Erneuerbare Energie

8.2.2008: „Für Wagniskapitalgeber mit Fokus auf Erneuerbare Energien bietet Deutschland gute Investitionsmöglichkeiten“ – ECOreporter.de-Interview mit Robert Schrimpff, Senior Associate bei TVM Capital GmbH

Unter dem Namen „Techno Venture Management“ wurde die heutige TVM Capital GmbH 1983 gegründet. Die Venture-Kapital-Gesellschaft (VC) hat im Laufe ihrer Geschichte 1,3 Milliarden Euro für ihre Fonds eingeworben und 50 Unternehmen an die Börse gebracht. Über die Investments der TVM im Bereich Erneuerbare Energie sprach ECOreporter.de mit Senior Associate Robert Schrimpff.


ECOreporter.de: In welchem Umfang sind Sie gegenwärtig in Erneuerbare Energien investiert, welches Investitionsvolumen streben sie an?
Robert Schrimpff: Wir halten zur Zeit vier Beteiligungen im Bereich der erneuerbaren Energien. Dabei handelt es sich um Unternehmen in eine die folgenden Sparten Solarenergie, Energieeffizienz, Energiemanagement und -steuerung, Wärmenutzung, Windenergie, Wasserkraft und biologische und chemische Prozesse.

Um einige Beispiele zu nennen: Unsere Schweizer Beteiligung ReVolt Technology AS beschäftigt sich mit Energiespeicherung. Das Unternehmen hat wieder aufladbare Zinkluftbatterien entwickelt, deren Energieintensität zwei bis dreimal so hoch ist, wie die der derzeit besten Lithiumbatterien. Das ist eine sehr spannende Investition. Diese Batterien sind zum Beispiel für Mobiltelefone geeignet.

Unsere Beteiligung Hymite A/S hat ihren Sitz in Kopenhagen und Berlin. Das Unternehmen hat eine Technik entwickelt, die es erlaubt, mehr LEDs auf einem Quadratzentimeter unterzubringen, als bisher möglich. LED-Lampen lassen sich damit viel billiger herstellen. Das ist ein riesiger Markt, denn LEDs sparen gegenüber herkömmlichen Glühlampen 90 Prozent der Energie bei der Lichterzeugung.

Die Firma Ubidyne aus unserem Portfolio beherrscht eine neue Technik zur Steuerung der Funkmasten für die Mobilfunknetze. Der Energieverbrauch der Funkmasten ist der größte operative Kostenfaktor für Mobilfunkbetreiber. Mit der neuen Technik lässt sich der Stromverbrauch auf 20 Prozent reduzieren, zudem wird der CO2-Ausstoß deutlich gesenkt.

Direvo beschäftigt sich mit Enzymen, die Holz in Glukose umwandeln kann. Diese Technologie ist interessant für den Sektor Biokraftstoffe.

Insgesamt ist TVM Capital im Moment aktiv in rund 40 Unternehmen investiert. Wir sind seit 23 Jahren im Venture Capital Bereich tätig. In dieser Zeit wurden Zeit 1,3 Milliarden Euro eingeworben, das aktuelle Portfolio hat ein Investitionsvolumen von 900 Millionen Euro.


ECOreporter.de: Wie groß ist das Vermögen, das sie in die Cleantech-Firmen investiert haben?
Schrimpff: Das liegt aktuell über 25 Millionen Euro und wir glauben, dass dieser Bereich in Zukunft wachsen wird.


ECOreporter.de: Warum hat Ihr Unternehmen so großes Interesse am Sektor Erneuerbare Energie?
Schrimpff: Der Sektor hat starke Markttreiber. Der wichtigste ist das schnelle Wachstum des weltweiten Energiebedarfs. Die Hauptquellen der heutigen Energieversorgung – Kohle, Öl und Gas – sind alle endlich. Wann genau sie verbraucht sein werden, weiß man zwar nicht. Man weiß aber, dass sie immer teurer werden. Erneuerbare Energien werden sich im Vergleich dazu weiter verbilligen. Hinzu kommt der Klimawandel, wir stehen in der Verantwortung, dagegen etwas zu unternehmen. Auch die Regierungen haben das inzwischen erkannt. Allein die Verteuerung von CO2-Emissionen wird die Rentabilität erneuerbarer Energien rasch voranbringen.


