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Den Kinderschuhen entwachsen – Sarasin-Experte beleuchtet Chancen und Risiken der Branche der erneuerbaren Energien
Das starke Wachstum im Sektor der alternativen Energien spiegelt sich in den Aktienkursen nicht wieder. Wie ist das zu erklären, was spricht für Kurszuwächse? Wie wird sich der Markt weiter entwickeln, wo liegen Risiken und wo weitere Potentiale? Antworten auf diese und weitere Fragen erhielt ECOreporter.de von Matthias Fawer, Experte der Bank Sarasin Sustainable Investment und Autor einer aktuellen Studie mit dem Titel: „Erneuerbare Energien: vom Nischen- zum Massenmarkt“.
In der Untersuchung zeigt er eine überaus positive Bilanz des Sektors. Demnach ist die Installation von erneuerbaren Energien 2009 trotz Wirtschaftskrise, niedriger Ölpreise und der Stagnation in der globalen Klimapolitik weltweit enorm gewachsen. Erneut wurden in Europa und in den USA mehr Stromerzeugungsanlagen auf Basis regenerativerEnergien errichtet als aus konventionellen Quellen. Die Windkraftkapazitäten stiegen weltweit mit 31 Prozent am stärksten, im Bereich der Solarenergie betrug das Plus 13 Prozent, es folgen die Kleinwasserkraft mit 7 Prozent, die Geothermie mit 4 Prozent und die Meeresenergie mit 2 Prozent. Insgesamt sind die globalen erneuerbaren Stromkapazitäten der Sarasin-Studie zufolge auf 305 Gigawatt (GW) angestiegen. Einschließlich der Großwasserkraftwerke (925 GW) entfallen nunmehr weltweit rund 25 Prozent aller Stromerzeugungskapazitäten (4.800 GW) auf erneuerbare Energien (1.230 GW).
„Generell erfolgte in der Branche der Erneuerbaren Energien im letzten Jahrzehnt eine enorme Professionalisierung“, stellt Studien-Autor Matthias Fawer dazu fest. „Der Sektor entwickelte sich vom Nischen- zum Massenmarkt. Dabei wurde das Wachstum wesentlich von den Bereichen Windkraft und Solarenergie getragen. Denn hier stehen zum einen reife Technologien zur Verfügung, zum anderen erleichtern die mittlerweile angesammelte Erfahrung und der günstige Kostenaufwand die Umsetzung von Wind- und Solarprojekten.“
Photovoltaik mit abgeschwächtem Wachstum
Die Untersuchung von Sarasin prognostiziert, dass die Photovoltaik in 2010 weltweit trotz drastischer Absenkungen der Einspeisevergütungen in Deutschland und Spanien ein starkes Wachstum von rund 50 Prozent zeigen wird. Das würde einer neu installierten Menge von 10,6 GW entsprechen. Der deutsche Solarmarkt dürfte dabei ein weiteres Rekordjahr mit über 5 GW neu installierter Leistung erreichen, heißt es in der Bank-Studie. Allerdings basiere die weiterhin starke Nachfrage in Deutschland nicht zuletzt auf Vorzieheffekten aufgrund der Anfang 2011 in Kraft tretenden noch stärkeren Kürzung der Solarstromvergütung. Aber auch in anderen europäischen Märkten wie Italien, Frankreich, der Tschechischen Republik und Griechenland gebe es dieses Jahr eine starke Nachfrage, so die Untersuchung. Die für 2011 angekündigten weiteren Tarikkürzungen dürften dann aber einer Verlangsamung des globalen Wachstums führen, das Sarasin mit 26 Prozent kalkuliert.
