Erneuerbare Energie

6.3.2008: Jung, finanziell ungebunden, kreativ, sucht: Erneuerbare Energie mit Finanzbedarf – ECOreporter.de-Interview mit Alexander Samwer, European Founders Fund

Alexander, Marc und Oliver Samwer gründeten 1999 alando.de und verkauften die Online-Auktionsbörse nach kurzer Zeit an ebay. Danach waren Sie mit dem Handyton-Anbieter Jamba! Erfolgreich, stiegen aber auch dort nach einiger Zeit wieder aus. Ihr Geld steckten sie in den "European Founders Fund". Er stellt Risikokapital für Startups und "Later Stage"-Unternehmen rund ums Internet und mobile Anwendungen zur Verfügung - aber auch für Erneuerbare Energien. Der Fonds gilt als führender Frühphaseninvestor und ist ständig auf der Suche nach ambitionierten Existenzgründern. Die drei Brüder Samwer bieten Know-how, ein internationales Netzwerk - und Kapital. ECOreporter.de sprach mit Alexander Samwer (32) über Investments in Erneuerbare Energien.

ECOreporter.de: Wann sind Sie auf den Bereich Erneuerbarer Energien aufmerksam geworden?
Alexander Samwer: Wir haben uns relativ früh mit Solarenergie beschäftigt und hatten im Jahr 2000 überlegt, ein Solarunternehmen zu gründen. Dann haben wir den Handyton-Anbieter Jamba! gegründet. 2004 haben wir ihn an Verisign aus den USA verkauft. Wir haben dann in junge Firmen investiert und das angewendet, was wir gelernt hatten.


ECOreporter.de: Wie sind Sie bei den Erneuerbaren Energien gestartet?
Samwer: Zunächst mit Investments an der Börse, etwa SolarWorld, später Q-Cells. Dann haben wir begonnen, außerhalb der Börse zu investieren. Eines der ersten Investments war SSP-Technologies. Das ist eine Ausgründung der Plambeck Neue Energien AG. SSP Technologies ist spezialisiert auf die Fertigung und das Design von Rotorblättern für Windkraftanlagen. Der jungen Firma ging es zwischendurch schlecht; wird haben investiert, als es wieder bergauf ging. Nach uns ist dann auch New Energies Invest aus der Schweiz eingestiegen.


ECOreporter.de: Haben Sie auch in Bio-Energien investiert?
Samwer: Ja, wir haben uns als nächstes bei Cowatec beteiligt, einem Biogas-Anlagenbauer aus Süddeutschland. Dort haben wir mit einer Runde von Investoren teilgenommen. Hierbei geht es um eine Wachstums-Skalierungs-Story. Die derzeitige Börsenturbulenz bei Biogas betrifft unserer Ansicht nach nicht das eigentliche Geschäft - das Unternehmen wird wachsen können.


ECOreporter.de: Was ist das jüngste Investment?
Samwer: Die Inventux AG aus Berlin. Das ist ein neuer Dünnschichtsolarzellen-Hersteller. Ein erfahrenes Team aus der Solarindustrie ist aus der Beschäftigung bei einem Anbieter ausgestiegen und hat sich selbständig gemacht. Es geht um ein 50-Millionen-Euro-Projekt. Das Team hat uns überzeugt, und wir sind als Mitinvestoren dabei.


ECOreporter.de: Welche Summen wollen Sie in Erneuerbare Energien investieren?
Samwer: Derzeit haben wir 10 Millionen Euro in Erneuerbare Energien investiert, wir wollen auf 50 bis 100 Millionen Euro kommen. Gewinne reinvestieren wir, da wir eine private Investmentgesellschaft sind und nicht ausschütten müssen.


ECOreporter.de: Wie hoch sind die einzelnen Beteiligungen?
Samwer: Je Unternehmen 250.000 Euro bis 3 Millionen Euro.


ECOreporter.de: Warum haben Sie so großes Interesse an den Erneuerbaren Energien?
Samwer: Die Energiebranche ist eine Branche mit großen Technologieumbrüchen, und das ist spannend. Das kann man vergleichen mit der früheren Situation in der Internetbranche. Es geht um Innovationen, die alte Technologien ersetzt. Wo Innovation ist, sind Unternehmer engagiert, und wir investieren da, wo wir für die nächsten 10 bis 20 Jahre viele Innovationen erwarten. Außerdem sehen wir die Gefahren durch den Klimawandel. Die Erneuerbaren Energien sind durch diese Gefahren mit der Politik und der öffentlichen Diskussion verzahnt. Das ist für uns als Investoren und auch menschlich spannend. Anders gesagt: Wir wollen dabei sein.


ECOreporter.de Welche Branchen der Erneuerbaren Energien halten Sie für besonders aussichtsreich?
Samwer: Die Bereiche Solar, Wind und Biogas; sie haben viele Innovationen, aber auch schon eine gewisse Reife. Brennstoffzellen sind spannend, aber entweder noch im Laborstadium oder mit riesigen Summen aus der Automobilbranche quersubventioniert.
Ähnlich reizvoll ist der Bereich Wasseraufbereitung. Auch Energieeffizienz, rund um Gebäude beispielsweise, ist ein wichtiges Thema. Ebenso Netzeffizienz bei der Stromversorgung, wobei hier die geringe Anzahl der möglichen Kunden – es sind die großen Stromkonzerne – einem Investment in junge Unternehmen entgegenstehen kann.


