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Anleihen / AIF, Crowd-Investment
Crowd-Investment: Solarenergie in Afrika – Entwicklungshilfe oder nachhaltige Geldanlage?
Die Africa GreenTec AG entwickelt, produziert, vertreibt und installiert sogenannte Solartainer in afrikanischen Dörfern, die nicht an das staatliche Stromnetz angeschlossen sind. Um das Geschäft weiterzuentwickeln, bietet das Unternehmen aus Hainburg in Hessen ein Genussrecht mit einem Volumen von bis zu 5 Millionen Euro an. Ab 250 Euro können Crowd-Investoren die Vermögensanlage zeichnen. Deren Rendite ist abhängig von einer Unternehmenswertsteigerung und Bilanzgewinnen der Africa GreenTec AG.
Der Solartainer ist eine mobile Solaranlage in und auf einem Container, die Strom erzeugen und speichern kann. Das Modell Amali, das derzeit bei allen 17 Bestandsprojekten im Einsatz ist, verfügt nach Angaben der Emittentin Africa GreenTec AG über eine Maximalleistung von 50 Kilowattpeak und ist mit einem 67-Kilowattstunden-Lithium-Ionen-Speicher ausgestattet.
Wie sind derzeit die Geschäftsaussichten der Emittentin? Wie wirkt sich die Corona-Krise aus? Was fällt an den Geschäftszahlen für 2019 auf? In welche Bereiche sollen die Anlegergelder fließen? Wovon hängt die künftige Entwicklung der Africa GreenTec AG entscheidend ab? Warum ist der ermittelte Unternehmenswert von 38,5 Millionen Euro für die Zeichner der Genussrechte wichtig?
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Erster Solartainer 2015 in Mali aufgebaut
Der erste Solartainer wurde Unternehmensangaben zufolge im Januar 2015 in Deutschland gefertigt und im September 2015 in Mali aufgebaut. In Mali befinden sich gemäß der veröffentlichen Standort-Grafik rund 90 Prozent der 17 Dörfer, in denen die Africa GreenTec AG bislang Solartainer aufgestellt sind. Ab 2020 sind vermehrt Solartainer-Verkäufe nach Niger geplant. Im Niger existiert nach Angaben der Emittentin ein offizielles Memorandum of understanding mit der dortigen Regierung, das ein Volumen von 35 Millionen Euro und 50 Dörfer umfasse. In weiteren afrikanischen Ländern ist ein Markteinstieg erfolgt oder konkret in Planung.
Auswirkungen wegen Corona?
Nach Einschätzung der Emittentin ist aktuell ihre Geschäftstätigkeit in Afrika durch die Corona-Krise nicht langfristig gefährdet. Zum Schutz seiner Mitarbeiter verzichte das Unternehmen derzeit auf Reisen nach Mali oder in andere Länder. Für das Jahr 2020 rechnet die Emittentin mit Verzögerungen in der Beschaffung von Investitionen sowie bei der Umsetzung von neuen Projekten.
Unternehmensbereiche und Geschäftsmodell

Das Team von Africa GreenTec in Mali. / Foto: Unternehmen
Die Emittentin des Genussrechts, die 2017 neu ins Unternehmensregister eingetragene Africa GreenTec AG, ist die Muttergesellschaft der Africa GreenTec Gruppe. Die nicht börsennotierte Emittentin ist zuständig für die Entwicklung und Produktion des Solartainers und weiterer Produkte sowie für die Planung, Koordinierung und das Dienstleistungsgeschäft der Projekte in den Dörfern (Komponenten- und Systemanbieter). Dazu gehört auch der Aufbau der Stromverteilungsnetze (Mini Grids).
Ihre Dienstleistungen verkauft die Emittentin nach eigenen Angaben an Unternehmen, Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen und eigene Betreibergesellschaften. Für den Betreiber soll sich seine Investition durch den Stromverkauf an die Kunden vor Ort finanzieren. Im Genossenschaftsmodell ist das Dorf selbst der Betreiber und werde dabei häufig durch Subventionen unterstützt. An den lokalen Betreibern ist die Emittentin über länderspezifische Tochtergesellschaften in unterschiedlicher Höhe beteiligt. In Mali liegt die direkte Beteiligungshöhe nach ihren Angaben bei 42 Prozent. Die Africa GreenTec Asset GmbH hat 2019 eine Anleihe herausgegeben und koordiniert die Verwaltung der durch die Anleihe finanzierten Solartainer in Mali.
Die Emittentin hat nach eigenen Angaben das Ziel, neben der Bereitstellung von Strom auch die darauf aufbauenden Anwendungen zu entwickeln. Hierzu zählt sie Trinkwasseraufbereitung, Kühlketten, Internetanschluss, energieeffiziente Endgeräte, landwirtschaftliche Maschinen und die Förderung von Bildung.