Fawer führt an, dass sich die Photovoltaik-Industrie zwar in wichtigen Märkten auf eine geringere staatliche Förderung einstellen muss. Jedoch habe der starke Preisverfall bei Solarprodukten die Wettbewerbsfähigkeit des Solarstroms erhöht. Bereits ab 2012 könne in attraktiven Märkten wie Kalifornien und Italien wettbewerbsfähiger Solarstrom erzeugt werden. Die Endkunden-Netzparität, also die von staatlicher Vergütung unabhängige Konkurrenzfähigkeit zu herkömmlich erzeugtem Strom, eröffne dann ganz neue Wachstumsmöglichkeiten. „Wir gehen von einer Fortsetzung des Volumenwachstums aus und erwarten bis 2015 ein durchschnittliches Wachstum der weltweit neu installierten Photovoltaik-Leistung von 35 Prozent pro Jahr auf eine kumulierte Leistung von 170 GW“, stellt Fawer dazu fest. Ein anhaltend hoher Margendruck und starker Wettbewerb werde die gesamte Solarmarkt weiterhin prägen und zu einer weiteren Konsolidierung und Rationalisierung in der Industrie führen.
Offshore-Windkraft im Kommen
„In der Windkraft ist die Konsolidierung bereits weit fortgeschritten, hier haben Großkonzerne wie Siemens und GE bereits den Markt betreten“, ergänzt Fawer. Für Deutschland erwartet er einen Schub durch die Offshore-Windkraft, auch wenn dort bei der Umsetzung auf hoher See große Herausforderungen zu bewältigen seien.
„An Land ist eine Sättigung dagegen bereits abzusehen“, meint er. Europaweit sei für 2010 damit zu rechnen, dass die neu installierte Kapazität der Offshore-Windkraft von 0,6 im Vorjahr auf mindestens 1 GW ansteigt. Derzeit befänden sich auf See Windenergie-Projekte mit rund 3,5 GW im Bau. Auf lange Sicht seien in Europa Offshore-Windparks mit knapp 100 GW geplant. Einmal am Netz, könnten sie rund 10 Prozent des europäischen Strombedarfs abdecken. „Bis 2020 werden davon rund 40 bis 55 GW am Netz sein“, prognostiziert Fawer.
Bildhinweis: Matthias Fawer / Quelle: Bank Sarasin
In der Studie führt der Sarasin-Experte aus, dass die Windenergie künftig vor allem in Asien und in neuen Märkten wie Australien, Kanada, Brasilien und Indien überdurchschnittlich zunehmen dürfte. In den USA seien dagegen weitere Anreize erforderlich und ein Anstieg des niedrigen Gaspreises, der gegenwärtig in Übersee die Attraktivität von Grünstromprojekten mindere. Zudem hätten viele Energieversorger ihre Verpflichtungen für den Ausbau erneuerbarer Energien gemäß den Vorgaben in diversen Bundesstaaten bereits weitgehend erfüllt. Obwohl noch Unterstützungsbeiträge aus den grünen Stimuluspaketen der Obama-Regierung zur Verfügung stünden, werde sich das Wachstum des Windmarktes in den Vereinigten Staaten in den kommenden zwei Jahren abschwächen. Immerhin beginne nun der Aufbau von US-amerikanischen Windkraftkapazitäten auf See. Im April sei ein erster Offshore-Windpark mit 0,42 GW Leistung an der Ostküste bewilligt worden. Dadurch könne der Bau von mindestens sechs weiteren Offshore-Windparkprojekten mit einer Gesamtleistung von 2,0 GW ausgelöst werden.
Die Sarasin-Studie sagt für die weltweit neu installierten Windenergiekapazitäten bis 2015 eine Abschwächung der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate auf rund 13 Prozent voraus. Somit werde 2015 eine Leistung von 76 GW neu installiert und die weltweit in Betrieb genommene Windstromkapazität über 500 GW erreichen. Auf jeden drei großen Märkte Amerika, Europa und Asien entfalle dann eine jährliche Größe von 22 bis 25 GW. Amerika werde dabei im Vergleich zu den anderen Märkten etwas verzögert zulegen.
