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31.8.2004: "Jeder kann sehen, was wir finanzieren" - ECOreporter.de-Interview mit Christof Lützel, Pressesprecher der GLS Gemeinschaftsbank eG mit Ökobank

Die GLS Gemeinschaftsbank eG mit Ökobank ist die älteste unter den drei Grünen Banken in Deutschland. Das Bochumer Bankhaus ist eine Genossenschaft, sie gehört ihren 13.000 Mitgliedern. In Form von unverzinsten Einlagen haben sie den Großteil des Eigenkapitals bereitgestellt. Zur GLS-Gruppe gehören auch die Gemeinnützige Treuhandstelle (GTS), sie betreut Schenkungen und Stiftungen, und die GLS Beteiligungsgesellschaft, die das Fondsgeschäft der Bank verwaltet. Nach der Übernahme der Ökobank im letzten Jahr betreut und berät die Bank eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit ihren Töchtern 40.000 Menschen in Geldsachen. ECOreporter.de sprach mit Christof Lützel, Pressesprecher der GLS Gemeinschaftsbank eG, über das Selbstverständnis der Bank, die Produktpalette und die Arbeitschwerpunkte des Unternehmens.


ECOreporter.de: Herr Lützel, die GLS Gemeinschaftsbank eG mit Ökobank hat einen dreiteiligen Namen. Was hat es mit den Bestandteilen "GLS", "Gemeinschaftsbank eG" und "mit Ökobank" auf sich?
Christof Lützel: GLS steht für "Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken" - das Kürzel drückt aus, dass wir anders und vielseitig mit Geld umgehen und umgehen können. Unter einem gemeinsamen Dach haben wir eine stiftungsähnliche Einrichtung, eine Bank und eine Beteiligungsaktiengesellschaft. Wir können also Geld verschenken, etwa wenn ein Projektnehmer zwar etwas Sinnvolles vor hat, aber gar nicht in der Lage wäre, einen Kredit zu bedienen. Wir können aber auch Kredite vergeben oder man kann sich als Kundin und Kunde bei uns beteiligen - zum Beispiel an Photovoltaik- oder Windkraftfonds. Im übrigen weist der Name "Gemeinschaftsbank" natürlich darauf hin, dass wir eine genossenschaftliche Einrichtung sind und dass wir uns als ein Teil einer größeren Gemeinschaft ansehen. Für die wollen wir mit unserer Bank und der Stiftung da sein - nicht, um Gewinne zu machen oder zu maximieren.

Was den Zusatz "mit Ökobank" in unserem Namen angeht: der taucht deshalb auf, weil wir im April 2003 die Bankgeschäfte der Ökobank übernommen haben. Die geriet ja bekanntlich in Schwierigkeiten. Wir wollten den 14.000 Kundinnen und Kunden der ehemaligen Ökobank mit der Integration des Namens eine Brücke bauen. Sie sollten es leichter haben, mit uns zusammenzuarbeiten. Das wäre sicherlich schwerer gewesen, wenn der Name Ökobank von heute auf morgen einfach wegfallen wäre.

ECOreporter.de: Worin sehen Sie Ihre wichtigsten Aufgaben als grünes Geldinstitut?
Lützel: Das Wichtigste ist, wie gesagt, dass wir für andere und deren Bedürfnisse da sind, also in erster Linie für unsere Kundinnen und Kunden. Wer zu uns kommt und eine gute, sinnvolle und gute Idee hat, dem helfen wir, diese Idee wenn irgend möglich umzusetzen. Das ist die eine Seite, also die Kreditseite.
Andererseits wollen wir den Anlegerinnen und Anlegern für Ihr Geld eine sinnvolle Perspektive geben: Sie bekommen Zinsen, wissen aber dass mit ihrem Geld auch etwas Sinnvolles gemacht wird. So bringen wir Menschen und Ideen zusammen!

ECOreporter.de: Ihr Bankhaus definiert sich klar als ethische, nicht "nur" ökologische Bank. In welchen Bereichen, in was für Projekten oder Angeboten kommt das ethische Grundmotiv am deutlichsten zum Tragen?
Lützel: Als einzige Bank in Deutschland veröffentlichen wir alle Kredite, die wir vergeben, und zwar mit Zweck, Summe und Name derjenigen, die von uns Geld bekommen. Das setzen wir in unseren "Bankspiegel" hinein - unsere Hauszeitschrift wenn Sie so wollen - der an alle 40.000 Kundinnen und Kunden geht. So kann jeder sehen, was wir finanzieren. Vor allem die Anleger, es ist ja ihr Geld, was wir weitergeben!

Darüber hinaus finanzieren wir überhaupt nur ökologische, sinnvolle und soziale Projekte. Wir würden zum Beispiel niemals Kredite an Chemiefirmen vergeben, deren Erzeugnisse über den Einsatz in der Landwirtschaft das Grundwasser versauen - Entschuldigung, wenn ich hier so deutlich werde. Auch Rüstungsfirmen finden wir jetzt nicht so sinnvoll, um es moderat auszudrücken, oder Firmen, die Kinder bei sich beschäftigen. Also alles, was die Gesellschaft nicht wirklich voranbringt sondern schädigt oder im weitesten Sinne eben nicht nachhaltig ist, das machen wir nicht!

