Erneuerbare Energie

4.8.2006: "Die Politik hat versäumt, frühzeitig einen "Marshallplan Offshore-Wind" in Deutschland zu initiieren" - ECOreporter.de-Interview mit Ubbo de Witt, Geschäftsführer der Oldenburger Projekt GmbH, zur aktuellen Situation bei Er

Der Markt für Erneuerbare-Energien-Beteiligungen befindet sich im Umbruch. Seit dem "Aus" für reine Steuersparmodelle im November 2005 werden kaum noch Windfonds angeboten. Wie attraktiv sind Investments im Bereich der Solarenergie? Was tut sich bei Offshore-Windkraftprojekten? Und wie verhalten sich die Anleger? Über diese und weitere Fragen sprach ECOreporter.de mit Ubbo de Witt, Geschäftsführer der Oldenburger Projekt GmbH.

ECOreporter.de: Seit November 2005 gibt es keine Steuervorteile mehr für Neue-Energie-Fonds. Wie entwickelt sich seitdem der Markt? Gibt es neue Projekte? Wird es bald Windfonds geben am Markt?
Ubbo de Witt: Wir haben bereits bei unseren bisherigen Fonds darauf hingewiesen, dass die Anleger auf die langfristig zu erzielenden Renditen achten sollten, damit wir nicht die teilweise leidvollen Erfahrungen der Anteilseigner von Ost-Immobilien wiederholen. Aufgrund unserer bereits Anfang 2000 geknüpften Kontakte zu Beispiel zu dänischen Wind-Investoren-Gruppen haben wir frühzeitig die steuerlichen und weiteren wirtschaftlichen Randbedingungen für ausländische Investoren-Gruppen prüfen lassen. Der Markt für Neue-Energie-Fonds entwickelt sich dementsprechend aus unserer Sicht erwartungsgemäß, unsere neuen Projekte haben wir vermehrt in den Eigenbestand übernommen oder im Private Placement veräußert. Neue Windfonds gibt es sicherlich bald im Zweitmarkt-Segment.

ECOreporter.de: Gibt es neben den Steuergesetzänderungen bei den Windfonds weitere Änderungen im Markt, die sich auswirken, z.B. geänderte Anlagenpreise und Lieferzeiten, welche Rolle spielt das für Fonds?
de Witt: Einige Genehmigungsbehörden verhalten sich teilweise sehr restriktiv. Sie fordern nachträglich Expertisen, beispielsweise die Kartierung zum Fledermausaufkommen, die bisher nicht erforderlich waren. Belastend wirken sich zudem die unkalkulierbaren Lieferzeiten für Windenergieanlagen aus; die Hersteller bereits genehmigter Anlagentypen waren über 18 Monate nicht in der Lage sind zu liefern. Als wichtige Faktoren sind schließlich auch noch die gestiegenen Preisen und der erneute Windmangel zu nennen.

ECOreporter.de: Wie reagieren die Anleger auf die veränderte Situation? Sind sie noch interessiert an Windfonds?
de Witt: Viele unserer bisherigen überzeugten "Wiederholungstäter" reagieren abwartend; sicherlich um zu überprüfen, ob die von uns teilweise schon fast "beschworene" biblische Situation der "sieben fetten und sieben mageren Jahre" vorüber geht. Grundsätzlich sind die Anleger - besonders international aufgestellte Investoren - nach wie vor am langfristig zu kalkulierenden "cash flow" der Windenergieprojekte interessiert.

ECOreporter.de: Was für Renditen können Ihrer Einschätzung nach aktuell mit Windkraftbeteiligungen im Inland erwirtschaftet werden?
de Witt: Wir haben unsere Windkraftfonds auch in der Vergangenheit nicht "rückwärts gerechnet". Bei unseren beiden zuletzt realisierten Windkraftfonds belief sich die Investition je Kilowattstunde Jahresleistung (Einheit: Euro / kWh) auf 0,675 Euro und 0,64 Euro. Der Bundesverband Windenergie BWE empfiehlt bei durchschnittlichen Betriebskosten einen maximalen Wert von 0,72 Euro / kWh.
Für die beiden Projekte haben wir Renditen nach der internen Zinsfußmethode ab 6,5 Prozent prognostiziert. Die können auch aktuell noch erwirtschaftet werden.

ECOreporter.de: Wie attraktiv sind Fondsprojekte im Ausland?
de Witt: Im Ausland ist die Gesellschaftsform der GmbH & Co. KG so gut wie unbekannt, so dass die Fondsprojekte sich hauptsächlich an deutsche Anleger richten. Wir haben deshalb zur Steigerung der Akzeptanz der Auslandsprojekte Joint Ventures mit Partnern aus den Ländern, in denen wir aktiv sind, gegründet. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir die Windenergieanlagen im Eigenbestand betreiben.