ECOreporter.de: Welche Branchen der Erneuerbaren Energien halten Sie für besonders aussichtsreich?
Schrimpff: Wir sehen Potential im Bereich der Wind- und Solarenergie. Für sehr aussichtsreich halten wir ferner Batterien und Akkus. Wenn die Energieerzeugung aus Wind und Sonne zunimmt, brauchen wir mehr Speicherkapazität. Ein weiteres spannendes Thema ist die Solarthermie. Dabei sehe ich sowohl im Bereich der haushaltsnahen Anwendungen als auch bei Großkraftwerken viele Möglichkeiten. Auch die Geothermie hat Zukunft. Für uns als VC-Investoren ist sie allerdings auf Grund der hohen Projektrisiken nicht so interessant.

Biokraftstoffe beurteile ich unter ökologischen Aspekten kritisch. Der Flächenbedarf ist einfach zu hoch. Es entsteht eine Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion. Auch die Herstellung von Biotreibstoffen aus Zellulose wird letztlich eine Nische bleiben. Der Wirkungsgrad ist zu gering. Laut einer Studie von VW lässt sich mit Biotreibstoff aus einem Hektar Mais eine Strecke von 30.000 Kilometern zurück legen. Bedeckt man die gleiche Fläche mit Solarzellen, reicht die Energie für mehr als 3 Millionen Kilometer.

Zukunft haben Biokraftstoffe im Flugverkehr. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich in meinem Leben noch ein großes Flugzeug sehen werde, das mit Batterien fliegt. Ich erwarte, dass im Flugverkehr bald in großem Maßstab Biokraftstoffe genutzt werden. Für alles, was auf dem Boden bleibt, werden sich dagegen Elektroantriebe durchsetzen.


ECOreporter.de: Legen Sie bei den Investments Schwerpunkte auf bestimmte Regionen?
Schrimpff: Im Cleantech-Bereich sind wir zurzeit auf Europa fokussiert. In den USA gibt es sehr viel Konkurrenz, zudem bietet Deutschland gute Investitionsmöglichkeiten.


ECOreporter.de: Mit welchem Zeithorizont investieren Sie?
Schrimpff: Der Investitionshorizont liegt bei vier bis zehn Jahren.


ECOreporter.de: Investieren Sie auch in börsennotierte Unternehmen?
Schrimpff: Im Technologiebereich nicht – bei unseren Life Science Kollegen ist das etwas anders. Wir beteiligen uns aber häufiger an Finanzierungsrunden bei Unternehmen, die bereits größer sind und deren kurzfristiger Börsengang absehbar ist. Es gibt manchmal auch Unternehmen, die in sehr kurzer Zeit die Marktreife erreichen.


ECOreporter.de: Welche bekannteren börsennotierten Unternehmen hat die TVM Capital vorbörslich begleitet?
Schrimpff: Intercell AG, MediGene AG, GPC AG.


ECOreporter.de: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach Risiken für Investments in die Branche der Erneuerbaren Energien?
Schrimpff: Das kann man nicht generalisieren. Die verschiedenen Subsektoren der erneuerbaren Energien unterscheiden sich in dieser Hinsicht erheblich. Bei Biomasse und Biokraftstoffen liegt ein großes Risiko im Bereich der Rohstoffpreise. Sobald sich diese verändern, ist die Wirtschaftlichkeit gefährdet. Die aktuellen Probleme der Biodiesel- und Ethanolhersteller zeigen das eindrucksvoll.

