AMD ist unter anderem auf Hochleistungsrechner für Computerspiele fokussiert. / Foto: imago images, VCG

  Nachhaltige Aktien

Chipentwickler AMD im Höhenflug – wie nachhaltig ist der Intel-Konkurrent?

Des einen Leid, des anderen Freud: Als der weltgrößte Chip-Hersteller Intel am 23. Juli 2020 einräumen musste, dass seine neue Prozessoren-Generation mit 7-Nanometer-Spurbreite sechs Monate später auf den Markt kommen würde als geplant, brach nicht nur die Intel-Aktie ein. Es begann auch eine Kursrallye der AMD-Aktie, die am 5. August mit einem neuen Allzeithoch bei 86,06 US-Dollar ihren bisherigen Höhepunkt erreichte.

Im Gegensatz zum Marktführer Intel hat AMD bereits Produkte im 7-Nanometer-Verfahren im Angebot. Je niedriger die Strukturbreiten, desto mehr Prozessoren passen auf eine Halbleiter-Scheibe. Zudem arbeiten die Chips dadurch effizienter und stromsparender. Selbst stellt AMD die Halbleiter übrigens nicht her: Seit 2009 verlässt sich das Unternehmen auf Dienstleister wie TSMC aus Taiwan.

Die jüngsten Erfolge sind auch der Lohn eines Strategiewechsels: Seit 2014 die amtierende Chefin Lisa Su bei AMD das Zepter übernahm, hat die US-Amerikanerin das Unternehmen konsequent neu ausgerichtet. Und wie steht es mit der Nachhaltigkeit?

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Frau am Steuer

AMD steht für Advanced Micro Devices. Gegründet wurde das Unternehmen am 1. Mai 1969 von Jerry Sanders III und Ed Turney unter dem Namen Sanders Association als Hersteller von integrierten Schaltkreisen. Das Startkapital für die Firmengründung stammte unter anderem von Intel-Mitbegründer Robert Noyce.

1975 startete AMD die Produktion von Speicherchips, 1979 ging das Unternehmen an die Börse. Im selben Jahr erwarb AMD eine Lizenz zur Herstellung von Intel-Prozessoren, die 1986 durch Intel gekündigt wurde. Nachdem sich AMD im Zuge eines Gerichtsstreits verpflichtet hatte, keine Intel-Nachbauten zu erstellen, begann das Unternehmen mit der Entwicklung eigener Prozessoren.


AMD-Chefin Lisa Su ist seit 2014 am Ruder. / Foto: imago images, UPI Photo

Durch strategische Übernahmen erweiterte AMD in den folgenden Jahrzehnten sein technologisches Portfolio. In Dresden eröffnete AMD zwei Halbleiterwerke (englisch Fab, kurz für „semiconductor fabrication plant“), 1998 die Fab30 und 2004 die Fab36. 2009 gliederte AMD seine komplette Produktion in eine eigene Gesellschaft aus.

2014 übernahm die US-Amerikanerin Lisa Su nach schwierigen Jahren den Vorstandsvorsitz bei AMD. 2015 präsentierte Su mit anderen Führungskräften eine neue Langzeitstrategie. Seitdem konzentriert sich das Unternehmen auf die Entwicklung von Hochleistungs-Rechen- und Grafiktechnologien für drei Wachstumsmärkte: Computerspiele, Datencenter und virtuelle Realität.

Nachhaltige Ziele mit Luft nach oben

Für die elektronischen Komponenten von Halbleiterchips wird hochreines Silizium benötigt. Dessen Herstellung ist energieintensiv und setzt Kohlendioxid frei. Bei der Umweltbilanz von Computerchips geht es also vor allem darum, dass die Umweltbilanz der Produktion verbessert wird – AMD betreibt zwar keine Serienfertigung mehr, stellt aber im Zuge der Produktentwicklung immer noch Chips zu Forschungszwecken her.

