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„Den schwächsten Unternehmen droht das Aus“ – ECOreporter.de-Interview mit Raj Thamotheram von AXA über die weitere Marktentwicklung für Umwelttechnologiefirmen



ECOreporter.de: Herr Thamotheram, wie wirkt sich nach Ihrer Einschätzung die Finanzmarktkrise auf den Umwelttechnologiesektor aus?
Raj Thamotheram: Die meisten Umwelttechnologieunternehmen verfügen nicht über genug eigene Mittel, um ihre Expansion zu finanzieren. Sie sind darauf angewiesen, von Banken Kredite zu erhalten oder über den Kapitalmarkt Mittel einzuwerben. Angesichts der internationalen Kreditkrise lassen sich Banken und Investoren darauf jedoch immer weniger ein. Auch Geld aus öffentlichen Kassen ist schwieriger zu bekommen, da viele Mittel benötigt werden, um das Bankensystem zu stabilisieren.
Das hat zur Folge, dass Unternehmen aus dem Bereich der Erneuerbaren Energie mit niedrigem Kreditrating von den Banken kein Geld mehr bekommen. Andere Firmen bekommen zwar Kredit, müssen dafür aber höhere Kosten aufwenden.
Insgesamt erwarten wir, dass sich das Wachstum in diesem Sektor vorübergehend verlangsamen wird.

ECOreporter.de: In einigen Bereichen des Sektors ist der Kapitalbedarf für weiteres Wachstum sehr groß. Wo wird es zu  Einbrüchen kommen?
Thamotheram:  Windkraft- und Solarenergieprojekte an eher schlechten Standorten oder mit schwachen Gewinnaussichten werden verschoben oder aufgegeben. Wir gehen davon aus, dass die Finanzkrise den Sektor der Erneuerbaren Energie vor allem in den kommenden sechs bis zwölf Monaten  beeinträchtigt. Zwar droht den schwächsten Unternehmen in dieser Phase das Aus. Der Sektor als Ganzes dürfte sich aber wieder erholen und dann kräftig wachsen.

ECOreporter.de: Welche Strategie planen Sie für Ihre Umwelttechnologie- bzw. Nachhaltigkeitsfonds in den nächsten vier Wochen und in 2009?
Thamotheram:  Die Fundamentaldaten für die Umwelttechnologiebranche in Europa bleiben gut. Die Regierungen und die Bevölkerung wollen den Klimawandel und die Umweltverschmutzung weiter bekämpfen. Auch steigt der Bedarf für Technologien zur Aufbereitung von Wasser und Abfällen.
Wir haben vier Sektoren identifiziert, die von der weiteren Entwicklung profitieren werden: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Emissionskontrolle, Wasser. Vorsichtig beurteilen wir die Entwicklung der kommenden vier Wochen. Vor allem für 2009 sind wir aber optimistisch und wollen dann in den genannten Sektoren Investitionsmöglichkeiten nutzen. Wie auch bisher ist die Finanzausstattung eines Unternehmens weiterhin eine Kerngröße in unseren Beurteilungen.

ECOreporter.de: Wie reagieren die Anleger der Fonds auf die Finanzmarktkrise?
Thamotheram:  Zunehmend risikoavers.
ECOreporter.de: Welche Unternehmen werden nach Ihrer Einschätzung gestärkt aus der Krise hervorgehen? Welche Firmen stehen durch die Anspannung an den Märkten besonders unter Druck?
Thamotheram:  Unternehmen mit unsicherer Finanzierung, mit Unsicherheiten auf Ebene der Zulieferer und ungenügender Kraft, ihre Preise durchzusetzen, stehen besonders unter Druck. Gefährdet sind kapitalintensive Firmen wie Windkraftprojektierer, Technologieunternehmen in der Entwicklungsphase und Gesellschaften, die noch nicht so weit sind, von Skaleneffekten zu profitieren.
Zu den Gewinnern dürften voll integrierte Solarunternehmen zählen sowie Akteure aus Bereichen wie Windenergie, Wasserkraft, Wasserbehandlung, Eisenbahn, Software und Energieeffizienz.
Zu den Unternehmen, die wir besonders positiv beurteilen, gehören Vestas, Hansen Transmissions, EDF Energies Nouvelles, Iberdrola Renovables, EDP Renovaveis, Verbund, Solarworld, Jain Irrigation, Shimano und Adobe.

ECOreporter.de: Liegt der Tiefpunkt der Entwicklung an den Börsen bereits hinter uns?
Thamotheram:  Das ist schwer zu sagen. In einer Panikstimmung sind Analysen von Einzelwerten irrelevant. Allerdings scheinen die Märkte bereits im großen Umfang schlechte Nachrichten eingepreist zu haben. Sollte es nicht zu einer weiteren unerwarteten Katastrophe kommen, dürfte mittlerweile das Schlimmste überstanden sein. Bis die Wertverluste der letzten Zeit wettgemacht sind, wird aber einige Zeit vergehen.

ECOreporter.de: Herr Thamotheram, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Bild: Turbinenhaus einer Windkraftanlage der Vestas Wind Systems A/S / Quelle: Unternehmen
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