte einzuhalten. Abstände von zwei Kilometern würden etliche unserer und auch Planungen von anderen Marktteilnehmern gefährden. Je nach Besiedelungsdichte einer Region wären Projekte überhaupt nicht mehr umsetzbar.

ECOreporter.de: Nach dem Willen der Bundesregierung soll Strom aus regenerativen Quellen ab 2017 verstärkt direkt vermarktet werden. Was bedeutet das generell und im Speziellen für Energiekontor und Ihre Anleger?

Kratzsch:  Bereits heute vermarkten wir alle unsere Anlagen im Rahmen der Direktvermarktung. Wir sehen hier für uns zukünftig keine Probleme. Problematisch sehen wir das Thema eher für kleine Betreiber. Hier wird der Verwaltungsaufwand im Rahmen des Betriebes deutlich steigen. Für kleinere Betreiber droht sich der laufende Aufwand für eine privat betriebene Anlage ins Unwirtschaftliche zu wenden.

ECOreporter.de: Die EU-Kommission hat Richtlinien verabschiedet,  die die Ausschreibungen von Windkraftprojekten verändern. Bedeutet dies eine Veränderung zum Guten oder zum Schlechten für international tätige Windkraftunternehmen wie Energiekontor?

Kratzsch:  Der Erfolg eines solchen Modells scheint vor dem Hintergrund der bisher in Europa gemachten Erfahrungen eher zweifelhaft. Viele Marktteilnehmer versuchen im Rahmen von Ausschreibungen erst einmal Lizenzen zu ersteigern, auch wenn zu den gebotenen Tarifen eine Projektumsetzung wirtschaftlich gar nicht möglich ist. Die Folge ist dann häufig ein kompletter Umsetzungsstopp und nicht nur die durch das Ausschreibungsverfahren intendierte Verlangsamung des weiteren Marktwachstums. Deshalb wird es entscheidend darauf ankommen, wie die Ausschreibungsmodelle konkret ausgestaltet sein werden.
Möglicherweise sind sogenannte PPAs – also direkte Stromabnahmeverträge mit industriellen Endabnehmern – eine Möglichkeit, um derartige Ausschreibungsrisiken zu umgehen. Im Gegensatz zu Großbritannien, wo diese PPAs Gang und Gäbe sind, muss sich der Markt für PPAs in Deutschland allerdings erst entwickeln.

ECOreporter.de: Wie hat die spektakuläre Pleite von Prokon auf das Tagesgeschäft von Energiekontor ausgewirkt? Sind die Anleger jetzt misstrauischer gegenüber der Windkraft als Geldanlage?

Kratzsch:  Die Zahlungsschwierigkeiten von Prokon kamen leider nicht überraschend. Wir waren allerdings überrascht, wie wenige unserer Investoren sich in der kritischen Phase bei uns gemeldet haben und hoffen, dass wir hier im Vorfeld deutliche Überzeugungsarbeit geleistet haben, und das auf verschiedenen Ebenen.

ECOreporter.de: Wie unterscheidet sich das Geschäftsmodell der Energiekontor AG von dem von Prokon?
Kratzsch:  Zum einen ist die Energiekontor als börsennotierte AG allein durch die Veröffentlichungspflichten und die entsprechenden Prüfungen unter anderem durch Wirtschaftsprüfer transparent. Zum anderen haben wir mit unseren Stufenzinsanleihen ein ganz anderes Beteiligungsmodell etabliert. Hier beteiligen sich Investoren nicht an einem Blindpool [Das bedeutet: Anleger investieren noch bevor endgültig festgelegt ist, in welchen Investitionsobjekten ihr Geld tatsächlich angelegt werden wird – Anm. d. Redaktion], sondern im Hintergrund dienen konkrete Windparks als Besicherungsgrundlage. Diese ansonsten schuldenfreien Windparks werden rechtlich unabhängig von der Energiekontor-Gruppe betrieben und stellen damit eine konkrete Absicherung dar.
Bildnachweis: Windparl von Energiekontor in Beckum./ Quelle: Unternehmen


ECOreporter.de: Wie funktioniert das Geschäftsmodell der Energiekontor AG?

