Erneuerbare Energie

„Den schnellen Deal gibt es nicht mehr und das ist auch gut so.“ – ECOreporter.de-Interview mit Ventizz-Chef Dr. Helmut Vorndran zur aktuellen Clean-Tech-Studie

Die Private Equity Gesellschaft Ventizz Private Equity AG hat eine aktuelle Studie zum Markt für Beteiligungen im Bereich der Clean-Tech-Branche vorgelegt. Die Studie wurde im Auftrag von Ventizz durch die Fachhochschule Wiesbaden erstellt. ECOreporter.de sprach mit Dr. Helmut Vorndran über die Studie, er ist Präsident des Verwaltungsrats der Ventizz Private Equity AG.

ECOreporter.de: Laut der von Ihnen in Auftrag gegebenen Studie scheint die Finanzmarktkrise kaum Auswirkungen auf Private Equity Investments in Clean Tech zu haben. Trügt der Eindruck?
Dr. Helmut Vorndran: Die gesamte Private Equity Branche hat Interesse an Investments im Bereich Clean Tech. Wir als Ventizz sind davon überzeugt, dass wir in diesem Segment überdurchschnittliche Wertsteigerungen für unsere Investoren realisieren können.
Die Finanzkrise wirkt sich natürlich aus. Das ist etwas, mit dem man zurecht kommen muss. Möglich sind in diesem Bereich beispielsweise All-Equity-Finanzierungen und bei interessanten Projekten sind wir bereit, uns auf entsprechende Strukturierungen einzulassen.


ECOreporter.de: Eine nicht gesicherte Finanzierung gilt für rund 31 Prozent der Studienteilnehmer als häufigstes Wachstumshemmnis. Profitiert die Private Equity-Branche sogar von der angespannten Situation auf der Kreditseite?
Dr. Vorndran: Es kommen tatsächlich mehr Anfragen von Unternehmen, die in der Vergangenheit eher über die Fremdkapitalschiene gegangen wären. Der gesamte Bereich Mezzanine-Kapital ist nahezu vollständig ausgefallen, der spielte früher vor allem bei Minderheitsbeteiligungen eine große Rolle. Wir haben deshalb sehr viele Anfragen, allerdings sind die viel schwieriger zu analysieren und zu bewerten als noch vor einem Jahr.


ECOreporter.de: Die Verkaufspreise für Beteiligungen seien unverändert hoch heißt es. Angesichts des wirtschaftlichen Umfeld hätte man niedrigere Preise erwartet. Worauf führen sie das anhaltend starke Interesse der Marktteilnehmer am Thema Clean Tech zurück?
Dr. Vorndran: Gegenüber den Hochzeiten, als zu viel Kapital in das Segment Clean Tech floss, sind die Preise schon deutlich gefallen. Man sieht nicht mehr die astronomisch hohen EBITDA-Multiples (Kaufpreis auf Grundlage des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen EBITDA). Die langfristigen Wachstumsaussichten des Sektors sind andererseits intakt, denn der Markt wird auch in Zukunft deutlich schneller wachsen als das Bruttosozialprodukt. Die meisten Studie erwarten für erneuerbare Energien langfristige und nachhaltige Wachstumsraten zwischen 15 und 30 Prozent. Vor diesem Hintergrund sind die Investoren natürlich bereit, ordentliche Preise zu zahlen. Das setzt allerdings voraus, dass man sich längerfristig engagiert. Den schnellen Deal gibt es nicht mehr und das ist auch gut so. Wenn man aber in eine Unternehmung zu einem Multiple von sechs oder sieben investiert und es wächst bis zu 30 Prozent im Jahr ist das immer noch ein sehr gutes Investment.


ECOreporter.de: Gute Verdienstmöglichkeiten rufen oft auch unerfahrene Akteure auf den Plan, die auf schnelles Geld hoffen. Besteht diese Gefahr auch in Ihrer Branche?
Dr. Vorndran: Zunächst einmal gibt der Deutsche Private Equity Erlass Rahmenbedingungen vor, die auf langfristige Engagements heraus laufen. Als Ventizz haben wir das seit unserer Gründung auch ausschließlich so gehandhabt. Generell ist aber so, dass eine Branche die Erfolge hat und in der attraktive Margen zu erzielen sind, alle möglichen Spielarten von Investoren anzieht. Das lässt sich aktuell am Elektroantrieb für Automobile gut beobachten.

