Anleihen / AIF

Bürgerbeteiligung an Grünstromanlagen vor dem Aus?

Durch die Neufassung des Kapitalanlagegesetzes, die der Bundestag in der vergangenen Woche in erster Lesung behandelt hat, werden Bürgerenergieanlagen erheblich verteuert und erschwert. Darauf weist der fesa e.V. aus Freiburg hin. Den bewährten Formen der Bürgerbeteiligung vor Ort in Genossenschaften, GbRs und GmbH & Co. KGs würden unnötig Steine in den Weg gelegt, stellt er zu den Plänen des Bundesfinanzministeriums fest. Der fesa e.V. setze sich für eine Nachbesserung des Gesetzesentwurfes ein: „Die Beteiligung der Menschen vor Ort ist entscheidend für den Erfolg der Energiewende“, so fesa-Geschäftsführer Nico Storz. „Der Gesetzesentwurf des Finanzministers ist gerade für die wichtigen regionalen Projekte existenzbedrohend.“ Die neuen Regelungen des Kapitalanlagegesetzes bedeuten ihm zufolge einen stark erhöhten Verwaltungsaufwand. Dies verteuere und verkompliziere die Projekte.

"Bei Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs würden an regionale Bürgerprojekt-Gesellschaften und Genossenschaftsmodelle dieselben kostenintensiven und aufwändigen Zulassungsanforderungen gestellt wie an international agierende Emissionshäuser und Kreditinstitute“, so fesa-Mitglied Lars Ritterhoff, Rechtsanwalt der auf die Beratung dezentraler Energieerzeugungsprojekte spezialisierten Kanzlei Flaig Ritterhoff in Freiburg. "Damit wird der Gesetzesentwurf bürgerschaftliches Engagement für Energieprojekte unmöglich machen.“ Zu Grunde liegt der Novelle die EU-Richtlinie 2011/61/EU, die bis Juni 2013 umgesetzt werden muss. Ziel der Richtlinie ist es, sämtliche Finanzmarktakteure einer Aufsicht zu unterwerfen und den Anlegerschutz zu stärken.

Lars Ritterhoff: „Mit dem Gesetzentwurf schießt der Finanzminister weit übers Ziel hinaus. Denn die vorgelegten und umstrittenen Inhalte zur Umsetzung der Richtlinie sind europarechtlich nicht einmal zwingend notwendig." Arnulf Allert, fesa-Mitglied und freier Berater für nachhaltige Geldanlagen, ergänzt: „Mit Anlegerschutz hat die Novelle nichts zu tun – der Anleger wird bevormundet und dezentrale Projekte werden verhindert. Den Nutzen haben die großen Anbieter.“

Zentraler Stein des Anstoßes: Sogenannte „Ein-Objekt-Fonds“ will das Finanzministerium verbieten. Gerade diese sind jedoch die klassischen Anlageobjekte von Bürgerenergieanlagen, die eben ein Windrad oder ein Solardach bauen. Ein weiterer Knackpunkt ist die Beschränkung der Fremdfinanzierung auf 40 Prozent. Die Einbindung von KfW-Fördermitteln ist so nicht mehr möglich. „Auf diese Weise sind Bürgerenergieprojekte in den meisten Fällen nicht mehr finanzierbar. Schlicht unmöglich wird es jedoch für regionale Projekte, die hohen Anforderungen an Berichts- und Beweispflichten, Kapitalanforderungen oder Risikocontrolling zu erfüllen, wenn sie international agierenden Investmentgesellschaften gleichgestellt werden“, stellt Storz dazu fest.
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