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4.1.2008: „Wir haben es mit handfesten Geschäftsmodellen zu tun, die erfolgreich Cashflow generieren“ – ECOreporter.de-Interview mit Torsten Henzelmann, Roland Berger Strategy Consultants
Die Private Equity Branche schöpft die Chancen, die das Geschäftsfeld Umwelttechnik und damit auch die Erneuerbaren Energien bietet, nur zu einem Bruchteil aus. Das erklärt Dr. Torsten Henzelmann, Roland Berger Strategy Consultants, im Gespräch mit ECOreporter.de. Im Auftrag des Bundesumweltministeriums hat Henzelmann die Studie "Greentech made in Germany - Umwelttechnolgieatlas für Deutschland" mit erarbeitet.
ECOreporter.de: Herr Henzelmann, die Erneuerbaren Energien haben sich in den letzten Jahren zu einer Wachstumsbranche entwickelt. Haben Private Equity und Venture Capital Investoren die Attraktivität dieses Thema erkannt?
Torsten Henzelmann: Ich schlage vor, wir fassen Private Equity und Venture Capital zusammen und sagen Eigenkapitalfinanzierung. Ich spreche ab jetzt nur noch Private Equity. Nach meiner Wahrnehmung sind heute gerade mal 0,5 Prozent der Gesamtinvestitionen von Private Equity in den gesamten Bereich Umwelttechnik investiert, dazu zählen auch die Erneuerbaren Energien. Der Bereich ist unterrepräsentiert. Das kann eine Wachstumsbranche werden, ist es im Moment aber für Private Equity Investoren noch nicht.
ECOreporter.de: Hat die Branche die Entwicklung verschlafen?
Henzelmann: Die Umwelttechnikbranche erzielt so genanntes „additives Wachstum“; es findet kein Verdrängungswettbewerb statt, sondern es werden neue Anlagen installiert und damit neue Marktvolumina geschaffen. Die Branche hat positiv besetzte Produkte: Umwelttechnik, Co2-Vermeidung, Klimaschutz. Das ist ein Anbietermarkt, Sie haben eine Binnennachfrage und eine internationale Nachfrage. Es ist nicht abzusehen, ob diese Unternehmen überhaupt mal an ihre Grenzen stoßen.
Deutschland hat im Bereich Umwelttechnik in den Jahren 2007, 2008 und 2009 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 18 Prozent. Wir haben eine Umfrage durchgeführt, der zufolge wird von 2005 – 2020 ein durchschnittlicher Zuwachs von 5,4 Prozent erwartet. Der Maschinenbau oder die Automobilindustrie liegen im Vergleich dazu wesentlich darunter, vielleicht bei 2,0 maximal 2,5 Prozent.
Dank staatlicher Förderung, Garantiepreisen und/oder Abnahmeverpflichtungen ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen an den Marktbedingungen scheitert. Wenn die Technologie funktioniert, resultieren aus der installierten Leistung nachhaltige Cashflows, egal ob es um Windkraft oder Biomassekraftwerke geht.
Wir haben es nicht mit Lowtech sondern mit Hightech zu tun, die Öko-Branche produziert im wesentlichen High-Tech-Produkte, innovative Technologie. Die Geschäftsmodelle sind aber klassisch, man kennt sie aus dem Maschinen- und Anlagenbau. Wichtig auch: Die meisten Unternehmen richten sich mittlerweile sehr international aus. Durch diese Diversifikation sind sie weniger durch Änderungen der Politik in einzelnen Ländern gefährdet. Das macht aus meiner Perspektive den Reiz für dieses Thema aus.
Besonders für Private Equity Investoren spielt zudem die Größe der Unternehmen eine Rolle. Sie sind derzeit noch relativ klein, ein Konsolidierungsprozess hat bereits eingesetzt. Die Branche bietet Investoren also organisches Wachstum und zusätzlich dazu anorganisches Wachstum durch Konsolidierung. Dadurch wird sie für Buy-and Build Strategien interessant.
ECOreporter.de: Welche Bereiche der Erneuerbaren Energien halten Sie derzeit für besonders aussichtsreich?
Henzelmann: Erneuerbare Energien sind grundsätzlich das Top-Wachstumsfeld im Bereich der Umwelttechnik. Die Politik hat klare Vorgaben gemacht: 10 Prozent des Energiebedarfs und 20 Prozent des Stromverbrauchs sollen bis 2020 aus Erneuerbaren Energien kommen. Aus dem politischen Ziel ergibt sich die Notwendigkeit, in diese Bereiche zu investieren. Das gleiche Phänomen kann man heute weltweitesehen. Das sind ideale Voraussetzungen für das Wachstum bei den Erneuerbaren Energien.