Wachstum auch jenseits von Wind- und Sonnenenergie
Die vorgelegte Untersuchung unterstreicht das große Potential der Meeresenergie. Trotz ihres frühen Entwicklungsstadiums könne diese in ähnlicher Weise wie die Windenergie zu einem wichtigen Standbein einer neuen Energiewirtschaft entwickeln. Allerdings seien hier größere Investitionen und zusätzliche politische Unterstützung erforderlich, vergleichbar mit dem Wind-Offshore-Bereich. Die Roadmap des Europäischen Meeresenergieverbandes zeige einen möglichen Weg auf, um bis 2020 rund 3,6 GW an installierter Meeresenergie zu erreichen. Bis 2050 seien dann 188 GW erreichbar. Diese Leistung entspreche 15 Prozent des zukünftigen europäischen Strombedarfs. Global liegt das Potenzial bei einer jährlichen Stromproduktion von 750 bis 2 000 TWh, was 10 Prozent des weltweiten Strombedarfs entspreche. Zum Vergleich: laut Sarasin erreichte die Meeresenergie weltweit in 2009 eine Gesamtleistung von 0,3 GW. Sie werde voraussichtlich bis 2015 auf 2 GW zulegen.
Auch die Geothermie dürfte laut Sarasin in den kommenden Jahren stark zulegen. Theoretisch könnten 39 Länder weltweit ihren Strombedarf vollständig über diese Technologie decken. Das Potential werde zwar bislang bei weitem nicht genutzt, aber der Finanzsektor habe das Thema endlcih entdeckt. Bis 2015 könne die kumulierte Geothermieleistung weltweit von rund 10 GW in 2009 auf über 18 GW ansteigen, bis 2020 dann auf über 30 GW.
Skeptisch zeigt sich die Studie lediglich für den Sektor der Biokraftstoffe. Das Potential der Kraftstoffe erster Generation als Ersatz für fossile Treibstoffe sei aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Anbauflächen und eines zweifelhaften ökologischen Nutzens gering. Frühestens ab 2012 könne die nächste Generation von Biokraftstoffen kommerziell hergestellt werden.
Flaschenhals Netzausbau
Allerdings sind für die prognostizierten Zuwächse der erneuerbaren Energien noch etliche Herausforderungen zu überwinden. „Für das Wachstum der Erneuerbaren Energien ist der Ausbau der Netze von entscheidender Bedeutung“, stellt Studienautor Fawer dazu fest. In Europa seien dafür konzertierte Aktionen erforderlich wie der geplante Netzverbund der Nordseeanrainer. Aber in Europa gehe es nur darum, Lücken in einem gut funktionierenden Netz zu schließen. Weitaus größere Herausforderungen sieht der Sarasin-Experte beim Netzausbau in den USA, wo zum einen viele Netze marode seien und zum anderen oft riesige Distanzen überbrückt werden müssten zwischen den Orten, wo Grünstrom erzeugt und wo er verbraucht werden kann. In China müsse erst einmal ein Leitungsnetz aufgebaut werden, um die geplanten Mengen an Neuinstallation auch ans Netz bringen zu können. Umgerechnet seien hierfür bereits 45 Milliarden Euro aufgewendet worden. Die Regierung in Peking wolle bis 2020 rund 15 Prozent der weiter stark steigenden Stromproduktion durch alternative Energie abdecken und werde dabei vor allem auf Windkraft setzen.
In Europa kommt nach Einschätzung von Fawer den Energiekonzernen für den Ausbau der alternativen Energien eine entscheidende Bedeutung zu. „Man muss die Energieversorger mit ins Boot holen, ohne sie wird der Ausbau der alternativen Energien im möglichen und gewünschte Ausmaß nicht gelingen“, sagt er.