Verhindern kann man das zunächst einmal nicht. Als Vorstand des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) kann ich Ihnen allerdings sagen, dass wir es als eine unserer wichtigsten Aufgabe ansehen, Standards zu definieren. Unsere Mitglieder arbeiten nach diesen Standards und wir achten penibel darauf, dass sie eingehalten werden.


ECOreporter.de: Handelt es sich um freiwillige Standards, zu denen sich die Mitglieder verpflichten?
Dr. Vorndran: Ja, das sind freiwillige Standards, zu denen sich der Verband auch im Rahmen einer europäischen Initiative entschlossen hat. Es handelt sich sowohl um Verhaltens-, als auch um Transparenzstandards. Nähere Angaben dazu finden Sie auf unserer Internetseite unter www.bvkap.de. Daneben wissen Investoren in Private Equity, dass ihr Kapital zwar hochrentierlich, aber für zehn oder mehr Jahre gebunden ist. Private Equity-Manager sind also keine Hedgefonds, die heute in ein Engagement rein gehen und wenige Wochen später wieder raus gehen.


ECOreporter.de: Der Studie zufolge richtet sich das Interesse der Investoren stark auf die Photovoltaik. Das ist eine Technologie deren Erfolg stark von staatlichen Förderprogrammen abhängt und die Konkurrenz aus Fernost ist stark. Sehen Sie dennoch Potential in der Branche?
Dr. Vorndran: Es gibt keinen Energieträger, der ohne eine Form der öffentlichen Anschubfinanzierung im Markt platziert worden ist. Die Politik fördert die Photovoltaik ja auch, um mit dieser ressourcenschonenden Energieerzeugung ihre Umweltpolitikziele zu erreichen. Mit Öl, Kohle oder Kernenergie ist das unbestritten nicht möglich.


ECOreporter.de: Sie rechnen damit, dass die Förderung weiter fortgesetzt wird?
Dr. Vorndran: Ja, davon gehen wir aus, allerdings in einer modifizierten Form. Zur Risikobegrenzung müssen Investoren ihre Engagements allerdings unbedingt geographisch streuen. Damit können sie sich vor unerwarteten Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen in bestimmten Einzelstaaten schützen. Als Ventizz haben wir aus diesem Grund in 2002 nicht an nur in Deutschland aktiven Solarunternehmen beteiligt, sondern sind bei der deutsch-britischen PV Crystalox eingestiegen. Das Unternehmen war damals bereits weltweit tätig, unter anderem in Japan und den USA.

Die Frage nach der Konkurrenzfähigkeit der deutschen und europäischen Solarindustrie gegenüber asiatischen Mitbewerbern lässt sich nicht einfach beantworten. Etwa fünf Jahre lang hat der Markt mehr Solarmodule verlangt, als geliefert werden konnten. In dieser Zeit hätte die gesamte Branche – zusätzlich zum Management dieses außerordentlichen Wachstums – wohl mehr in Richtung Kostenwettbewerbsfähigkeit, Innovation, Forschung und Markenbildung arbeiten müssen. Die asiatischen Anbieter waren durch hohe Siliziumpreise am Spotmarkt benachteiligt. Wegen des reichlich verfügbaren Polysiliziums hat sich dieser Hauptnachteil nun plötzlich in Luft aufgelöst. Die asiatischen Unternehmen können jetzt ihre Stärken ausspielen. Sie mussten im Vorfeld ihre Kostenwettbewerbsfähigkeit schärfen und das kommt nun als Vorteil zum Tragen. In Deutschland müssen nun ganz schnell einige betriebswirtschaftliche Hausaufgaben gemacht werden. Wenn das geschieht, ist die Branche auch hierzulande wettbewerbsfähig. Der Lohnkostenanteil an einer hochautomatisierten, vollintegrierten Photovoltaikproduktion ist dermaßen gering, dass Lohnkostenunterschiede hier nicht entscheidend zum Tragen kommen. Die gesamte Branche hätte aber von 2003 bis 2008 vielleicht etwas mehr tun können....


