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„Aktien sind sehr viel sicherer als Länderanleihen oder Gold“ – ECOreporter.de-Interview mit Andrew Murphy, Geschäftsführer von Murphy&Spitz Umwelt Consult

Am 29. September 2012  findet in Hamburg die Messe 'Grünes Geld' statt. Der Eintritt zu der Ausstellung mit Kongress ist kostenlos. Dort stellen Anbieter nachhaltiger Investments die ganze Vielfalt dieses Anlagesegments vor: vom fest verzinsten Genussschein für Erneuerbare-Energie-Kraftwerke über Windfonds bis zu Bürgersolarprojekten. Der Eintritt ist kostenlos.
Zu den Ausstellern zählt auch Murphy&Spitz aus Bonn, die unter anderem einen nachhaltigen Aktienfonds anbietet. ECOreporter.de hat mit Andrew Murphy, Geschäftsführer von Murphy&Spitz Umwelt Consult, über die Anlagestrategie des Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland und über aussichtsreiche nachhaltige Aktien gesprochen.

Mehr über die Messe 'Grünes Geld' in Hamburg erfahren Sie Opens external link in new windowhier.

ECOreporter.de: Welche Anlagestrategie hat der Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland? Welche Anforderungen stellt das Fondsmanagement an investierbare Unternehmen?

Andrew Murphy: Der Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland investiert in Small-, Mid- und Microcap-Aktien von Unternehmen nachhaltiger Branchen aus Deutschland oder mit Kerngeschäft im deutschsprachigen Raum. Zur Risikooptimierung kann auch in andere Anlageformen investiert und Liquidität gehalten werden.
Ziel ist es, eine attraktive Rendite mit der nachhaltigen und ökologischen Weiterentwicklung der Gesellschaft zu verbinden. Der Fonds investiert daher ausschließlich in nachhaltige Branchen und Themen wie umweltschonende Verkehrstechnik, Gesundheit, ökologisches Bauen, Energieeffizienz, Wasser, nachwachsende Rohstoffe, Erneuerbare Energien und Naturkost. Dabei werden gezielt die ökonomischen und ökologischen Vorreiter mit hohem Wachstumspotenzial ausgewählt.

ECOreporter.de: Warum liegt der regionale Fokus des Fonds auf Deutschland? Warum wurde der weltweit aufgerichtete nachhaltige Aktienfonds von Murphy&Spitz in diesem Jahr aufgelöst?

Murphy: Der regionale Fokus des Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland liegt auf Deutschland und Unternehmen mit Kerngeschäft im deutschsprachigen Raum. Diese Region hat sich als besonders „fruchtbar“ für die Entwicklung innovativer nachhaltiger Unternehmenskonzepte erwiesen. Solarworld, Rapunzel, Init und Rational sind da nur einige Beispiele. Eines unserer Grundprinzipien ist, dass wir in unserer Aufgabe als Investor auch die Verantwortung sehen, kontinuierlich Einfluss auf die Entwicklung der Unternehmen zu nehmen. Dies geschieht neben den Teilnahmen an Hauptversammlungen auch durch regelmäßige Managementgespräche und Besuche der Unternehmen vor Ort. Mit der Fusion des Murphy&Spitz Umweltfonds Welt auf den Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland und der damit einhergehenden Konzentration der Investitionen auf den deutschsprachigen Raum können wir unserem Anspruch in Bezug auf unser Engagement noch besser gerecht werden. Ein weiterer Vorteil für die Anleger sind die günstigeren Kostenstrukturen, die mit der Zusammenlegung der Fonds einhergingen.

ECOreporter.de: Was zeichnet die Nachhaltigkeit des Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland aus? Was unterscheidet ihn von anderen nachhaltigen Aktienfonds auf dem Markt?