Hier sieht er Defizite bei den deutschen Konzernen. Iberische Energieversorgungsunternehmen zum Beispiel hätten das Potential des Sektors früh erkannt und sich bereits stark engagiert. Die Sarasin-Studie nennt dazu konkrete Zahlen. Demnach rangieren E.on und RWE bei den 15 größten Windparkbetreibern weltweit auf den Plätzen 7 und 12. Sie kommen dabei auf 2,9 bzw. 1,6 GW (Stand Ende 2009). Zum Vergleich: Iberdrola aus Spanien liegt mit über 10 GW weltweit an der Spitze, EDP aus Portugal mit 6,2 GW auf Platz 4. Deutschland müsse die politische Diskussion über die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zügig und sinnvoll abschließen und zusehen, dass Einnahmen aus der Laufzeitverlängerung konkret dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu Gute kommen, stellt Fawer fest.
Bildhinweis: Photovoltaikprojekt von Iberdrola. / Quelle: Unternehmen
Aktienkurse spiegeln das Wachstumspotential nicht wieder
Doch die starken Wachstumsaussichten der Erneuerbaren Energien stehen in auffälligem Gegensatz zu der zuletzt schwachen Entwicklung von Aktien aus dem Sektor. Dies nimmt der Sarasin-Experte kopfschüttelnd zur Kenntnis. Diese Entwicklung sei „schon ernüchternd. Die lange Diskussion über die deutsche Solarförderung und Spekulationen über eine mögliche rückwirkende Kürzung der Photovoltaiktarife in Spanien nennt er als Beispiele für einen negativen Nachrichteneinfluss auf die Aktienkurse. Derartige Diskussionen seien Gift und hätten die Unsicherheit über die weitere politische Unterstützung des Sektors geschürt.
„Eine weitere Erklärung dafür könnte sein, dass die Zeit der riesigen Margen vorbei ist“, meint der Analyst. Das Volumen des regenerativ erzeugten Stroms werde weiter stark wachsen, sich aber nicht entsprechend in den Margen der Unternehmen niederschlagen. Es sei „nur“ noch mit Margen von 8 bis 12 Prozent zu rechnen, wie sie in traditionellen Industriebranchen wie dem Anlagen- und Maschinenbau erzielt werden. Fawer ergänzt, dass Anleger damit rechnen sollten, dass sich die Aktienkurse insbesondere der reifen Wind- und Solarbranche in den kommenden Jahren vermehrt der allgemeinen Börsenentwicklung anpassen. Die besten Aussichten sieht er für Unternehmen mit einer tiefen Kostenstruktur und einer internationalen Positionierung, die dadurch mögliche hohe Rentabilität sei überlebenswichtig.
Insgesamt weist das derzeit schwache Kursniveau dem Sarasin-Experten zufolge aber auf eine verengte Wahrnehmung der Börsianer hin. Es sei abzusehen, dass mit einer Erholung der Weltkonjunktur auch wieder die Preise für Öl und die herkömmliche Energieerzeugung anziehen. Und dies spreche eindeutig für ein weiter starkes Wachstum der alternativen Energien. Zumal mit weiteren Kostensenkungen für Grünstromprodukte zu rechnen sei. „Langfristig geht kein Weg an den erneuerbaren Energien vorbei“, ist Fawer überzeugt.
In der Untersuchung zeigt er eine überaus positive Bilanz des Sektors. Demnach ist die Installation von erneuerbaren Energien 2009 trotz Wirtschaftskrise, niedriger Ölpreise und der Stagnation in der globalen Klimapolitik weltweit enorm gewachsen. Erneut wurden in Europa und in den USA mehr Stromerzeugungsanlagen auf Basis regenerativerEnergien errichtet als aus konventionellen Quellen. Die Windkraftkapazitäten stiegen weltweit mit 31 Prozent am stärksten, im Bereich der Solarenergie betrug das Plus 13 Prozent, es folgen die Kleinwasserkraft mit 7 Prozent, die Geothermie mit 4 Prozent und die Meeresenergie mit 2 Prozent. Insgesamt sind die globalen erneuerbaren Stromkapazitäten der Sarasin-Studie zufolge auf 305 Gigawatt (GW) angestiegen. Einschließlich der Großwasserkraftwerke (925 GW) entfallen nunmehr weltweit rund 25 Prozent aller Stromerzeugungskapazitäten (4.800 GW) auf erneuerbare Energien (1.230 GW).
