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"Das Konzept der Nachhaltigkeit hat globale Gültigkeit." - ECOreporter.de-Interview über nachhaltige Investments in Schwellenländer mit INrate-Geschäftsführer Michael Diaz
Nachhaltige Investoren investieren verstärkt in Unternehmen aus Schwellenländern. Wie nachhaltig können diese Firmen sein? ECOreporter.de hat INrate-Geschäftsführer Michael Diaz dazu befragt. Centre Info und INrate, im Oktober fusionierte Researchunternehmen aus der Schweiz, haben eine umfangreiche Nachhaltigkeitsanalyse von Hunderten Unternehmen in den so genannten Emerging Markets durchgeführt. Zum ersten Teil des Interviews, in dem Diaz unter anderem die Volumenentwicklung nachhaltiger Investments in Schwellenländern erläuterte, gelangen Sie per
Mausklick.
ECOreporter.de: Auf Basis welcher Informationen können Sie ein realistisches Bild von der Nachhaltigkeit von Unternehmen aus diesen Märkten gewinnen? Welche Probleme sind dabei zu meistern?
Michael Diaz: Die Informations- und Datenlage über Unternehmen in Emerging Markets ist besser als gemeinhin angenommen. Zum einen nutzen wir die Berichterstattung der Unternehmen. Zum anderen validieren wir unternehmenseigene Informationen anhand von unternehmensexternen Quellen wie Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) oder Nachrichtendiensten.
Das Hauptproblem ist das im Vergleich zu westlichen Ländern schwächere Rechtssystem. Der rechtliche Rahmen lässt generell größere Interpretationsspielräume zu. Daher sind Informationen von staatlichen Behörden weniger zuverlässig als in den entwickelten Märkten.
ECOreporter.de: Inwiefern muss man bei der Nachhaltigkeit von Unternehmen aus diesen Märkten Abstriche machen?
Diaz: Grundsätzlich bestätigt unsere Analyse die Kluft zwischen Industrienationen und aufstrebenden Ländern: Fast 40% der Unternehmen in den Emerging Markets erzielt eine Nachhaltigkeitsbewertung unter 50 von maximal 100 Punkten – in den entwickelten Ländern ist dies nur bei 5% aller Unternehmen der Fall. Außerdem erreichen in den Industrieländern rund 60% der Unternehmen eine Bewertung über 60 Punkte – in den Emerging Markets lediglich 15%.
Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der rechtliche Rahmen in einigen Ländern nicht ausreichend für den Einbezug der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen sorgt und grundsätzlich mehr Spielraum lässt.
ECOreporter.de: Unternehmen können in vielen dieser Länder nur wenig Einfluss auf soziale und ethische Standards nehmen, zum Beispiel können chinesische Unternehmen nichts daran ändern, dass sich Arbeitnehmer in dem Land nicht frei organisieren können. Wie gehen Sie als Nachhaltigkeitsanalysten damit um?
Diaz: Unsere Unternehmensanalyse in den Emerging Markets beruht auf denselben Kenngrößen wie die Bewertung von Unternehmen in entwickelten Märkten. Da das Konzept der Nachhaltigkeit globale Gültigkeit hat, ist diese Vorgehensweise unserer Meinung nach gerechtfertigt.
Bei der nachfolgenden Bewertung vergleichen wir jedoch die Unternehmen derselben Branche und derselben Region miteinander und bewerten Unternehmen mit der Note A, die bei diesem Vergleich am besten abschneiden (sogenannte „aktive“ Unternehmen). Note B erhalten fortschrittliche Unternehmen, Note C erhalten passive Unternehmen. Für ein nachhaltiges Anlageuniversum favorisieren wir Titel mit den Noten A und B. Bei Ihrem Beispiel erhalten chinesische Unternehmen eines bestimmten Sektors die Note A, die diese Herausforderung am besten meistern. Oder anders ausgedrückt: In jedem Land haben Unternehmen einen gewissen Handlungsspielraum innerhalb der gesetzlichen Vorgaben. Wir beurteilen, ob und wie Unternehmen diesen im Sinne der Nachhaltigkeit zu nutzen wissen.