Murphy: Murphy&Spitz zeichnet sich durch ein sehr klares Nachhaltigkeitsverständnis aus, das konsequent in der Anlagestrategie umgesetzt wird. Hierbei beziehen wir uns auf den ursprünglichen Ansatz der Nachhaltigkeit aus der Holzwirtschaft, der fordert, nicht mehr Holz zu schlagen, als im jeweiligen Zeitraum auch nachwachsen kann. Im übertragenen Sinne bedeutet dies, dass nur in Unternehmen und Geschäftstätigkeiten investiert werden darf, die weder Umwelt noch Gesellschaft schaden - auch in Bezug auf zukünftige Generationen. In der positiven Abgrenzung sind dies Unternehmen und Geschäftstätigkeiten, die die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft, also hin zu einer ethisch-ökologischeren Gesellschaft, fördern. Ein Unternehmen, das mittels Atomkraft Energie erzeugt und nun auch in Erneuerbare Energien investiert, ist für uns noch lange kein nachhaltiges Unternehmen. Ebenso wird man bei uns nie die nachhaltigste Fluglinie oder den nachhaltigsten Automobilhersteller im Portfolio finden.
Der Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland investiert ausschließlich in nachhaltige Branchen und Themen. Das heißt, wir setzen konsequent den so genannten Best-Of-Class-Ansatz um, nach dem in die besten Unternehmen nachhaltiger Branchen investiert wird. Wir grenzen uns klar von dem im Nachhaltigkeitsinvestment häufig angewendeten Best-In-Class-Ansatz, der in die nachhaltigsten Unternehmen jeder Branche, also auch der Automobil- oder Erdölindustrie, investiert, ab.
Konsequent ausgeschlossen sind Investitionen in lebensfeindliche Technologien oder Leben gefährdende Produkte wie sie Rüstungs- und Atomindustrie herstellen und nutzen, Geschäftspraktiken, die die Umwelt in vermeidbarem Ausmaß belasten, Unternehmen mit Monopol bildenden und Abhängigkeit verursachenden Produkten und Geschäftsverträgen, Unternehmen, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Zulieferer oder Konkurrenten diskriminieren und geltende Rechte missachten, Unternehmen mit intransparenten und unlauteren Geschäftspraktiken sowie unzuverlässigen oder unaufrichtigen Entscheidungsträgern.

ECOreporter.de: Wer bewertet die Nachhaltigkeit der Unternehmen, über welche Kompetenzen verfügt das Nachhaltigkeitsresearch?

Murphy: Grundlage der Investmententscheidungen sind die Analysen von Murphy&Spitz Research. Das unabhängige Researchteam ist seit über zwölf Jahren auf nachhaltige Branchen und Themen spezialisiert und kombiniert Nachhaltigkeitsresearch mit dem klassisch wirtschaftlichen Research.
Es beobachtet kontinuierlich rund 200 Unternehmen der Nachhaltigkeitsbranchen, erstellt Analysen und umfangreiche Studien zu Spezialthemen, wie bspw. den Umwelt- und Sozialstandards in der Solarwirtschaft oder die Verwendung seltener Erden in der Windkraftanlagenherstellung.
Unternehmensbewertungen werden stets auf zwei Ebenen vorgenommen: Zum einen analysieren wir die harten ökonomischen Fakten, zum anderen erfolgt eine Nachhaltigkeitsbewertung nach unseren strengen Nachhaltigkeitskriterien.
Einen besonderen Fokus legen wir auch auf die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit des Managements. Die Analysen der als investierbar bewerteten Unternehmen werden regelmäßig in unserem unabhängigen Anlageausschuss zur Diskussion gestellt, der Murphy&Spitz beratend zur Seite steht. Der Anlageausschuss wird von unseren Anlegern gewählt und ist bewusst interdisziplinär besetzt, so dass verschiedenste Perspektiven und Erfahrungen eingebracht werden. Aktuell besteht der Anlageausschuss aus acht Mitgliedern. Dazu zählen Jürgen Daamen (Umweltprojektmanager bei der KfW), Thomas Hoffmann (Investmentmanager und Analyst), David Muggli (Unternehmer in der Solarbranche), Karsten Pöhl (Einkäufer bei der Zurich Versicherung), Harald Schwenk (Geologe), Jan Sönnichsen (Unternehmer), Philipp Spitz (Geschäftsführer Murphy&Spitz) und ich selbst.