„Generell erfolgte in der Branche der Erneuerbaren Energien im letzten Jahrzehnt eine enorme Professionalisierung“, stellt Studien-Autor Matthias Fawer dazu fest. „Der Sektor entwickelte sich vom Nischen- zum Massenmarkt. Dabei wurde das Wachstum wesentlich von den Bereichen Windkraft und Solarenergie getragen. Denn hier stehen zum einen reife Technologien zur Verfügung, zum anderen erleichtern die mittlerweile angesammelte Erfahrung und der günstige Kostenaufwand die Umsetzung von Wind- und Solarprojekten.“
Photovoltaik mit abgeschwächtem Wachstum
Die Untersuchung von Sarasin prognostiziert, dass die Photovoltaik in 2010 weltweit trotz drastischer Absenkungen der Einspeisevergütungen in Deutschland und Spanien ein starkes Wachstum von rund 50 Prozent zeigen wird. Das würde einer neu installierten Menge von 10,6 GW entsprechen. Der deutsche Solarmarkt dürfte dabei ein weiteres Rekordjahr mit über 5 GW neu installierter Leistung erreichen, heißt es in der Bank-Studie. Allerdings basiere die weiterhin starke Nachfrage in Deutschland nicht zuletzt auf Vorzieheffekten aufgrund der Anfang 2011 in Kraft tretenden noch stärkeren Kürzung der Solarstromvergütung. Aber auch in anderen europäischen Märkten wie Italien, Frankreich, der Tschechischen Republik und Griechenland gebe es dieses Jahr eine starke Nachfrage, so die Untersuchung. Die für 2011 angekündigten weiteren Tarikkürzungen dürften dann aber einer Verlangsamung des globalen Wachstums führen, das Sarasin mit 26 Prozent kalkuliert.
Fawer führt an, dass sich die Photovoltaik-Industrie zwar in wichtigen Märkten auf eine geringere staatliche Förderung einstellen muss. Jedoch habe der starke Preisverfall bei Solarprodukten die Wettbewerbsfähigkeit des Solarstroms erhöht. Bereits ab 2012 könne in attraktiven Märkten wie Kalifornien und Italien wettbewerbsfähiger Solarstrom erzeugt werden. Die Endkunden-Netzparität, also die von staatlicher Vergütung unabhängige Konkurrenzfähigkeit zu herkömmlich erzeugtem Strom, eröffne dann ganz neue Wachstumsmöglichkeiten. „Wir gehen von einer Fortsetzung des Volumenwachstums aus und erwarten bis 2015 ein durchschnittliches Wachstum der weltweit neu installierten Photovoltaik-Leistung von 35 Prozent pro Jahr auf eine kumulierte Leistung von 170 GW“, stellt Fawer dazu fest. Ein anhaltend hoher Margendruck und starker Wettbewerb werde die gesamte Solarmarkt weiterhin prägen und zu einer weiteren Konsolidierung und Rationalisierung in der Industrie führen.
Offshore-Windkraft im Kommen
„In der Windkraft ist die Konsolidierung bereits weit fortgeschritten, hier haben Großkonzerne wie Siemens und GE bereits den Markt betreten“, ergänzt Fawer. Für Deutschland erwartet er einen Schub durch die Offshore-Windkraft, auch wenn dort bei der Umsetzung auf hoher See große Herausforderungen zu bewältigen seien.

