Die E-Lastenräder von sigo fahren mittlerweile in 30 Städten. Frisches Kapital will das Unternehmen über die Crowd einwerben. / Foto: sigo

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Anleihe der sigo GmbH mit 7,25 % Zins – und hohen Risiken?

Die sigo GmbH betreibt mit Partnern Elektrolastenräder-Mietstationen an 130 Standorten in Deutschland. Um das Angebot des sogenannten „E-Lastenrad-Sharing“ auszuweiten, plant das Unternehmen unter anderem den Kauf weiterer Lastenräder und Ladestationen. Zur Finanzierung der Vorhaben hat sigo eine Anleihe auf den Markt gebracht, die einen Zins von 7,25 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 5,5 Jahren bietet. Anlegerinnen und Anleger können die Anleihe ab 500 Euro über die Plattform GLS Crowd zeichnen. Wie steht sigo wirtschaftlich da?

Anbieterin und Emittentin der Inhaber-Schuldverschreibungen mit der Bezeichnung „Unternehmensanleihe_sigo_7,25%_2022_2028“ ist die sigo GmbH. Das 2017 gegründete Unternehmen hat 2020 seinen Sitz von Frankfurt am Main nach Darmstadt verlegt.

Geschäftsmodell

Die Emittentin bietet laut Wertpapier-Informationsblatt (WIB, Stand: 14.12.2022)  insbesondere E-Lastenrad-Sharing und E-Bike-Sharing für Wohnungsbaugesellschaften, Kommunen und Projektentwickler (Partner) an. Derzeit hat sigo nach eigenen Angaben über 60 Partner aus der Wohnungswirtschaft und fünf Partner-Kommunen.

Diese Partner kaufen oder mieten die Räder von der Emittentin. Die Räder können dann an festen Stationen über eine von sigo entwickelte App von Endkunden (Mietern der Wohnungsbaugesellschaften und/oder Bürgern einer Kommune) gemietet werden. Die Emittentin erhält dafür laut WIB eine laufende Servicegebühr von den Partnern sowie Teile der variablen Einnahmen der Endkundinnen und Endkunden. Den telefonischen Kundensupport sowie den Service an den Rädern übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von sigo.

Wohin fließt das Anlegerkapital konkret?

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Das Emissionsvolumen der Anleihe beträgt bis zu 1,5 Millionen Euro. Die Emissionskosten betragen laut WIB bei Vollplatzierung rund 120.000 Euro, so dass der Emittentin als Nettoemissionserlös bis zu rund 1,38 Millionen Euro verbleiben.

Von dem Nettoemissionserlös plant sigo 510.000 Euro in den Ankauf weiterer E-Lastenräder zu investieren. Bislang sind nach Angaben der Emittentin 300 E-Lastenräder an 130 Standorten in 30 Städten in Betrieb und Verträge für die nächsten 190 Räder bereits unterzeichnet.

Der weitere Nettoemissionserlös der Anleihe soll laut WIB planmäßig in folgende Bereiche fließen: Ankauf von Ladestationen (225.000 Euro), Ankauf von E-Bikes (65.000 Euro), Personal und Ausstattung für den Ausbau der Serviceinfrastruktur zur regionale Expansion (240.000 Euro), Ausweitung der Vertriebsaktivitäten (120.000 Euro), Verbesserung der IT-Plattform
(150.000 Euro) sowie Weiterentwicklung der Hardware des E-Lastenrads (rund 70.000 Euro).

Laufzeit und Zins

Die Laufzeit der Anleihe begann am 15. Dezember 2022 und endet am 15. Juni 2028. Der Zinssatz beträgt 7,25  Prozent pro Jahr. Die Rückzahlung des Anleihebetrags erfolgt laut WIB in drei Teilnennbeträgen von 20 Prozent in 2026, 30 Prozent in 2027 und 50 Prozent in 2028.