Mehrere Jahresverluste
Im Geschäftsjahr 2019 hat die Emittentin nach eigenen Angaben eine Gesamtleistung von rund 450.000 Euro erwirtschaftet. Diese ergibt sich aus den Umsatzerlösen von rund 584.000 Euro abzüglich der Bestandreduzierung von rund 134.000 Euro. Die Gesamtleistung lag in absoluten Zahlen nur leicht über dem Jahresverlust 2019 von rund 428.000 Euro. Auch in den Vorjahren verzeichnete die Emittentin Jahresfehlbeträge von rund 233.000 Euro (2018) und rund 670.000 Euro (2017). Das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) war 2019 mit minus rund 406.000 Euro ähnlich hoch wie der Jahresverlust von rund 428.000 Euro. Das zeigt, dass der Jahresverlust hauptsächlich nicht aus Abschreibungen und Zinsbelastungen resultiert. Auf der Kostenseite sind hier für 2019 vor allem der Personalaufwand (rund 382.000 Euro) und die betrieblichen Aufwendungen (rund 372.000 Euro) zu nennen.
Den Jahresverlusten steht nach Angaben der Emittentin der Aufbau von Unternehmens-Assets im Wert von über 10 Millionen Euro gegenüber. Die Emittentin hat laut Bilanz 2018 aber nur ein Anlage- und Umlaufvermögen von rund 1,3 Millionen Euro. Wie ist dieser Unterschied zu erklären? Ein großer Teil der Assets kann bei der Africa GreenTec Asset GmbH verbucht sein, die eine Anleihe herausgegeben hat und die durch die Anleihe finanzierten Solartainer in Mali verwaltet.
Wohin fließen die Anlegergelder?
Der Finanzmittelbestand der Emittentin reduzierte sich bis Ende 2019 auf rund 34.000 Euro. Demnach ist es möglich, dass die Emittentin Liquidität benötigt, um 2020 laufende Kosten (z. B. für das Personal) zu decken.
Je nach Höhe des eingesammelten Kapitals will die Emittentin eigenen Angaben zufolge die Anlegergelder für verschiedene Maßnahmen verwenden. Kurzfristig ist unter anderem ein weiterer Personalaufbau geplant, auch um noch mehr Anlegerkapital zu erhalten: „Sicherstellung des Zugangs zu Förder- und Wachstumskapital durch den Aufbau einer eigenen Crowd-Funding-Plattform sowie Aufbau der benötigten Teamstrukturen“ und „Ausbau der Teamstrukturen in Deutschland und Subsahara-Afrika sowie Optimierung und konsequente Digitalisierung aller Prozesse und Abläufe im Unternehmen“. Weitere geplante Maßnahmen sind: „Erweiterung des Produktportfolios um weitere Stromerzeugungssysteme, um flexibler sowohl unzugängliche Gebiete sowie unterschiedlich große Dörfer effizient versorgen zu können (kurz-mittelfristig)“ und „Intensivierung der Vertriebsaktivitäten zum Markteintritt in weitere Länder (mittelfristig)“. Mittel- bis langfristig sind zudem Kooperationen und ein Börsengang angedacht.
Kann das Geschäftsmodell rentabel werden?

Truck mit Solartainer von Africa GreenTec. / Foto: Unternehmen
Inwiefern sind die Endkunden in Afrika willens und in der Lage, das Produkt bzw. die Leistung von Africa GreenTec zu bezahlen? Hier unterscheidet die Emittentin zwischen konsumorientierter und produktivitätsorientierter Motivation. Während konsumorientierte Ausgaben die vorhandene Kaufkraft abschöpfen, führen produktivitätsorientierte Aufwendungen zu einer Steigerung des Einkommens und der Kaufkraft. Nach Einschätzung von Africa GreenTec liegt der Vorteil der von ihnen angebotenen Leistungen darin, dass Mini Grids im Gegensatz zu weitverbreiteten Solar-Home-Systemen Produktivstrom liefern, mit dem die Menschen in der Lage sind, ihre Produktivität massiv zu steigern.
Aber wie kann die Emittentin von dieser Produktivitätssteigerung profitieren? Ein Problem ist nach Angaben der Emittentin, dass die Anzahl der Standorte, an denen sie bereits Solartainer-Anlagen betreibt, bisher nicht ausreicht, um durch Skaleneffekte in Wettbewerb zu anderen technischen Lösungen wie Freiflächenanlagen zu treten. Um die Gemeinkosten in einem Land besser auf die Standorte verteilen zu können, benötige die Emittentin mehr Standorte. Und die finanziellen Mittel für das angestrebte Wachstum und die Skalierung fehlten derzeit.