Es gibt natürlich Erneuerbare Energien die nur dann wirtschaftlich sind, wenn gesetzlich garantierte Einspeisevergütungen oder sonstige Subventionen fließen. Die Wirtschaftlichkeit anderer Technologien hängt dagegen nicht unbedingt von der Förderung ab. Nehmen Sie beispielsweise die Offshore-Windkraft, die Gezeitenkraft- oder Wellenkraftwerke.
Als Private Equity-Investor würde ich versuchen, mir ein Portfolio zusammen zu bauen, das eine Risikostreuung zulässt. Das bedeutet, ich versuche einen Mix zu finden aus Unternehmen und Technologien, die stark von Subventionen abhängig sind, mittel und gering, oder gar nicht.
Neben Biomasse und Fotovoltaik wird die Offshore-Windkraft ein Wachstumsfeld werden. Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass man die technologischen Probleme und Risiken in den Griff kriegt. Die betreffen drei Bereiche: das Material, die Statik und die Seeanbindung (Stromweiterleitung).
ECOreporter.de: Was für Wachstumsraten erwarten Sie für die nächsten Jahre?
Henzelmann: Für den Zeitraum 2007 bis 2009 erwarten wir für die Erneuerbaren Energien in Deutschland ein jährliches Wachstum von 27 Prozent. Unsere Prognose weltweit lautet: bis 2020 jährlich 7 Prozent Zuwachs.
ECOreporter.de: Gibt es Regionen oder Länder, die Firmen der Erneuerbare-Energien-Branche besonders gute Entwicklungsmöglichkeiten bieten?
Henzelmann: Die von uns befragten Unternehmen sehen Westeuropa nach wie vor auf dem Wachstumspfad. Das heißt: Deutschland, Spanien, Großbritannien, Italien und Portugal. Weltweit werden Osteuropa, Indien, China und Nordamerika als wichtige Zukunftsmärkte genannt. Dort wird sich das Wachstum in den nächsten 10 Jahren fortsetzen.
ECOreporter.de: Welche Bedeutung haben Venture Capital und Private Equity Finanzierer für Entwicklung und Wachstum der Erneuerbare-Energien-Branche?
Henzelmann: Wir haben es mit stark wachsenden Unternehmen zu tun. Es stehen Unternehmenszukäufe an, beispielsweise bei Konsolidierungen in der Branche, es gibt große Projektentwicklungen, Forschungsvorhaben, Neuentwicklungen, Exportvorhaben und das Bemühen um Internationalisierung. Die Unternehmen erreichen relativ schnell Umsätze von über 1 Milliarde Euro, wenn sie ihr Geschäftsmodell in die nächste Generation führen. Solche Quantensprünge sind ohne Private Equity-Investoren nicht mehr finanzierbar.
Aus der Branche wird zudem immer wieder der Wunsch vorgebracht, dass mehr Eigenkapitalgeber in der Frühphase der Unternehmen investieren, zum Beispiel beim Markteintritt.
ECOreporter.de: Womit qualifizieren sich Unternehmen für diese Investoren? Was für Eigenschaften müssen sie mitbringen, damit sie eine Chance haben, an die Geldgeber heranzukommen?
Henzelmann: Ehrlich gesagt: Das Unternehmen muss ins „klassische Beuteraster“ passen. Es muss eine EBIT-Marge im zweistelligen Bereich bringen. Es muss absehbar sein, dass die Gesamtfinanzierung klappt. Das wiederum hängt stark davon ab, ob das Geschäftsmodell stimmt und ob ein nachhaltiger Cashflow nachgewiesen werden kann. Dann braucht es fähiges Management und die richtige Strategie. Letztlich wird ein Erneuerbare-Energie-Unternehmen an der Stelle behandelt, wie jedes andere Private Equity-Investment.
ECOreporter.de: Die betriebswirtschaftlichen Daten müssen stimmen?