ECOreporter.de: Wie schätzen Sie die Korruption in den Emerging Markets und wie können Unternehmen gegenüber Nachhaltigkeitsexperten nachweisen, dass sie nicht auf Korruption setzen?
Inwiefern erleiden solche Unternehmen dadurch nicht Wettbewerbsnachteile, etwa bei der Auftragsvergabe?
Diaz: Interne Richtlinien zu Korruption sowie entsprechende Maßnahmen entnehmen wir der Unternehmensberichterstattung. Bei diesem Thema kommt den unternehmensexternen Quellen allerdings höchste Bedeutung zu. Konkret heißt das: Selbst wenn ein Unternehmen Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung formuliert hat, aber nachweislich in Korruptionsfälle verwickelt ist, enthält es bei diesem Kriterium eine negative Bewertung.
Eine Studie der Universität Hong Kong aus dem Jahre 2006 zeigt, dass Bestechung und Korruption zwar kurzfristige Vorteile bringen, sich aber langfristig negativ auf die Unternehmensleistung auswirken. Daher gehen wir davon aus, dass den Unternehmen langfristig keine Wettbewerbsnachteile entstehen.
In diesem Zusammenhang könnte man sich die Frage stellen, ob Unternehmen, die auf Korruption verzichten, nicht sogar eine Vorbildfunktion einnehmen. Unter Umständen üben sie mit ihrer Handlungsweise subtilen Druck auf die Landesregierung aus, für alle Unternehmen geltende strengere Vorschriften zu erlassen und deren Nichtbeachtung zu ahnden.
ECOreporter.de: Wie wird sich nach Ihrer Einschätzung die Bedeutung von Nachhaltigkeit und nachhaltigem Investment in diesen Ländern entwickeln?
Diaz: Durch die genannten Konjunkturprogramme in den Emerging Markets werden bereits substanzielle Beträge in eine nachhaltige Entwicklung investiert und konkrete Ziele gesetzt. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Was nachhaltige Investments betrifft, so wurden im Rahmen einer IFC-Studie Asset Managers zu nachhaltigen Anlagen in Schwellenländern befragt (Anmerkung der Red.: IFC = International Finance Corporation, einer Tochtergesellschaft der Weltbank mit der Aufgabe, die Armut in weniger entwickelten Staaten zu verringern). Über 70% von ihnen waren klar der Ansicht, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Finanzanlage in den kommenden drei Jahren zunehmen wird.
ECOreporter.de: Herr Diaz, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Bildhinweis: Michael Diaz / Quelle: INrate

ECOreporter.de: Auf Basis welcher Informationen können Sie ein realistisches Bild von der Nachhaltigkeit von Unternehmen aus diesen Märkten gewinnen? Welche Probleme sind dabei zu meistern?
Michael Diaz: Die Informations- und Datenlage über Unternehmen in Emerging Markets ist besser als gemeinhin angenommen. Zum einen nutzen wir die Berichterstattung der Unternehmen. Zum anderen validieren wir unternehmenseigene Informationen anhand von unternehmensexternen Quellen wie Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) oder Nachrichtendiensten.
Das Hauptproblem ist das im Vergleich zu westlichen Ländern schwächere Rechtssystem. Der rechtliche Rahmen lässt generell größere Interpretationsspielräume zu. Daher sind Informationen von staatlichen Behörden weniger zuverlässig als in den entwickelten Märkten.
ECOreporter.de: Inwiefern muss man bei der Nachhaltigkeit von Unternehmen aus diesen Märkten Abstriche machen?
Diaz: Grundsätzlich bestätigt unsere Analyse die Kluft zwischen Industrienationen und aufstrebenden Ländern: Fast 40% der Unternehmen in den Emerging Markets erzielt eine Nachhaltigkeitsbewertung unter 50 von maximal 100 Punkten – in den entwickelten Ländern ist dies nur bei 5% aller Unternehmen der Fall. Außerdem erreichen in den Industrieländern rund 60% der Unternehmen eine Bewertung über 60 Punkte – in den Emerging Markets lediglich 15%.
Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der rechtliche Rahmen in einigen Ländern nicht ausreichend für den Einbezug der verschiedenen gesellschaftlichen Interessen sorgt und grundsätzlich mehr Spielraum lässt.
ECOreporter.de: Unternehmen können in vielen dieser Länder nur wenig Einfluss auf soziale und ethische Standards nehmen, zum Beispiel können chinesische Unternehmen nichts daran ändern, dass sich Arbeitnehmer in dem Land nicht frei organisieren können. Wie gehen Sie als Nachhaltigkeitsanalysten damit um?
Diaz: Unsere Unternehmensanalyse in den Emerging Markets beruht auf denselben Kenngrößen wie die Bewertung von Unternehmen in entwickelten Märkten. Da das Konzept der Nachhaltigkeit globale Gültigkeit hat, ist diese Vorgehensweise unserer Meinung nach gerechtfertigt.
Bei der nachfolgenden Bewertung vergleichen wir jedoch die Unternehmen derselben Branche und derselben Region miteinander und bewerten Unternehmen mit der Note A, die bei diesem Vergleich am besten abschneiden (sogenannte „aktive“ Unternehmen). Note B erhalten fortschrittliche Unternehmen, Note C erhalten passive Unternehmen. Für ein nachhaltiges Anlageuniversum favorisieren wir Titel mit den Noten A und B. Bei Ihrem Beispiel erhalten chinesische Unternehmen eines bestimmten Sektors die Note A, die diese Herausforderung am besten meistern. Oder anders ausgedrückt: In jedem Land haben Unternehmen einen gewissen Handlungsspielraum innerhalb der gesetzlichen Vorgaben. Wir beurteilen, ob und wie Unternehmen diesen im Sinne der Nachhaltigkeit zu nutzen wissen.
ECOreporter.de: Wie schätzen Sie die Korruption in den Emerging Markets und wie können Unternehmen gegenüber Nachhaltigkeitsexperten nachweisen, dass sie nicht auf Korruption setzen?

Diaz: Interne Richtlinien zu Korruption sowie entsprechende Maßnahmen entnehmen wir der Unternehmensberichterstattung. Bei diesem Thema kommt den unternehmensexternen Quellen allerdings höchste Bedeutung zu. Konkret heißt das: Selbst wenn ein Unternehmen Richtlinien zur Korruptionsbekämpfung formuliert hat, aber nachweislich in Korruptionsfälle verwickelt ist, enthält es bei diesem Kriterium eine negative Bewertung.
Eine Studie der Universität Hong Kong aus dem Jahre 2006 zeigt, dass Bestechung und Korruption zwar kurzfristige Vorteile bringen, sich aber langfristig negativ auf die Unternehmensleistung auswirken. Daher gehen wir davon aus, dass den Unternehmen langfristig keine Wettbewerbsnachteile entstehen.
In diesem Zusammenhang könnte man sich die Frage stellen, ob Unternehmen, die auf Korruption verzichten, nicht sogar eine Vorbildfunktion einnehmen. Unter Umständen üben sie mit ihrer Handlungsweise subtilen Druck auf die Landesregierung aus, für alle Unternehmen geltende strengere Vorschriften zu erlassen und deren Nichtbeachtung zu ahnden.
ECOreporter.de: Wie wird sich nach Ihrer Einschätzung die Bedeutung von Nachhaltigkeit und nachhaltigem Investment in diesen Ländern entwickeln?
Diaz: Durch die genannten Konjunkturprogramme in den Emerging Markets werden bereits substanzielle Beträge in eine nachhaltige Entwicklung investiert und konkrete Ziele gesetzt. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Was nachhaltige Investments betrifft, so wurden im Rahmen einer IFC-Studie Asset Managers zu nachhaltigen Anlagen in Schwellenländern befragt (Anmerkung der Red.: IFC = International Finance Corporation, einer Tochtergesellschaft der Weltbank mit der Aufgabe, die Armut in weniger entwickelten Staaten zu verringern). Über 70% von ihnen waren klar der Ansicht, dass die Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Finanzanlage in den kommenden drei Jahren zunehmen wird.
ECOreporter.de: Herr Diaz, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Bildhinweis: Michael Diaz / Quelle: INrate