Aussichtsreiche Investitionen in Infrastruktur, z. B. in Verteilnetze und Hausanschlüsse, erfordern politische Stabilität und Planbarkeit des Wirtschaftssystems bzw. Staatssystems. Gerade Letzteres fehlt nach Angaben der Emittentin in Afrika mitunter. Für Africa GreenTec ist es nach eigenen Angaben entscheidend, Zugang zu langfristig ausgerichteten staatlichen Fördertöpfen zu erlangen, vor allem da auch Wettbewerber auf derartige Finanzierungsinstrumente zurückgreifen.
Sehr hohe Umsatzsteigerungen geplant
Die Emittentin hat 2019 Umsatzerlöse von rund 580.000 Euro erzielt. Ihre Finanzplanung sieht vor, dass ihre Umsatzerlöse rasant ansteigen, auf rund 7,3 Millionen Euro in 2021, rund 13,8 Millionen Euro in 2022 und rund 20,6 Millionen Euro in 2023. Basierend auf den bis 2023 geplanten Umsatzzahlen errechnet sich nach Angaben der Emittentin, dass ihr Firmenwert in der Gegenwart 38,5 Millionen Euro beträgt. Nach Aussage von Africa GreenTec basieren die Wachstumsprognosen auf der konkreten Projektpipeline und der vorhandenen Produktionskapazität.
Genussrechtskapital ist Eigenkapital
Bei der Vermögensanlage handelt es sich um ein Genussrecht mit qualifiziertem Rangrücktritt ohne feste Laufzeit. Anleger und Emittentin können erstmals zum 31. Dezember 2035 ordentlich kündigen. Anleger erhalten keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung, sondern haben die Chance, eine Verzinsung zu erzielen. Diese ist abhängig von Bilanzgewinnen, einer Unternehmenswertsteigerung sowie von Liquidationserlösen der Emittentin. Bei einer negativen Entwicklung des Unternehmenswertes kann der Anleger weniger als seinen investierten Betrag zurückerhalten. Bei dem ermittelten Unternehmenswert von 38,5 Millionen Euro betrage die heranzuziehende Quote für einen Anleger, der 250 Euro gezeichnet hat, mindestens 0,00057 Prozent. Die Quote des Anlegers kann sich während der Laufzeit der Genussrechte verringern, wenn die Emittentin Kapitalerhöhungen oder weitere Schwarmfinanzierungen durchführt (Verwässerung).
Da es sich bei dem Genussrechtskapital nach Angaben der Emittentin um Eigenkapital im Sinne des Handelsgesetzbuchs handelt, nimmt das Genussrechtskapital und damit der jeweilige Anlagebetrag bis zur vollen Höhe an den Verlusten der Emittentin teil. Weist die Emittentin daher einen Bilanzverlust aus oder wird ihr Grundkapital zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, so vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Anlegers unmittelbar anteilig. Dies kann zur vollständigen Aufzehrung des Genussrechtskapitals und damit zu einem Totalverlust der Vermögensanlage führen.
Fazit
Die Emittentin Africa GreenTec AG ist verschiedenen hohen Risiken ausgesetzt. Die politischen Rahmenbedingungen sind teilweise schwierig. Auch die sozialen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Verhältnisse in den afrikanischen Dörfern erschweren eine erfolgreiche Umsetzung des Geschäftsmodells erheblich.
Grundsätzlich sind die Projekte der Emittentin in Afrika sozial und ökologisch sinnvoll und die potenzielle positive Nachhaltigkeitswirkung des Genussrechtskapitals hoch. Der Bedarf an dezentralen Energieversorgunglösungen und Stromverteilungsnetzen (Mini Grids) in afrikanischen Ländern ist groß. Dementsprechend ist es grundsätzlich möglich, dass das Marktvolumen künftig deutlich ansteigt und davon auch die Emittentin und damit die Genussrechteinhaber profitieren.
Für den Privatanleger als Zeichner des Genussrechts bestehen aber auch sehr hohe Risiken. Die prognostizierten Umsatzzahlen der Emittentin für die Jahre 2021 bis 2023 sind weit von dem Umsatz in 2019 entfernt. Bei einer negativen Entwicklung des Unternehmenswertes kann der Anleger weniger als seinen investierten Betrag zurückerhalten. Aber bereits kurz- und mittelfristig bestehen hohe Risiken für die Anleger. Kurzfristig können sich z.B. Projekte aufgrund der Corona-Krise verzögern, sodass die Emittentin auf ausreichend Anlegerkapital angewiesen sein könnte, um ihre laufenden Kosten zu decken und nicht in einen Liquiditätsengpass zu geraten. Um durch Skaleneffekte in Wettbewerb zu anderen technischen Lösungen wie Freiflächenanlagen treten zu können, benötigt die Emittentin mehr Anlagen-Standorte.