Henzelmann: Das ist Voraussetzung. Die müssen genauso stimmen, wie sie in der Nudelindustrie stimmen müssen. Interessant ist, dass wir es nicht mit einer New-Economy zu tun haben, die keine Cashflows hat, wie wir das aus Zeiten des Neuen Markts kennen. Es sind zwar die „klassischen New-Economy-Probleme“: Wachstum managen, Mitarbeiter finden, Patente sichern, Zwang zur Internationalisierung, Aufbau professioneller Managementstrukturen. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Wir habe es mit handfesten Geschäftsmodellen zu tun, die erfolgreich Cashflow generieren.
ECOreporter.de: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach Risiken für Investments in die Branche der Erneuerbaren Energien?
Henzelmann: Die sehe ich an drei Stellen: Lieferengpässe, ordnungspolitische Rahmenbedingungen und klassische Risiken.
Lieferengpässe betreffen beispielsweise die Fotovoltaikindustrie. Niemand kann heute prophezeien, wie sich die Rohstoffpreise für Silizium entwickeln werden. Die Unternehmen können sich aber gegen diese Lieferengpässe absichern indem sie Kontingente kaufen oder Lieferanten kaufen. Eine weitere Möglichkeit ist die Absicherung mit Finanzinstrumenten.
Zum Bereich Ordnungspolitik gehört beispielsweise das Energieeinspeisungsgesetz. Im Unterschied zu anderen Industriezweigen haben Sie zwei Akteure: die Umweltpolitik und den Endkunden.
Die klassischen Risiken liegen beispielsweise im Bereich der Personalpolitik. Die Unternehmen müssen die richtigen Mitarbeiter finden, sowohl was die Quantität als auch die Qualität angeht.
ECOreporter.de: Deutsche Unternehmen sind zurzeit führend auf vielen Feldern der Erneuerbaren Energien. Wird es ihnen gelingen, diese Marktposition zu halten? Welche Rahmenbedingungen benötigen sie dafür?
Henzelmann: Die Umweltunternehmen stehen vor den klassischen Herausforderungen des Unternehmertums: Internationalisierung, Wachstum, Wachstumsfinanzierung, europa- und weltweite Netzwerke, kosteneffiziente Produktion. Sie haben jetzt die Chance, den Schritt zur weltweiten Bedeutung zu schaffen.
Deutsche Unternehmen haben heute bei der Energieerzeugung Weltmarktanteile von bis zu 30 Prozent, bei der Energieeffizienz sind es immerhin 10 Prozent, das kann sich sehen lassen.
Die Politik muss die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung schaffen, dabei kommt es auf sechs große Bereiche an:
Erster Bereich: Die Zielvorgaben. Nur wer klare Ziele formuliert, wird eine Eigen- und Innovationsdynamik der Industrie anregen.
Zweiter Bereich: Die Erhöhung der stattlichen Nachfrage. Der öffentliche Vergabeprozess muss innovationsfreundlich gestaltet werden, er darf nicht nur über die Preissensitivität bestimmt werden. Die Themen Innovation, Umwelt und Umweltverträglichkeit sollten mit einbezogen werden.
Dritter Bereich: Auslandsgeschäfte. Auf der einen Seite sollte Umweltpolitik systematisch exportiert werden. Das betrifft zum Beispiel das EEG. Hilfreich wäre ferner, ein Ausbau der begleitenden Exportförderung. Dabei geht es vor allem darum, die Kontakte zu ausländischen Kunden oder Investoren herzustellen.
Vierter Bereich: Intensivierung der Koordination. Das betrifft beispielsweise die Ministerien für Umwelt und Energie auf Bund- und Länderebene, aber auch die Abstimmung zwischen Deutschland und der EU.
Fünfter Bereich: Förderung, Forschung und Innovation. Viele Unternehmen klagen darüber, dass Fördermaßnahmen zu schwierig zu erreichen sind. Sie bräuchten einen Berater, der helfe Fördergelder zu bekommen. Der Förderprozess muss vereinfacht werden.
Sechster Bereich: Hilfe bei der Markteinführung und Wachstumsfinanzierung. Das könnte beispielsweise über mehr Referenzprojekte realisiert werden.
ECOreporter.de: Herr Henzelmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Dr. Torsten Henzelmann ist Partner im Kompetenzzentrum Civil Economics bei Roland Berger Strategy Consultants (torsten_henzelmann@de.rolandberger.com). Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine internationale Strategieberatung und mit 33 Büros weltweit vertreten.1.700 Mitarbeiter haben im Jahr 2006 einen Honorarumsatz von rund 555 Millionen Euro erwirtschaftet. www.rolandberger.com
Die von Torsten Henzelmann im Interview angesprochene Studie erstellte Roland Berger im Auftrag des Bundesministerium für Umwelt. Ihr Titel ist "Greentech made in Germany - Umwelttechnolgieatlas für Deutschland". Erschienen im Vahlen Verlag 2007.