ECOreporter.de: Das Fondsvolumen ist mit rund fünf Millionen Euro recht gering. Wie handlungsfähig ist der Fonds und wie groß muss es mindestens sein, damit Sie den Fonds fortführen?

Murphy: Der Fonds ist klein, wendig und handlungsfähig. Dies hat unser Risikomanagement bei plötzlich einsetzenden negativen externen Einflüssen, wie bspw. Griechenland oder Kurseinbrüchen durch negative Äußerungen seitens der Politik zu den Erneuerbaren Energien, immer wieder gezeigt. Wir können rasch reagieren. Größere Fonds müssen eine andere Strategie fahren, ihnen fehlt häufig die Flexibilität. Der Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland wird auf jeden Fall weitergeführt.
Gegenwärtig kämpfen wir - wie andere nachhaltig ausgerichtete Fonds auch - mit negativen politischen Einflüssen. Und da meinen wir nicht nur übergeordnete politischen Einflüsse wie Griechenland oder Spanien, sondern auch die nationalen: Eine kleine Regierungspartei torpediert permanent die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu einer von Kernkraft freien, ökologisch ausgewogenen und zukunftsfähigen Gesellschaft. Aber, dies muss einmal klar gesagt werden, auch wenn die Erneuerbaren Energien gegenwärtig als Schmarotzer gebrandmarkt werden, wir sind heute viel weiter als Ende der 90er Jahre, als wir mit dem Umweltfonds Deutschland begonnen haben. Ein 20 %iger Anteil der Erneuerbaren Energien an der deutschen Stromerzeugung – das ist mehr als man sich in den Anfängen hat träumen lassen. Die Investments in die Erneuerbaren Energien haben sich doppelt gelohnt. Betrachtet man nämlich die gesamte Laufzeit – und so muss man ein Investment aus seriösen Gründen auch betrachten - liegt die Performance immer noch bei über 8% p.a.

ECOreporter.de: Welche Sektoren schätzt das Fondsmanagement derzeit als aussichtsreich ein, von welchen Bereichen hält es sich derzeit fern?

Murphy: Besonders positiv schätzen wir derzeit den Gesundheitssektor sowie den Bereich umweltfreundlicher Verkehrssysteme ein. Beispiele sind hier die Carl-Zeiss-Meditec, aap Implantate, Sonova Hörgeräte oder Fresenius Medical Care. Aus dem Bereich der umweltfreundlichen Verkehrssysteme kann man Init als positives Beispiel nennen. Der Erneuerbare Energien-Sektor, eines der klassischen Investitionsziele nachhaltiger Fonds, ist derzeit schwer gebeutelt. Die gesamte Solarwirtschaft wird nach einigen Fehlentwicklungen bei einzelnen Unternehmen und der Unberechenbarkeit der Energiepolitik, gekoppelt mit einer sehr tendenziösen Berichterstattung in den Medien, derzeit in Sippenhaft genommen. Dennoch gibt es durchaus sehr erfolgreiche und vielversprechende Unternehmen, auch hier im deutschsprachigen Raum.

Bildhinweis: Bordrechner der Telematikspezialistin init innovation in traffic AG. / Quelle: Unternehmen


ECOreporter.de: Wie bewerten Sie die Risiken, die aus der anhaltenden Euro-Krise für den Fonds resultieren? Inwiefern kann das Fondsmanagement diese Risiken handhaben?