Fast alle erneuerbaren Energien sind auf Hilfen durch den Gesetzgeber angewiesen. Nur durch Instrumente wie beispielsweise das EEG sind sie wirtschaftlich überlebensfähig. Venture Capital Geber sind traditionell etwas nervös an dieser Stelle. Das EEG ist aber bisher ein sehr stabiles und zuverlässiges Instrument, wenn es auch im Bereich der Solarenergie voraussichtlich bald Kürzungen geben wird.

Sehr wichtig ist die Qualität des Managements. Wir sind in diesem Bereich oft hochspezialisierten Fachleuten begegnet, die sich mit ihrer Technologie bestens auskannten. Es fehlte ihnen aber manchmal an Verständnis oder Kenntnis des internationalen Innovationsdrucks. Das weltweite Innovationstempo ist so hoch, dass einem Unternehmen nicht die Zeit bleibt, seine Technik über Jahre hin mit wenig Kapital zu entwickeln. Selbst ein Wachstum von 40 bis 50 Prozent pro Jahr reicht nicht aus wenn man klein anfängt. Firmen, die um ihrer Unabhängigkeit willen VC-Kapital ablehnen, könnte es u. U. in fünf oder zehn Jahren schon nicht mehr geben, weil sie durch kapitalstarke Konkurrenten aus dem Ausland verdrängt wurden.


ECOreporter.de: Welche Voraussetzungen muss ein Erneuerbare-Energie-Unternehmen erfüllen, damit es für Sie interessant ist? Und was für Renditen erwarten Sie?
Schrimpff: Wir suchen Firmen, die eine ausgereifte Technologie entwickelt haben und beherrschen. Es muss möglich sein, die Technologie zu schützen. Die Technologie muss das Potential zur weltweiten Marktführerschaft haben. Nehmen Sie als Beispiel die bereits genannte Batterietechnologie der ReVolt. ReVolt muss noch einige technische Fragen lösen, dann ist es möglich, weltweit einen neuen Standard in diesem Markt zu definieren.

Sehr wichtig ist die Vorstellung Unternehmens zum Markteintritt. Wir suchen nach Firmen, die ein einfaches Verkaufsmodell haben. Schwierig wird es beispielsweise, wenn zu viele Behörden und Gremien involviert sind. Je mehr Instanzen desto höher der Aufwand. Hymite wird beispielsweise keine eigenen Lampen produzieren und verkaufen, in diesem Bereich müsste sie gegen ungleich größere und etablierte Spieler antreten. Hymite wird Komponenten für Lampen herstellen, die andere Firmen einbauen und verkaufen werden; das ist ein einfacher und übersichtlicher Markt.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Das Team. Aus Erfahrung wissen wir, dass das Management Team bei Cleantech-Unternehmen oft unvollständig ist. Wir versuchen die Firmen durch erfahrenen Berater zu unterstützen. Dazu braucht man natürlich auch Partner, die bereit sind, diese Hilfe anzunehmen. Übrigens suchen wir laufend Manager, die bereit sind solche Interimsfunktionen zu übernehmen.

Aktuell suchen wir nach Möglichkeit Unternehmen, die schon eine Kundenbasis aufweisen. In Firmen, die noch im Forschungsstadium sind investieren wir derzeit nicht.

Zur Rendite: Unsere Investoren erwarten von uns, dass wir ihr Kapital innerhalb von 10 Jahren verdreifachen.


ECOreporter.de: Wer sind die Geldgeber der TVM Capital?
Schrimpff: Das sind vermögende Familien, Pensionsfonds, Versicherungsfonds und auch Staatsfonds aus Asien.


ECOreporter.de: Wie knüpfen Sie Kontakt zu Erneuerbare-Energie-Unternehmen?
Schrimpff: Viele Anfragen kommen über unsere Website und aus meinen Kontakten – ich besuche sehr viele Messen und Konferenzen. Wenn Sie mir eine Email schicken lese ich sie immer. Zudem habe ich ein Cleantech Netzwerk in München mitbegründet und bin im Cleantech-Forum aktiv. Diese Netzwerke werden natürlich sorgfältig gepflegt und ausgebaut.

