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Bankenkrise hat das Nachhaltige Investment erreicht - Regierungen retten mit Fortis wichtigen Anbieter und Vermögensverwalter von Nachhaltigkeitsfonds

Nun hat die Bankenkrise auch das Nachhaltige Investment erreicht. Mit der belgisch-niederländischen Finanzgruppe Fortis NV stand am Wochenende einer der profiliertesten Akteur des Sektors vor dem Aus. Offenbar hatte sich das Unternehmen mit der scheinbar viel zu teuren Übernahme von großen Teilen der niederländischen Bank ABN Amro im vergangenen Jahr übernommen. Aufgrund der durch die Hypothekenkrise in den USA ausgelösten weltweiten Finanzkrise musste Fortis in den vergangenen drei Quartalen rund 2,9 Milliarden Euro abschreiben. Ende vergangener Woche spitzte sich dann die Situation zu, die Fortis-Aktie brach am Freitag um über 20 Prozent ein.

Nach etlichen Krisensitzungen am Wochenende wurde am Montag ein Rettungsplan veröffentlicht. Demnach soll es eine „amerikanische Lösung“ geben und Fortis teilweise in Staatsbesitz kommen. Für zusammen 11,2 Milliarden Euro übernehmen die Regierungen Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande Anteile an Filialen des Konzerns. Belgien kauft für 4,7 Milliarden Euro 49 Prozent der Anteile an der belgischen Filiale, Luxemburg übernimmt für 2,5 Milliarden Euro 49 Prozent der Fortis Bank Luxemburg und die Niederlande machen 4,0 Milliarden locker für 49 Prozent der Fortis Holding Niederlande. In diesen Ländern hat das Finanzinstitut eine zentrale Position für das Bankenwesen. So besitzt fast jeder zweite Belgier ein Konto bei der Fortis Gruppe und ist diese obendrein in Belgien der größte private Arbeitgeber. Sie beschäftigt insgesamt 85.000 Mitarbeiter und betreibt 2.500 Niederlassungen.

Wie Fortis bekannt gab, ist der Aufsichtsratsvorsitzende Maurice Lippens zurückgetreten. Am Freitag hatte bereits Vorstandschef Herman Verwilst seinen Posten geräumt, den er erst vor wenigen Monaten übernommen hatte. Vorgänger Jean-Paul Votron hatte im Sommer seinen Hut nehmen müssen, nachdem er zu spät über Engpässe und Kapitalprobleme des Unternehmens informiert hatte und damit am Kapitalmarkt eine schwere Vertrauenskrise auslöste. Als neuer Vorstandsvorsitzender wurde jetzt Filip Dierckx berufen.
Weiter teilte der Finanzkonzern mit, dass er seine Beteiligung an ABN Amro verkaufen wird. Somit nimmt Fortis zwar voraussichtlich hohe Buchverluste hin, würde den aktuellen Liquiditätsengpass aber überwinden. Als Käufer der ABN-Amro-Teile war gestern die niederländische Bank ING im Gespräch. Das hat jedoch zwischenzeitlich Abstand von einem Kauf genommen. Die Transaktion erfülle nicht die nötigen "finanziellen Kriterien", so die ING. Spekulationen über einen Erwerb der ABN-Amro-Teile durch ING hatte deren Aktie gestern zweistellig abstürzen lassen.


Fortis engagiert sich seit Jahren stark im Bereich des Nachhaltigen Investments. Zum einen hat sie im Bereich Emissionshandel Marktstandards gesetzt. Zum anderen verwaltet die Fortis-Investmentgruppe das Anlagevermögen vieler nachhaltig ausgerichteter Investmentfonds. Zum Beispiel managt das Fortis SRI-Zentrum das Investmentuniversum etlicher Nachhaltigkeitsfonds der Kapitalanlagegesellschaft ÖkoWorld Lux S.A. Dazu gehören etwa der in diesem Jahr auf den Markt gebrachte ÖkoWorld Klima und der seit vielen Jahren bestehende ÖkoWorld ÖkoVision. Die Kapitalanlagegesellschaft Ökoworld Lux S. A. ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der seit 1999 börsennotierten versiko AG. ECOreporter.de hat bei der versiko nach möglichen Auswirkungen der Krise bei Fortis auf ihre Fonds gefragt. Eine Stellungnahme des Unternehmens liegt bislang nicht vor.

Fortis hat auch eigene Nachhaltigkeitsfonds auf den Markt gebracht, etwa den vor kurzem in Fortis Green Future umbenannten Fortis L Fund-Equity Environmental Sustainability World oder den Fortis Strategy Growth SRI Europe. Die Krise bei dem Finanzkonzern ruft auch Fragen nach der Sicherheit von Investments in Nachhaltigkeitsfonds herauf. Wer Fonds von Finanzinstituten gezeichnet hat, die in den Sog der Bankenkrise geraten und womöglich in ihrer Existenz gefährdet werden, muss sich jedoch keine Sorgen machen. Laut der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) wird das Anlagevermögen von Investmentfonds getrennt von dem Vermögen der Kapitalanlagegesellschaft als Sondervermögen geführt. Es sei somit unabhängig vom wirtschaftlichen Schicksal der Emittentin.
Die Aktien von Fortis haben sich am Montagmorgen im vorbörslichen Handel in Amsterdam um 25 Prozent verteuert. Nach der Handelseröffnung erholte sich das in etlichen Nachhaltigkeitsfonds enthaltene Wertpapier zweistellig. Die Fortis-Aktie ist auch in Nachhaltigkeitsindices wie dem DJSI Word und dem DJSI Stoxx der Züricher Sustainable Asset Management (SAM) gelistet. An deren Aktienuniversum orientieren sich viele nachhaltige Investoren und Fonds.
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