ECOreporter.de: Wie sehen Sie die Situation für Finanzvermittler, die sich in den letzten Jahren auf die Vermittlung von Windfonds spezialisiert haben: Haben die Ausweichmöglichkeiten?
de Witt: Im Segment der Erneuerbaren Energien sind einige auf die Vermarktung von Solar- und Biomassefonds umgestiegen. Im Solarbereich fallen die Renditen im Allgemeinen niedriger aus, aber auch die saisonale Schwankungsbreite der Erträge ist geringer.

ECOreporter.de: Inwieweit ist der Gesamtmarkt für Neue-Energie-Fonds betroffen? Müssen Mitarbeiter entlassen werden?
de Witt: Hierzu liegen mir keine Informationen vor.

ECOreporter.de: Wie viel Eigenkapital hat Ihr Unternehmen in 2005 für Erneuerbare-Energien-Projekte eingeworben und wie viel werden sie voraussichtlich im laufenden Geschäftsjahr einwerben?
de Witt: Unser Venture-Capital-Fonds "Sandbank 24" mit einem Volumen von 14,5 Millionen Euro wurde geschlossen. Im Rahmen eines Joint-Ventures konnte das ausstehende Eigenkapital platziert werden. Marginale Beträge kamen zudem durch unser Demonstrationsprojekt "Solarwerkstätten an Oldenburger Schulen" zusammen. Wir haben unsere Schwerpunkte zurzeit anderweitig gesetzt.

ECOreporter.de: Wie sehen Sie aktuell die Chancen der verschiedenen Segmente: Windkraft, Solarenergie und Biomasse?
de Witt: Die Windkraftbranche hat sich konsolidiert und professionalisiert, die verfügbaren Angebote sind dementsprechend für Anleger sehr interessant. Viele Solarenergieprojekte, die uns vorgelegt wurden, haben mich dagegen an die ersten Jahre der Windenergie erinnert. Da gab es keine Annahmen über Alterung der Komponenten, keine Rücklagen, keine Sicherheitsabschläge. Das Preis- / Leistungsverhältnis entspricht auch nicht unseren Erwartungen. Ich hoffe, dass hier nicht zum Schaden einer gesamten Branche Kapital "verbrannt" wird. Die Biomasse hat sicherlich eine interessante Entwicklung vor sich, insbesondere durch ihre Qualitäten im Grundlastbereich.

ECOreporter.de: Die Branche hatte große Hoffnungen in das Anlaufen der ersten Offshore-Windparks gesetzt. Nun kommen die Projekte nur schleppend voran. Wo liegen die Hemmschuhe für eine dynamischere Entwicklung?
de Witt: Leider sind die Projekte, die frühzeitig durch das BSH genehmigt wurden, bisher gescheitert. Ein Projekt soll jetzt als Offshore-Testfeld wieder zum Leben erweckt werden - ohne das dort gezeigt würde, dass Offshore-Windkraftwerke in Deutschland rentabel zu betreiben sind.

Die Politik hat versäumt frühzeitig einen "Marshallplan Offshore-Wind" in Deutschland zu initiieren. Die Projekte liegen weit vor der Küste und in Deutschland gibt es keine Expertise für offshore-relevante Fragestellungen. Uns fehlt die Infrastruktur aus dem Öl- und Gasgeschäft. Die vorläufige Kostenkalkulation stützt sich deshalb auf Erkenntnisse aus dem dänischen Windpark Horns Rev. Man ging davon aus, dass eine EEG-Vergütung in Höhe von 9,1 Eurocent und eine abhängig von der Wassertiefe und Küstenentfernung gestaffelte Laufzeit für die Einspeisevergütung reichen würden. Die Windanlagenhersteller und die Projektentwickler haben aber hinsichtlich der Kostensteigerungen schnell dazu gelernt. Zusätzlich wirkt sich kontraproduktiv aus, dass die Hersteller zurzeit mit geringerem Risiko weltweite Großprojekte onshore beliefern können.

In der Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung wurde signalisiert, dass man etwas für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Offshore-Windenergie tun wolle. Das wird zurzeit ebenfalls nicht mit Leben erfüllt. Die zukünftigen Betreibergesellschaften müssen die Kosten der Netzanbindung weiterhin selbst tragen.

ECOreporter.de: Herr de Witt, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Bilder: Ubbo de Witt; Windpark Ovelgönne der Projekt GmbH / Quelle: Unternehmen
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