Bild: Torsten Henzelmann / Quelle: Unternehmen
ECOreporter.de: Herr Henzelmann, die Erneuerbaren Energien haben sich in den letzten Jahren zu einer Wachstumsbranche entwickelt. Haben Private Equity und Venture Capital Investoren die Attraktivität dieses Thema erkannt?
Torsten Henzelmann: Ich schlage vor, wir fassen Private Equity und Venture Capital zusammen und sagen Eigenkapitalfinanzierung. Ich spreche ab jetzt nur noch Private Equity. Nach meiner Wahrnehmung sind heute gerade mal 0,5 Prozent der Gesamtinvestitionen von Private Equity in den gesamten Bereich Umwelttechnik investiert, dazu zählen auch die Erneuerbaren Energien. Der Bereich ist unterrepräsentiert. Das kann eine Wachstumsbranche werden, ist es im Moment aber für Private Equity Investoren noch nicht.
ECOreporter.de: Hat die Branche die Entwicklung verschlafen?
Henzelmann: Die Umwelttechnikbranche erzielt so genanntes „additives Wachstum“; es findet kein Verdrängungswettbewerb statt, sondern es werden neue Anlagen installiert und damit neue Marktvolumina geschaffen. Die Branche hat positiv besetzte Produkte: Umwelttechnik, Co2-Vermeidung, Klimaschutz. Das ist ein Anbietermarkt, Sie haben eine Binnennachfrage und eine internationale Nachfrage. Es ist nicht abzusehen, ob diese Unternehmen überhaupt mal an ihre Grenzen stoßen.
Deutschland hat im Bereich Umwelttechnik in den Jahren 2007, 2008 und 2009 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 18 Prozent. Wir haben eine Umfrage durchgeführt, der zufolge wird von 2005 – 2020 ein durchschnittlicher Zuwachs von 5,4 Prozent erwartet. Der Maschinenbau oder die Automobilindustrie liegen im Vergleich dazu wesentlich darunter, vielleicht bei 2,0 maximal 2,5 Prozent.
Dank staatlicher Förderung, Garantiepreisen und/oder Abnahmeverpflichtungen ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen an den Marktbedingungen scheitert. Wenn die Technologie funktioniert, resultieren aus der installierten Leistung nachhaltige Cashflows, egal ob es um Windkraft oder Biomassekraftwerke geht.
Wir haben es nicht mit Lowtech sondern mit Hightech zu tun, die Öko-Branche produziert im wesentlichen High-Tech-Produkte, innovative Technologie. Die Geschäftsmodelle sind aber klassisch, man kennt sie aus dem Maschinen- und Anlagenbau. Wichtig auch: Die meisten Unternehmen richten sich mittlerweile sehr international aus. Durch diese Diversifikation sind sie weniger durch Änderungen der Politik in einzelnen Ländern gefährdet. Das macht aus meiner Perspektive den Reiz für dieses Thema aus.
Besonders für Private Equity Investoren spielt zudem die Größe der Unternehmen eine Rolle. Sie sind derzeit noch relativ klein, ein Konsolidierungsprozess hat bereits eingesetzt. Die Branche bietet Investoren also organisches Wachstum und zusätzlich dazu anorganisches Wachstum durch Konsolidierung. Dadurch wird sie für Buy-and Build Strategien interessant.
ECOreporter.de: Welche Bereiche der Erneuerbaren Energien halten Sie derzeit für besonders aussichtsreich?
Henzelmann: Erneuerbare Energien sind grundsätzlich das Top-Wachstumsfeld im Bereich der Umwelttechnik. Die Politik hat klare Vorgaben gemacht: 10 Prozent des Energiebedarfs und 20 Prozent des Stromverbrauchs sollen bis 2020 aus Erneuerbaren Energien kommen. Aus dem politischen Ziel ergibt sich die Notwendigkeit, in diese Bereiche zu investieren. Das gleiche Phänomen kann man heute weltweitesehen. Das sind ideale Voraussetzungen für das Wachstum bei den Erneuerbaren Energien.
