Erneuerbare Energie

9.6.2005: Frei lesbar: Pssst, ein Aktenzeichen.....brisant, brisant.....noch schlimmer als Schimmel: Die Kampagne des SPIEGEL gegen die Windkraft geht auch diese Woche weiter - und der dicke Hund kommt am Schluss

Also, wir in unserer Naivit?t stellen uns vor, dass es so gelaufen sein k?nnte: Einige SPIEGEL-Redakteure sitzen beim Italiener in der N?he der Reeperbahn zusammen und besprechen die n?chste Ausgabe. Chefredakteur Faust sagt: "Ich will da was gegen Windkraft drin haben!" Redakteur Gartenstein entgegnet: "Du, es gibt nix Neues, wir haben alles schon gebracht in den letzten Monaten!" Faust: "Aber ich will! Da hat doch einer eine Verfassungsbeschwerde eingereicht". Gartenstein: "Aber das kannst Du nicht bringen. Erstens ist die nicht entscheiden, nur eingereicht, zweitens enth?lt sie nichts Neues. Drittens ist die von einem ehemaligen Kreisdirektor." Faust: "Egal - macht was draus!" Die Runde der Redakteure verdreht die Augen und grummelt.


Epilog - und ab hier ist es keine Glosse mehr:

In der Ausgabe 23, in dieser Woche also, ver?ffentlichte der SPIEGEL einen Zweiseiten-Bericht zu einer Verfassungsbeschwerde gegen Windenergie. Der Text beginnt mit dem Satz "Den milliardenschweren Ausbau der Windkraft sollen die Verbraucher ?ber ihre Stromrechnung bezahlen." Der Kl?ger, ein ehemaliger Kreisdirektor aus Herford, darf sich in dem Beitrag in aller L?nge gegen die Windkraft ?u?ern. Etwa dazu, dass der Gesetzgeber mit dem Erneuerbare-Energie-Gesetz in subtiler Weise in den Markt eingegriffen habe. Oder dass er in die Trickkiste gegriffen habe und keine Subvention ersonnen habe, sondern den Preis im Gesetz festgelegt habe. Es wimmelt von Begriffen wie "klar verfassungswidrig", und wenn von Erneuerbaren Energien die Rede ist, dann in Zusammenh?ngen wie Mehrkosten, unzul?ssig aufgeb?rdet, Eingriff in die Privatautonomie undsoweiterundsofort.


Der dicke Hund kommt hier am Ende - im SPIEGEL gleich zu Anfang

Journalistisch merkw?rdig: Ein unabh?ngiger juristischer Fachmann kommt nicht zu Wort. Noch viel merkw?rdiger aber: Der SPIEGEL-Artikeltext beginnt mit den S?tzen: "Das Schreiben ist kurz, schn?rkellos und l?sst die Brisanz des Vorgangs kaum erahnen: "Die o.g. Verfassungsbeschwerde ist am 02.05.2005 eingegangen und unter dem Aktenzeichen 1BvR 1026/05 eingetragen." Das findest Du brisant, SPIEGEL? So brisant, dass Du dann gleich noch hintendranh?ngst: "Die Tatsache, dass das Werk (SPIEGEL-Synonym für Verfassungsbeschwerde) nicht gleich an der ersten formalen H?rde in Karlsruhe gescheitert ist, stimmt ihn hoffnungsfroh" (den Kl?ger, den ehemaligen Kreisdirektor also). SPIEGEL, wir fanden das so komisch, dass wir mal beim Bundesverfassungsgericht angerufen haben. Wie gesagt, das ist jetzt alles echt, es ist keine Glosse mehr, hier kommt ein abgestimmtes Zitat. Die Pressesprecherin Dietlin Weinland sagte uns: "Die Vergabe eines Aktenzeichens besagt wirklich nichts ?ber die Erfolgschancen einer Verfassungsbeschwerde". Das ganze - n?mlich ein Aktenzeichen zu vergeben - sei ein ganz normaler Vorgang. Also, ist das für den SPIEGEL "brisant"? Und welche "formale H?rde" soll die Verfassungsbeschwerde genommen haben? Sicher, es gab da mal, vor vielen vielen Jahren, als auch die ECOreporter noch die harte Studienbank im juristischen Seminar dr?ckten, so eine vorweggezogene Plausibilit?tspr?fung bei Verfassungsbeschwerden. Aber die gibt"s schon lange nicht mehr. Nur die Schreiben von offensichtlich Verwirrten erhalten kein Aktenzeichen. Also, SPIEGEL, entspannt zur?cklehnen: Schreiben, in denen das Bundesverfassungsgericht Aktenzeichen mitteilt, haben Null Brisanz. Null. Sie stimmen auch nicht wirklich, wie es im SPIEGEL-Beitrag hei?t, "hoffnungsfroh". Weder Windkraftgegner noch sonstwen. Wir fragen uns nur: SPIEGEL, was willst Du uns noch alles zumuten bei der Windkraft? Mal ehrlich: Wenn wir nicht zuf?llig Juristen w?ren, wenn wir nicht zuf?llig auch Journalisten w?ren und wenn wir nicht zuf?llig mal Lust gehabt h?tten, so einen simplen Satz wie Euren Artikelanfang beim Bundesverfassungsgericht gegenzuchecken.- dann f?hlten wir uns etwas desinformiert. Das kann es ja nicht sein, was ihr wollt. Oder? Oder sollen wir jetzt denken, jedes Mal, wenn der SPIEGEL "brisant" schreibt, dann kommt immer so etwas bei unserer ?berpr?fung heraus? Ach, SPIEGEL, irgendwie denken wir, wer Enth?ller wie Hans Leyendecker als Redakteure hatte (gut, der schreibt jetzt für die S?ddeutsche), der m?sste das Wort "brisant" anders einsetzen.

Vor einigen Tagen berichteten wir ?ber den SPIEGEL-Artikel der letzten Woche gegen Windkraft: Lesen Sie hier kostenlos weiter. Wir ?berlegen ?brigens, dazu eine Serie zu starten, wissen aber nicht, wie oft der SPIEGEL vor der n?chsten Bundestagswahl mit Windkraft-Artikeln noch Stimmung machen wird.....


Bild: Spiegel-"Einstiegsdroge" beim Thema Windkraft: Die legend?re Ausgabe zum "Windm?hlenwahn"
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