Bildhinweis: Matthias Fawer / Quelle: Bank Sarasin
In der Studie führt der Sarasin-Experte aus, dass die Windenergie künftig vor allem in Asien und in neuen Märkten wie Australien, Kanada, Brasilien und Indien überdurchschnittlich zunehmen dürfte. In den USA seien dagegen weitere Anreize erforderlich und ein Anstieg des niedrigen Gaspreises, der gegenwärtig in Übersee die Attraktivität von Grünstromprojekten mindere. Zudem hätten viele Energieversorger ihre Verpflichtungen für den Ausbau erneuerbarer Energien gemäß den Vorgaben in diversen Bundesstaaten bereits weitgehend erfüllt. Obwohl noch Unterstützungsbeiträge aus den grünen Stimuluspaketen der Obama-Regierung zur Verfügung stünden, werde sich das Wachstum des Windmarktes in den Vereinigten Staaten in den kommenden zwei Jahren abschwächen. Immerhin beginne nun der Aufbau von US-amerikanischen Windkraftkapazitäten auf See. Im April sei ein erster Offshore-Windpark mit 0,42 GW Leistung an der Ostküste bewilligt worden. Dadurch könne der Bau von mindestens sechs weiteren Offshore-Windparkprojekten mit einer Gesamtleistung von 2,0 GW ausgelöst werden.
Die Sarasin-Studie sagt für die weltweit neu installierten Windenergiekapazitäten bis 2015 eine Abschwächung der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate auf rund 13 Prozent voraus. Somit werde 2015 eine Leistung von 76 GW neu installiert und die weltweit in Betrieb genommene Windstromkapazität über 500 GW erreichen. Auf jeden drei großen Märkte Amerika, Europa und Asien entfalle dann eine jährliche Größe von 22 bis 25 GW. Amerika werde dabei im Vergleich zu den anderen Märkten etwas verzögert zulegen.
Wachstum auch jenseits von Wind- und Sonnenenergie
Die vorgelegte Untersuchung unterstreicht das große Potential der Meeresenergie. Trotz ihres frühen Entwicklungsstadiums könne diese in ähnlicher Weise wie die Windenergie zu einem wichtigen Standbein einer neuen Energiewirtschaft entwickeln. Allerdings seien hier größere Investitionen und zusätzliche politische Unterstützung erforderlich, vergleichbar mit dem Wind-Offshore-Bereich. Die Roadmap des Europäischen Meeresenergieverbandes zeige einen möglichen Weg auf, um bis 2020 rund 3,6 GW an installierter Meeresenergie zu erreichen. Bis 2050 seien dann 188 GW erreichbar. Diese Leistung entspreche 15 Prozent des zukünftigen europäischen Strombedarfs. Global liegt das Potenzial bei einer jährlichen Stromproduktion von 750 bis 2 000 TWh, was 10 Prozent des weltweiten Strombedarfs entspreche. Zum Vergleich: laut Sarasin erreichte die Meeresenergie weltweit in 2009 eine Gesamtleistung von 0,3 GW. Sie werde voraussichtlich bis 2015 auf 2 GW zulegen.
Auch die Geothermie dürfte laut Sarasin in den kommenden Jahren stark zulegen. Theoretisch könnten 39 Länder weltweit ihren Strombedarf vollständig über diese Technologie decken. Das Potential werde zwar bislang bei weitem nicht genutzt, aber der Finanzsektor habe das Thema endlcih entdeckt. Bis 2015 könne die kumulierte Geothermieleistung weltweit von rund 10 GW in 2009 auf über 18 GW ansteigen, bis 2020 dann auf über 30 GW.
Skeptisch zeigt sich die Studie lediglich für den Sektor der Biokraftstoffe. Das Potential der Kraftstoffe erster Generation als Ersatz für fossile Treibstoffe sei aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Anbauflächen und eines zweifelhaften ökologischen Nutzens gering. Frühestens ab 2012 könne die nächste Generation von Biokraftstoffen kommerziell hergestellt werden.