Es gibt natürlich Erneuerbare Energien die nur dann wirtschaftlich sind, wenn gesetzlich garantierte Einspeisevergütungen oder sonstige Subventionen fließen. Die Wirtschaftlichkeit anderer Technologien hängt dagegen nicht unbedingt von der Förderung ab. Nehmen Sie beispielsweise die Offshore-Windkraft, die Gezeitenkraft- oder Wellenkraftwerke.
Als Private Equity-Investor würde ich versuchen, mir ein Portfolio zusammen zu bauen, das eine Risikostreuung zulässt. Das bedeutet, ich versuche einen Mix zu finden aus Unternehmen und Technologien, die stark von Subventionen abhängig sind, mittel und gering, oder gar nicht.
Neben Biomasse und Fotovoltaik wird die Offshore-Windkraft ein Wachstumsfeld werden. Vorraussetzung dafür ist allerdings, dass man die technologischen Probleme und Risiken in den Griff kriegt. Die betreffen drei Bereiche: das Material, die Statik und die Seeanbindung (Stromweiterleitung).
ECOreporter.de: Was für Wachstumsraten erwarten Sie für die nächsten Jahre?
Henzelmann: Für den Zeitraum 2007 bis 2009 erwarten wir für die Erneuerbaren Energien in Deutschland ein jährliches Wachstum von 27 Prozent. Unsere Prognose weltweit lautet: bis 2020 jährlich 7 Prozent Zuwachs.
ECOreporter.de: Gibt es Regionen oder Länder, die Firmen der Erneuerbare-Energien-Branche besonders gute Entwicklungsmöglichkeiten bieten?
Henzelmann: Die von uns befragten Unternehmen sehen Westeuropa nach wie vor auf dem Wachstumspfad. Das heißt: Deutschland, Spanien, Großbritannien, Italien und Portugal. Weltweit werden Osteuropa, Indien, China und Nordamerika als wichtige Zukunftsmärkte genannt. Dort wird sich das Wachstum in den nächsten 10 Jahren fortsetzen.
ECOreporter.de: Welche Bedeutung haben Venture Capital und Private Equity Finanzierer für Entwicklung und Wachstum der Erneuerbare-Energien-Branche?
Henzelmann: Wir haben es mit stark wachsenden Unternehmen zu tun. Es stehen Unternehmenszukäufe an, beispielsweise bei Konsolidierungen in der Branche, es gibt große Projektentwicklungen, Forschungsvorhaben, Neuentwicklungen, Exportvorhaben und das Bemühen um Internationalisierung. Die Unternehmen erreichen relativ schnell Umsätze von über 1 Milliarde Euro, wenn sie ihr Geschäftsmodell in die nächste Generation führen. Solche Quantensprünge sind ohne Private Equity-Investoren nicht mehr finanzierbar.
Aus der Branche wird zudem immer wieder der Wunsch vorgebracht, dass mehr Eigenkapitalgeber in der Frühphase der Unternehmen investieren, zum Beispiel beim Markteintritt.
ECOreporter.de: Womit qualifizieren sich Unternehmen für diese Investoren? Was für Eigenschaften müssen sie mitbringen, damit sie eine Chance haben, an die Geldgeber heranzukommen?
Henzelmann: Ehrlich gesagt: Das Unternehmen muss ins „klassische Beuteraster“ passen. Es muss eine EBIT-Marge im zweistelligen Bereich bringen. Es muss absehbar sein, dass die Gesamtfinanzierung klappt. Das wiederum hängt stark davon ab, ob das Geschäftsmodell stimmt und ob ein nachhaltiger Cashflow nachgewiesen werden kann. Dann braucht es fähiges Management und die richtige Strategie. Letztlich wird ein Erneuerbare-Energie-Unternehmen an der Stelle behandelt, wie jedes andere Private Equity-Investment.
ECOreporter.de: Die betriebswirtschaftlichen Daten müssen stimmen?
Henzelmann: Das ist Voraussetzung. Die müssen genauso stimmen, wie sie in der Nudelindustrie stimmen müssen. Interessant ist, dass wir es nicht mit einer New-Economy zu tun haben, die keine Cashflows hat, wie wir das aus Zeiten des Neuen Markts kennen. Es sind zwar die „klassischen New-Economy-Probleme“: Wachstum managen, Mitarbeiter finden, Patente sichern, Zwang zur Internationalisierung, Aufbau professioneller Managementstrukturen. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied: Wir habe es mit handfesten Geschäftsmodellen zu tun, die erfolgreich Cashflow generieren.