Murphy: Wir betrachten das Risiko definitiv als gegeben und haben es in unser Risikomanagement aufgenommen. Unsere Aktienquote liegt bei ca. 70%. Die Aktien werden im guten deutschen Mittelstand gehalten, also in Unternehmen die zum Teil schon mehrere Währungsreformen mitgemacht haben. Wir halten Aktien und somit einen realen Wert an einem Unternehmen für sehr viel sicherer als bspw. eine Länderanleihe oder Gold. Gold hat nur einen fiktiven und keinen realen Wert. Ein Anteil an einem Unternehmen jedoch, das eine Wertschöpfung vornimmt, und sei es nur Strom zu erzeugen, ist ein realer wirtschaftlicher Wert. Schauen wir in unser Portfolio, dann sind wir uns sehr sicher, dass Hörgeräte, Dämmstoffe, Lebensmittel, Kaffee oder Solarmodule auch noch in 20 Jahren nachgefragt werden. Aktien sind eine realer Absicherung gegen eine mögliche Inflation, sollte diese kommen. Die Unternehmen schwimmen quasi sowohl auf der Kosten- als auch auf der Preisseite einfach mit nach oben, wenn man das so ausdrücken kann. Die Liquidität des Murphy&Spitz Umweltfonds Deutschland liegt bei verschiedenen Banken. Ferner haben wir bewusst Währungsunsicherheiten gesenkt. Betrachtet man bspw. die Verschiebungen zwischen CHF und dem EURO in den letzten zwölf Monaten, so konnte man dort durchaus 40% nur auf der Währungsseite verlieren.

ECOreporter.de: Die Kursturbulenzen an den Börsen in den vergangenen Jahren haben viele Anleger verschreckt. Was spricht aus Ihrer Sicht dennoch dafür, in Aktien und Aktienfonds zu investieren?

Murphy: Aktien sind reale Werte! Eine Aktie ist ein Anteil an einem Unternehmen, mit ihnen ist man Miteigentümer. Die wirtschaftliche Situation hier in Deutschland ist bei weitem nicht so schlimm, wie in anderen europäischen Ländern. Deutschland profitiert enorm von den niedrigen Zinsen. Das, was in Irland, Spanien und Griechenland in 2000er Jahren zu einem  enormen Boom geführt hat – niedrige Zinsen, welche damals von der EZB zur Stützung Deutschlands bei seinem Integrationsprozess der DDR erfolgten – führt nun zu Stabilität bei uns. Es ist viel Liquidität im Markt, die Unternehmensergebnisse sind gut und die anderen Anlagemöglichkeiten sind schwach. Selbst die Euro-Skeptiker haben in den letzten 12 Monaten mit Gold Verluste gemacht. Mit einer Aktie sind sie nah an der realen Wertschöpfung eines Unternehmens. Nirgends ist der Hebel höher, als wenn ich an einer Kapitalerhöhung teilnehme. Sicherlich haben wir gegenwärtig – besonders bei Erneuerbare Energien Unternehmen – einen großen Druck am Markt. Aber, glauben Sie wirklich, dass diese Erfolgsgeschichte nun zu Ende geht? Wir denken, wir sind an einer Zeitenwende angekommen. Im Herbst wird sich die Lage noch einmal medial zuspitzen, dann beginnt der Bundeswahlkampf. In einem halben Jahr gehen wir von einer Erholung der Kurse aus. Und seien wir mal ehrlich: Jedes Jahr wird das Ende der Solarwirtschaft eingeläutet und es gibt sich immer noch. Jedes Jahr stellen sich die Analysten und Fachleute hin und erklären uns das Ende der Erneuerbaren Energien. Betrachtet man dies etwas differenzierter und wischt die politischen Reden beiseite, so wächst die Solarwirtschaft dieses Jahr sogar. Anders sieht es mit der Sichtweise der Deutschen zur Aktie und zum Aktienfonds aus, da ist leider eine schlechte Stimmung. Wir würden uns wünschen, die Deutschen würden antizyklisch investieren, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Und ganz wichtig, man kann Aktien und Aktienfonds nicht alle in einen Topf werfen. Man schert ja auch nicht alle Bundesanleihen über einen Kamm. Griechenland und Deutschland sind einfach verschieden, so sind es eine BP und eine Solarworld auch. Das nachhaltige Zeitalter hat in unseren Augen gerade erst begonnen. Hier liegt ein großes Potenzial.

ECOreporter.de: Herr Murphy, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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