ECOreporter.de: Wo sehen Sie die größten Unterschiede Ihrer Bank zu herkömmlichen Kreditinstituten?
Lützel: Wer bei uns sein Geld anlegt - übrigens in unbegrenzter Höhe und zu 100 Prozent sicher, weil wir Mitglied in der Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken BVR sind - der bekommt, wenn er oder sie das möchte, selbstverständlich Zinsen. Und diese sind bei der GLS absolut vergleichbar mit den Zinsen von anderen Banken. Unseren Kunden steht eine große Palette von Geldanlagemöglichkeiten zur Auswahl: vom Sparbrief über einen Investmentfonds bis hin zu Wind- oder Photovoltaik-Beteiligungen. Wer zu uns kommt, der kann seine Altersvorsorge nachhaltig regeln, geschlossene Fonds zeichnen, nachhaltig bauen oder auch sein Girokonto bei uns führen und eine EC- oder Kreditkarte bekommen. Und das ist auch nur ein Teil des Gesamtangebots!

Eine ganz andere Geschichte ist, dass wir seit der Gründung der GLS vor nunmehr über 30 Jahren den Zinsverzicht anbieten. Wenn jemand auf Zinsen ganz oder teilweise verzichten möchte, geben wir diese von uns nicht ausbezahlten Zinsen weiter. So können wir zinsgünstigere Kredit vorwiegend an gemeinnützige Einrichtungen vergeben. Von dieser Möglichkeit machen noch ca. 20 Prozent unserer Anlagekunden Gebrauch und wir können wiederum cirka 25 Prozent aller Kredite zu Sonderkonditionen - zur Zeit sind das 3,9 Prozent - vergeben. Allerdings haben sich die Zeiten geändert: in den 70er Jahren übten über 70 Prozent der Kunden diesen Zinsverzicht aus, entsprechend höher war auch der Anteil von zinsgünstigen Krediten am Gesamtkreditvolumen.
Warum das so ist können wir nur vermuten. Ein Grund wird sicherlich sein, dass immer mehr Menschen aus wirtschaftlichen Gründen auf Zinsen auch angewiesen sind. Zinsverzicht, um das klar zu beantworten, ist in jedem Fall keine notwendige Randbedingung für ethisch-ökologische Geldanlagen!

ECOreporter.de: Was für Produkte bieten Sie ihren Kunden bewusst nicht an?
Lützel:
Zum Beispiel Fonds die so zusammengesetzt sind, dass wir das nicht gut heißen können. Da sind dann etwa Firmen enthalten, die mit Atomkraft Geschäfte machen, mit Rüstung oder mit umweltschädigender Produktion. Das lehnen wir ab, genau wie auch unsere Kunden - das wollen die auch nicht, deshalb kommen sie ja zu uns!

ECOreporter.de: Wie groß ist die Bilanzsumme der Bank?
Lützel: Das Bilanzvolumen hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt - wir liegen bei über 460 Millionen Euro, dass ist schon eine ganze Menge. Zum Vergleich: noch im Jahr 2000 waren es erst 188 Millionen - allerdings war damals die Ökobank noch nicht im Boot. Auch die Mitarbeiterzahl hat sich seit 2000 verdoppelt, von 70 auf nun 140 - wir sind also auf einem sehr guten Weg!

ECOreporter.de: Engagieren Sie sich als Bankhaus auch für gemeinnützige Zwecke?
Lützel: Gerade in diesem Bereich sind wir sehr aktiv. Ein großer Teil der Kredite fließt ja in Schulen, Kindergärten, sozialpädagogische Einrichtungen, Kunst oder Kultur. Für mich gehört aber auch die ökologische Landwirtschaft dazu, die wir sehr stark fördern und finanzieren.

ECOreporter.de: Würden Sie mir die drei wichtigsten Leitmotive Ihrer Bank nennen?
Lützel: Die drei wichtigsten Leitmotive sind für uns erstens, dass wir als GLS-Einrichtungen und durch unsere besondere Arbeitsweise mit den Menschen zusammenarbeiten möchten, die wie wir gesellschaftlich aktiv sind und die wie wir ökologische, kulturelle und soziale Ziele verfolgen.
Zweitens die Umsetzung einer solidarischen, von Verantwortung und immer wieder neuen Finanzformen geprägten, transparenten Bankarbeit.
Und drittens soll bei unserem unternehmerischen Handeln der Sinn stets vor dem Gewinn stehen!

ECOreporter.de: Herr Lützel, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Bilder: Christof Lützel; GLS-Projekt Behindertenwerkstatt Kehna; GLS Windpark Zodel
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