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30.3.2007: Rendite oder Etikettenschwindel mit dem Klimawandel: Was bieten die neuesten Klimaschutz-Zertifikate? ECOreporter.de fand neben interessanten Chancen teilweise hohe Nebenkosten - und auch Atomkraftwerke sowie grüne Gentechn

Der Klimawandel ist nun wirklich nichts Neues - die Beachtung, die er nun endlich findet, schon. Auch der Finanzmarkt wendet sich dem Klimaproblem zu, vor allem mit neuen Anlagezertifikaten. Viele größere Emittenten versuchen sich mit entsprechenden Produkten. Gerade sind drei weitere Zertifikate auf den Markt gekommen, die "Klimaschutz" oder "Klimawandel" im Titel führen: Die schweizer Bank Vontobel präsentiert ein Indexzertifikat auf den Vontobel Klimaschutz-Index; HSBC Trinkaus & Burkhardt legt ein Klimaschutz-Strategie-Zertifikat vor, und die US-Investmentbank Lehman Brothers ein Klimawandel-Korb-Zertifikat.

Was bieten die neuen Papiere? Zunächst: Zertifikate sind keine Aktienfonds, die Aktien kaufen und als eigenes Vermögen verwalten. Vielmehr handelt es sich rechtlich um Schuldverschreibungen (also Anleihen) der emittierenden und meist konventionellen Banken. Um die Zertifikate entsprechend dem Wert der jeweiligen Aktien zurückzahlen zu können, sichern sich die Banken ab. Beispielsweise - allerdings nicht zwingend - indem sie Aktien des jeweiligen Korbs oder Index kaufen. Anleger investieren auf diese Weise also nur sehr indirekt in die Aktien, auf die sich ein Zertifikat bezieht. Aber sie können von der Kursentwicklung profitieren.


Das Thema Klimawandel füllen die Emittenten der aktuellen Zertifikate mit unterschiedlichen Inhalten. Ökologisch interessant, aber behaftet mit hohen Kosten, ist das unbefristet laufende Indexzertifikat von Vontobel. Derzeit läuft die Zeichnungsfrist; am 5. April soll es an den Börsen in Frankfurt und Stuttgart eingeführt werden.

Bei der Zusammenstellung und halbjährlichen Überprüfung des Index greift Vontobel nach eigenen Angaben nur auf Aktien zurück, die die Zürcher Nachhaltigkeits-Rating-Agentur INRate positiv bewertet hat. Mit INRate hatte Vontobel bereits im vergangenen Jahr bei der Zusammenstellung eines "Smart-Mobility-Zertifikats" zusammengearbeitet.

Die 20 gleich gewichteten Aktien des Klimaschutz-Index stammen aus den fünf Bereichen Solarenergie, Erneuerbare Energien, Klimaeffiziente Infrastruktur, Klimaeffiziente Produkte und Neue Effizienztechnologien. Enthalten sind zunächst etwa die Solarunternehmen SolarWorld AG aus Bonn und Renewable Energy Corporation ASA aus Norwegen, die Windkraftfirmen Vestas Wind Systems A/S aus Dänemark und Gamesa Corp Tecnologica SA aus Spanien. Weitere Titel sind das deutsche Technologieunternehmen Centrotec Sustainable AG, der kanadische Brennstoffzellenentwickler Ballard Power Systems Inc., aber auch die niederländische Philips Electronics NV oder der schwedische Elektrogerätehersteller Electrolux AB.

Positiv: Dem Index werden als so genanntem Total-Return-Index auch Dividenden und andere Erträge der Aktien zugerechnet. Andererseits verlangt Vontobel eine jährliche Managementgebühr von 1,6 Prozent. Hinzu kommt in der Zeichnungsfrist ein 1,5-prozentiger Ausgabeaufschlag. Später will Vontobel einen maximalen Spread, also eine maximale Differenz zwischen An- und Verkaufskurs, von 2,5 Prozent stellen.