AMD arbeitet nach eigenen Aussagen kontinuierlich daran, umweltfreundlicher und energieeffizienter zu werden. Das Unternehmen hat sich in verschiedenen Bereichen wie Emissionsausstoß, Recycling und Wasserverbrauch Ziele gesetzt, die bis Ende 2020 erreicht werden sollen.

So will das Unternehmen den Ausstoß von Treibhausgasen bis Ende dieses Jahres um 20 Prozent unter den Durchschnitt der im Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA) vertretenen Unternehmen senken. Ende 2019 war hier AMD zufolge bereits eine Senkung um 23 Prozent erreicht, unter anderem durch zugekaufte Zertifikate.

Beim Wasserverbrauch strebt AMD eine Reduzierung um 40 Prozent unter dem SIA-Durchschnitt an, auch hier befand man sich Ende 2019 eigenen Angaben zufolge bereits mit 48 Prozent im Soll. Die Kranken- und Verletztenquote der Mitarbeiter soll Jahr für Jahr reduziert werden, 2019 lag die Quote 29 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Auch waren 2019 100 Prozent aller AMD-Verpackung aus recycelbaren Materialien. Das Ziel einer Recyclingquote von 65 Prozent oder höher bei Gefahrenstoffen bis 2020 droht das Unternehmen allerdings zu verfehlen: 2019 lag die Quote nur bei 54 Prozent.

Der Stromverbrauch ist ebenfalls noch zu hoch. 2020 soll dieser eigentlich 40 Prozent unter dem SIA-Durchschnitt liegen, Ende 2019 waren es erst 21 Prozent. Immerhin erstattet AMD auf seiner Homepage transparent Bericht über die Ziele und den aktuellen Stand.

Im Nachhaltigkeitsranking nach ESG-Kriterien (eine Bewertung nach den Kategorien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) durch den US-Finanzdienstleister MSCI ESG hat AMD aktuell eine durchschnittliche Bewertung (BBB). Unter den 63 geprüften Branchenunternehmen gehört AMD damit zu den besseren 44 Prozent.

Als unterdurchschnittlich bewertet MSCI ESG die Produktsicherheit und Produktqualität. In anderen Bereichen liegt AMD im Durchschnitt, ohne in einem Geschäftsbereich besonders führend bei der Nachhaltigkeit zu sein.

Branchenprimus und Konkurrent Intel liegt im Rating von MSCI ESG im leicht überdurchschnittlichen Bereich und ist mit A eine Note höher bewertet als AMD. MSCI ESG sieht Intel in einigen Punkten als Branchenvorreiter, unter anderem bei der ökologischen Ausrichtung des Unternehmens.

Ein kritischer Punkt bei der Beurteilung von AMD-Produkten ist die Berücksichtigung von Elektroschrott. Allein 2019 kamen weltweit 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott zusammen, das hat der "Global E-Waste Monitor 2020" festgestellt. Seit 2014 ist die Menge an E-Schrott demnach um mehr als ein Fünftel gestiegen und ist beim Haushaltsmüll der am schnellsten wachsende Abfallbereich.

Hauptgrund dafür ist der zunehmende Konsum von kurzlebigen Elektroprodukten, die nicht mehr repariert werden, wie etwa Smartphones. Allerdings: Den größten Zuwachs beim Schrott verzeichnen Wärmetauscher von Kühlschränken und Klimaanlagen.

Produkte wie Server, Hochleistungs-PCs und Spielekonsolen, auf die sich AMD konzentriert, zeichnen sich zudem im Elektronikbereich durch Langlebigkeit aus. Auch stellt AMD die Geräte nicht selbst her, sondern entwickelt nur bei Dienstleistern gefertigte Chips. Eine CPU hat eine geschätzte Lebensdauer von 20 bis 40 Jahren. Grafikkarten halten zwar nur vier bis fünf Jahre. Gehen sie kaputt, kann man sie aber in der Regel austauschen, ohne den gesamten PC entsorgen zu müssen.