ECOreporter.de: Legen Sie bei Ihren Investments Schwerpunkte in bestimmten Regionen?
Samwer: Zum einen in Deutschland. Das ist ein guter Standort, wir haben gute Ingenieure, eine gute Fertigungsfähigkeit und ein großes Interesse an Erneuerbaren Energien in der Bevölkerung. Es ist ein hervorragender Markt. Ähnlich sehen wir Skandinavien; auch hier gibt es ein ähnlich hohes Bewusstsein für Erneuerbare Energien. Der dritte Schwerpunkt ist, auch wegen unserer Geschichte, das Silicon Valley. Dort gibt es viele gute Erneuerbare-Energie-Unternehmen. Mit dem Gouverneur Arnold Schwarzenegger hat sich für diese Branche auch im politischen Umfeld viel getan.


ECOreporter.de: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach Risiken für Investments in die Branche der Erneuerbaren Energien?
Samwer: Es gibt eine starke Abhängigkeit von Fördergeld und anderen politischen Rahmenbedingungen. Regelrecht dramatisch ist das bei den Bio-Kraftstoffen gewesen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen betreffen auch den Unternehmenswert. Spanien und der US-Markt mildern aber z. B. für die Solarenergie die Abhängigkeit vom deutschen Markt. Langfristig ist der Trend auf jeden Fall positiv für die Unternehmen. Der Klimawandel führt dazu, dass die Länder die Erneuerbaren Energien fördern. Die Förderung wird zudem immer mehr als Bestandteil einer diversifizierten Energieerzeugungspolitik angesehen. Die Windkraft ist allerdings nahezu wettbewerbsfähig mit konventionellen Energien.


ECOreporter.de: Mit welchem Zeithorizont investieren Sie?
Samwer: Wir sind ein Familien-Unternehmen und investieren langfristig, auch mit einer Perspektive von zehn Jahren und länger. Wir wollen mit tollen Unternehmen älter werden!

ECOreporter.de: Welche Renditen erwarten Sie?
Samwer: Wir investieren auch in Unternehmen, die in der Aufbau- oder einer Verlustphase sind. Bei produzierenden Unternehmen geht es um Gewinnmargen von zehn Prozent, bei Lizensierungsunternehmen um deutlich mehr. Die Unternehmen, in die wir investieren, sollten die Chance bieten, einen Unternehmenswert von 50 Millionen Euro und mehr zu erreichen.

ECOreporter.de: Wie knüpfen Sie Kontakt zu Erneuerbare-Energie-Unternehmen?
Samwer: Wir werden oft angesprochen, beispielsweise über Netzwerke und über Netzwerk-Plattformen. Unser European Founders Fund bekommt viele Business-Pläne, und wir nehmen sehr schnell Stellung. In dieser Hinsicht agieren wir weniger institutionell, sondern mittelständisch und unternehmerisch. Wir haben außerdem Mergers and Akquisitions-Berater, über die wir Unternehmen kennen lernen. Meist bekommen wir erst einen Businessplan, dann telefonieren wir mit den Unternehmern, dann kann es zu einem ersten Treffen kommen. Wir brauchen danach oft nur zwei bis drei Wochen, um zu entscheiden, ob und wie es weitergehen kann. Häufig haben wir Kontakt mit jüngeren Unternehmen, bei denen es vor dem Einstieg nicht um eine umfangreiche due diligence geht, sondern eher um eine wissenschaftliche Beurteilung. Wir sammeln Informationen aus allen Richtungen und über alle Kanäle, haben Zugang zu vielen Kreisen und Menschen – sind aber insgesamt eher in der Industrie als in der Wissenschaft verhaftet.

ECOreporter.de: Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Ihrem European Founders Fund und den Gesellschaften, an denen Sie sich beteiligen?
Samwer: Wir sind relativ unbürokratisch und informell. Bei uns geht es nicht so sehr darum, alle sechs Monate in einer Aufsichtsratssitzung die Strategie zu erläutern, wir setzen mehr auf regen Austausch.

ECOreporter.de: Welche Besonderheiten hat das Geschäftsmodell Ihres Unternehmens gegenüber dem anderer Akteure auf dem Markt für Private Equity und Venture Capital?
Samwer: Wir sind schnell und unternehmerisch, nicht institutionell. Wir konzentrieren uns auf die Unternehmerpersönlichkeit: Menschen bewegen die Dinge. Offen sind wir für alle Branchen und Innovationen, da sind wir nicht fokussiert wie Fonds. Unser Investmenthorizont hat keine strikten Vorgaben - bei uns geht es darum, tolle Unternehmen aufzubauen.


ECOreporter.de: An wen wenden sich Interessenten?
Samwer: Alexander.samwer@europeanfounders.com

ECOreporter.de: Herr Samwer, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Bild: Alexander Samwer / Quelle: Privat
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