ECOreporter.de:..in den fetten Jahren?
Dr. Vorndran: Nun, man muss aber im Blick behalten, dass die Unternehmen in diesen guten Jahren von ihrem Wachstum förmlich überrollt wurden. Sie waren zeitweise nur damit beschäftigt, das Wachstum einigermaßen zu organisieren. Da kann es vorkommen, dass die eine oder andere betriebswirtschaftliche Hausaufgabe nicht erledigt wird. Menschlich ist das durchaus nachvollziehbar, es ändert allerdings nichts daran, dass andere Player in den letzten Jahren auf dem Gebiet der Kostenwettbewerbsfähigkeit sehr effizient gearbeitet haben. Da müssen die Europäer dringend aufholen.


ECOreporter.de: Welche anderen Themen sind aus Ihrer Sicht besonders attraktiv?
Dr. Vorndran: Neben der Photovoltaik halten wir den Bereich der Windkraft für besonders aussichtsreich. Das hat eine andere China-Komponente als die Photovoltaik. Besonders durch Wachstumsschübe in Asien wird die Windkraft in der nächsten Zeit deutlich zulegen. Auch hier gibt es chinesische Anbieter, die deutlich preiswerter sind. Allerdings rangieren sie technologisch klar hinter europäischen und amerikanischen Anbietern. Ähnlich wie in der Photovoltaik wird sich der Markt hier aufteilen. Die Unternehmen müssen aber auch hier ihre Hausaufgaben machen, und sie müssen Betriebsstätten in den Auslandsmärkten errichten. Die großen Anbieter tun das bereits oder haben dies getan. Die großen Windanlagenbauer sind als Unternehmen mit Milliarden Euro Marktkapitalisierung inzwischen schon fast zu groß für die Private Equity Branche. Es gibt aber viele interessante Zulieferer und Hersteller von strategischen Windkraftkomponenten.


ECOreporter.de: In welchen Clean-Tech-Segmenten sind Sie mit den Ventizz-Fonds derzeit investiert?
Dr. Vorndran: Aktuell sind wir besonders im Bereich Wind investiert. Wir haben mit der dänischen SSP Technology einen großen Produzenten von Formen für Rotorblätter gekauft. Das Unternehmen hat sich zudem auf Verbindungselemente für Rotorblätter spezialisiert, damit werden die Flügel an der Nabe der Windkraftanlage befestigt. Wenn man bedenkt, welche Kräfte auf diese Verbindung einwirken – Rotorblätter sind heute bis zu 100 Meter lang – wird deutlich: das ist eine sehr anspruchsvolle Technologie.

Unser zweites Engagement ist der Photovoltaikzulieferer Qsil, die Abkürzung für „Quarzschmelze Illmenau“. Das Unternehmen beliefert die Photovoltaikbranche mit Quarzprodukten, sowohl Waferproduzenten als auch die Hersteller von Polysilizium.

ECOreporter.de: Herr Dr. Vorndran, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Die vollständige Auswertung der Untersuchung „Private Equity Investments in Clean Tech“ ist unter Opens external link in new windowwww.ventizz.de zum Download verfügbar.


Unternehmensprofil
Ventizz Capital Partners wurde im Jahr 2000 gegründet und verfügt über Standorte in St. Gallen und Düsseldorf. Ventizz Capital Partners berät exklusiv die Ventizz Private Equity Fonds, die überwiegend im deutschsprachigen Raum Eigenkapital für Wachstum bei High- Tech-Unternehmen zur Verfügung stellen. Die drei Partner von Ventizz, Dr. Helmut Vorndran, Reinhard Löchner und Willi Mannheims, beraten mit einem dreizehnköpfigen Team zurzeit vier Fonds mit einem Kapitalvolumen von insgesamt 675 Millionen Euro. Der Ventizz Capital Fund IV L.P. bildet mit einem Volumen von 450 Millionen Euro den größten der vier bislang aufgelegten Fonds.

Bis heute haben Ventizz-Fonds eigenen Angaben zufolge in 31 Unternehmen mit Fokus auf die Bereiche Erneuerbare Energien, Medizintechnik, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie auf wertschöpfungsintensive Fertigungsindustrien investiert. Neben einer Vielzahl von Trade Sales konnte Ventizz demnach drei Beteiligungsunternehmen (ersol, SAF, PV Crystalox Solar) erfolgreich an der Börse platzieren.
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