Umsatz und Gewinn steigen seit 2016

Seit 2016 steigert AMD Umsatz und Erlöse kontinuierlich. 2019 machte das Unternehmen einen Umsatz von 6,7 Milliarden US-Dollar gegenüber 6,4 Milliarden US-Dollar in 2018. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) betrug 341 Millionen US-Dollar (2018: 330 Millionen US-Dollar).

Im zweiten Quartal 2020 steigerte AMD trotz der Corona-Krise den Umsatz im Jahresvergleich um 26 Prozent auf 1,93 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn sprang von 35 auf 157 Millionen US-Dollar. AMD verzeichnete insbesondere höhere Verkäufe bei seinen PC-Chips der Marke Ryzen sowie den Epyc-Prozessoren für Rechenzentren. Unter den Kunden sind unter anderem Google und Amazon mit ihren riesigen Server-Anlagen.
Das Geschäft mit Rechenzentren macht mittlerweile rund 20 Prozent der AMD-Erlöse aus. Bevor 2017 eine neue Chip-Generation die Wende brachte, war es nur 1 Prozent.

Bei PC-Chips erzielte AMD im zweiten Quartal 2020 den höchsten Umsatz seit zwölf Jahren. Der Marktanteil ihrer Firma wachse kontinuierlich seit fast drei Jahren, erklärte Chefin Su.

AMD ist an der US-Börse Nasdaq notiert und im Aktienindex S&P 500 gelistet, der die 500 größten börsennotierten US-Unternehmen umfasst. Seit 2016 ist AMD im nachhaltigen Dow Jones Sustainability Index North America vertreten.

AMD schüttet keine Dividende aus. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens beträgt 100 Milliarden US-Dollar (Stand: 6.8.2020, 15:00 Uhr).

Wie attraktiv ist die Aktie?

Kurz- wie langfristig betrachtet liegt die AMD-Aktie deutlich im Plus: Auf Sicht von drei Monaten hat sie 49,4 Prozent an Wert gewonnen, im Drei-Jahres-Vergleich ist die Aktie 545,7 Prozent im Plus. In den vergangenen fünf Jahren hat sie um 3.465 Prozent zugelegt.

Aktuell steht die AMD-Aktie im Tradegate-Handel bei 71,97 Euro (Stand: 6.8.2020, 15:00 Uhr). Sowohl die jüngste Entwicklung als auch die langfristigen Aussichten von AMD sind gut. Aber: Mit einem für 2020 erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 70 ist die Aktie zu teuer, um derzeit einzusteigen.

Fazit

AMD formuliert Nachhaltigkeits-Ziele und dokumentiert Fortschritte – und das Unternehmen steht dazu, wenn es Probleme gibt. Verbesserungspotenzial ist vorhanden, und es bleibt abzuwarten, welche neuen Ziele AMD formuliert, wenn die aktuelle Zielmarke Ende 2020 erreicht ist. Insgesamt fällt die Entwicklung bei der Nachhaltigkeit aber ordentlich aus.

Finanziell scheint AMD klar auf der Überholspur. Der neue Kurs unter Chefin Lisa Su brachte schon vor Intels Chip-Desaster deutliche Erfolge – seitdem liegt AMD technisch bis auf weiteres vor dem Branchenprimus. Das Analysehaus Jefferies erwartet, dass AMD seine Marktanteilsgewinne vor allem auf dem Servermarkt sogar noch ausbauen dürfte.

Die Rallye der AMD-Aktie ist eine mit Substanz. Das haben auch die Zahlen im zweiten Quartal 2020 untermauert. Kehrseite der starken Entwicklung und des jüngsten Kurssprungs: Für Anleger bietet sich beim derzeitigen Preis der Aktie keine Gelegenheit einzusteigen.

Advanced Micro Devices: ISIN US0079031078 / WKN 863186

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