Der Emittentin ist berechtigt, die ausstehenden Schuldverschreibungen insgesamt vorzeitig zu kündigen und an drei „Wahlrückzahlungstagen“ zurückzuzahlen. Wahlrückzahlungstage sind laut WIB der 16. Juni 2025, der 16. Juni 2026 und der 16. Juni 2027. Der „Wahlrückzahlungsbetrag“ errechnet sich laut WIB als Summe des ausstehenden Nennbetrags zuzüglich 50 Prozent der Zinsen, die auf diesen Betrag bis zum Laufzeitende angefallen wären. Ein Börsenlisting der Anleihe ist nach Angaben der Emittentin nicht vorgesehen.

Hohe Verluste

Die sigo GmbH hat laut Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) im Geschäftsjahr 2021 Umsatzerlöse von rund 300.000 Euro erwirtschaftet (2020: rund 200.000 Euro).

Der Jahresfehlbetrag erhöhte sich von rund 900.000 Euro (2020) auf rund 2,0 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2021. Das lag insbesondere daran, dass die Kosten der Emittentin deutlicher als ihr Umsatz gestiegen sind. Beispielsweise erhöhten sich laut Jahresabschluss 2021 die Kosten für Marketing (Fremdarbeiten) von rund 20.000 Euro (2020) auf rund 210.000 Euro (2021).

Der wichtigste Posten war aber der Personalaufwand, der sich von rund 560.000 Euro (2020) auf rund 1,1 Millionen Euro (2021) erhöhte. Die durchschnittliche Zahl der während des Geschäftsjahres 2021 im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer betrug laut Jahresabschluss 24,75. Mittlerweile hat die Emittentin laut Projektprofil (Abruf: 20.12.2022) 37 Mitarbeitende in den verschiedenen Abteilungen von Einkauf und Entwicklung über Kundensupport und -service bis hin zu Marketing, Vertrieb und Finanzen/Personal.

Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag der sigo GmbH erhöhte sich von rund 1,0 Millionen Euro (zum 31. Dezember 2020) auf rund 1,3 Millionen Euro zum 31. Dezember 2021. Der Anstieg fiel deutlich geringer aus als der Jahresverlust, weil die Kapitalrücklage erhöht wurde und Ende 2021 rund 2,0 Millionen Euro betrug (Ende 2020: rund 200.000 Euro).

Bei der Emittentin hat laut der veröffentlichten Kennzahlenübersichts-Information in 2022 eine Kapitalerhöhung über 800.000 Euro stattgefunden, eine stille Beteiligung über 397.000 Euro wurde gezeichnet, und im Saldo haben sich langfristige Gesellschafterdarlehen um 270.000 Euro erhöht. Laut der Kennzahlenübersicht (Stand: 19.12.2022) werden für das Geschäftsjahr 2022 Umsatzerlöse von rund 1,4 Millionen Euro und ein Jahresverlust von rund 1,7 Millionen Euro prognostiziert.

Hohe Risiken

Der wirtschaftliche Erfolg der sigo GmbH hängt laut WIB von mehreren Einflussgrößen ab, insbesondere von der erfolgreichen Vermarktung der Sharing-Lösung für E-Lastenräder und E-Bikes sowie der Weiterentwicklung der von der Emittentin konzipierten Entleihsoftware.

Es besteht das Risiko, dass sich die Nachfrage nach Sharing-Lösungen für E-Bikes und E-Lastenräder rückläufig entwickelt. Insbesondere Lieferdienste für Lebensmittel, Getränke und andere sperrige Produkte könnten nach Einschätzung von sigo den privaten Warentransport mit E-Lastenrädern perspektivisch obsolet macht. Weitere mögliche Marktrisiken im Bereich E-Mobilität sind Lieferkettenprobleme und hohe Strompreise.

Es ist auch möglich, dass Unternehmen in den Markt eintreten, die kapitalstärker als die Emittentin sind und/oder ein Gesamtprodukt bzw. Dienstleistungen anbieten, die von Kunden und Partnern bevorzugt werden. Für die sigo GmbH bestehen insgesamt erhebliche Risiken, dass ihr Geschäftsaufbau nicht erfolgreich verläuft und sie die Gewinnzone nicht erreicht. Daher besteht auch für Anlegerinnen und Anleger ein erhebliches Risiko, dass sie ihr bei der Emittentin eingesetztes Kapital verlieren.

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