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Börsengang des Fahrradherstellers Derby Cycle: Machen die Altaktionäre mit einem nachhaltigen Produkt nun die große Kasse?

Der umsatzstärkste deutsche Fahrradhersteller, Derby Cycle aus Niedersachsen, plant seinen Börsengang für den 4. Februar im regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard). Bis einschließlich 2. Februar (11 Uhr) können Anleger noch ihre Kaufangebote für die Aktie von Derby Cycle abgeben. Die Preisspanne für die Kaufangebote liegt zwischen 11,50 Euro und 15,50 Euro pro Aktie.

Insgesamt bietet Derby Cycle 6,84 Millionen auf den Inhaber lautende Stammaktien ohne Nennbetrag zur Zeichnung an. Davon stammen 1,5 Millionen Stückaktien aus einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage. Die übrigen 5,34 Millionen Stückaktien, inklusive einer eventuellen Mehrzuteilung von 0,89 Millionen Stückaktien, werden von Altaktionären verkauft. Diese stammen überwiegend von der Beteiligungsgesellschaft Finatem aus Frankfurt am Main, die vor dem Börsengang 85 Prozent der Aktien von Derby Cycle hält. Nach dem Börsengang sollen sich 91,2 Prozent der Aktien im Streubesitz befinden und 8,8 Prozent beim Management von Derby Cycle verbleiben.

Bei Platzierung der 1,5 Millionen Aktion aus der Kapitalerhöhung erhöht sich das Grundkapital der Derby Cycle AG von 6 Millionen Euro auf 7,5 Millionen Euro. Das Unternehmen erlöst bei vollständiger Platzierung aus der Kapitalerhöhung zwischen 17,25 Millionen Euro und 23,25 Millionen Euro.

Unternehmensprofil Derby Cycle

Die Vorgeschichte des Unternehmens Derby Cycle beginnt bereits 1919 mit einem Vorläufer der Kalkhoff Werke. Diese wurden 1988 mit ihrer Fahrradmarke „Kalkhoff“ in die vom internationalen Derby-Konzern gegründeten Derby Cycle Werke integriert, der Hauptproduktionsstandort in Cloppenburg in Niedersachsen blieb dabei bis heute bestehen. 2002 übernahm der aktuelle Vorstand (CEO) von Derby Cycle, Matthias Seidler, die Geschäftsführung des Unternehmens. 2005 kaufte das eigene Management Derby Cycle (Management-Buy-Out) mit der Unterstützung des Finanzinvestors Finatem.

Derby Cycle ist nach eigenen Angaben, gemessen am Umsatz, der größte Fahrradhersteller in Deutschland und einer der führenden Hersteller Europas. Das Unternehmen konzentriert sich auf das Segment der qualitativ hochwertigen Fahrräder für den Fachhandel. Mit den Marken Kalkhoff, Focus, Raleigh, Univega und Rixe umfasst sein Sortiment Komforträder (City- und Trekkingräder), Sporträder und auch Elektroräder. Gerade im stark wachsenden Segment der Elektroräder sieht sich Derby Cycle mit einem Marktanteil von über 20 Prozent auf dem deutschen Markt gut positioniert.

Im Geschäftsjahr 2009/10 (1.10.-30.9.) hat Derby Cycle insgesamt 430.000 Fahrräder verkauft, rund 16 Prozent weniger als im vorherigen Geschäftsjahr. Als Hauptgrund für den Rückgang wird die Kaufzurückhaltung der Konsumenten infolge der Wirtschaftskrise genannt. Ende September 2010 lag das Vorordervolumen von Derby Cycle mit 103,3 Millionen Euro um 36 Prozent über dem des Vorjahreszeitpunkts, so dass sich mit dem Wirtschaftaufschwung in Deutschland eine Trendumkehr bei den Fahrradverkäufen erkennbar abzeichnet. 72,6 Prozent seiner Umsatzerlöse hat Derby Cycle im letzten Geschäftsjahr in Deutschland erzielt.

Obwohl weniger Fahrräder verkauft wurden, hat sich der Umsatz von Derby Cycle im Geschäftsjahr 2009/10 um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum erhöht auf rund 173 Millionen Euro, weil 57 Prozent mehr Elektroräder als im Vorjahr verkauft wurden. Fahrräder mit elektrischer Antriebsunterstützung sind in Deutschland durchschnittlich rund viermal so teuer wie normale Fahrräder. Insgesamt verkaufte Derby Cycle 2009/10 rund 44.000 Elektroräder. Somit ist derzeit ungefähr jedes zehnte vom Unternehmen verkaufte Fahrrad ein Elektrorad. Innerhalb von fünf Jahren hat sich der Umsatz von Derby Cycle fast verdoppelt.

Bildhinweis: Elektrofahrrad von Deby Cicle. / Quelle: Unternhemen


Der Jahresüberschuss von Derby Cycle betrug 2009/10 rund 7,5 Millionen Euro (Vorjahr: 5,3 Millionen Euro). Die EBIT-Marge (Earnings before Interest and Taxes (EBIT) in Prozent der Umsatzerlöse) von Derby Cycle lag in den vergangenen drei Jahren zwischen 6,5 Prozent und 7,1 Prozent. Die Eigenkapitalquote von Derby Cycle betrug Ende September 2010 rund 45,5 Prozent.

Mit dem Geld aus der Kapitalerhöhung will Derby Cycle das weitere Unternehmenswachstum finanzieren. In den Segmenten der Elektrofahrräder und sportiven Fahrräder plant das Unternehmen den Ausbau der Entwicklungsaktivitäten. Weiterhin sollen Service- und Betriebsgesellschaften in Europa, USA und Australien auf- und ausgebaut werden.