HSBC Trinkaus & Burkhardt greift bei seinem neuen Klimaschutz-Strategie-Zertifikat das Thema Klimaschutz auf - allerdings mit klarem Bezug zum Bereich konventioneller Energieträger. Wie ECOreporter von HSBC erfuhr, wurde im Gegensatz zu anderen Produkten des Hauses der Bereich alternativer Energien bewusst außen vor gelassen. Den Aktienkorb des ebenfalls endlos laufenden Papiers mit zunächst 14 Titeln stellt die Bank laut Prospekt aus Unternehmen zusammen, die "im Bereich der Entwicklung bzw. Herstellung von neuen Techniken, Verfahren, Geräten oder Anlagen bei der Gewinnung konventioneller (fossiler) Energieträger tätig sind". Auch Unternehmen, die mit konventionellen Energieträgern die Energieversorgung dezentralisieren wollen oder die Effizienz steigern wollen, können in den Korb aufgenommen werden. Der Korb wird zweimal jährlich angepasst.

Dominierend für das Zertifikat sind nordamerikanische Unternehmen. Enthalten sind etwa der US-Energiekonzern Anadarko Petroleum Corp., der unter anderem Projekte zur CO2-Abscheidung verfolgt. Auch Headwaters Inc. gehört dazu; das Unternehmen stellt unter anderem Technologien für eine sauberere Kohlenutzung vor. Ebenfalls dabei: Der Mikroturbinenhersteller Capstone Turbine Corp., der südafrikanische Energiekonzern Sasol Ltd., der norwegische Öl- und Aluminiumkonzern Norsk Hydro ASA, der britische Brennstoffzellenentwickler Ceres Power Holdings PLC oder auch die spanische Gas Natural SDG S.A.

Das Zertifikat wird bereits gehandelt. HSBC berechnet eine Managementgebühr von rund 0,96 Prozent. Anlegern kommt die Dividende der einzelnen Aktien zugute, von der allerdings die Quellensteuer des jeweiligen Unternehmenssitzes abgezogen wird. Derzeit stellt HSBC Geld- und Briefkurs des Zertifikats mit einem Spread von etwa einem Prozent.


Verwunderung dürfte das "Klimawandel-Zertifikat" von Lehman Brothers bei vielen Anlegern auslösen. Unter den 14 Titeln des Aktienkorbs, das am 30. März startet und dann fünf Jahre läuft, befinden sich - ausdrücklich auch wegen ihrer Kernkraftwerke - British Energy Group PLC, Electricité de France sowie die finnische Fortum Oyj. Auch darin enthalten: die deutsche Siemens AG und die französische Alstom S.A., beide unter anderem Kerntechnikanbieter; sowie das schweizerische Agrartechnologieunternehmen Syngenta AG, das auch mit grüner Gentechnik aktiv ist. Die Windenergie-Anbieter Vestas Wind Systems und Gamesa gehören ebenfalls dazu. Lehman Brothers sieht allerdings alle Unternehmen als mögliche "Gewinner" des Klimawandels. Der Aktienkorb ist währungsgesichert, Anleger profitieren dafür aber nicht von den Dividenden der Unternehmen.

Die drei neuen Zertifikate zeigen deutlich: "Klimawandel" und "Klimaschutz" sind keine geschützten Begriffe. Die Anbieter von Zertifikaten füllen sie mit sehr unterschiedlichem Inhalt, und sie gehen von weit auseinanderliegenden Grund-Annahmen aus. So kontrovers wie die politische Diskussion zum Thema können dabei letztlich auch hier die Ergebnisse sein. Anlegern bleibt damit erneut nur eines: Vor einem Kauf müssen sie sich selbst genau informieren und dann nach ihren eigenen Ein- und Vorstellungen entscheiden.

Indexzertifikat auf Vontobel Klimaschutz-Index (Vontobel): ISIN DE000BVT6222
Klimaschutz-Strategie-Zertifikat (HSBC): ISIN DE000TB0QXZ0
Klimawandel-Korb-Zertifikat (Lehman Brothers): ISIN DE000A0NLZG2


Bildhinweis:
Erneuerbare Energien liefern einen gewichtigen Beitrag zum Klimaschutz: Solarprojekt mit Modulen der SolarWorld AG / Quelle: Unternehmen;
Hurrikanschäden wie hier in der Karibik häufen sich durch den Klimawandel / Quelle: Münchener Rück;
Windkraftanlagen funktionieren ohne CO2-Ausstoß / Quelle: NEG Micon
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