Erneuerbare Energie

dena-Studie beziffert die Kosten der Energiewende - Boom für Windkraft und Photovoltaik

Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) aus Berlin spricht sich für den Atomausstieg aus. Er sei in einem Zeitraum bis 2020/2025 "machbar", heißt es in einer dena-Erklärung. Damit gebe es „ausreichend Zeit, um den Einstieg in eine umfassende Energiewende sozialverträglich zu gestalten und den Industriestandort Deutschland zu sichern“. Die erforderliche Optimierung des gesamten Energiesystems gebe es aber nicht umsonst. Für den notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Stromnetze und moderner fossiler Kraftwerke rechnet die dena nach eigenen Schätzungen mit einer Erhöhung des Strompreises um 4 bis 5 Cent pro Kilowattstunde (Cent/kWh). Das würde die Stromkosten zum Beispiel für private Haushalte um rund 20 Prozent steigern. Diese Kraftanstrengung sei für den Klimaschutz und den Atomausstieg jedoch gerechtfertigt und werde sich langfristig auszahlen.

Stephan Kohler, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung, erklärt dazu: „Der Atomausstieg ist richtig und machbar, die Energiewende erst recht. Richtig, weil es der Klimaschutz, der Schutz vor Atomrisiken und der Wandel zu einer postfossilen Weltwirtschaft gebieten; machbar, weil Deutschland über die dafür nötige Leistungsfähigkeit und Innovationskraft verfügt. Aber diese Wende wird kein leichtes Manöver, das muss allen klar sein und klar gemacht werden. Die Strom- und Energieerzeugung wird mit ihren Kraftwerken und Anlagen, Netzen und Speichern näher an die Menschen rücken, das Landschaftsbild beeinflussen, Fragen über Auswirkungen auf Natur und Umwelt aufwerfen. Wenn wir die Menschen langfristig für diese Herausforderung gewinnen wollen, müssen wir die Debatte ehrlich führen und die  ganze Tragweite des Wandels samt der Kosten realistisch benennen.“

Im Einzelnen rechnet die dena mit folgenden  Kosten der Energiewende: Die Kosten für die Steigerung des Anteils der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung von derzeit 17 auf 38 Prozent im Jahr 2020 veranschlagt sie mit rund 2 Cent je Kilowattstunde (kWh). Es wird unterstellt, dass 2020 rund 110.000 MW installierte Erneuerbare-Energien-Kapazitäten in Deutschland stehen und davon 47.000 MW auf Windenergie entfallen - hiervon wiederum 14.000 MW auf Offshore-Windparks. Die Photovoltaik-Kapazität soll auf 50.000 MW anwachsen. Zum Vergleich: Die deutsche Windkraftleistung belief sich Ende 2010 auf rund 27.000 MW und die deutsche Photovoltaik-Kapazität auf rund 17.000 MW. Demnach kalkuliert die dena mit einem Boom dieser beiden Branchen in der Bundesrepublik.

Der Um- und Ausbau der Verbund- und Verteilnetze ist nach ihren Angaben mit zusätzlichen Kosten von rund 1 Cent/kWh verbunden. Darin sind auch die Kosten für die optimierte Steuerung des Netzes (Smart Meter, Smart Grids) enthalten. Auf der Höchstspannungsebene ist nach dena-Netzstudie ein Ausbau in der Größenordnung von 4.500 Kilometern erforderlich, auf der Mittel- und Niederspannungsebene nach Berechnungen des BDEW von 200.000 bis 400.000 Kilometern.

Die Kosten für die Modernisierung der konventionellen Stromerzeugung werden von der dena mit rund 1,5 Cent/kWh geschätzt. Sie rechnet bis 2020 mit dem Bau von 15 bis 20 neuer Erdgas- oder effizienter Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von insgesamt 10.000 bis 12.000 MW. Die Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werde verdoppelt, von heute rund 11 auf 22 Prozent. In der Kostenschätzung ist die Förderung für den KWK-Ausbau mit eingerechnet. Der Betrieb von Gas- und Kohlekraftwerken wird sich nach Einschätzung der Berliner Agentur immer mehr an die fluktuierende Einspeisung aus Wind- und Solarkraftwerken anpassen müssen. Weil ihre Auslastung insgesamt sinke, würden sich die spezifischen Stromerzeugungskosten in diesen Kraftwerken erhöhen.

Die Kosten für zusätzliche Speichertechnologien können der dena zufolge heute noch nicht realistisch abgeschätzt werden. Es sei noch nicht absehbar, welche Speichertechnologien bis 2020/2025 einsetzbar sind. Sie befürwortet den Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken auch in Deutschland als die aus heutiger Sicht einzig wirtschaftlichen Speicher.

Die Energie-Agentur weist darauf hin, dass es bei der konsequenten Umsetzung der Energiewende „ durch die Optimierung der Ausbaustrategie und die Ausschöpfung weiterer technischer Fortschritte zu Kostensenkungen kommen“ wird, die man heute noch nicht abschätzen könne. Beim Stromverbrauch geht sie davon aus, dass eine Senkung um 8 Prozent bis 2020 möglich ist. Zumindest könne es aber gelingen, den Verbrauch auf dem heutigen Niveau zu stabilisieren.

„Die Energiewende lohnt sich“, betont Kohler. „Weltweit streben die Menschen nach Wohlstand, Komfort und Lebensqualität. Wenn Industrieländer wie Deutschland demonstrieren, wie diese Bedürfnisse klimaschonend befriedigt werden können, wird das für andere Länder ein Vorbild sein und den Klimaschutz und die Versorgungssicherheit international voranbringen. Für die deutsche Wirtschaft ist Klimaschutz der Zukunftsmarkt.“

Die dena befindet sich mehrheitlich im Besitz von Bund, Ländern und der staatseigenen KfW. Mehr als die Hälfte der laufenden Mittel zahlt jedoch die Energiewirtschaft. Dena-Chef ist Vorsitzender des Beirates von RWE Innogy, der Grüsntromtochter des Energiekonzerns RWE.

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