ECOreporter.de: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach Risiken für Investments in die Branche der Erneuerbaren Energien?
Henzelmann: Die sehe ich an drei Stellen: Lieferengpässe, ordnungspolitische Rahmenbedingungen und klassische Risiken.
Lieferengpässe betreffen beispielsweise die Fotovoltaikindustrie. Niemand kann heute prophezeien, wie sich die Rohstoffpreise für Silizium entwickeln werden. Die Unternehmen können sich aber gegen diese Lieferengpässe absichern indem sie Kontingente kaufen oder Lieferanten kaufen. Eine weitere Möglichkeit ist die Absicherung mit Finanzinstrumenten.
Zum Bereich Ordnungspolitik gehört beispielsweise das Energieeinspeisungsgesetz. Im Unterschied zu anderen Industriezweigen haben Sie zwei Akteure: die Umweltpolitik und den Endkunden.
Die klassischen Risiken liegen beispielsweise im Bereich der Personalpolitik. Die Unternehmen müssen die richtigen Mitarbeiter finden, sowohl was die Quantität als auch die Qualität angeht.
ECOreporter.de: Deutsche Unternehmen sind zurzeit führend auf vielen Feldern der Erneuerbaren Energien. Wird es ihnen gelingen, diese Marktposition zu halten? Welche Rahmenbedingungen benötigen sie dafür?
Henzelmann: Die Umweltunternehmen stehen vor den klassischen Herausforderungen des Unternehmertums: Internationalisierung, Wachstum, Wachstumsfinanzierung, europa- und weltweite Netzwerke, kosteneffiziente Produktion. Sie haben jetzt die Chance, den Schritt zur weltweiten Bedeutung zu schaffen.
Deutsche Unternehmen haben heute bei der Energieerzeugung Weltmarktanteile von bis zu 30 Prozent, bei der Energieeffizienz sind es immerhin 10 Prozent, das kann sich sehen lassen.
Die Politik muss die Rahmenbedingungen für die weitere Entwicklung schaffen, dabei kommt es auf sechs große Bereiche an:
Erster Bereich: Die Zielvorgaben. Nur wer klare Ziele formuliert, wird eine Eigen- und Innovationsdynamik der Industrie anregen.
Zweiter Bereich: Die Erhöhung der stattlichen Nachfrage. Der öffentliche Vergabeprozess muss innovationsfreundlich gestaltet werden, er darf nicht nur über die Preissensitivität bestimmt werden. Die Themen Innovation, Umwelt und Umweltverträglichkeit sollten mit einbezogen werden.
Dritter Bereich: Auslandsgeschäfte. Auf der einen Seite sollte Umweltpolitik systematisch exportiert werden. Das betrifft zum Beispiel das EEG. Hilfreich wäre ferner, ein Ausbau der begleitenden Exportförderung. Dabei geht es vor allem darum, die Kontakte zu ausländischen Kunden oder Investoren herzustellen.
Vierter Bereich: Intensivierung der Koordination. Das betrifft beispielsweise die Ministerien für Umwelt und Energie auf Bund- und Länderebene, aber auch die Abstimmung zwischen Deutschland und der EU.
Fünfter Bereich: Förderung, Forschung und Innovation. Viele Unternehmen klagen darüber, dass Fördermaßnahmen zu schwierig zu erreichen sind. Sie bräuchten einen Berater, der helfe Fördergelder zu bekommen. Der Förderprozess muss vereinfacht werden.
Sechster Bereich: Hilfe bei der Markteinführung und Wachstumsfinanzierung. Das könnte beispielsweise über mehr Referenzprojekte realisiert werden.
ECOreporter.de: Herr Henzelmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Dr. Torsten Henzelmann ist Partner im Kompetenzzentrum Civil Economics bei Roland Berger Strategy Consultants (torsten_henzelmann@de.rolandberger.com). Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine internationale Strategieberatung und mit 33 Büros weltweit vertreten.1.700 Mitarbeiter haben im Jahr 2006 einen Honorarumsatz von rund 555 Millionen Euro erwirtschaftet. www.rolandberger.com
Die von Torsten Henzelmann im Interview angesprochene Studie erstellte Roland Berger im Auftrag des Bundesministerium für Umwelt. Ihr Titel ist "Greentech made in Germany - Umwelttechnolgieatlas für Deutschland". Erschienen im Vahlen Verlag 2007.
Bild: Torsten Henzelmann / Quelle: Unternehmen