Fahrradmarkt

Der Anteil der über den Fachhandel verkauften Fahrräder ist in Deutschland von 54 Prozent (2005) auf 68 Prozent (2009) gestiegen. Der Umsatzanteil liegt noch höher, da die 5.500 Fachhändler weitestgehend auf den Vertrieb von Billigfahrrädern verzichten. Von dem Trend zu qualitativ hochwertigen Fahrrädern profitiert Derby Cycle. Auch aufgrund des steigenden Marktanteils der Elektroräder (derzeit ungefähr 5 Prozent am Gesamtmarkt) ist der Verkaufspreis je Fahrrad in Deutschland von 341 Euro (2005) auf 446 Euro (2009) gestiegen. Im internationalen Vergleich zeigen sich gravierende Unterschiede. Beispielsweise ist in Frankreich der Billigsegment-Anteil deutlich höher, so dass der Durchschnittspreis je Fahrrad nur bei 266 Euro liegt. Dagegen sind im qualitätsorientierten Fahrradfahrerland Niederlande auch Elektroräder schon stärker verbreitet (Marktanteil: 12 Prozent bei der Stückzahl, 30 Prozent beim Umsatz), so dass der durchschnittliche Preis pro Fahrrad bei 726 Euro liegt.

Nachhaltigkeit

Bei noch fast der Hälfte aller Fahrten mit dem Pkw in Deutschland werden weniger als sechs Kilometer zurückgelegt. Diese Kurzstrecken können größtenteils problemlos auch mit dem Fahrrad bewältigt werden. Gerade das Elektrorad hat das Potential, neue Zielgruppen anzusprechen und den Umstieg vom Auto auf das Fahrrad zu forcieren. In Großstädten und Innenstädten ist der Autoverkehr an Grenzen gelangt (Stau, Parkplatzsuche, Schadstoffbelastung), das Fahrrad hat dort einen grundsätzlichen Wettbewerbsvorteil. Das größte Problem für den Fahrradverkehr ist, dass die Verkehrsplaner in Deutschland die Bedürfnisse von Fahrradfahrern bislang weitestgehend ignoriert haben, so dass die Infrastruktur für den Fahrradverkehr in den meisten Städten mangelhaft ist. In Ländern wie Dänemark und Niederlanden wird der Fahrradverkehr hingegen bei Planungen zumindest gleichrangig berücksichtigt, so dass die Infrastruktur in einem besseren Zustand ist und infolgedessen die Einwohner dieser Länder pro Kopf deutlich mehr für Fahrräder ausgeben als es in Deutschland der Fall ist.

Wenn ein größerer Teil der Kurzstrecken mit dem Fahrrad statt wie bisher mit dem Pkw zurückgelegt werden, kann der Kohlendioxid-Ausstoß des Individualverkehrs deutlich reduziert werden. Im Bereich der Elektromobilität ist das Fahrrad dem Auto in der praktischen Umsetzung und bei der Marktdurchdringung weit voraus. Aus Nachhaltigkeitssicht ist das Fahrrad ein hervorragendes Produkt. Hinzu kommen noch die Einsparungen in Milliardenhöhe im Gesundheitssystem durch die Fahrradbenutzung (mehr Bewegung, weniger Schadstoffe).

Einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt das Derby Cycle bislang nicht. Die Fahrräder werden fast ausschließlich in Deutschland hergestellt. Derby Cycle entwickelt und entwirft das Design der Fahrradmodelle, montiert die Fahrräder und übernimmt den Vertrieb (Fachhandel). Die einzelnen Komponenten (Rahmen, Gangschaltung,...) der Fahrräder kommen überwiegend von Lieferanten. Ohne fundierten Nachhaltigkeitsbericht ist es für Außenstehende schwer zu beurteilen, ob die Produktionsprozesse ebenso exzellent nachhaltigen Kriterien genügen wie das Produkt Fahrrad an sich.

Finanziell:

Das Unternehmen hätte nach einer vollständigen Zeichnung aller Aktien insgesamt 7,5 Millionen Aktien. Schon bei dem niedrigst möglichen Preis für die Aktien von 11,50 Euro ergäbe sich eine Marktkapitalisierung von 86,25 Millionen Euro. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf der Basis des Gewinns des letzten Geschäftsjahres (7,5 Millionen Euro) läge bei 11,5 (Untergrenze der Preisspanne) bis 15,5 (Obergrenze). Zum Vergleich: Das KGV der niederländischen Accell-Gruppe, europäischer Marktführer unter den Fahrradherstellern vor Derby Cycle, bewegt sich ungefähr zwischen zehn und elf.

Das Unternehmen hat, siehe oben, im letzten Geschäftsjahr weniger, wenn auch teurere Produkte verkauft als zuvor. Insofern würde die Unternehmensposition durch Rücklagen sehr gestärkt. Diese Rücklagen können Firmen normalerweise bilden, wenn sie an die Börse gehen und von den neuen Aktionären Kapitel bekommen. Hier jedoch machen vor allem die Altaktionäre Kasse, ein großer Teil des Börsengangs landet nicht im Unternehmen selbst.

Fazit:

ECOreporter.de rät langfristig orientierten Anlegern, die Börseneinführung abzuwarten und zu schauen, ob sich nach der Emission günstigere Kurse für die Aktie ergeben.

Basisdaten

Anlageform: Inhaber-Stammaktien ohne Nennbetrag (Stückaktien)
Preisspanne: 11,50 Euro bis 15,50 Euro
Mindestzeichnung: 100 Stückaktien
Zeichnungsfrist: bis 2. Februar 2011 (11 Uhr)
Erster Handelstag: 4. Februar 2011
Handelsort: Frankfurter Wertpapierbörse (Prime Standard)
ISIN: DE000A1H6HN1
WKN: A1H6HN
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