Kratzsch:  Die Unternehmensstrategie von Energiekontor basiert auf drei Säulen: der Projektentwicklung in ausgewählten Ländermärkten und Schwerpunktregionen, dem Betrieb konzerneigener Windparks (Eigenbestand) und der Optimierung der Wertschöpfung durch Betriebsführung, Effizienzsteigerung und Innovation.  Im Zentrum steht dabei die Planung von Wind- und Solarprojekten. Diese werden nach Genehmigung wahlweise in den eigenen Bestand übernommen oder an externe Investoren veräußert. Insgesamt hat die Energiekontor-Gruppe bisher Projekte mit einer Kapazität von rund 700 Megawatt (MW) geplant, im Eigenbestand befinden sich aktuell Windkraftanlagen mit einer Leistung von über 215 MW in Deutschland, Portugal und Großbritannien.
Durch den Verkauf des generierten Stroms sichert dieser Eigenbestand der Energiekontor AG stetige Erträge. Diese kontinuierlichen Erträge gleichen nicht nur mögliche Schwankungen aus dem volatilen Projektgeschäft aus, sondern sie schaffen auch ein Liquiditätspolster zur Abdeckung der laufenden Kosten. Andererseits stützt die Projektentwicklung wiederum das Eigenpark-Segment, da die Projektentwicklung werthaltige Projekte generiert, die auf Dauer im eigenen Bestand betrieben werden können.
Eine ähnliche Wechselwirkung gibt es zwischen dem Betrieb der konzerneigenen Windparks und der Optimierung der Wertschöpfung durch Betriebsführung und Effizienzsteigerung im Rahmen der Betriebsentwicklung.  Zur Steigerung der Effizienz  hat die Energiekontor-Gruppe zum Beispiel die Rotorblätter verlängert oder Maßnahmen zur vorbeugenden Instandhaltung  entwickelt. Solche Dinge können in den konzerneigenen Anlagen getestet und danach auch gewinnbringend eingesetzt werden. Die somit innerhalb der Unternehmensgruppe gewonnenen Ergebnisse fließen wiederum direkt der Betriebsentwicklung zu und bilden dort die Grundlage für weitere Verbesserungen. Auf dieser Grundlage konnte die Energiekontor AG das Jahr 2013 mit dem besten Jahresergebnis seit Unternehmensgründung abschließen.

ECOreporter.de: Es gibt Studien die besagen, dass die Anleger älterer Windparks – etwa aus den späten 1990er Jahren ihren Fondsanlegern keine Freude machen, weil Sie die eigenen Prognosen nicht erreichen. Wie unterscheiden sich solche Beteiligungsangebote von aktuellen Investments?

Kratzsch:  Direkte Windparkbeteiligungen von privaten Investoren waren bis etwa 2005 üblich. Seit dem bietet Energiekontor für private Investoren nur noch Anleihen an. Diese konnten wir bis heute immer planmäßig bedienen, sowohl was die Verzinsung, als auch die geplante Rückzahlung betrifft. Dabei haben wir in der Vergangenheit zwei Arten von Anleihen angeboten. Zum einen waren das klassische Unternehmensanleihen, die die Energiekontor AG emittiert hat, zum anderen sogenannte Stufenzinsanleihen. Hier werden im Rahmen der Anleihe bestehende Windparks refinanziert, die seit mehreren Jahren in Betrieb sind. Der Ertragsprognose liegen daher verlässliche reale Daten zugrunde. Darüber hinaus verfügt die StufenzinsAnleihe über eine Reihe von Sicherheitsmechanismen, die dazu beitragen die Risiken für den Investor zu minimieren. Dazu gehört die grundbuchrechtliche Absicherung der Windparkflächen zugunsten der Emittentin.

ECOreporter.de: Was bedeutet das für die Anleger?

Kratzsch:  Bei den Kommanditbeteiligungen war der Anleger abhängig vom tatsächlichen Ertrag der Windparks. In unterdurchschnittlichen Windjahren konnten Ausschüttungen dann geringer als erwartet ausfallen. Bei der StufenzinsAnleihe hingegen wird dem Anleger ein fester Zinssatz von 6 beziehungsweise 6,5 Prozent über die gesamte Laufzeit von zehn Jahren garantiert. Natürlich sind auch bei einer Anleihe trotz sehr guter Absicherungsmechanismen Risiken nicht auszuschließen.

ECOreporter.de; Was werden Sie auf der Messe Grünes Geld Freiburg präsentieren und mit welcher Erwartung kommen Sie zu der Veranstaltung?

Kratzsch:  Wir werden in Freiburg die Anleihen der Energiekontor-Gruppe vorstellen, unter anderem auch in einem Vortrag. Die Messen Grünes Geld, an denen wir bereits in der Vergangenheit teilgenommen haben, bieten immer wieder Gelegenheit mit bekannten Kunden ins Gespräch zu kommen oder neue Kunden zu gewinnen. Darauf freuen wir uns!

ECOreporter.de: Wir danken für das Gespräch Frau Kratzsch.


Zwei Stufenzinsanleihen der Energiekontor AG tragen das ECOreporter-Siegel Nachhaltiges Finanzprodukt (mehr dazu lesen Sie  hier (Link entfernt)). Informationen rund um das Siegel, etwa über Siegelkriterien, die Prüfung oder alle bisher Ausgezeichneten, sind  hier (Link entfernt) zusammengefasst. Weitere Informationen über die Energiekontor AG bietet auch dieses  Portrait des Unternehmens (Link entfernt).
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