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Buchtipp: Bitterfelder Bogen

Q-Cells? Natürlich kennen Sie Q-Cells. Das deutsche Solarunternehmen, das so erfolgreich war, das einmal SolarWorld überholte, das aber irgendwie nie richtig greifbar scheint. Alleine der Name: Q-Cells. Und dann ein ehemaliger McKinsey-Berater an der  Spitze, Anton Milner. Der hatte nie das so greifbare Profil eines Frank Asbeck, SolarWorld-Vorstand und Gründer, hatte nie diese bodenständige „Junge-von nebenan“-Ausstrahlung hatte wie Phönix-Solar-Vorstand Andreas Hänel. Ein Konzern, angesiedelt bei Bitterfeld, im Solar Valley, in einer Kunstwelt – möchte man zumindest meinen. Eine Solarfirma, die so rasch wuchs, dass sich die Anleger, die Nachbarn, ja sogar der Markt ihr nie so nahe waren, sich nie mit ihr so identifizierten wie mit SolarWorld oder Phönix Solar. Wer Monika Marons Buch „Bitterfelder Bogen“ liest, der wird erkennen, dass hier ein grandioser Irrtum vorliegt.  Ihr Buch endet mit den Sätzen „Vielleicht ist der Geist, der Q-Cells hervorgebracht hat, der Gründergeist, das Glück der gemeinsamen Arbeit am Richtigen….vielleicht ist dieser Geist nicht vereinbar mit der Welt der großen Konzerne, der Übernahmen und Fusionen, des Zwangs zum Wachstum und zu steigenden Gewinnen."

Monika Maron hat mit diesem Buch die Geschichte des Solarunternehmens Q-Cells nachgezeichnet, aber auch einen Teil der Geschichte der Stadt Bitterfeld, und einen Teil ihrer eigenen Geschichte. Denn sie hatte den Mut, als ostdeutsche Journalistin, vor etwa 30 Jahren, noch vor dem Mauerfall, über die Umweltverschmutzung in der Chemieregion Bitterfeld zu schreiben. Und nun hat sie diese Region noch einmal besucht, ausführlich mit den Menschen dort gesprochen und ihr Bild der Solar-Region beschrieben. Monika Maron ist keine Finanzexpertin, und vielleicht gerade deshalb hat sie einen Blick auf das Unternehmen Q-Cells, der für alle solar-interessierten Finanzfachleute erhellend ist. Sie zeigt die Menschen, die Q-Cells gründeten. Anders als mancher vermuten wird, waren das keine Wellenreiter, die den Boom von SolarWorld sahen und rasch, mithilfe von Businessplan und Fremdkapital, im subventionierten Osten eine eigene moderne Solarproduktion aufzogen. Es war so ganz, ganz anders. 

Da gab es zum Beispiel einen Ingenieur Clemens Triebel, der schon Anfang der achtziger Jahre kleine Windräder betrieb, tüftelte, verbesserte, der gegen die bleiernen Verhältnisse in der westdeutschen Energiewirtschaft mit Technik agierte. Da gab es den offenbar genial verrückten, visionären Reiner Lemoine, Luft- und Raumfahrttechniker, Marxist und Arbeitstier. Und die Firma Wuseltronik, eine Abkürzung für Wind- und Sonnenelektronik. So ganz nebenbei: Lemoine und Triebel haben die Solon AG gegründet, eine auch nicht gerade wenig erfolgreiche Solarfirma aus Berlin. Wie die beiden zu Q-Cells kamen, wie Q-Cells zum Weltmarktführer aufstieg, wie aus der genialen Bastlerei ein Konzern wurde, das zeigt Monika Maron mit ihrem mittlerweile entspannten Schreibstil.

Es ist kein Ostalgie-Buch, es ist keine Wirtschafts-Fachlektüre – es ist die leicht lesbare und doch berührende Geschichte eines kleinen Wunders mit großen Wirkungen. Wer allerdings weder die deutschen oder gar weltweiten Energieverhältnisse in den 80ziger Jahren im Kopf hat, die Atommächte, die betonierten politischen Energiestrukturen, der  wird wohl gar nicht begreifen können, wie groß das Wunder um Q-Cells und  die deutsche Solarindustrie ist, und wie hoch man den Erfolg der deutschen Erneuerbare-Energie-Bewegung gerade angesichts der damaligen Widerstände schätzen muss.

Bitterfelder Bogen
Autorin: Monika Maron
S. Fischer Verlag, 2009
173 Seiten; 18,95 Euro
ISBN 978-3-10-048828-2

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