Bevor man allerdings einfach eine Initiativanfrage schickt, sollte man sich die Webseite des VC’s ansehen und sehen ob man in die Investitionsschwerpunkte passt. Noch besser wäre es, vorher anzurufen, sich den richtigen Ansprechpartner nennen zu lassen und nach Möglichkeit kurz mit ihm persönlich zu sprechen. Oft kann ich nach zwei Minuten sagen, ob ein Investment für uns interessant sein könnte oder nicht. Wenn man eine Email schickt, sollte sie kurz und übersichtlich sein. Am besten ein kurzer Überblick und eine 5-10 Seiten lange Power Point-Präsentation.


ECOreporter.de: Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen der TVM Capital GmbH und den Gesellschaften, an denen Sie sich beteiligen? Kommt es häufig vor, dass Sie eigene Mitarbeiter oder Fachleute Ihres Vertrauens an leitender Stelle in den Unternehmen einsetzen?
Schrimpff: Als VC begegnen wir sehr vielen verschiedenen Geschäftsmodellen. Ein Einzelunternehmer macht diese Erfahrungen eher nicht. Aus unserem Fundus von Ideen und Modellen können wir neue Ideen in die Unternehmen einbringen. In der Regel haben wir einen Sitz im Aufsichtsrat der Unternehmen. Der trifft sich meist monatlich. Darüber hinaus gibt es spontane Kontakte bei aktuellen Problemen. Wir beraten auch bei wichtigen Personalentscheidungen. TVM Capital versteht sich als pro-aktiver Investor, wenn der Bedarf da ist, steigen wir intensiv ins Management der Unternehmen ein. Deswegen kaufen wir meist große Anteile an den Unternehmen. Wir halten in der Regel zwischen 20 und 40 Prozent.

Letztlich kommt es darauf an, dass die Chemie zwischen VC und Unternehmen stimmt. Bevor er sich entscheidet, sollte der Unternehmer sich fragen: Würde ich gerne regelmäßig mit diesen Leuten über mein Geschäft sprechen? Das ist eine wichtige Voraussetzung. Das sollte man ganz am Anfang klären.


ECOreporter.de: Würden Sie das auch als Besonderheiten Ihres Geschäftsmodells gegenüber anderen VC’s bezeichnen?
Schrimpff: Ja. Deswegen investieren wir auch nicht in Unternehmen, denen wir nicht helfen können. Wir haben vor kurzem ein Investment geprüft, bei dem wir feststellen mussten, dass keiner unserer Partner ausreichend Erfahrung in dem Bereich hatte. Was können wir für diese Firma tun? Nicht viel.
Als Besonderheiten würde ich noch hervorheben, dass wir neben Europa ein sehr starkes Netzwerk in den USA und Asien unterhalten. Für Unternehmen, die sich weltweit positionieren wollen, spielt das eine große Rolle. Gute Kontakte haben wir auch nach Osteuropa.


ECOreporter.de: An wen können sich Unternehmen aus der Erneuerbare-Energien-Branche, die Investoren suchen, bei der TVM Capital GmbH wenden?
Schrimpff:
Robert Schrimpff
Maximilanstr. 35C, 80539, Munich
T: +49 89 998 992 0
E: schrimpff@tvm-capital.de



Kurzportrait
TVM Capital wurde 1983 unter dem Namen Techno Venture Management gegründet. Das Unternehmen ist eigenen Angaben zufolge eine der ältesten deutschen Venture-Kapital-Gesellschaften und etablierte sich bereits 1986 auf dem US-amerikanischen Markt. Seit einer Gründung konnte TVM Capital mehr als 1,3 Milliarden Euro in sechs Fondsgenerationen einwerben. Rund 240 Life Science und Technologie-Unternehmen in Europa und USA wurden aus TVM Capital-Fonds finanziert. Mehr als 50 TVM Capital Unternehmen gingen an europäische oder amerikanische Börsen. Aktuell ist TVM Capital (Life Science und Technology) in mehr als 70 Unternehmen aktiv investiert.

Bild: Robert Schrimpff / Quelle: Unternehmen
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