Flaschenhals Netzausbau
Allerdings sind für die prognostizierten Zuwächse der erneuerbaren Energien noch etliche Herausforderungen zu überwinden. „Für das Wachstum der Erneuerbaren Energien ist der Ausbau der Netze von entscheidender Bedeutung“, stellt Studienautor Fawer dazu fest. In Europa seien dafür konzertierte Aktionen erforderlich wie der geplante Netzverbund der Nordseeanrainer. Aber in Europa gehe es nur darum, Lücken in einem gut funktionierenden Netz zu schließen. Weitaus größere Herausforderungen sieht der Sarasin-Experte beim Netzausbau in den USA, wo zum einen viele Netze marode seien und zum anderen oft riesige Distanzen überbrückt werden müssten zwischen den Orten, wo Grünstrom erzeugt und wo er verbraucht werden kann. In China müsse erst einmal ein Leitungsnetz aufgebaut werden, um die geplanten Mengen an Neuinstallation auch ans Netz bringen zu können. Umgerechnet seien hierfür bereits 45 Milliarden Euro aufgewendet worden. Die Regierung in Peking wolle bis 2020 rund 15 Prozent der weiter stark steigenden Stromproduktion durch alternative Energie abdecken und werde dabei vor allem auf Windkraft setzen.
In Europa kommt nach Einschätzung von Fawer den Energiekonzernen für den Ausbau der alternativen Energien eine entscheidende Bedeutung zu. „Man muss die Energieversorger mit ins Boot holen, ohne sie wird der Ausbau der alternativen Energien im möglichen und gewünschte Ausmaß nicht gelingen“, sagt er.

Bildhinweis: Photovoltaikprojekt von Iberdrola. / Quelle: Unternehmen
Aktienkurse spiegeln das Wachstumspotential nicht wieder
Doch die starken Wachstumsaussichten der Erneuerbaren Energien stehen in auffälligem Gegensatz zu der zuletzt schwachen Entwicklung von Aktien aus dem Sektor. Dies nimmt der Sarasin-Experte kopfschüttelnd zur Kenntnis. Diese Entwicklung sei „schon ernüchternd. Die lange Diskussion über die deutsche Solarförderung und Spekulationen über eine mögliche rückwirkende Kürzung der Photovoltaiktarife in Spanien nennt er als Beispiele für einen negativen Nachrichteneinfluss auf die Aktienkurse. Derartige Diskussionen seien Gift und hätten die Unsicherheit über die weitere politische Unterstützung des Sektors geschürt.
„Eine weitere Erklärung dafür könnte sein, dass die Zeit der riesigen Margen vorbei ist“, meint der Analyst. Das Volumen des regenerativ erzeugten Stroms werde weiter stark wachsen, sich aber nicht entsprechend in den Margen der Unternehmen niederschlagen. Es sei „nur“ noch mit Margen von 8 bis 12 Prozent zu rechnen, wie sie in traditionellen Industriebranchen wie dem Anlagen- und Maschinenbau erzielt werden. Fawer ergänzt, dass Anleger damit rechnen sollten, dass sich die Aktienkurse insbesondere der reifen Wind- und Solarbranche in den kommenden Jahren vermehrt der allgemeinen Börsenentwicklung anpassen. Die besten Aussichten sieht er für Unternehmen mit einer tiefen Kostenstruktur und einer internationalen Positionierung, die dadurch mögliche hohe Rentabilität sei überlebenswichtig.
Insgesamt weist das derzeit schwache Kursniveau dem Sarasin-Experten zufolge aber auf eine verengte Wahrnehmung der Börsianer hin. Es sei abzusehen, dass mit einer Erholung der Weltkonjunktur auch wieder die Preise für Öl und die herkömmliche Energieerzeugung anziehen. Und dies spreche eindeutig für ein weiter starkes Wachstum der alternativen Energien. Zumal mit weiteren Kostensenkungen für Grünstromprodukte zu rechnen sei. „Langfristig geht kein Weg an den erneuerbaren Energien vorbei“, ist Fawer überzeugt.