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Bundeskabinett beschließt neue Regeln für freie Finanzvermittler und „graue“ Anlageprodukte

Nach langem Hin und Her hat sich die Bundesregierung zu neuen Regeln für die Vermittlung von Anlageprodukten im so genannten Grauen Kapitalmarkt durchgerungen. Sie dürften sich auch auf Anbieter und Vermittler geschlossener Neue Energiefonds auswirken.

Heute hat das Bundeskabinett den „Gesetzesentwurf zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler und Vermögensanlagerechts“ verabschiedet. Die neue Regelung soll Verbraucher besser vor Falschberatungen und Vermögensverlusten schützen. Im Februar hatte die Bundesregierung neue Regeln für die Beratung durch Banken eingeführt. Nun sollen für gewerbliche Vermittler vergleichbare Standards gelten. So sind die rund 70.000 freien Vermittler fortan verpflichtet, sich in ein öffentliches Vermittlerregister eintragen zu lassen. Sie müssen ihre Kunden über Provisionen informieren, einen Kurzinformationsblätter über Chancen und Risiken von Produkten bereitstellen und ein Beratungsprotokoll anfertigen. Die Vermittler und alle Mitarbeiter, die direkt an der Beratung beteiligt sind, müssen zudem eine Sachkundeprüfung ablegen. Bisher genügte Vermittlern eine Gewerbeerlaubnis, um geschlossene Fonds oder andere Beteiligungen anbieten zu dürfen.

Im Gesetzentwurf des Finanzministeriums wird auch der zusätzliche Aufwand überschlagen, den die neue Regelung für die Vermittler zur Folge hat. Demnach werden Gewerbetreibende mit zwei Beschäftigten mit rund 1.280 Euro belastet. Hinzu kommen jährlich anfallende Kosten von 800 bis 1.200 Euro für eine Berufshaftpflichtversicherung, die nun jeder Vermittler besitzen muss. Sie soll Vermögensschäden aus fehlerhafter Vermittlung oder Beratung abdecken.

Zudem geht das Finanzministerium davon aus, dass bei Emittenten von Vermögensanlangen durch die neu eingeführten Rechnungslegungsvorschriften jährlich zusätzliche Kosten in Höhe von rund 21.400 Euro entstehen. In Zukunft prüft die Bundesaufsichtsbehörde für Finanzen, BaFin, die Verkaufsprospekte etwa für geschlossene Fonds nicht nur formal auf Vollständigkeit. Vielmehr werden sie nun auch auf Widerspruchsfreiheit und Verständlichkeit hin bewertet. Die Finanzberater, die beispielsweise geschlossene Fonds verkaufen, werden dagegen nicht von der BaFin kontrolliert. Dafür sind die lokalen Gewerbeämter zuständig, womit sich das vom FDP-Politiker Brüderle geführte Wirtschaftsministerium gegen anderslautende Pläne von Finanzminister Schäuble durchgesetzt hat.

An dieser Stelle setzt die Kritik von Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB), an dem Gesetzentwurf an: "Ich habe erwartet, dass künftig auch die freien Vermittler der BaFin unterstellt werden. Das hat die Bundesregierung nicht erreicht und Verbraucherinteressen aus koalitionstaktischen Erwägungen geopfert." Eine Beaufsichtigung der Finanzanlagenvermittler durch die BaFin sei jedoch für wirksamen Verbraucherschutz zweckmäßiger. Götzl weiter: "Die Bundesregierung verfestigt so die aufsichtsrechtliche Ungleichbehandlung zwischen reguliertem sowie unreguliertem Kapitalmarkt und verfehlt ihr Ziel, ein einheitliches Anlegerschutzniveau zu schaffen." Der GVB-Präsident fordert, dass für Finanzanlagenvermittler die gleichen Pflichten wie für Bankberater gelten müssen, um ein Mindestmaß an Verbraucherschutz im Grauen Kapitalmarkt zu gewährleisten. Die Einhaltung musse jährlich und anlassbezogen durch Wirtschaftsprüfer überwacht werden.

Der VGF Verband Geschlossene Fonds e.V., die Interessenvertretung der Anbieter geschlossener Fonds in Deutschland, hat die Verankerung der Zulassungsregelungen für freie Vermittler und  Berater geschlossener Fonds im Rahmen der Gewerbeordnung begrüßt. Dadurch werde das „bisher niedrige Anforderungsprofil für diesen Vertriebsweg sinnvoll erweitert“. Das Gesetz ermögliche einen „angemessenen Ausgleich zwischen einer Verbesserung des Anlegerschutzniveaus auf der einen Seite und den praktischen Anforderungen für den Vertrieb auf der anderen Seite“.
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